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Das Aufsuchen und Beobachten der Planeten am Taghimmel - CorCaroli - 12.12.2013

Das Aufsuchen und Beobachten von Planeten am Taghimmel.



Das Aufsuchen und Beobachten von Planeten am Taghimmel hat seine besondere Reize.
Besonders zu erwähnen ist hier die Phasengestalt der Venus, die sich auf ihrem
Weg zur unteren Konjunktion gut verfolgen lässt.

Auch Bedeckungen von Planeten durch den Mond sind am Taghimmel ein reizvolles Ziel.



Doch wie kann man einen Planeten am Taghimmel auffinden?

Ich gehe hier von einer mobilen parallaktischen Montierung aus, die kein GoTo besitzt.
Mit Dobsons oder anderen azimutalen Montierungen habe ich keine Erfahrung.


Mit einer GoTo Montierung ist es sehr einfach, einen Planeten am Taghimmel zu finden,
das weiß ich aus eigener Erfahrung, hat man dieses nicht zur Verfügung, so muss man
seinen Kopf etwas mehr benutzen.
Ist die Montierung stationär aufgebaut, so kann man sich den nachfolgenden Text ersparen.


Die Montierung, der tragende Teil für unser Teleskop

Nachts kann man das Stativ einer parallaktischen Montierung im Grunde genommen windschief
aufstellen oder an eine Wand dübeln.
Wichtig ist nur, das die Rektaszesionsachse genau auf dem Polarstern ausgerichtet ist.

Für die Beobachtung am Taghimmel sieht das ein klein wenig anders aus:
Da man hier keinen Polarstern sieht, kann man die Montierung auch nicht an diesem ausrichten.

Wer viel mobil am Taghimmel beobachtet, und sei es nur die Sonne, für dem ist sehr zu empfehlen,
die Montierung und das Stativ in der Nacht so genau einzurichten, so das es auch reproduzierbar
am Tag eingerichtet werden kann.

Das bedeutet, das Stativ genau auf die eingebaute Dosenlibelle oder Wasserwaage auszurichten.
Dabei ist es unerheblich, ob die Dosenlibelle auch genau in der Waage in das Stativ oder der
Montierung eingebaut ist, es geht nur darum, das sie fest eingebaut ist und somit reproduzierbar ist.

Das zweite, was noch wichtig ist, die Polhöhe muss anschließend genau auf unserem
Beobachtungsort eingestellt sein.

Wenn man nun auch noch die Möglichkeit hat, die Position der Stativbeine am Boden zu markieren,
so hat man dadurch schon eine erhebliche Aufstellhilfe für den Taghimmel.

Wenn man nun die Montierung am Taghimmel aufstellt, dann richtet man das Stativ
entweder an den am Boden angebrachten Markierungen aus, oder das Stativ wird mit
einem Kompass ausgerichtet.

Dazu wird kein super-teuer Kompass benötigt, es reicht ein ganz einfacher Kompass
für ein paar Euro – aber nicht in Miniaturgröße, je größer der Kompass im Durchmesser,
um so besser ist er zu gebrauchen.

[attachment=3635]

Mit dem Kompass wird das Nordbein vom Stativ nach Norden ausgerichtet, mit der
Dosenlibelle oder der Wasserwaage wieder in die Waage gebracht, und, das ist wichtig,
an der Montierung stellt man die Azimutverstellung in die Mitte ein.

Aus meiner Praxis kann ich berichten, wenn ich nach dieser Methode meine Montierung
in der Dämmerung aufstelle, habe ich den Polarstern im Polsucher.
Auch am Taghimmel, mit 3000mm Teleskopbrennweite läuft mir ein Sonnenfleck
oder ein Planet nicht aus dem Okular heraus, was ein guter Hinweis darauf ist,
das die Montierung ausreichend eingenordet ist.


Die schärfe bringt den Geschmack!
...das scharfstellen am Taghimmel...


Da ist auch schon ein Problem.
Während man nachts bequem am Stern oder Planeten scharfstellen kann,
ist da am Tag erst mal nichts, außer Sonne und manchmal auch der Mond.
Auch irdisches kommt dafür in Betracht.

