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TAL 250K - Kompendium
#51
Hallo Ralf,

ja ist denn schon wieder Schule WinkBig GrinTongue

Spaß beiseite, es ist wie du sagst, es hätte keiner hier mehr verdient als Andreas diese Bücher zu bekommen.
Seine Beiträge zu diesem System bereichern unser Forum ungemein und man lernt einiges dazu.

@Andreas: herzlichen Glückwunsch zu den novosibirsken Originalen!!!!
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
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#52
Hallo Andreas,
Wortlauf der Widmung:
"with deep respect from the author". Daumen hoch
Cool!
Viele Grüße,
Andreas
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#53
Hallo Andreas!
Herzlichen Glückwunsch zu den tollen Büchern! Daumen hoch
Ich hoffe, dass der Weg der Bücher zu Dir eine Hilfe in der Dauerkrise für manche Postboten war - dass es für uns Menschen noch was anderes gibt als Draufhauen und Sanktionen.
Einer meiner Brüder kann recht passabel Russich, der ist nur leider im Moment in einer Schule in Tansania engagiert und kommt frühestens nächstes Jahr wieder. Aber bei Deiner Ausdauer... wenn Du magst, stelle ich den Kontakt mal her.
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#54
Am interessantesten, lieber Andres, sind die Systemdaten. Dann könnte man mit einem Design-Programm das System nachvollziehen. Russische Studenten tummeln sich u.a. in Mahrburg, sodaß man auf diesem Weg den Text ins Deutsche bringt.
Die werden's aber nicht umsonst machen wollen.
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#55
Hallo miteinander!

Vielen Dank für eure zahlreichen freundlichen Rückmeldungen. So langsam ist der erste Adrenalinschub verdaut und weicht einer freundlichen Grundstimmung wenn ich an das Buch denke. Ich antworte mal (schon wieder) in einer gewissen epischen Breite, oder eher Länge. Ich hoffe meine langen Texte nimmt mir hier keiner allzu krumm ...

So wie es aussieht hat Yuri mit dem Buch „klar Schiff gemacht“ und tatsächlich die Daten über sein Teleskopdesign publiziert. Das Klevtsov-Teil scheint jetzt also ein „Open Source Teleskop“, hab ich so auch noch nicht erlebt. Smile

Dabei geht er sehr gründlich vor. Zunächst wird die Historie betrachtet (u.a. das Argunov-Cassegrain Teleskop von P.P. Argunov). Wenn ich die Geschichte richtig erinnere nahm Yuri A. Klevtsov das als Ausgangspunkt für sein Design.

Dann werden der unterschiedlichsten Varianten der Korrektoreinheit durchexerziert. Die ist ja der Clou des Teleskops. Der HS ist ja eine ganz normale Sphäre, wenngleich schon mit ambitionierteren f/1.9. Insofern wird im ersten Teil nicht nur ein Teleskop durchdiskutiert, sondern unzählige Klevtsovs mit unterschiedlichen Glassorten, Radien, Linsenanordnungen, Durchmessern und Öffnungsverhältnissen.

Oft geht es in dem Buch auch um Herleitung eines 300m Klevtsov. Ich schätze mal da ist sehr viel von der Projektierung des 12-14" TAL-Klevtsov eingeflossen, den NPZ zunächst als 14" geplant und dann wieder gestoppt hat. Yuri hat das Projekt leidenschaftlich vorangetrieben, aber aber eben als sein 12" Modell. Aber auch das fiel bei NPZ leider auf taube Ohren. Insofern halte ich da vielleicht auch das Cookbook eines 12" Klevtsov in Händen. Big Grin

Dann scheint es um (einen?) geeigneten Reducer zu gehen, der weitaus besser arbeitet als der erhältliche PF-6 (bzw. MK-II; die Bezeichnungen variieren in der Übersetzung der Webseiten) und der statt bestenfalls 24mm CCD-Sensoren (APS-C Format) fast Vollformat (ca. 32-33mm) ermöglicht und das bei sehr geringer Vignettierung. Auch den hat NPZ zum Ärger von Yuri A. Klevtsov nicht produzieren wollen, sondern hat einen "eigenen" (nach Yuris Meinung viel schlechteren) aufgelegt. Soweit konnte ich die Vorgeschichte aus unseren Maildialogen mit dem Buchinhalt verknüpfen.

Als wäre das nicht schon genug beschäftigt sich Yuri anscheinend dann mit zum Teleskop passenden Okulardesigns. Okulare die sozusagen dem Klevtsov auf den Leib geschneidert sind. Hier erkenne ich im Linsenaufbau (mit 6 bis 8 Linsen) starke Ähnlichkeiten mit den russischen TAL-SWA (65°) und TAL-UWA (80°) Okularen, die ich auch besitze. Das ist insofern interessant, als wir ja schon beim "Ersten TAL-250K Treffen" festgestellt hatten, dass unterschiedliche Okulardesigns visuell auch sehr unterschiedliche Abbildungen im Feld liefern
http://forum-stellarum.de/showthread.php...&pid=29739

(Kleine Anmerkung nebenbei: Das unterschiedliche Klevtsovs bei gleichen Okularen dann auch unterschiedliche visuelle Abbildungen liefern, ist auch noch ein gewisses Rätsel ...)

Wenn ich aber das alles richtig interpretiere, liefert Yuri dann gleich auch noch die kompletten Designparameter für die Okulare (alle Radien, alle Glassorten) mit. Unglaublich ...

In einem weiteren Teil geht es dann um den Nachweis, dass die Praxis der Theorie folgt und diverse Interferometriedaten, Nachweise von existierenen TAL-Klevtsov Teleskopen werden zitiert und aufgeführt. Und auch hier sind wieder diverse 300mm Prototypen zu sehen und - ein Bild aus dem Buch sei mir erlaubt - Yuri A. Klevtsovs Sternwarte:

   
Das sei uns mal ein Beispiel, dass höchstes Niveau auch in der kleinsten Hütte möglich ist. Daumen hoch

Insgesamt muss ich sagen, dass ich jetzt (wieder) weiß, wie es einem Erstklässler geht. Geheimnissvolle Bücher, die eine unbekannte Welt beinhalten und keine Ahnung von den seltsamen Zeichen da auf den Seiten. Aber viele schöne, bunte Bilder, in denen das Versprechen auf was ganz Tolles schlummert. Big Grin Erstaunlich was man sich alles so aus Bildern, Skizzen, logischem Kombinieren erschließen kann.

Die erste Hürde ist jetzt aber wirklich das Russisch… Deswegen Christoph: Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du den Kontakt von dem du geschrieben hast, herstellen könntest. Selbst eine semiprofessionelle Übersetzung zu beauftragen ist jenseits aller Möglichkeiten. Die Kosten hierfür liegen (mal so grob) bei 5€ bis 20€ pro Seite.

Grundsätzlich wäre das ja ein ideales Projekt mal die vielzitierte "Schwarmintelligenz" der Masse zu prüfen. Ich bin mir aber nicht ganz wie Yuri dazu steht. Ich durfte zwar problemlos seine Anleitung zur Justage der Sekundäreinheit (die findet sich im Buch auch wieder) übersetzen und öffentlich machen, aber das hier ist ja nochmal eine ganz andere Nummer.

Deswegen möchte ich es zunächst einmal vermeiden mit einem Buchscanner (automatisiert geht das ja mittlerweile ganz fix) das komplette Werk zu digitalisieren, oder gar auf eine Sharing-Plattform hochzuladen.

Vielleicht reizt Yuri A. Klevtsov ja die Aussicht auf eine größere Bekanntheit seines Designs. Weder am Buch, noch an den Teleskopen hat er (glaube ich), viel materiell verdient. Aber das Copyright gibt es ja dennoch und mitunter hat der Herausgeber auch noch zusätzliches Urheberrecht.

Momentanes Ziel ist es erst einmal eine Übersicht über das Buch zu bekommen und einige (wenige) Abschnitte zu „verstehen“. Das kann man dann gut in eigene Worte fassen, sinngemäß zitieren oder essentielle Absätze direkt zitieren (z.B. Systemdaten). Aber momentan haben wir eher das Problem noch rauszukriegen was um Himmels willen wir da zitieren. Igendwie lustig ... Big Grin

Andreas (mit dem TAL)
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Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“
                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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Andreas Paul (20.09.2014), Uwe (20.09.2014)
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#56
(17.09.2014, 22:05)Andreas-TAL schrieb: Hallo Miteinander!

Es gibt etwas Neues von der (TAL) Klevtsov Front zu vermelden. Smile
.....
Andreas (mit dem TAL und dem Buch)

Moin,
hat das Buch eine ISBN Nummer?
Kann man das Buch irgendwo (auch in Russland)
bestellen?

Danke
Rainer
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#57
Moin, Moin Rainer!

Hui, schön von noch einem TAL-250K Besitzer zu hören. Das wird ja hier zu einem Sammelbecken dieser Exoten ...
Ich glaube mich aber dunkel zu erinnern, dass ich irgendwann eine Verkaufsanzeige auf A.de gelesen hatte. Hast Du den Klevtsov doch noch?

Das Buch hat eine ISBN - das bedeutet aber nicht, dass es kaufbar wäre. Meines Wissens war das nie der Fall. Auch beim Verlag und Webshop der Russischen Akademie der Wissenschaften (www.sibran.ru) ist es zwar als Publikation aufgeführt, aber ohne Kaufmöglichkeit, bzw. von Beginn an als "vergriffen" gelistet.

http://sibran.ru/catalog/

Ansonsten hätte ich mir ja das Ganze "Balleyhoo" gespart und bequem in irgendeinen Internetshop bestellt. Dem war leider nicht so.

Aber mal Butter bei die Fische. Ich hab ja drei der Bücher bekommen. Eines ist schon nach Wien unterwegs, eines bleibt logischerweise bei mir und bei Nummer drei hab' ich mir gedacht, dass sich schon was ergeben wird.

Falls für Dich diese Variante interessant wäre, schreib mir einfach eine PM. Die einzige Bitte, die ich habe ist ein Beteiligung an den Kosten der drei Bücher (halt ein Drittel).

Damit ich auch noch was Inhaltliches zum Thread beitrage - eine erste Sache hat schon mal geklappt. Aus einem probehalber abfotografierten Inhaltsverzeichnis habe ich per OCR-Software eine russische Textdatei erzeugt und mal testweise übersetzt (es kam was einigermaßen verständliches dabei raus).

OK, es gibt noch ein paar technische Sachen, die optimiert werden müssen, aber das Prinzip an sich funktioniert schon mal.

Andreas
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                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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#58
Nach längerer Pause möchte ich den Thread hier mit ein paar weiteren Beiträgen zum TAL-250K ergänzen. Beginnen wir mal mit der Praxis ..

Nachdem ich nun rund ein Dutzend mal die Sekundäreinheit mit der Methode, die Yuri Klevtsov beschreibt, justiert und auch des Öfteren den Hauptspiegel über die Kollimationsschrauben auf der Rückseite des Tubus kollimiert habe, möchte ich zunächst jenseits der Theorie von ein paar Erfahrungen berichten. Da es ja nicht allzu viele TAL-250K Besitzer gibt, versuche ich das Ganze mit Bildern möglichst anschaulich darzustellen, damit es gut nachvollzogen werden kann. Vielleicht wird es ja so auch für einen Nicht-Klevtsov Besitzer eine interessante Lektüre.

