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M 27 - ein Schmalbandprojekt - Druckversion

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M 27 - ein Schmalbandprojekt - Lars - 13.10.2019

Guten Abend allerseits,

nach dem Pelikan möchte ich die Arbeit an einem weiteren Sommerobjekt vorstellen, dem bekannten und oft aufgenommenen Hantelnebel. 
Bei meiner ersten Annäherung an dieses Motiv mit Schmalbandfiltern im letzten Jahr blieb das Ergebnis bescheiden - zu kurze Einzelbelichtungszeiten, kein Dithering...
Nun sollte es besser werden. Mit dem OIII-Filter (Astronomik 6 nm) waren am 22.09. 30 x 240 s möglich, tags darauf 12 x 300 s mit Ralfs H-alpha Filter (Astrodon 5 nm). Am 27.09. kamen 21 x 300 s H-alpha hinzu, so daß dieser Kanal immerhin 165 Minuten "stark" wurde. 
Da mir schon bewusst war, daß die Strukuren im hellen Bereich des Nebels im Wasserstoff liegen, habe ich für den Grünkanal die hälftige Mischung aus H-alpha und OIII gewählt anstatt der sonst von mir bevorzugten Zuordnung RGB = HOO.
Hier also das Ergebnis in 66% Auflösung:

[Bild: M27-bicolor-2019-1200x880.jpg]

Am 2.10. gab es bei mir unerwartet einen klaren Himmel, wobei nicht absehbar war für wie lange. Kurz entschlossen fing ich kein neues Objekt an, sondern einfach noch eine Reihe OIII-Belichtungen, diesmal mit 300 statt 240 Sekunden. Es wurden immerhin 38 Frames.

Mit diesem kräftigen Datenschub habe ich sehr gespannt alles neu bearbeitet. Es sind zusammen 310 min OIII und 165 min H-alpha (wieder in 66%):

[Bild: M27-bicolor-2019-Vol3-1200x880.jpg]

Bei der Bearbeitung habe ich im Zentrum mit einer Maskierung gearbeitet um die Überstrahlung der Einzelheiten zu vermeiden. Dabei schien es mir nicht gut möglich zu sein, den kompletten Detailgehalt darzustellen - einerseits wegen der Helligkeitsverhältnisse, jedoch auch wegen des Abbildungsmaßstabs. 
Also bot es sich an, eine komplette Neubearbeitung optimiert für das Zentrum zu erstellen.

Hier zunächst das H-alpha-Bild aus 33 x 300 s in voller Auflösung:
[Bild: M27-Halpha-2019-Vol1-750x960.jpg]

Und in der Fassung mit R = H-alpha / G = 25% [OIII] + 75% H-alpha / B = [OIII] sieht das ganze so aus:
[Bild: M27-bicolor-2019-Vol4-720x480.jpg]

Die meiste Arbeit hat das Maskieren der Sterne für die Überlagerung der Bildebenen gemacht. Mit Halos gab es wegen der geringen Streckung keine Probleme, im Unterschied zu dem Übersichtsbild mit den Ausläufern.

Gruß Lars


RE: M 27 - ein Schmalbandprojekt - Ralf - 15.10.2019

Hallo Lars,
tolle Arbeit hast Du geleistet!

Der Nebel ist nun bedeutend größer als in RGB üblicherweise darstellbar.
Ob die dreifach Schalenstruktur aufgrund dreier zeitlich nacheinander erfolgten Ereignisse entstanden ist?
Alternativ aufgrund unterschiedlich schneller Geschwindigkeiten aus dem gleichen Ursprung?

Die Frage hat sich mir gestellt beim Betrachten des Bildes

Besten Gruß
Ralf


RE: M 27 - ein Schmalbandprojekt - Ralf - 16.10.2019

Guten Abend Lars,
um die Antwort auf mein selbst gestellte Frage zu geben, es sind zeitlich versetzte Abläufe, welche die Schalen erzeugen.

https://www.astronomie.de/aktuelles-und-neuigkeiten/astrofoto-der-woche/astrofoto-des-jahres-2015/platz-1/

Ist in dem Link erklärt und um eine "Stoßfront", also harte Kante an der Schale zu erzeugen, sollte das auch so sein.

Besten Gruß
Ralf


RE: M 27 - ein Schmalbandprojekt - Lars - 18.10.2019

Hallo Ralf,

über die Strukturen habe ich bei der Bearbeitung auch oft nachgedacht.

Es gibt ja Symmetrien und Abweichungen davon, z.B. die weiten "Flügel", wo der nordwestliche Teil schwächer ist als sein Gegenüber.
Im inneren Bereich konzentrieren sich die Wasserstoffwolken in zwei gegenüberliegenden Sektoren und eine Sektorengrenze verläuft von NO nach SW entlang der hellsten Stellen im Nebel, wobei es nach Nordosten hin so aussieht, als würde etwas einen langen Schatten in den Raum werfen.
Hier http://astro.uni-tuebingen.de/~rauch/PNe_verstehen+beobachten/PNe_verstehen+beobachten_0606.pdf
ist eine interessante Arbeit zu PN zu finden, in der anklingt, daß tatsächlich das Erscheinungsbild durch eine Abschattung der UV-Strahlung des Weißen Zwergs mitbestimmt werden kann.

Vielleicht kennt jemand eine Darstellung der räumlichen Struktur von M27 ?

Gruß Lars


RE: M 27 - ein Schmalbandprojekt - Winfried Berberich - 19.10.2019

Hallo Lars,

wenn ich mir Deine Aufnahmen und deren Ergebnisse so anschaue, dann überlege ich mir, ob ich nicht doch besser Briefmarken sammeln sollte.....

Wahnsinn, was man heute aus Aufnahmen herausholen kann.

Da sind meine visuell beobachteten Zeichnungen ein Nichts dagegen.

Gruß
Winfried

   


RE: M 27 - ein Schmalbandprojekt - Willi - 20.10.2019

Einfach nur genial! WOW!
CS
Willi


RE: M 27 - ein Schmalbandprojekt - Christoph - 20.10.2019

Hallo Lars!
Finde ich einfach toll: nicht nur eine schöne Aufnahme gemacht, Daumen hoch Daumen hoch Daumen hoch 

sondern auch noch gleich die wissenschaftliche Hintergrundinfo dazu geliefert mir Ralf. So was begeistert mich! Daumen hoch Rolleyes Cool


RE: M 27 - ein Schmalbandprojekt - Lars - 29.10.2019

Hallo Leute, 
danke nochmal für die Kommentare.
Winfried, die Zeichnung ist eine schöne Ergänzung. Während der Belichtung hatte ich M27 auch visuelle beobachtet, am 10" Cassegrain und am 160er AOM-Refraktor. Abgesehen von der Unförmigkeit, also der Verjüngung in der mittleren Zone, konnte ich keine Einzelheiten feststellen, trotz UHC-Filter...

Aus dem verlinkten PDF der Uni Tübingen habe ich entnommen, daß sich die PN-Hülle an den polaren Bereichen des Sterns schneller verflüchtigt. Das würde bei M 27 bedeuten, daß die Achse annähernd von NO nach SW orientiert ist und wir ziemlich in der Äquatorebene liegen. Dabei vermute ich, daß uns der Südpol etwas zugeneigt ist, weil der südwestliche H-alpha-Sektor ausgeprägter als der nordwestliche ist.
Also falls jemand mal über eine Arbeit über M 27 stolpert wäre ein Hinweis hier sehr interessant.

Gruß Lars