Das scharfstellen an der Sonne:
Da ist es sehr wichtig, das man nur mit geeigneten Filtern zur Sonne schaut.
Die Sonne also nur mit einer Sonnenfilterfolie der visuellen Dichte ND 5.0 einstellen.


Ist die Sonne mit der Folie mittig eingestellt, bringt man am Okularauszug noch die Schärfe ins
Spiel und klemmt diesen fest.
Doch Vorsicht:
Die Folie erst entfernen, wenn das Teleskop von der Sonne wegbewegt wurde!

Einfacher und ungefährlicher ist es am Mond, wenn er um die Neumondzeit am Taghimmel zu finden ist.
Auch am Mond lässt sich das Teleskop am Taghimmel recht einfach scharfstellen.

Wenn man die Sonne mit einem Herschelkeil beobachtet, und der Mond sich am Nachthimmel
herumtreibt, sollte man das ganze anders angehen.

Ich habe bei meinem Teleskop die Stellung vom Okularauszug inklusive aller Adapter und
dem Zenitspiegel mit dem Aufsuchokular ausgemessen, indem ich den Mond oder einen Planeten
scharfgestellt habe.
Das lässt sich natürlich am besten nachts erledigen.

[attachment=3636]

Stelle ich nun am Taghimmel den Okularauszug mit der gleichen Konfiguration auf das
ausgemessene Maß ein, so ist der Planet der Begierde schon so weit scharfgestellt, so das er
im Okular erkennbar ist.

Bei dieser Methode muss ich zuerst mit dem Herschelkeil das Teleskop auf die Sonne ausrichten,
dann das Objektiv, oder den Spiegel abdecken und am Okularauszug alles auf Zenitspiegel umbauen
und dann erst wieder den Spiegel oder das Objektiv freigeben, wenn ich das Teleskop zum aufsuchen
der Planeten von der Sonne wegbewegt habe.

Man kann sich natürlich auch eine Schablone bauen, die man dann tags am Okularauszug anlegt.
Einige Okularauszüge bieten auch eine Skala oder ein eingebautes Messgerät an, um die Stellung zu bestimmen.

Auch irdische Objekte bieten sich an, wie Strommasten, die so weit wie nur möglich entfernt sind.

Auch an hohen Wolken habe ich schon erfolgreich scharfgestellt, auch das funktioniert.


Planet, wo bist du?
...oder wie finde ich nun das Objekt meiner Begierde...


Nun, das ist erst mal gar nicht so schwer, man muss nur wissen, wo der Planet sich befindet.
Eine gute Hilfe dazu sind Kartenprogramme. Ich nehme dazu Cartes du Ciel, es gibt aber
sicher noch viele andere.

In Cartes du Ciel blende ich das Koordinatennetz ein, und sehe dadurch schon mal, wie weit
und in welcher Richtung der Planet von der Sonne oder dem Mond entfernt ist.

Für die parallaktische Montierung nehme ich das äquatoriale Koordinatennetz, für azimutal aufgestellte
Teleskope ist das azimutale Netz hilfreicher.
Zusätzlich lasse ich mir vom Programm die aktuellen Koordinaten in Rektaszesion und Deklination anzeigen.

In Cartes du Ciel ab der Version 3.8 besteht auch die Möglichkeit, Abstände von zwei
Himmelkörpern herauszumessen (Die Schaltfläche im grünen Kreis).

[attachment=3637]

Will man nun den Planet mit Hilfe der Teilkreise der Montierung einstellen, so sollten diese auch genau genug sein.
Mit den ganz einfach gehaltenen Teilkreise der ganz günstigen Montierungen hat man so gut wie keine Chance.


Meine Vorgehensweise:
Mein Ausgangspunkt ist immer die Sonne (diese aber nur mit Filter einstellen), oder wenn vorhanden, der Mond.
Das Teleskop sollte man dann auch mit einer der oben genannten Methoden scharfstellen.

Die Teilkreise von Rektaszesion und Deklination stelle ich am Nonius auf 0.
Hat nun die Sonne wie am 1. September 2013 eine Deklination von +8°, die Venus von –7°,
so gehe ich mit der Montierung 15° nach Süden.