Zur Justage der Korrektoreinheit:

http://forum-stellarum.de/showthread.php...6#pid30256
Die im oben verlinkten Beitrag #44 beschriebene Methode ist sehr sensitiv. Zur Ausrichtung des Lasers sind Lineareinheiten, die die Möglichkeit haben im Mikrometerbereich zu positionieren, sehr hilfreich, wenn nicht fast schon notwendig.

Besonders sensibel reagiert die Abbildung die Newtonschen Ringe auf Lageänderungen des Tubus. Schon eine um ca. 0,5mm veränderte Position führt dazu, dass diese nicht mehr zentrisch erscheinen. Eine "perfekt reproduzierbare" Justage ist damit unerreichbar, weil der Fehlerbeitrag, der über die Kunststoffbuchsen (zur Markierung der optischen Achse) eingebracht wird, größer ist. Einfacher gesagt: Hat man die Korrektureinheit perfekt justiert und verschiebt testweise das Teleskop ein kleines Stück um den Laser dann per Buchsen erneut auf die optische Achse zu zentrieren, werden die Newtonschen Ringe (obwohl vorher "perfekt") höchstwahrscheinlich wieder nicht ganz zentrisch erscheinen, was eben der Ungenauigkeit in der Festlegung der optischen Achse geschuldet ist (geschätzt +/- 0,25mm). Insgesamt scheint es so, dass eine Abweichung der äußeren Newtonschen Ringe von rund 3mm vom zentrischen Idealzustand völlig akzeptabel ist und in der Fehlertoleranz liegt.

   

Die zentrischen Bohrungen der Kunststoffbuchsen sollten mit 0,5-1mm möglichst gering sein, um den Fehlerbeitrag möglichst gering zu halten. Auch die schwarze Markierung der winzigen Bohrungen hat sich bewährt um die feinen Löcher auch bei eingeschalteten Laser noch zusehen.

       

Ebenfalls definitiv notwendig ist ein Helium-Neon-Laser. Klassische "Justierlaser" (a la Newton), haben keine ausreichende Kohärenzlänge und bieten nicht den notwendigen dünnen und runden (!) Laserstrahl.

   

Der Laserstrahl sollte aus der Richtung des Okularauszugs zur Korrektoreinheit laufen und nicht umgekehrt. Eine Gruppe Moskauer Amateurastronomen wendet die Methode ebenfalls an, aber dieser markieren die optische Achse mit dem Laserstrahl aus Richtung der Korrektureinheit zum OAZ. Ein paar Versuche hier vor Ort zeigten, dass sich auch auf diese Weise die Newtonschen Ringe erzeugen lassen, allerdings weiten die Linsen der Korrektoreinheit den Laserstrahl deutlich auf, so dass er bei passieren der Buchse im Okularauszug schon 6-8mm Durchmesser hat, was eine präzise, zentrische Einstellung erschwert.

   

Entscheidend für die Genauigkeit ist eindeutig die möglichst exakte Festlegung der optischen Achse durch den Tubus per Buchsen und Laserstrahl. Hierfür sollte man die meiste Zeit verwenden und auch vorher schon den OAZ (soweit er diese Möglichkeit bietet) justiert haben.

Die sechs Justageschrauben an der Korrektoreinheit (alle arbeiten "auf Zug"), lassen sich anschließend gut mit einem T-Schrauber und 7mm Stecknuss drehen (M4).

   

Da man über die Abbildung der Newtonschen Ringe auf dem Projektionsschirm eine direkte visuelle Kontrolle über die Wirkung der Schraubbewegungen hat, entwickelt man sehr schnell Gefühl und Geschick für die Justage.

   

Beim Justieren geht es dann nur noch darum die Korrektoreinheit über diese sechs Schrauben zu fixieren und gleichzeitig die erzeugten Newtonschen Ringe mittig auf der optischen Achse, die der Laser markiert, zu halten. Es genügt die Justageschrauben gut handfest mit dem T-Schraubber anzuziehen, so dass jede Schraube in etwa dieselbe Anzugskraft ausübt - so ist die Kräfteverteilung optimal.

   

Konstruktiv gesehen können die Schrauben (auch bei starkem "Anziehen") keinen Astigmatismus an der Korrektoreinheit erzeugen. Dennoch ist es materialschonender die Kräfte zu dosieren.

Zur Kollimation am Hauptspiegel:
Die sechs Kollimationsschrauben befinden sich auf der Rückseite des Tubus (im Originalzustand abgedeckt durch einen Gummiring) und sind mitunter sehr stark angezogen.

   

Sie arbeiten ebenfalls alle "auf Zug" und im Gegensatz zu einschlägigen Empfehlungen nur drei der sechs Schrauben zu lösen um dann zu justieren), hat es sich bewährt alle Schrauben leicht (eine Vierteldrehung) zu lösen (drei Schrauben halten den Spiegel noch genauso fest, so dass sich da nichts justieren ließe).

   

Ein angebauter OAZ verhindert normalerweise die Erreichbarkeit aller sechs Schrauben mit einem geraden T-Schrauber. Eine Ratsche mit Stecknuss löst das Problem prinzipiell, ist aber meist zu dick um in den Zwischenraum zwischen OAZ und Adapter zu gelangen. In meinem Fall löste das Problem ein extra angefertigtes Werkzeug, das aus einer auf 11mm abgelängten Stecknuss, die in einen passenden Ringschlüssel eingeschweißt wurde.

   

Die Stecknuss ist lang genug um die versenkten Schrauben zu erreichen und kurz genug um in den Zwischenraum zwischen OAZ und Adapter zu gelangen.

       

Falls sich eine Schraube hartnäckig einer Drehung widersetzt, sollte man zunächst die anderen Schrauben lockern um diese eine zu entlasten (die Schrauben kontern sich letztlich gegenseitig). Anschließend sollte sich auch diese drehen lassen.

Um eine gute Ausgangsposition für die nachfolgende Kollimation zu bekommen macht es anschließend Sinn alle Schrauben nun soweit zu entlasten, dass sie sich gefühlt einigermaßen gleich schwer/leicht drehen lassen. Die Grenze sollte aber bei einer 180 Grad Drehung, maximal einer vollständige Umdrehung liegen. Die 14mm langen M6 Schrauben (Schaft 10mm) stecken mit ca. 4 Umdrehungen in einem Gewinde, so dass man sicher sein kann, dass der Hauptspiegel weiterhin gehalten wird. Im Querschnitt oben sind die Schrauben rot gezeichnet und der ringförmige Gegenpart in dem die Schrauben "stecken" ist violett.

   
   

Das Ausrichten des Spiegels erfolgt klassisch am defokussieren Sternscheibchen indem der Schatten der Korrektoreinheit zentrisch eingestellt wird. Bei stark dekollimierten Hauptspiegel zeigt sich anfangs eine deutliche Komafigur, die zunächst auch kaum auf die Schraubbewegungen reagiert.

   
(Komafigur unter Weglassung der Spider gezeichnet nach Vorlage von Aberrator 2.0)

Letztlich hilft nur eine Schraube so lange anzuziehen bis ein sichtbarer Effekt ("Schatten wandert nach ... oben ... unten ... links oben ... rechts unten") eintritt und das auf einem Blatt Papier schematisch festzuhalten. Diese Skizze leistet später wertvolle Dienste, wenn es darum geht ganz gezielt noch kleinste Bewegungen zu machen. So kann man sich sehr zuverlässig an den optimalen Zustand herantasten

   
(Komafigur unter Weglassung der Spider gezeichnet nach Vorlage von Aberrator 2.0)

Grundsätzlich sollten nur kurze Drehungen an den Schrauben (maximal 30-45 Grad) gemacht werden um das Sternscheibchen nicht aus dem Gesichtsfeld des Okulars zu verlieren. Anfangs wandert nach fast jeder Schraubbewegung das Sternscheibchen an den Rand des Gesichtsfelds und man muss das Teleskop neu positionieren. Motorisch ist "Rate 2x" (zweifache siderische Geschwindigkeit) eine angenehmes Maß hierfür. So kann man sich schrittweise: Schraube drehen - Kontrolle am Okular - neu im Gesichtsfeld positionieren - neue Schraube (mit Hilfe der Skizze) auswählen ... und wieder von vorne ... an die optimale Position herantasten.

   
(Komafiguren einer zunehmend besseren Kollimation unter Weglassung der Spider gezeichnet - Vorlage von Aberrator 2.0)

Die Kunst besteht darin dieses Herantasten unter Einbeziehung aller sechs Schrauben vorzunehmen. Das größte Problem ist es nämlich weniger den Hauptspiegel genau auszurichten, sondern viel mehr dass anschließend wieder alle Schrauben mit gleicher Anzugskraft an der Spiegelhalterung ziehen. Es tritt oft der Fall ein, dass der HS schon perfekt passt, aber noch ein oder zwei Schrauben recht locker sind und ein Anziehen dieser Schrauben den HS wieder aus seiner optimalen Position drückt. Die anderen vier bis fünf Schrauben können aber (zum Ausgleich) nicht noch fester angezogen werden ohne ein Abreißen der Sechskantköpfe zu riskieren. Hier hilft nur ein "Neustart" - also ein erneutes Lösen der Schrauben. Nicht anzuraten ist dies eine Schraube "locker" zu lassen, weil das den Status quo einer ungleichen Kräfteverteilung erhält und letztlich auch die verbleibenden 4-5 Schrauben rund 15-30% mehr Kraft aufbringen müssen um den Hauptspiegel genauso stabil zu halten, wie bei einer Kraftaufteilung auf sechs Schrauben.

Wenn man wie oben beschrieben ein Werkzeug mit Hebel benutzt ist besondere Vorsicht angebracht, um die Schraubenköpfe nicht abzureißen, da der subjektiv aufgebrachte Kraftaufwand natürlich deutlich geringer ist.

Für die Kollimation des HS halte ich mehrere (orthoskopische) Okulare bereit (bei mir Baader Eudiaskopic):
35mm um den Stern/künstlichen Stern (wieder) zu finden, wenn er bei höheren Vergrößerungen nicht mehr im Gesichtsfeld ist.
12,5mm (170x) TAL Fadenkreuz, bzw. Messokular um das Sternscheibchen mittig ins Gesichtsfeld zu bringen 10mm (213x) für eine erste Annäherung an einen guten Kollimationszustand (Schatten erscheint schon ziemlich zentrisch) 5mm (426x) für die präzise Ausrichtung des Hauptspiegels

   
   
Das TAL Messokular ist dafür sicherlich etwas "überdimensioniert", bietet aber eben auch ein sauberes Fadenkreuz.

Noch höhere Vergrößerungen werden meist durch das Seeing unterbunden. Auch bei einem künstlichen Stern um Innenraum machen kleinere Brennweiten nur noch bedingt Sinn. Das Seeing ist zwar weitgehend unter Kontrolle, aber die Helligkeit (und damit der Kontrast) sinkt deutlich. Und für einen KS, der keine sphärische Aberration mehr einbringt, braucht man bei 2130mm Brennweite einen sehr großzügigen Raum. Kürzere Abstände geht natürlich auch, weil das zentrische Einstellen des Schattens darunter nicht leidet, aber wenn man in den Fokus geht und dann am wirklichen Beugungsring noch weiter nachbessern will, stören dann die eben vorhandenen vielen Beugungsringe und deren Wabern und Tanzen doch erheblich


.jpg   Focus#1.jpg (Größe: 15,18 KB / Downloads: 1.002)
(Simulation erhöhter sphärischer Aberration durch einen künstlichen Stern in zu geringer Entfernung durch Aberrator 2.0).

