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"Lauschangriff" in unbekannte Regionen...
#1
BB vom 19.08.2017

Hallo Nachtfans,

gerade als mich am Abend der blankgeputzte, blaue Himmel auf die Terrasse lockte und ich meinen 10" ACF aufbaute, klingelte auch schon das Telefon. Ralf war ebenfalls in den Startlöchern und so verabredeten wir uns, um seine Sternwarte mal wieder zu lüften.
Um 21.30 Uhr wurde der Kuppelspalt geöffnet. Kurze Zeit später brummte die Montierung, um den 16"er ACF und den 8" Apo auf Saturn zu richten. Die Geräte brauchten sicher kurz nach dem Start noch etwas Temperaturanpassung, aber der Herr der Ringe war trotzdem recht ansehnlich - schön umrahmt von vier Möndchen.

Hier verweilten wir einen Augenblick, ehe es uns hoch Richtung Zenit zog. Da wir uns in der Dämmerung und unsere Augen sich im Adaptionsmodus befanden, durfte der helle Ringnebel M 57 in der Leier als erstes Deep-Sky-Objekt seine Fotonen zu uns schicken... "Ich weiß wo der Zentralstern hervorblitzt!", war meine Ansage an Ralf, der sich in diesem Moment schon auf die Farben der Planetarischen Nebel freute... Confused
Während meine Schwarzweiß-Rezeptoren fleißig Information sammeln und weiterschicken, sind wahrscheinlich die Datenautobahnen zwischen Auge und Gehirn so überlastet, dass die Farbwahrnehmung während der weiteren Beobachtungen unmöglich bleibt. Da ist bei mir eben nix zu holen...

Am Crestcentnebel NGC 6888 wurde es schon etwas kniffliger, aber mit dem SC-Lichteimer auch kein Problem. Selbst der 8"er konnte hier überzeugen. Gleich ging es weiter zum "Blinking Planetary" NGC 6828, der bei Ralfs Lieblingsvergrößerungen (Wahnsinnige Vergrößerung!  500xplus Cool ) vom "Blinken" keine Anstalten machte. Der Blinker war ob der Lichtintensität ausgeschaltet. Wir sahen den Zentralstern und die Gashülle darum nur gemeinsam. "Ist der nicht Türkis?", frotzelte ich.

Wir waren beide, hochkonzentriert schon wieder im "Tunnel" oder wie der Experte sagt im "Flow"!!!

 "Ich kann sogar die Sterne hören!" ... dieser Spruch ist im Eifer des Gefechts dann auch irgendwann gefallen... ich weiß aber nicht mehr in welchem Zusammenhang. Vielleicht als die ersten Wolken von Westen her die Beobachtung etwas beeinträchtigten und wir der Meinung waren wir könnten trotzdem alles problemlos sehen.

Ralf schlug den neuen Deep-Sky-Atlas (Stoyan) auf, der aus meiner Sicht sehr gut gestaltet ist und mit einer Detailtreue die Tür zu neuen Objekten aufstößt... sofern die Objekte auch in der Steuerung zu finden sind.

NGC 7027 (Protoplanetarischer Nebel) und M 1-92 Minkowskis Footprint waren zumindest keine Herausforderung. Sie bedurften nur Ralfs Lieblingsbeschäftigung - siehe: wahnsinnige Vergrößerung!

Das nächste Objekt NGC 6866, der "Kite Cluster", lag direkt in dessen Dunstkreis. Ein kleiner OH der Sternketten zeigt... "Der Haufen hat´nen Rüssel!", war Ralfs trockener Kommentar. Sein Grinsen im Gesicht konnte ich in der Dunkelheit aber nicht erkennen.
NGC 6811, genannt "Hole in a Cluster" ist ein kleiner OH, der in der Mitte sternärmer daherkommt und daher seinen Namen hat. Mit dem ACF war das Loch aber nicht so offensichtlich, wie im 8" Apo.

Jetzt ging es ins Eingemachte die Galaxie UGC 11465 nahe des Doppelsterns 16 Cyg. sollte geknackt werden. Dies gelang dann mit Hilfe der Koordinaten, die Skysafari auf meinem Tablet ausspuckte. Die Sterninsel liegt ca. 354 Mio Lichtjahre von unserer Milchstraße entfernt und hat etwa 13 mag.

Die Zeit verging und wir beschlossen über den Hantelnebel M 27 Richtung Delphin zu steuern. Auch in dieser Region wurden lohnende Objekte im Atlas angezeigt, die ich vorher noch nicht kannte. Selbst die Fettgedruckten NGC - Nummern sind hier z. T. schon eine Herausforderung und erst gar nicht in der FS 2 hinterlegt.

Der schwache Kugelsternhaufen NGC 6934 war unser Zielpunkt von dem aus wir uns weiter in die Tiefen des Alls vortasteten. Die Himmelsqualität war durchaus gut und ließ dies auch zu. Wir wollen mal nicht jammern Wink

In der Nähe fanden wir auf der Karte die Galaxiengruppe um NGC 6962 (ca. 13. Größe), die mit den benachbarten NGC 6964 (ca. 12. Größe) , NGC 6967 (13. Größe), NGC 6961, NGC 6959 und NGC 6965 ein interessantes Bild ergab. Ich konnte die drei hellsten der Galaxien sicher erkennen, während die anderen mit ca. 15. Größe eher im Hintergrund "moddelten"  ...
Die Gruppe ist sicher ein hübsches Fotomotiv, das Ralf eventuell mal auf´s Korn nehmen will.
Einfach toll, diese zarten Lichtteilchen der unvorstellbar weit entfernten Nebel aufzunehmen und die Vorstellung, wieder ein paar unbekannte Sterninseln mehr im Logbuch festhalten zu können. So hat jeder Atlas doch immer wieder neue Anregungen und Objekte, auch wenn man meint schon alles gesehen zu haben.

Nun nahmen wir uns noch NGC 6954 vor - eine 191 Mio. Lichtjahre entfernte Galaxie. Mit ebenfalls 13.er Größe war sie trotzdem für mich viel einfacher und auch in ihrer länglichen Form her deutlicher zu erkennen, als die Mitglieder des "NGC 6962 - Haufens".

Währenddessen kämpften wir mit ersten hereinziehenden Wolken, die uns dann gegen Mitternacht zum Beenden dieses wunderbaren Beobachtungsabends bewegten. Schnell stellte Ralf noch M 2 als Absacker Objekt ein und dann war Schluss. Wir quatschten dann noch ein wenig und fachsimpelten über sein Projekt und die aktuelle Situation auf dem Astromarkt, ehe ich mich nach halb eins auf den Heimweg machte.

Meine Hoffnung, dass ich nach 1.00 Uhr, als ich zu Hause ankam, mit meinem 10"er einen Nachschlag bekomme, erfüllte sich nicht. Noch immer zogen dichtere Wolkenfelder durch und so baute ich zufrieden ab.
Es hatte sich ja schon vorher gelohnt. Daumen hoch
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
Folgenden 3 Usern gefällt Uwe's Beitrag:
Christoph (20.08.2017), Martin.F (24.08.2017), Thomas64 (20.08.2017)
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