Venus steht an diesem Tag bei einer Rektaszesion von 13 Stunden, die Sonne bei fast 11 Stunden.
Mit der Montierung muss ich dann langsam nach Osten gehen, am Nonius der Rektaszesionsachse
kann ich schon abschätzen, wie weit ich das Teleskop bewegen muss.

In meinem Schiefspiegler, der nur ein Feld von einem Grad am Himmel hat, habe ich
dann Venus oft schon beim ersten Versuch im Okular.

Natürlich ist ein größeres Feld am Himmel immer sehr vom Vorteil, aber gleichzeitig birgt das
auch die Gefahr, das in Sonnennähe auch die Sonne mit im Gesichtsfeld vom Okular steht.
Bei Suchern mit großem Feld kann man dann nur in entsprechender Entfernung der Sonne agieren.

Reflexe durch die Sonne kann man vermeiden, indem man sich ein Sonnenschild aus Karton bastelt,
und dieses am Tubus in der zur Sonne gerichteten Seite am Tubus anbringt.

Findet man den Planeten nicht, reicht auch schon ein kleiner Feldstecher zum auffinden.
Das Feld vom Feldstecher braucht nicht mal so groß sein, sonst kommt man nicht nahe
genug an die Sonne heran.

[attachment=3638]

Eventuell kann man sich einen nur für die Tagbeobachtung anschaffen, bei dem man die
Schärfeeinstellung nicht mehr verändert, nachdem man den einmal angepasst hat.

Hier kommt dann wieder das Sternkartenprogramm ins Spiel.
Man lässt sich anzeigen, wie hoch der Planet zur Beobachtungszeit über den Horizont steht,
und in welcher Richtung, im Süden, Osten oder Westen er steht.

Dann kann man schon abschätzen, ob er z.B. etwas links unterhalb der Sonne zu finden ist.

Beim Suchen aber wieder darauf achten, das man die Sonne nicht mit in das Gesichtsfeld bekommt.


Der Himmel...
...oder: ist der Himmel nicht blau, bleiben die Planeten flau...


Ein kurzer Blick an den Himmel zeigt schnell, ob es sich überhaupt lohnt, Planeten am Tag aufzusuchen.

Ein milchig weißer Hintergrund vereitelt oft ein aufsuchen der Planeten. Sie verlieren dann einfach
den Kontrast zum Hintergrund und werden unsichtbar.

Je blauer, um so besser.
Schon die Daumenprobe an der Sonne zeigt, ob sich das beobachten lohnt.
Deckt man mit dem Daumen die Sonne ab, und es erscheint ein großer Hof um den Daumen,
so weist es auf einem Himmel hin, der nicht sehr transparent ist.

Je kleiner der Hof um den Daumen, oder wenn schon die Himmelsbläue zu sehen ist, um so
besser ist es für die Beobachtung, denn dann streut weniger Wasserdampf in der Atmosphäre
das Sonnenlicht und der Himmel ist transparenter.

               [attachment=5578]

Zum auffinden der Planeten verwende ich auch einen Baader Rotfilter (Langpass-Filter 610nm).
Dieser Filter verbessert zwar nicht so sehr den Kontrast zum Hintergrund, aber er beruhigt das Bild im Okular.
Mit eingeschraubten Filter steht der Planet im Okular nahezu still und wird von Seeingeinflüssen kaum beeinträchtigt.



Die Sonne...
...so schön sie auch ist, so sehr stört sie hier...


Die Sonne kann beim aufsuchen der Planeten mit einem Feldstecher schon mal sehr störend sein.
Wenn man die Möglichkeit hat, dann blendet man diese aus. Dazu nimmt man eine z.B. Hauswand
als Sichtschutz, oder setzt sich in einem Campingstuhl neben einen Sichtschutz, was auch das
Auto sein kann, wenn man draußen in der freien Natur beobachtet.


Nichts geht!
...unser Planet lässt sich nicht blicken...


Passiert auch mir immer wieder, das ich das Objekt der Begierde nicht finde...

Bevor man aber jetzt beginnt, planlos am Himmel herumzustochern, und dann vielleicht auch
noch der Sonne zu nahe zu kommen, sollte man eine gedankliche Liste abarbeiten:


Der Himmel und die Bedingungen:
Ist er doch nicht so wunderbar blau, so wie er in der ersten Euphorie ausgesehen hat?
Dunstig, weißer Himmel eignet sich nicht zum aufsuchen von Planeten, denn der Kontrast fehlt dann.