Ich nütze (aber eigentlich nur noch zu Kontrolle und nicht mehr zum Schrauben) eine 2,5 x Powermate in Verbindung mit dem 10mm Okular (532x)

Effektiver ist es so nahe an den Fokus zu gehen, dass das Sternscheibchen zu einem kleinen hellen Ring zusammenfällt. In diesem Ring erkennt man an den Helligkeitsunterschieden sehr zuverlässig ob die Einstellung schon perfekt passt, oder Schatten der Korrektoreinheit noch eine Winzigkeit in Richtung des etwas dunkleren Ringsegments rücken muss.


.jpg   Ring.jpg (Größe: 14,65 KB / Downloads: 997)
(Komafigur unter Weglassung der Spider gezeichnet nach Vorlage von Aberrator 2.0)

Der Zeitbedarf liegt, bei einer sehr sorgfältigen Vorgehensweise, bei jeweils rund 2 Stunden - also nicht gerade wenig. Dazu muss aber gesagt werden, dass ich es bisher noch nie erlebt habe, dass sich die Korrektoreinheit oder der Hauptspiegel in ihrer Position selbstständig verändert haben. Jede Veränderung/Dejustage ging von mir aus. Das oben erwähnte mehrmalige Justieren/Kollimieren diente schlichtweg dazu Erfahrungen zu sammeln und Übung zu bekommen.

Summa summarum ist - nach etwas Übung - die Methode gut zu beherrschen und die sauberen Ergebnisse können zuverlässig reproduziert werden.
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Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“
                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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Herbipollution (01.02.2015), Ulf (01.02.2015), Uwe (01.02.2015)
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#59
Hallo Andreas,

die ideale Übungszeit Daumen hoch bei den derzeitigen Wetterprognosen... Sad

Deine Ausführungen sind wirklich gut verständlich und nachvollziehbar.

Danke dafür!
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
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#60
Wie schon oben angekündigt, eine weitere kleine Fortsetzung, fast schon eher eine Anekdote, zum TAL-250K:

Ich greife auf einen Gedanken zurück, den mir Ralf (als ehemaliger TAL-250K) Besitzer mitgegeben hat, als er mich fragte, ob man das Blendrohr vom 10" Hauptspiegel lösen könne. Die an sich recht einfache Frage war vertrackter als gedacht.

Anfangs bin ich davon ausgegangen, dass das Blendrohr über eine Art von federnden Lamellen am Hauptspiegel befestigt (geklemmt) ist. Wie das Bild zeigt, sitzen die Lamellen in der Hauptspiegelbohrung und könnten im entspannten Zustand einen geringfügig größeren Durchmesser als die Bohrung haben und klemmen dann, in die Bohrung eingebracht, von selbst.

   

Der Konstruktionsplan zeigt, dass der Kontakt zum Glasmaterial nur im hinteren Teil des Bohrung, weit weg von der Spiegeloberfläche erfolgt. Dies dürfte der Versuch sein konstruktiv Astigmatismus vorzubeugen, also hielt ich es für wahrscheinlich, dass an dieser Stelle ein Art Druck, Klemmung, Anpressen vorhanden sein könnte.

Nun, das Ganze ist anders:
Der untere Teil des Blendrohrs ist in Wirklichkeit in der Hauptspiegelbohrung verklebt und genau betrachtet lassen sich im Bild oben auch Klebestellen (weißen Stellen) ausmachen.
Dabei agiert die Metallhülse zwar wirklich als Spreizbuchse (so wird sie von Yuri A. Klevtsov bezeichnet), aber der Federdruck hält das Blendrohr nur bis zur Aushärtung des Klebers in Position. Wenn ich meine russischen Kontakte richtig übersetze, dann wird ein ziemlich aufwendiger Vierkomponenten-Kleber(!) auf der Basis eines Epoxidharzes, mit einer Art künstlichem Weichmacher ("artificial rubber") und Titandioxid (aha, deswegen ist das weiß) als Füller verwendet.

Die ganze Sache wurde von einer sehr speziellen, älteren und längst im Ruhestand befindlichen Frau, einer "Himichka" (meint wohl "expert-chemist"), gemacht und manchmal muss sie etwas davon für NPZ "gekocht" und geklebt haben. Kunststück - bei vielleicht 800 gefertigten TAL-250K lässt sich die Klebermenge ja noch in Gramm bemessen. Die Zusammensetzung wurde jedenfalls nie bekannt. Und jetzt gibt es alles drei nicht mehr: Die Chemikerin, das Rezept und die Klevtsovs.

Tja, noch so eine schräge Story um dieses Teleskopsystem herum, aber das passt auch irgendwie dazu. Halt alles irgendwie sehr speziell Big Grin

Andreas-TAL
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                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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#61
Es ist ruhig geworden um die Klevtsov-Teleskope ... Kein Wunder, da sie ja nicht mehr auf dem Markt sind  :(
Immer wieder mal landen ein paar davon in Moskau auf der optischen Bank und kehren von da aus mit sehr mäßigen Ergebnissen zurück.

Koma ist fast nie das Problem, aber sehr oft eine erhebliche sphärische Aberration, was wohl von den engen Toleranzen der Linsenradien in der Korrektoreinheit kommt. In manchen (seltenen) Fällen wird auch ein erheblicher Astigmatismus gemessen, was entweder auf einen mangelhaft zusammengesetzten Korrektor zurückgeführt werden kann oder auf Probleme bei der Verklebung des Hauptspiegels (Verkleben ist ja sicherlich schon mal grundsätzlich nicht die beste Lösung).

Eine Neuigkeit ist, dass Dmitry Makolkin (in Russland so eine TAL-250K Koryphäe und - wenn ich das richtig erinnere - der Mitentwickler von Registax) versucht für die recht zahlreichen TAL-250K mit erheblicher sphärischer Aberration eine Art Korrektor zu rechnen und zu entwickeln - also so etwas wie einen Klevtsov SAFIX. Ob das allerdings jemals zur praktischen Realisierung kommt ist wohl sehr ungewiss.

Auch der ursprüngliche SAFIX (siehe hier: http://www.cloudynights.com/page/article...-safix-r48) funktioniert am TAL-250K. Ich besitze so einen SAFIX - eines der letzten Exemplare, was ich vor einigen Jahren in den Staaten aufgetrieben habe. Dieser hat aber am Klevtsov ziemliche Fokusprobleme. Er muss so tief in den OAZ hinein, dass man eine spezielle Hülse anfertigen muss, in der der SAFIX (passend voreingestellt) komplett versenkt wird und die wiederum nahezu komplett in das Auszugsrohr des OAZ eingeschoben wird.

Das hat wohl zur Folge (ich habe es nicht überprüft), dass eine ziemliche Vignettierung stattfindet. Da entsteht ja ein 1,25" Nadelöhr tief innen drin im Teleskop. Aber da der SAFIX sowieso eher zur scharfen Abbildung auf der Achse (also vorzugsweise am Planeten oder an Doppelsternen) eingesetzt wird, ist das vielleicht vernachlässigbar.

Vor einigen Monaten hatte ich mit Vladimir Sacek (dem Autor von www.telescope-optics.net) auf der US-amerikanischen Plattform CloudyNights Kontakt. Vladimir stieg nochmals in die Optikdesign Rechnungen ein und näherte sich noch mehr dem idealen TAL-Klevtsov Design an.
Wenn ich Vladimir richtig verstehe - das fällt mir aus dem Englischen deutlich leichter als aus dem Russischen - ergeben sich einige sehr deutliche und klare Schlussfolgerungen zum Verhalten der Optik:

1. The meniscus does the correction of the spherical aberration (due to its thickness) and coma (curvature).
2. There is no way to match an imperfect meniscus with another imperfect element to offset its errors.
3. There exists an "ideal" thickness of the meniscus lens - reaching this, both aberrations (spherical / coma) will vanish. This thickness mainly depends from the glass type (most likely are SK glass types, cause of lower costs).
4. The refractive index of the meniscus glass should be between 1.6-1.7, dispersion approximately about 55.

5. The radius of the reflective side of the mangin element corrects spherical aberration, too.
6. Both radii (meniscus/mangin) cohere in a way that the difference of both radiuses should be 10mm or lower.
7. Longitudinal chromatism is corrected from the refractive side of the mangin (the opposite side of the mangin mirror coatings).


Da ich ja noch ein Exemplar des Klevtsov-Buches hier hatte und schon die ganze Zeit überlegte was damit anzufangen wäre (das signierte ist bei mir, ein zweites in Wien) überzeugte ich Vladimir Sacek in den USA doch bitte das Buch als Geschenk anzunehmen - zumal er es ohne allzugroße Schwierigkeiten auf Russisch lesen könnte. Nach ein bisschen Überzeugungsarbeit, dass mich das nicht in den finanziellen Ruin treiben würde, sandte ich das Buch über den großen Teich in der Hoffnung das es das war, was ich vermutete.

Und ich hatte Recht: Vladimir war begeistert von dem Werk und meinte es sei eines der besten Bücher über Optiktheorie die er in der letzten Zeit in den Händen hatte. Nicht nur speziell über das Klevtsov Design, sondern viel umfassender ... und er hätte jetzt nicht mal Geburtstag. Perfekt! Genau so sollte es sein! Wer wäre ein würdigerer Besitzer eines solchen Standardwerkes.

In der Folgezeit entwickelte sich ein weiterhin sehr angenehmer, lockerer Dialog mit Vladimir. Es haut mich immer wieder von den Socken, wie er mit Zahlen, Simulationen, Daten jongliert und eine Vielzahl von Ideen, Varianten und Alternativlösungen zu optischen Systemen entwickelt als ginge es um einfache Kochrezepte.

Ein paar Resultate unserer Korrespondenz möchte ich in der Folgezeit hier einstellen, schlichtweg damit sie mal irgendwo veröffentlicht sind. Obwohl die Zahl der TAL-250K Besitzer wohl nur noch im mittleren dreistelligen Bereich liegt, finde ich es gut, dass es irgendwo ein Klevtsov-Cookbook gibt.
Und Vladimir habe ich natürlich vorher um Einverständnis gefragt ob ich die Ergebnisse veröffentlichen kann und die Antwort kam prompt und typisch unkompliziert: "Why should we keep them for ourselves?"

Andreas-TAL
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                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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Christoph (29.07.2015)
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Christoph (29.07.2015)
#62
Hallo Andreas,
der Threat hat sich längst zum deutschsprachigen Standardwerk zu TAL-250K oder TAL 200K Geräten entwickelt. Sozusagen ein onlineband für Interessierte und etwas Besonderes, Gehaltvolles für dieses Forum.

Danke dafür

Gruß
Ralf
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#63
(28.07.2015, 16:52)Andreas-TAL schrieb: "Why should we keep them for ourselves?"

Andreas-TAL

Das finde ich ein klasse Aussage! Daumen hoch  Gilt auch für Deinen Thread! Danke, Andreas!
Und es gilt auch für unsere Teleskope, Bilder und den Sternenhimmel überhaupt! Rolleyes
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#64
Beim TAl-250K kann man (in Grenzen) den Backfokus verändern. Standardmäßig liegt dieser bei 218mm ab Oberkante Hauptspiegel. Grundsätzlich ist der Backfokus recht bequem dimensioniert und es gibt bei normaler Nutzung über 1,25" keine Probleme - auch nicht mit Zenitspiegel.
Problematischer wird es bei 2" Zubehör. In Kombination mit einem 2" Zenitspiegel reicht der Fokussierweg nach innen manchmal nicht mehr aus, je nach verwendetem Okulartyp. Als besonders kritisch hat sich hier das 30mm NLVW von Vixen herausgestellt, das im Gegensatz zur LVW-Reihe, den Fokus viel weiter innen benötigt. Auch die Lösung den 2" ZS im OAZ zu belassen und mit 1,25" Reduzierung zu arbeiten (Baader Genuine Orthos, Eudiaskopic ...) klappt nur noch sehr grenzwertig. Das ist natürlich eine weitere gewisse Bequemlichkeitseinschränkung.

Lösung 1 besteht darin, einen 2" ZS von TAL zu verwenden. Dieser ist extrem kurzbauend (ich denke mal genau für diesen Einsatz gedacht) und mit 92mm optischen Weg klappt alles ziemlich gut. Nachteil: Dieser hat "nur" eine forcierte Aluminiumbeschichtung mit nominell 96% und real wahrscheinlich irgendwann 85-90% Reflexivität.

Lösung 2 wäre die Nutzung eines hochqualitativen, aber extrem kurzbauenden 2" ZS, der auch unter 100mm optischen Weg verbraucht. Hier scheint mir bisher Lumicon die stimmigste Wahl zu sein. Die Lumibrite Serie ist (zumindest schon mal auf dem Papier) hochgenau (1/10 Wave) und hat einen ähnlich geringen optischen Weg wie der russische ZS. Allerdings ist das bei dem ungünstigen USD-EUR Kurs momentan richtig teuer und bei Sendungen aus USA kennt der Zoll keine Gnade. Da wird jedes noch so kleine Päckchen geprüft.

Lösung 3 praktiziere ich momentan, nämlich die Verwendung eines originalen M44 Zeiss Prismas. Das hat (eben wegen M44 statt 2") einen geringeren optischen Weg, hat einen freien optischen Durchlass von 36mm und ist im Kontrastverhalten (zumindest eingebildet) nochmal einen Tick besser als mein 2" Televue Everbrite. Das einzige 2" Okular, das ich besitze und das sich eine Vignettierung einhandelt, weil dessen Feldblende größer ist, ist das 42mm LVW (46mm Feldblende). Linear gerechnet wären also die äußersten 11% des Feldes umlaufend vignettiert, was ich aber (auch beim genauen hinsehen, ich hab mir dafür mal viel Zeit genommen) nicht wahrnehmen kann.

Lösung 4 wäre es den Abstand zwischen Korrektoreinheit und Hauptspiegel zu verändern. 
Das führt zwar auch zu einer minimalen Vignettierung, jetzt durch das Blendrohr, was den Strahlenkegel mehr beschneidet als vorher (wenn die Abstand kleiner wird), aber auch zu einem erheblichen Einflusspotential auf den Backfokus (+/- 60mm / das sind dann rund 12cm Variation des Fokuspunktes!).
1 mm entspricht dabei rund 20 mm Fokusänderung.
Da die Korrektoreinheit direkt über eine Art "Hohlschraube" (metrisches Gewinde) in Richtung HS oder entgegengesetzt verstellt werden kann, ist eine sehr feinfühlige Anpassung des Fokus möglich. Eine Drehung dieser Schraube um 360° versetzt den Korrektor um 1 mm auf der Achse (~20mm), 180° wären dann nur 0,5 mm (~10mm), 90° entsprächen 0,25 mm tiefer/höher (~5mm) und so weiter.

   

Die Frage war aber, wie sich sich Optik bei einer solchen Aktion verhält?
"Interessant", schreibt dazu Vladimir Sacek. "Das System in OSLO zeigt an, dass mit einer reduzierten Distanz von Korrektor-HS die Tendenz zur Unterkorrektur einhergeht. Aber bei 1mm Distanzänderung sind die Auswirkungen völlig vernachlässigbar. Selbst bei 3mm Distanzverkürzung (~60mm Backfokusverlängerung) ist es immer noch weniger als 1/20 wave p-v und ungefähr 0.05 RMS. Allerdings steigt bei einem so starken Eingriff der Farblängsfehler deutlich an."

Fazit:
Abstandsverkürzung lässt das System Richtung Unterkorrektur reagieren.
Abstandsverlängerung lässt das System in Richtung Überkorrektur reagieren.
Zusätzliche Aberrationen durch die Änderung des Backfokus bis 20mm lassen sich gar nicht und wenn doch, dann nur rein theoretisch belegen.

Da mein TAL-250K sowieso leicht unterkorrigiert ist, habe ich es natürlich mal ausprobiert und bin dann erst mal wieder zur "Originalposition" zurückgekehrt, zumal ich ja mit dem ZEISS-Prisma eine sehr gute Lösung habe. Ehrlicherweise hat auch eine Rolle gespielt, dass ich zu faul war eine tiefer gesetzte Korrektoreinheit erneut auf die optische Achse zu justieren. Zumal ich ja eventuell anschließend den HS wieder kollimieren müsste und dann summiert sich der Aufwand doch wieder.

(Kleiner Exkurs: Ich weiß, dass das mit dem HS unlogisch klingt, weil die optische Achse des Teleskops ja bleibt wie sie ist. Aber bei der Justage der Korrektoreinheit wird über zwei Lochblenden (also mechanisch) die optische Achse "simuliert", wobei natürlich tatsächliche optische Achse und mechanisch festgelegte Achse möglichst identisch sein sollen. Die Erfahrung lehrt, dass da doch winzige Unterschiede sind. Ergo muss der HS dann doch wieder leicht kollimiert werden und das kann sich mit den 6 Kollimationsschrauben auch zum Schuss nach hinten entwickeln.

Außerdem habe ich momentan den Eindruck gewonnen, dass Justage und Kollimation meines TAL-250K grade "perfekt" sind (also nicht "nahezu perfekt" oder "fast perfekt", sondern "ganz perfekt") und da ein Klevtsov die Justage über Jahre hält, werde ich tunlichst die Finger davon lassen. Die letzten 2-3% Prozent auf den Punkt zu bringen sind dann eben doch ein aufwendiges "Spielchen".

Wenn alles (auch bei Übervergrößerung) absolut zentrisch ist (Poissonpunkt <-> Korrektorschatten <-> Fresnelringe), merke ich immer wie supersensibel optische Systeme sind. Ich merke die feinsten Änderungen des Temperaturzustands der optischen Teile, wie beim Auskühlen ein gewisser Astigmatismus kommt und wieder geht, wie sich die Außentemperatur entwickelt (je nachdem ergeben sich (Längen)Änderungen (im Submillimeterbereich) der mechanischen Teile, die sich aber "wunderbar" in den Aberrationen nachverfolgen lassen und natürlich wie z.B. der aktuelle Astigmatismus meiner Augen (also v.a des rechten Auges) beschaffen ist, der sich im Laufe der Nacht erstaunlicherweise auch verändert.)


Nicht nur ein Teleskop, auch ein Seismograph ...

Andreas-TAL
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Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“
                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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#65
Wie schon angekündigt, setzte ich mal die Veröffentlichung der Korrespondenz mit Vladimir Sacek über das TAL-250K fort.

Wenn es eine Problemzone bei den TAL-250K gibt, dann ist es (wie schon oft erwähnt) die sphärische Aberration. Irgendwie sind sie schon Diven, diese Teleskope ... leider hilft hier kein Erdnuss-Schokoriegel, aber dafür vielleicht was anderes. Das wurde auch mal zum Thema einer Unterhaltung mit Vladimir Sacek.

Das Nachfolgende ist aber vor allem nicht als Möglichkeit zu sehen ein vorhandenes Teleskop mal auf die Schnelle zu überarbeiten (wenn man gleich liest was man tun müsste, wird das eh' sehr schnell klar werden), sondern geht viel stärker in die Richtung mal rein theoretisch zu überlegen, was man im optischen System verändern müsste um die sphärische Aberration zu beeinflussen.

Letztlich führt das aber an einen Punkt wo man konstatieren muss, dass, wenn NPZ-Optics zu solchen (Reparatur)Eingriffen fähig und in der Lage gewesen wäre, sie wohl auch die TAL-250K gleich von Anfang an aberrationsärmer hinbekommen hätten.

Der erste Gedanke unsererseits war, ob nicht der Abstand zwischen Meniskus- und Manginlinse in der Korrektoreinheit (dazwischen ist eine Art "Distanzring/Spacer" eingefügt), auch sphärische Aberration beeinflussen könnte (bei Doublet/Triplett APO Systemen hat deren Linsenabstand zueinander ja signifikanten Einfluss auf die Abbildungsqualität).

   

Zur Überraschung ist dem nicht so, schreibt Vladimir Sacek, als er das simulierte:
"Den Abstand über den Spacer zu verändern hilft kaum und würde stattdessen nur einen Farblängsfehler einführen.

Die "einfachste Möglichkeit" die sphärische Aberration zu beeinflussen wäre es stattdessen den Radius der verspiegelten Rückseite der Manginlinse zu ändern, z.B. die Änderung des Radius um 1,3% (5mm bei einem gegebenen konkaven Radius von 374.5mm bei einem 250mm f/1.9/8.6 System (das sollte der Realität sehr nahe kommen). So ein Eingriff führt zu einer Veränderung von 1/3 wave p-v Unterkorrektur/Überkorrektur mit dem engeren/weiteren Radius und das ohne signifikante Auswirkungen auf andere Aberrationen zu haben.

Die Änderung der Radien führt aber zu einer Verlängerung/Verkürzung des Backfokus um rund 30mm, beziehungsweise zu einer 4-5%igen Verlängerung/Verkürzung der Systembrennweite. Möglicherweise ist das der Grund, warum das bei den TAL-250K nicht gemacht wurde.

Die Alternative wäre die Asphärisierung der Oberfläche um rund 0.11 conic (negativ um eine Unterkorrektur einzubringen, positiv in Richtung Überkorrektur). Dies würde dann weder den Backfokus, noch die Systembrenweite, noch andere Aberrationen zu verändern (letztlich also das was Celestron bei den Sekundäreinheiten seiner SC's [i.e. der Schmidtplatte] macht).

Möglicherweise ist es der bequemere Weg die "Vorderseite" der Manginlinse zu asphärisieren, da sie nicht verspiegelt ist, aber bei deren Radius (angenommen wurden rund 1055mm konvex) müsste man für denselben Effekt eine conic von 8 (!) annehmen (negativ um eine Überkorrektur einzubringen und umgekehrt).

Die sphärische Aberration eines TAL-250K ist überwiegend primäre sphärische Aberration, die - um sie reduzieren - möglichst optimal mit der sekundären sphärischen Aberration ausbalanciert werden muss. Das ganze macht aber nur Sinn, wenn kein signifikanter axialer Astigmatismus vorliegt."