Auch ein schlechtes Seeing lässt die Planeten im Okular verschmieren, wodurch sie nicht
mehr oder nur sehr schwierig zu sehen sind.

Erschwerend ist es, wenn sie nur gering über den Horizont im Dunst stehen.

                                                 [attachment=5577]

Ein guter Hinweis auf die Transparenz des Himmels ist der Mond:

Ist der Mond am Taghimmel einfach und deutlich zu sehen, dann deutet das auf einem transparenten Himmel hin, bei dem auch
die Planeten gut zu sehen sind.


Das Teleskop:
Ist das Okular auch wirklich scharfgestellt und die Montierung richtig eingenordet?

Was mir auch schon passiert ist, das sich ein Teilkreis ein kurzes Stückchen mitgedreht hat,
und dadurch eine falsche Position angezeigt hat.


Die Richtung am Himmel:
Auch das kommt vor, das an der falschen Stelle gesucht wird.


Die Gefahren:
...die Risiken bei der Tagbeobachtung müssen sie selbst abschätzen...


Bei der Tagbeobachtung muss man sich auf jedem Fall der Risiken in der Nähe zur Sonne bewusst sein.
Das Teleskop muss man in Griff haben, und vor allem muss man wissen, wenn man aufhören muss,
bevor die Sonne mit im Okular steht.

Ich habe mir angewöhnt, das Teleskop langsam in Sonnenrichtung zu bewegen, und darauf zu achten,
wenn es im Okular beginnt hell zu werden, dann auch aufzuhören sich weiter in Richtung Sonne zu bewegen.

Mit der Zeit hat man die Erfahrung um abschätzen zu können, ab wann man das Teleskop nicht mehr
weiterbewegen darf, notfalls mit dem Auge vom Okular ein Stück weggehen, um dann zu sehen,
wie weit man das Teleskop noch bewegen kann.


Weiter gilt zu beachten:
Beobachtet man westlich oder rechts der Sonne, so kann diese auch in das Teleskop hineinlaufen,
das passiert dann, wenn die Klemmen gelöst sind, oder die Nachführung aus ist.
Bei einer Beobachtungspause deshalb nicht gleich direkt in das Okular sehen, sondern erst mal die
Hand dahinter halten um zu sehen ob noch alles in Ordnung ist.

Bei der Beobachtung östlich oder links der Sonne läuft diese vom Teleskop weg.

Besonders bei der Beobachtung der schmalen Venussichel im den Tagen um der unteren Konjunktion ist das sehr wichtig.
Vor der unteren Konjunktion steht die Venus immer östlich oder "nach" der Sonne.
Bei einem parallaktisch montierten Teleskop, bei dem die Klemmen offen gelassen oder die Nachführung abgeschaltet wurde,
läuft die Sonne vom Teleskop weg. Bei einer absichtlich oder unabsichtlich ungklemmter Montierung besteht somit keine Gefahr,
das die ungefilterte Sonne in das Teleskop und somit in das Okular hinein läuft.

Ganz anders ist die Situation in den Stunden und Tagen nach der unteren Konjunktion der Venus. Die Venus steht dann westlich
oder "vor" der Sonne.
Bei einer abgeschalteten oder ungeklemmten parallaktischen Montierung läuft die ungefilterte Sonne in das Teleskop und
somit in das Okular hinein!

Nach Beobachtungspausen immer, wie schon oben angemerkt, erst mit der Hand am Okular überprüfen, ob auch wirklich noch
alles in Ordnung ist.

Lassen sie ihr Teleskop auch in Beobachtungspausen nie unbeaufsichtigt stehen!
Im Okular ist die Sonne ungefiltert.
Würde jemand das Teleskop in die Sonne schwenken und dann durch das Okular schauen,
dann wären Augenschäden unvermeidbar.


Nun wünsche ich euch viel Erfolg beim aufspüren der Planeten am Taghimmel.
Sollten sich neue Erkenntnisse ergeben, werde ich sie hier einpflegen.


Viele Grüße
Gerd

Dieser Artikel erschien auch auf corcaroli.de: Das Aufsuchen und Beobachten von Planeten am Taghimmel