Fazit: Ein TAL-250K mit einer erheblichen sphärischen Aberration, lässt sich nur durch eine Umarbeitung der Linsenelemente verbessern. Veränderungen, die die Linsen in ihren originalen Dimensionen belassen, sind wirkungslos.

So ernüchternd das Fazit ist, so schonungslos zeigt es auch die Fertigungsprobleme bei NPZ-Optics. Denn grundsätzlich kann das System recht ambitioniert gefertigt werden. Rechnerisch liegt das Designminium wohl bei 0.03-0.04 RMS Wave; die Unschärfe liegt an den nicht exakt bekannten Designparametern. Aber die hochpräzise Fertigung der Linsenradien, deren Einfluss ja durch den doppelten Strahlendurchlauf noch weiter steigt, hat NPZ nie in den Griff bekommen. Die Manginlinse am "Korrektorende" ist ja rückseitig verspiegelt, kehrt den Strahlengang damit wieder um, so dass alle Linsen nochmals durchlaufen werden.

Die recht zahlreichen TAL-250K die als "underperformer" irgendwas knapp über 0.6 Strehl aufweisen, entstammen solchen qualitätsarmen Fertigungsprozessen. "Fotoqualität" ist das ironische Label, das in Moskau solchen Geräten verliehen wird. Natürlich gibt es auch bessere TAL-250K, aber das resultiert weniger in einem Qualitätsmangement, sondern ist die Folge wenn die Streuung der gefertigten optischen Elemente mal eher zufällig in der Nähe der "idealen" Werte landet, als dass Elemente mit ganz weiten Qualitätstoleranzen miteinander kombiniert werden (müssen). 

So ergibt sich aus meiner Einschätzung und Beobachtung der letzten 5 Jahre eine klassische Gaußkurve (Glockenkurve, Zufallsverteilung) mit den Topwerten bei 0.94 Strehl und den Flopwerten bei 0.60 Strehl. Wenn dem wirklich so wäre, dann lässt die Mathematik einen einfachen Rückschluss zu (so eine "Normalverteilungskurve" ist ja dann symmetrisch): Durchschnittliche Qualität (~ Spitze der Kurve ~ Masse der TAL-250K) ist um die 0.77 Strehl. Leider spricht einiges dafür ... 

Eigentlich schade, wie man ein so interessantes Design "gegen wie Wand fahren" kann.

Andererseits: Höhere Qualitätsanforderung führt halt konsequenterweise zu einem höheren Preis und viele kaufen dann halt doch wieder billig. Und ob solche qualitätsgesicherten TAL-250K dann zu anderen Teleskopen preislich konkurrenzfähig wären hat auch noch keiner ausgerechnet.

Umso wichtiger, dass die vorhandenen ordentlichen/besseren/guten TAL-Klevtsovs nicht einfach so verschwinden. Sie haben innerhalb ihrer sowieso schon exotischen Gruppe nochmal einen Sonderplatz und sind ein Beweis, dass es geht!

Andreas-TAL
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                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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Andreas Paul (08.08.2015), Christoph (10.08.2015), Herbipollution (09.08.2015), Uwe (07.08.2015)
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#66
Die nachfolgende Diskussion drehte sich um die Justage der Korrektoreinheit beim TAL-250K. Ausgangspunkt war, dass Yuri A. Klevtsov vor einiger Zeit die Werksprozedur beschrieben hat und dass man dies mit Amateurmitteln durchaus reproduzieren kann.
Das ist auch geboten, denn sobald diese Justage verloren gegangen ist (z.B. durch HS-Reinigung) sinkt die Abbildungsqualität.

Das Verfahren ist in einen früheren Beitrag schon ausführlich beschrieben, deswegen fasse ich das hier nur nochmal kurz zusammen, damit das Nachfolgende verständlich bleibt.
Benötigt werden ein Helium-Neon Laser, zwei Kunststoffbuchsen mit winziger, zentrischer Bohrung und eine X,Y Lineareinheit die im Mirkometerbereich sowohl gradlinig, wie auch drehend bewegt werden kann und ein Projektionsschirm am Laser.

Die Buchsen werden am Teleskop angebracht und markieren die optische Achse des Teleskops. Der Laser wird ein gutes Stück hinter dem OAZ positioniert. Der Laser wird so positioniert dass er beide angebrachte Buchsen passiert. Ist dieser Aufbau eingerichtet, werden die Buchsen entfernt ohne dass ein Gerät in seiner Position verändert wird.

Am Projektionsschirm werden dann eine Vielzahl von konzentrischen Kreisen sichtbar ("Newtonsche Ringe"). Sie entstehen durch die Brechung des Laserstrahls an den Linsenkanten der Mangin- und Meniskuslinse. Ist die Korrektoreinheit dejustiert (verkippt) führt das dazu, dass der Laserstrahl zur optischen Achse versetzte Newtonschen Ringe erzeugt.

Ergo: Verkippte Korrektoreinheiten erzeugen Newtonsche Ringe die ihren Mittelpunkt neben dem Laserstrahl haben. Mit den Justageschrauben ließe sich anschließend ein verkippter Korrektor so justieren, dass die Ringe sich wieder mittig um dem Laserstrahl herum abbilden. 

Soweit so gut, aber bei meinem TAL-250K zeigt sich das Phänomen, das ein Teil der Newtonsche Ringe auf der Achse liegt, während ein anderer Teil seitlich versetzt dazu ist. Die beiden Linsen erzeugen also unterschiedlich ausgerichtete Newtonsche Ringe, woraus man schließen könnte, dass die Linsen zueinander auch leicht dejustiert sind.

   

Hier sieht man das Phänomen. Die äußeren (hellgrauen) Newtonschen Ringe sind zentrisch zu den schwarzen Hilfslinien, im inneren Bereich sind sie deutlich außermittig.

Deswegen hat im folgenden Valdimir Sacek mal simuliert was die Folgen wären, wenn die Korrektoreinheit entweder (1) seitlich versetzt (also in ihrer Ganzheit neben der optischen Achse sitzt), oder wenn (2) eine der beiden Linsen zur optischen Achse versetzt oder verkippt wäre.

Zu (1):
"Die gesamte Einheit reagiert auf eine Dezentrierung extrem sensibel: Ein seitlicher Versatz von 1mm würde rund 4 Waves p-v "all field coma" (Koma, das in gleicher Stärke im gesamten Feld auftritt) erzeugen (horizontal orientiert). Seine Größenordnung ist direkt proportional zum Versatz (~Dezentrierung). Das bedeutet, dass selbst 0.1mm Versatz der Korrektoreinheit zur optischen Achse rund 0.4 Wave p-v Koma hervorruft (soeben noch beugungsbegrenzt aber sicherlich nicht akzeptabel).

Zum Vergleich: 1mm Dezentrierung in einem SC würden nur halb so viel "all field Coma" erzeugen.

Im Rückschluss kann man sagen: Wenn das Teleskop dezentriert erscheint, aber kein einheitliches Koma  im gesamten Feld vorhanden ist, dürfte eher der Korrektor verkippt sein, als das er dezentriert ist."

Letzteres ist schon mal sehr angenehm, da sich ein verkippter Korrektor (relativ) einfach wieder justieren lässt. Es gäbe aber keine Möglichkeit eine Korrektoreinheit die etwas seitlich zur optischen Achse versetzt ist zu korrigieren. Das ist konstruktiv nicht vorgesehen.

Das obige konsequent weitergedacht führt aber zur neuen (unbeantworteten) Frage, wie es NPZ-Optics dann geschafft hat diese Korrektoreinheiten montagetechnisch so absolut exakt in die Mitte zu bekommen, dass sie wohl deutlich weniger als 0.1mm von der optischen Achse abweichen. Nahezu alle Klevtsovs zeigen nämlich in nur sehr geringem Ausmaß Koma.

Der Fangspiegelhalter an denen die Einheit hängt zeigt Spuren solider, handwerklicher Fertigung, die aber sicher nicht feinmechanisch hochexakt ist. Die drei Bögen der "curved spider" scheinen z.B. zwischen mittiger kreisrunder Adapterplatte und Tubusring eingeschweißt und ein Stahltubus mit 270mm Durchmesser kann auch nicht absolut kreisrund gebogen und geschweißt werden, wenn man eine Genauigkeit um die 0.05mm benötigt. Und dass er aus einem Stück gedreht ist, kann nun ich nicht glauben.

Ein Teil des Geheimnisses liegt ggf. darin, das die hintere Linse (Manginlinse) im Prozess der Montage justierbar ist und erst im Zuge der Versiegelung der Einheit endgültig fixiert wird. Vielleicht genügt dieser geringe Spielraum von +/- 1mm seitlichem Versatz der möglich ist, um ein mögliches Koma herauszujustieren. 

Im folgenden hat Vladimir simuliert wie dann die einzelnen Linsen auf Dejustage reagieren (also letztlich den oben angedeuteten Spielraum als Fehlerquelle simuliert).

Zu (2)
"Einzeln betrachtet ist die Manginlinse erheblich sensibler für Dezentrierung und Verkippung.
Aber die Sache ist sehr komplex.
Falls die Manginlinse in ihrer Position verkippt ist, könnte dies nämlich dennoch nur zu einem recht geringen Fehler führen ("all field coma"), solange sie auf der optischen Achse (des HS) bleibt.
Versetzt man beide, Meniskus und Manginlinse innerhalb des Korrektors und/oder erzeugt einen Versatz/Verkippung zwischen Korrektor (mit versetzten/verkippten Linsen) und dem Hauptspiegel, so kann der Gesamtfehler des Systems aber tatsächlich auch sinken!
Denn wenn man jedes dieser Elemente nur isoliert betrachtet und korrigiert, dann kann dies in der Summe der Aberrationen einen größeren Fehler als vorher einführen.

Aber der einzige Weg das herauszufinden ist das System praktisch auf alle relevanten Änderungen zu testen und darauf basierend Rückschlüsse zu ziehen, welche Änderung das Gesamtsystem näher an das Optimum heranbringt, wo es anscheinend bereits ist, wenn man dein Beugungsbild auf der Achse als Grundlage nimmt."

Die nichtkonzentrischen Newtonschen Ringe können also von einer solchen Position der Linse hervorgerufen werden, aber sicher ist das nicht.
Nach Yuri A. Klevtsov muss die Justage sowieso mit Hilfe der äußeren Newtonschen Ringe durchgeführt werden.

Immer mehr stellt sich heraus, dass die Korrektoreinheit der geniale Wurf, aber auch die 
Crux des Systems ist. Jeder geringste Fehler da drin wirkt sich sofort immens auf das komplette System aus. Kein Wunder dass man bei NPZ die Entscheidung getroffen hat das Teil "zu versiegeln" und damit (normalerweise) dem Zugriff zu entziehen.

Andreas-TAL

 
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#67
Auch in diesem (vorletzten) Teil der Diskussion ging es nochmals über die sphärische Aberration und deren Messung. Als Grundlage diente hier mein TAL-250K, bzw. dessen interferometrische Auswertung. Vladimir geht hier darauf ein, dass (ich hoffe ich gebe das richtig wieder) die Auswertung der Interferometrie-Daten mit Programmen wie OpenFringe o.a. nicht einfach die "reinen Werte" der LSA/HSA (Lower/Higher Spherical Aberration) liefert, sondern immer eine Gesamtschau auf das System ist.

(Hier habe ich mich am weitesten vom englischen Text entfernt, weil das inhaltlich schwierig zum Übersetzen und für mich zum Verstehen wurde. Ich hoffe ich habe keine grundsätzlichen Verständnisfehler eingebaut. Falls das für jemand von Interesse ist, kann ich demjenigen gerne den englischen Originaltext zukommen lassen.)

"Das Problem ist, dass der Zerniketerm für die sekundäre sphärische Aberration nicht die reine sekundäre sphärische Aberration wiedergibt, sondern bereits die entgegengesetzte primäre sphärische Aberration (die ja die sekundäre wieder reduziert) enthält.
Blickt man nur auf die Zerniketerme ist man nicht in der Lage zu sagen, was das tatsächliche ("reine") Verhältnis von sekundärer zu primärer Aberration ist, also wie gut ausbalanciert die Restaberration höherer Ordnung ist.

Aber was wir wissen ist, dass die Restaberration höherer Ordnung den RMS Fehler der reinen sekundären sphärischen Aberration um den Faktor 6 reduziert und wenn wir annehmen, dass das Designminium ungefähr 0.04 RMS Wave ist, können wir darauf schließen, dass die reine (unkorrigierte) sekundäre sphärische Aberration etwa 0.25 RMS Wave beträgt. Daher hat Dein TAL-250K wohl bereits rund 90% der möglichen Korrektur. Es ist nur ein geringer Beitrag an Überkorrektur notwendig um die theoretisch möglichen 100% zu erreichen, aber es gibt keinen leichten Weg dahin."

Anschließend schildert Vladimir Sacek nochmals den schon vorher gemachten Vorschlag zur Radiusveränderung an der Manginlinse um die sphärische Aberration zu beinflussen. Nur ist der Korrekturbeitrag (da die sphärische Aberration geringer ist) auch geringer, nämlich 2.5mm Radiusänderung.

"Als einfachster Weg erscheint es die verspiegelte Seite der Maginlinse etwas schwächer (also mit größerem Radius) auszuführen. Nach OSLO wären es r=377mm statt 374.5mm, oder wenn das möglich ist, diese Manginlinse präzise zu vermessen und neu anzufertigen.

Ich bin mir nicht sicher, ob die Steigerung an Leistungsfähigkeit diesen Aufwand rechtfertigt - wohl eher nicht."

Nun bin ich wahrlich kein Experte im Linsenschliff - noch nicht mal theoretisch - aber ich kann mir vorstellen, dass eine Brennweitenänderung (Umschleifen) von +2.5mm (oder 0.7%), bei gleichzeitiger Einhaltung der Sphäre mit wohl mindestens notwendigen 1/4 Lambda Wave (wohl eher genauer, weil sich die Fehlerbeiträge ja tendenziell aufsummieren) nicht gerade einfach zu bewerkstelligen ist.

Zumal das ja eine komplette Zerlegung der Korrektoreinheit einschließt - und den Korrektor müsste man ja danach auch wieder perfekt zusammensetzen.

Auch hier wieder: Minimale Änderungen mit maximalen Folgen.

Rückblickend muss man NPT-Optics auch irgendwie Respekt zollen, für ihre Kühnheit sich an die Fertigung eines so sensiblen Designs gewagt zu haben. So ist es vielleicht nachvollziehbar, dass sich kein anderer großer Teleskop-Hersteller ernsthaft mit diesem Design beschäftigt hat. Zu gut funktionieren die SC's im Massenmarkt, selbst wenn das TAL-250K m.E. ein gutes Stück näher an ein "All purpose Telescope" herankommt als die SC.

VIXEN ist ja mit seinen VMC tendenziell (auch recht zeitgleich) in diese Richtung gegangen - vielleicht auch um keinen Trend zu verpassen - aber der große Wurf waren sie nicht. Sehr oft wird von Problemen bei der thermischen Stabilisierung berichtet, die weit länger dauert als beim TAL-250K. Ein australischer VMC-260L Besitzer, mit dem ich den ein oder anderen Plausch hatte, erzählte mir recht frustriert, dass das VMC manchmal die ganze Nacht nicht "hinterherkommt".

Wenn die wenigen Schnittzeichnungen im Netz stimmen, dann verwendet VIXEN wohl auch zwei Linsen und einen Spiegel im Korrektor (mehr thermisch sensible Elemente), deren Spiegel scheint zu allem Unglück flächig verklebt zu sein und das zwischen den beiden Linsen und dem Spiegel eingeschlossene Luftvolumen ist erheblich größer, was das Auskühlverhalten natürlich weiter verzögert. Dann kommen durch die geraden und notwendigerweise dicken Korrektorstreben auch visuell sichtbare Spikes dazu. Und dann ist das leidige Thema der Hauptspiegelfokussierung ...

So scheint das Klevtsov-Design tatsächlich momentan etwas Singuläres auf der Teleskopbühne zu bleiben. Ein 12"-14" TAL-Klevtsov kam bei NPZ-Optics, die sich ja gerade aus dem Teleskopmarkt zurückziehen, nie über die Planungsphase hinaus und ein anderer ambitionierter russischer Teleskophersteller für Amateuroptiken ist nicht zu sehen.

Klingt so ein bisschen nach: "Die richtige Idee, aber zur falschen Zeit". Nun ja, dann muss es halt warten bis die Sterne günstiger stehen ... In der Welt war es ja schon einmal - was zu dokumentieren ist Smile

Andreas-TAL
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#68
Hier ist der letzte wesentliche Teil der Diskussion mit Vladimir Sacek. Ganz am Ende war es dann doch möglich dem TAL-250K Design ganz nah zu kommen. Es ging uns ja nie um einen Nachbau des Klevtsov Systems (die Originaldaten sind ja weiterhin unter Verschluss), aber um das optische System in seine "Reaktionen" zu verstehen, muss man ja einigermaßen in die Nähe der Originalparameter kommen. Das scheint nun ausreichend gut gelungen.

"Durch das Buch von Yuri A. Klevtsov ist nun geklärt, welche Glassorten beim TAL-250K verwendet wurden. Es ist keine komplette präzise Darstellung, aber die Gläser, Spiegelradius, Abstand zum Korrektor, Strahlenverläufe, die direkt den Meniskusradius bedingen und die Gesamtdicke von Mensikuslinse+Luftspalt+Manginlinse sind kombinierbar. Genug um ein System zu rekonstruieren, was der Realität sehr, sehr nahe kommt.
(Siehe Kapitelende Seite 85. wo Yuri A. Klevtsov auf den Designentwurf 4, Seite 80, Tabelle 3.20 hinweist).

Die Gläser sind LZOS STK3 und BK10, die keine direkten Entsprechungen im SCHOTT Glaskatalog haben, aber das Lanthanum Glas LAK11 und das Glas BAK4 sind mit ihren Eigenschaften jeweils ähnlich genug, um keine bedeutsamen Unterschiede zu verursachen.

Die Kennzahlen sind sehr ähnlich zu den Gläsern, die ich bereits vorher als wahrscheinlichste Varianten angenommen habe. Das Designminium auf der Achse liegt damit bei 0.032 RMS Wave (absolutes  Minimum läge bei 0.03 RMS Wave, bei konsequenter Optimierung).

Dies hier ist die Simulation der bestmöglichen Näherung an das TAL-250K System, die von Vladimir Sacek erstellt wurde:

   

Wenn die Manginlinse dünner ausgeführt würde und die anderen Spezifikationen entsprechend angepasst sind sinkt der Fehler auf 0.026 Wave, sehr nahe bei den 0.023 die in der Tabelle genannt werden. Es gibt keine nennenswerte Änderung anderer Aberrationen außer beim Farblängsfehler der gering - aber doch doch nennenswert - schwächer ausfällt mit dünnerer Manginlinse. Das ist ein guter Hinweis, dass das siminuierte Leistungsvermögen ziemlich identisch ist zum tatsächlichen Design. Die geringen Unterschiede in den simulierten Spots kommen höchstwahrscheinlich von den etwas anderen Glasspezifikationen."

So, das war's.

Damit "endet" ziemlich auf den Tag genau eine 6jährige Wegstrecke von einer völlig unbedarften Erstbegegung mit dem Klevtsov System auf A.de bis hierher wo dieses System jetzt "auf dem Punkt" gebracht ist.

War war da alles dazwischen: Erst mal die Überlegung ob mir so ein Teil überhaupt taugt, dann die Frage wie man so etwas bekommt, das aufwendige Netzwerken gen Novosibirsk um so ein Teil zu bekommen (und viele unglaubliche Zufälle und Fügungen auf dem Weg dahin), dann die Aufregungen um Bestellung, Transport und Ankunft und schließlich die Feststellung das es ziemlich dejustiert ankam und dass ich keine Ahnung hatte was zu tun wäre (und die meisten Ratschläge sofort erkennbar oder jetzt rückblickend einfach "für die Tonne" waren).

Letztlich war das aber der Stachel, dieses seltsame Teleskop besser zu verstehen und es begann die nächste Runde Netzwerken nach Moskau, in russischen und anderen Foren und mit neuen und bereichernden Kontakten nach Russland, Ungarn, Lettland, Finnland, Australien, USA, Italien, Estland, Spanien ... um nur einige Länder aufzuzählen oder zu wahnsinnig interessanten Menschen wie Yuri A. Klevtsov, Dmitry Makolkin (Registax), Fidel Gorbunov (WAGO), Leo Parko - dem ehemaligen Chefingenieur von NPZ-Optics, Andrey Smirnov, Alexey Yudin (Santel) und vielen anderen, z.B. TAL-250K Besitzern im deutschen Sprachraum ...

Nun ist also eine Art "Endpunkt" erreicht. Zwischendrin wurden Klevtsov Teleskope vermessen, der Korrektoraufbau (das war die härteste Nuss) verstanden und dann gleich einer mal zerlegt, jedes Fitzelchen an Information (neu) bewertet, sortiert und in das große Klevtsov-Puzzle eingefügt. Okularauszüge wurden getauscht und geprüft, die mechanischen Teile vermessen, technische Zeichnungen, Quer- und Längsschnitte organisiert, zu deuten versucht ... und auch hier noch vieles mehr.

Wie geschrieben, der Thread enthält die gesammelten, einigermaßen sinnvoll aufbereiteten Ergebnisse von 6 Jahren "Arbeit" an dem System - wobei ... nein, Arbeit ist der falsche Begriff. Es war/ist ein in höchstem Maße interessantes Projekt und auf seine Art und Weise sehr lustvoll - ein Vergnügen sich damit zu beschäftigen.

Das ist die zweite große Bereicherung, neben den wunderbaren Blicken in das Universum, welches mir das TAL-250K geschenkt hat. Insofern fühle ich mich tatsächlich reich und wunderbar beschenkt. Yeah ... was für ein Fazit!

Na, dann bin ich mal gespannt wie meine nächste Runde mit diesem Teleskop aussehen wird.

Andreas-TAL
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                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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#69
Ich stelle mal hier einen Link ein.

Er verweist auf Dmitry Makolkin, einem der meiner Meinung nach TOP-Fotografen wenn es um Mondpanoramen mit dem TAL-250K geht. Dmitry lebt in Moskau, hat seit 2008 sein TAL-250K und darin beschreibt er seine Ausrüstung, seinen Workflow und seine Situation in Moskau.

Mit Dmitry habe ich immer wieder mal Kontakt und habe ihn anscheinend mit anderen oft genug gelöchert, dass er so eine Zusammenfassung auf Englisch erstellt hat. Dementsprechend möchte ich sie natürlich auch nicht verschweigen. Hier ist sie:

http://www.makolkin.ru/Gallery/Articles/...-tools.htm

Und hier ist mal das aktuellste Beispiel von Dmitry und seinem Klevtsov.
http://www.makolkin.ru/Gallery/151004/Mo...dvmak.html
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#70
Servus,

also egal ob Mond oder Sonne - Die Bilder sind ja zum reinlegen! Hammer!  Daumen hoch

Übrigens: Der erste Link gibt einen 404 Error. Wenn man seine Hauptseite anwählt findet man aber alle Prachtbilder.

Grüße,

Florian
Astrobin
Fotocommunity
Instagram
Youtube

Astronomie, einer der schönsten Gründe, nachts nicht schlafen zu gehen!
(Zeiss-Werbung)
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#71
Ähm, 
welchen russischen Supersatelliten zapft er für seine Bilder an? Big Grin 

Im Ernst: das ist ja Wahnsinnsklasse!   Daumen hoch
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#72
Zitat:Übrigens: Der erste Link gibt einen 404 Error. Wenn man seine Hauptseite anwählt findet man aber alle Prachtbilder.

Ich versuche es nochmal:

http://www.makolkin.ru/Gallery/Articles/...tools.html

PS: Bei mir klappt es jetzt. Das ist der Link zu seiner sehr groben Workflow Beschreibung. Dmitry ist keiner der ein großes Geheimnis daraus macht, das Problem ist eher das Englische und wie man so viele Details der Bearbeitung präzise formuliert. Deswegen ist das nur mal so grob dargestellt ...

Dmitry ist Sonderklasse was diese Art der Bilder angeht. Und wie schon geschrieben lohnt sich seine komplette Galerie an Bildern unter www.makolkin.ru auch anzusehen. Da sind Sachen dabei da zieht es mir echt die Schuhe aus ...
Wie er mir geschrieben hat, war sein letztes Bild unter ganz schlechten Seeing Bedingungen, vielen Doppelbildern, die man zwar rauskriegt, aber wo dann die Maßstäbe zwischen den Bildern für das Panorama nicht mehr passen und man die zueinander in x und y Dehnen und Stauchen muss, teilweise mit (auch noch nichtlinearen) Gradienten. Also links oben ist der Maßstab zu groß, rechts in der Mitte passt er, aber links unten zu klein ... Und wenn man zu lange braucht verschiebt sich eben der Terminator und die Schatten passen nicht mehr.

Aber Dmitry ist ein virtuoser Künstler was das angeht. Zumal die Bilder ja mitten aus Moskau heraus entstehen (dazu schreibt er auch was in dem obigen Link) und sein TAL-250K sicher zu den besseren gehört, aber das heißt ja auch nur, dass es vielleicht bei 1/18 - 1/20 RMS Lambda/Wave (in Strehl ausgedrückt so 0.9) liegt.

Die Farbinformation für das Panorama stammt übrigens immer noch aus einer alten EOS350D.
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Florian B. (07.11.2015)
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Florian B. (07.11.2015)
#73
Hallo Andreas,
beim Anblick solcher Bilder bleibt der Mund einfach nur ganz weit offen stehen. Jui, sind die gut!
Die Weltnetz-Seite auf englisch (http://www.makolkin.ru) ist richtig klasse.
Dort sind Vorgehen und Einzelheiten perfekt beschrieben. Dmitry schreibt und beschreibt sehr gut.
Viele deutsche und englische Muttersprachler machen weitaus mehr Rechtschreib- und Beschreibungsfeeler
und sind nicht annähernd in der Lage zu so präziser Darstellung. Dmitry erwähnt viele interessante Details.
Sehr, sehr bereichernd, diese Seiten anzusehen, aufmerksam zu lesen und zu begreifen,
wie er so außergewöhnliche und hervorragende Aufnahmen zaubert.
Vielen Dank an Dmitry für des Erstellen dieser Seiten!
Danke, Andreas, für das Einstellen der/des Links!
Viele Grüße,
Andreas, staunend, staunend, staunend ...
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#74
Nachdem ich mein TAL-250K (geringfügig) etwas umgebaut habe, möchte hier eine kurze Zusammenfassung geben.

Auslöser war, dass mittlerweile eine neue Montierung (CEM60) meinen 10“ Klevtsov trägt. Aus den alten EQ6 Zeiten stammt noch der massive Doppelprismenadapter mit dem ich bisher die russische Klemmschiene ersetzte und auf ein 3“ Losmandy-Format brachte. Das System funktioniert nach wie vor, aber dieser Prismenadapter bringt rund 20mm Abstand zur Achse ein. Durch Gespräche mit Uwe über die Vixen SXD/SXP (und deren phänomenal geringes Gegengewicht auch bei hohen Traglasten) war ich sensibilisiert, dass das ja vor allem auf den konstruktiv sehr kurzen Abstand des Teleskopschwerpunkts über der Montierungsachse zurückgeht. Und hier "verschwendete" ich über 20mm …

Zudem bemerkte ich gewisse Ermüdungserscheinungen an der russischen Originalprismenaufnahme. Die Klemmung wird durch ein kleines prismenförmiges Klötzchen (ca 10x10mm) gewährleistet, das an eine Rändelschraube mit großem Drehgriff genietet war. Die große Rändelschraube war auch der Grund für die 20mm „Platzverschwendung“. Mindestens so viel Abstand benötigt eben dieser Drehgriff zum Montierungsschlitten, weil er sonst auf dem Schlitten "aufkantet".

   

Das Klemmklötzchen presste meinen Adapter in die prismenförmige Aufnahme. Zunehmend bekam dieses Klötzchen mehr Spiel und ein kritischer Blick zeigte, dass die nur 3mm große Sprengniet langsam zu ermüden bekann. Autsch! Im Nachhinein wird mir immer noch etwas mulmig, dass an diesem Klötzchen plus Niete die ganzen 15kg meines Klevtsov hingen.

         

Zum Dritten war dann noch die beginnende Korrosion an den Halteschrauben im Inneren des Tubus.

Das sind der Gründe genug hier eine andere Lösung zu suchen. Allerdings sollte möglichst wenig verändert werden, da ich a) kein Freund von aufwändigen (Um)konstruktionen bin, b) bei russischen Teleskopen sehr oft zum Ergebnis gekommen bin, das diese mechanisch gut durchkonstruiert sind und jedes Teil schon seinen Sinn hat (auch wenn sich der erst mal nicht erschließt) und c) ich den 10"-TAL auch möglichst „original“ weiter betreiben möchte.

Ein Moskauer Amateurastronom hat wieder mal (bildlich) die Hände über den Kopf zusammen geschlagen, als ich ihm von meinem Klevtsov erzählte und das es eigentlich recht passabel beugungsbegrenzt arbeitet (so 0.89-0.86 Strehl im blauen/grünen) und meinte ich solle so ein "Relikt" doch bitte, bitte immer pfleglich und gut behandeln und wirklich nie, nie hergeben (höchstens an ihn - Originalton: "Keep it like your wife …"). Er meinte, dass faktisch die ordentlichen Klevtsovs im wesentlichen Einzelverkauft ins Ausland gegangen sind und dass man wahrscheinlich 30 Stück durchsehen musste, bis man so eines hatte. Und etwas bitter hintennach: "That’s Russian mentality: All the best for the foreigner …"  Ein Stück weit bestätigt sich seine Theorie, denn die drei Klevtsovs über die es hier im Forum auch schon mal gegangen ist (siehe "TAL-Treffen" von Ralf, Hans und mir) waren ja alle recht ordentliche Exemplare. In Moskau habe ich bei ca. 20-25 interferometrisch geprüften nur 2 beugungsbegrenzte TAL-250K gesehen. Aber das ist ein anderes Thema …

Also, welche Möglichkeiten bestünden bei meiner Prismenschiene?

(1)    Den vorhandenen Adapter behalten aber überarbeiten. Fazit: Geht nicht zuverlässig. Eine Klemmschiene (statt des Klötzchens) lässt sich nicht anbringen, weitere Rändelschrauben in das Material einzuschneiden ist aufwendig und nimmt zu viel Material weg.

(2)    Eine durchgehende Prismenschiene anbringen. Die sauberste und vielleicht eleganteste Lösung. Fazit: Das wollte ich nicht, da ich hier viel stärker in den Tubus eingreifen müsste um sie zu befestigen. Das hieße also: Optik ausbauen, neu bohren. Außerdem war klar, dass die Klemmung aus Gleichgewichtsgründen sowieso nur auf den hintersten 10-15cm der Schiene erfolgen wird. Wieso sollte man also noch 30-35cm Schiene im vorderen Teil zur Verfügung haben, die aber keine Funktion hat und nur das Gewicht erhöht?

(3)    Anstelle des vorhandenen Adapters eine ähnliche Neukonstruktion anbringen. Fazit: Das war für mich die sympathischste Lösung, weil sie wenig verändert, aber die vorhandenen Schwachpunkte (Klemmklötzchen, Niete, Rändelschraube) beheben kann.

Erster Schritt war also das Demontieren der bisherigen Prismenaufnahme. Die Korrektoreinheit wurde zunächst staubsicher abgedeckt damit auch keine zufällige Berührung Spuren hinterließ. Das Teleskop zunächst waagerecht gelegt, und dann mit einem leichten Gefälle zur Tubusöffnung. Sollte mir irgendetwas aus der Hand rutschen oder der Schraubenkopf abreißen, war der HS dennoch sicher. Einweg Latexhandschuhe verhinderten auch zufällig Fingertapsen und Fettspuren irgendwo im Tubus oder auf den optischen Elementen. Die vorhandenen Sechskantschrauben saßen sehr fest (die beginnende Korrosion tat ihr Übriges dazu), ließen sich dann aber doch mit einem gekröpften Ringschlüssel ganz sachte (und quietschend) lösen.

   

Erste Überraschung: Es waren „nur“ recht winzige M5 Schräubchen die rund 4-5mm in ein Sacklochgewinde der Prismenaufnahme eingeschraubt waren. Da hätte ich eine (russisch) massivere Befestigung erwartet.

Zweite Überraschung: Auch die von außen sehr massiv und wuchtig daherkommende Prismenaufnahme entpuppte sich als „Leichtgewicht“ in Rippenbauweise mit sehr wenig Material am Boden und in den Schenkeln. Kurios ist zudem, dass an dieses recht „leiwändig“ daher kommende Teil (auch nur 300gr schwer), im Original dann ein massives 1,2kg schweres Stahlprisma geklemmt wird, was als Verbindungsstück zu den russischen Montierungen fungiert. So widersprüchlich ist das manchmal …

   

Nachdem mich die 5mm Schrauben zur Befestigung nicht wirklich überzeugten (da wurde ich dann zum "Russen"), wollte ich lieber M6 Schrauben verwenden (Originalzustand hin oder her). Aber wegen +0.5mm Radius die Optik ausbauen? – Njet Wink. Aber mit eingebauter Optik am Tubus bohren? – ebenso: Njet Wink. Die Lösung kam mit einem Windeisen eines Handgewindebohrers. Statt einem Gewindeschneider spannte ich da einen 6mm Metallbohrer ein und fertig war mein neuer "Hand"bohrer. Dreh- um Dreh erweitere ich in der 3mm dicken Tubuswand das Bohrloch auf 6mm. Der korrekte 90 Grad Winkel zur Tubuswand ließ sich auch händisch ganz gut realisieren und die Aluspäne flogen mir bei  3-4 U/min auch nicht um die Ohren.

Dabei machte ich noch eine interessante Beobachtung. Der Tubus des TAL-250K scheint aus einem Stück passend gedreht zu sein. Ich habe jedenfalls nirgendwo Spuren einer Naht entdeckt. Und auf der Innenseite der Tubuswand (deren gute Streulichtunterdrückung mir schon öfter aufgefallen ist) befinden sich durchgehend winzig kleine Rillen ähnlich einem Feingewinde. Diese über tausend winzigen Rillen, zusammen mit einer mattschwarzen Farbe machen das also so effektiv.

Da die alten Befestigungslöcher auch die neuen waren, ließen sie sich längs des Tubus leicht vermessen. Ihr Querabstand (als Kreissehne) war meines Erachtens nicht präzise genug messbar, aber die Messung des Kreisbogens zwischen beiden war (IKEA und anderen Abreißpapiermeterherstellern sei Dank) eine Kleinigkeit. Auf dieselbe Weise war auch aus dem Umfang der Tubusradius schnell bestimmt: 841mm Umfang machen einen Radius von gerundet 134 mm. Da der neue Adapter auf seiner Innenseite umfassend aufliegen sollte, war der präzise Krümmungsradius zwingend notwendig.

Als es zu diesem Zeitpunkt um die neuen Adaptermaße ging, zeigte sich (wieder einmal) dass die russischen Ingenieure ihr Handwerk verstanden. Der Schwerpunkt des Tubus (also da, wo ist das Teleskop entlang seiner Längsachse exakt „in der Waage“ ist) liegt exakt mittig zwischen den beiden Schraubenlöchern – also in Bezug auf die Stabilität ziemlich perfekt.

   

Nun ist bei mir aber der schwerere JMI-EV1 Okularauszug verbaut (anstelle des TAL-Crayford), was den Schwerpunkt schon einmal rund 15mm in Richtung des hinteren Schraubenpaares verschiebt. Wenn ich nun zusätzlich mein schwerstes Equipment (M44 Zeissprisma + LVW Okular + OAZ etwas ausgefahren) adaptiere, liegt der Teleskop-Schwerpunkt grade noch so unter dem hinteren Schraubenpar („konstruktiv perfekt“ wäre natürlich dazwischen). Das funktioniert also nicht mit den bisherigen Schraubenlöchern. Da aber die Auflagefläche der neuen Schiene mehr als doppelt so groß ist und auch die Schraubenquerschnitte gestiegen sind, hoffe ich eigentlich, dass die Verbindung zwischen Tubus und Schiene dennoch steif und kraftschlüssig genug ist.
Sicherheitshalber habe ich aber beidseits ein weiteres durchgehendes Gewinde an der Prismenschiene vorgesehen. So könnte man nachträglich die Prismenschiene zusätzlich verschrauben und vorher die exakte Position der dann zusätzlichen Bohrungen am Tubus markieren.

       

   

Fortsetzung im zweiten Teil, da ich mehr Bilder als die erlaubten 12 Stück pro Beitrag habe
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                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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#75
Diese Prismenschiene war dann das Ergebnis.

   

Durch den recht komplexen Aufbau der neuen Schiene war klar, dass das (einigermaßen professionell) per CNC konstruiert und gefertigt werden muss. Schließlich landete ich bei Space-Instruments in Berlin, die mir schon ein paarmal zuverlässig Teile herstellten. Einzig an der Oberflächengüte hätte ich noch nachsteuern können (glasperlengestrahlt oder so), aber das ist vielleicht auch übertrieben für so ein Funktionsteil.

Nun stand noch ein passender Workflow für die Montage der neuen Prismenschiene auf dem Programm, der sich im Wesentlichen an der Demontage der alten Schiene orientierte. Also die Korrektoreinheit gegen zufällige Verschmutzung und Berührung sichern, den Tubus leicht nach vorne gekippt fixieren, damit fallende Teile nicht gen HS rollen, Einweghandschuhe und ein kurzer Ringschlüssel. Die M6x10 Außensechskantschrauben von Innen durchstecken, die Prismenschiene als Gegenstück mit leichtem Abstand auf die andere Seite halten und zunächst händisch die vier Schrauben in die Gewinde drehen. Alle Maße passten perfekt, so dass tatsächlich nichts verkantete oder zueinander versetzt war. Auch die Rundung war absolut exakt.

           
 
Abschließend zog ich dann noch mit dem Ringschlüssel die vier Schrauben von innen und kreuzweise gut fest. Fertig!
Nun hat mein TAL-250K eine neue, viel effektiver arbeitende Losmandy-Prismenschiene, alles sieht sehr stabil und formschlüssig aus und es gab tatsächlich (vielleicht auch gerade wegen) des langen Planungsvorlaufs von 6 Wochen, keinerlei unliebsame Überraschungen beim Umbau. So mag´ ich das Smile

Andreas, der mit dem TAL
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#76
Hallo Andreas,

ich würde sagen gut durchdacht und ausgeführt. Daumen hoch
Astronomische Grüße
Ulf

[Bild: signatur.jpg]

Wer die Freiheit einschränkt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren!
Benjamin Franklin
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#77
Hier hat sich seit langer Zeit nichts mehr getan. Das hat zum einen sicher seinen Grund darin, dass die Klevtsovs immer seltener werden - zum anderen aber auch daran, dass die vorherige Dokumentation ziemlich umfassend ist. Da bleibt wenig offen.

Aber nun hat sich in Moskau nochmal was ergeben. Voraus ging die (fast übliche) Geschichte: TAL-250K mit Problemen - Test auf der optischen Bank - dieses Mal „Koma“ - Ursachenforschung - und jetzt kommt‘s ... Hauptspiegel gelöst ...

Der HS beim Klevtsov ist ja mit einer Art Spannzange verklebt, die den HS auf dem Blendrohr fixiert und die gesamte Einheit kann dann von der Tubusrückseite mit sechs M5 Schrauben kollimiert werden. Und just diese Verklebung war bei dem TAL-250K locker. Damit wurde in Moskau der Klevtsov zerlegt und es gab die seltene Gelegenheit ein paar Bilder des Innenlebens zu sehen. Und das kann hier dann doch eine gewisse Bereicherung sein.

   

Hier sieht man diese Spannzange (der geschlitzte Ring auf der linken Seite) neben der geöffneten Spiegelzelle. In der Mitte des HS ist die Innenseite des Blendrohres zu sehen. Die „Spannzange“ sitzt mit den „Krallen nach unten“ über diesem Rohr. Die Krallen stecken dabei (eigentlich verklebt) in der HS Bohrung.
Im Hintergrund ist noch der obere Teil des Blendrohres zu sehen, der wird auf diesen unteren Stummel aufgeschraubt. Die zwei dünnen Ringe sind auch Teil des komplizierten Befestigungssystems.

   

Auf diesem Foto sieht man den aus der HS Zelle entnommenen Spiegel (liegt verkehrt herum auf dem Tuch) und die offene Spiegelzelle. Der Blendrohrstummel und der unten angesetzte, kreisförmige kleine „Teller“ stellen die mechanische Konstruktion zur HS Kollimation dar. In diesem Teller greifen die sechs rückwärtigen M5 Schrauben und der Teller selbst sitzt auf einer Art großen Kugelkalotte, die durch die Schrauben bewegt und fixiert werden kann (durch „heranziehen“ an die Tubusrückwand). Da an dieser Konstruktion der HS - durch diese Spannzange - hängt, kann dieser eben damit bewegt werden.

Mal sehen ob noch weitere Bilder zur Verklebung selbst dann noch auftauchen.

Der verwendete Klebstoff heißt übrigens „OK-72FT5“ oder auf kyrillisch ОК-72ФТ5, ist in Westeuropa nicht erhältlich (aber bekannt) und ist enorm teuer: Aktueller Preis 14.000 RUB für 100 gr. ~ Kilopreis 1700€ ... hui ...

Andreas-TAL
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                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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#78
Ich setze hier mal die Reihe fort, da ich im Netz auf einen Artikel gestoßen bin, der die Entwicklung der TAL-Teleskope aus Binnensicht darstellt. Geschrieben wurde der Artikel von L.Parko, zu dem ich per Mail hin und wieder auch Kontakt hatte und der als Ingenieur bei TAL arbeitete.
Nachdem die Geschichte des Teleskopbaus in Novosibirsk letztlich im TAL-250K endete und alles nachfolgende (die APO-Refraktoren) nur noch Einzelanfertigungen waren, macht es durchaus Sinn diese Geschichte hier (im TAL-250K Thread) einzufügen. Außerdem ist es irgendwie ein zeitgeschichtliches Dokument und zeigt vor allem auch die Innenansicht einer russischen Teleskopbaufirma und deren Umfeld. Und da ist einiges anders als man hier "gewöhnt" ist. Schon allein deswegen ist der Artikel interessant und entführt einen tatsächlich stellenweise in eine ziemlich "fremde Welt" und ein "fremdes Denken".

Viel Spaß beim Lesen.
Der Artikel ist im Original natürlich Russisch und wurde mit dem "DeepL" Übersetzungsprogramm ins Deutsche übertragen. Das ist übrigen ein hervorragendes Programm - weit besser als "Google Translate". Anschließend habe ich in den Text stellenweise nochmal eingegriffen und diesen sprachlich geglättet.

Die Anmerkungen im Text sind komplett vor mir und sowohl farblich abgesetzt, wie auch in einer anderen Schriftgröße. Dann kann man diese gut vom Text trennen.

************(Beginn des Artikels)*************

Die Geschichte des Teleskopbaus im Novosibirsker Instrumentenbauwerk
von L.V. Parko
 
Die Geschichte des Teleskopbaus im Novosibirsker Instrumentenbauwerk geht auf das Jahr 1973 zurück, als der beliebte Wissenschaftsjounalist, Moderator und Filmemacher L.L. Sikoruk vorschlug, die Produktion von Teleskopen im Werk in Novosibirsk zu organisieren.
 
L.L. Sikoruk war so etwas wie der„russische Ranga Yogeshwar“ in der vorletzten Generation.
Informationen zu L.L. Sikoruk, siehe hier: http://www.sidewalkastronomers.us/id390.html
 
Im Werk wurde dieser Vorschlag mit wenig Begeisterung aufgenommen, da frühere Versuche, die Produktion von Teleskopen in Unternehmen der optischen Industrie zu organisieren, wenig erfolgreich waren. Schon früher wurden Schulteleskope des sowjetischen Optikers D.D. Maksutov (1896-1964) in den Nachkriegsjahren in Leningrad und Novosibirsk hergestellt! Der Autor dieses Artikels (L.V. Parko) besaß ein solches Teleskop, auf dem das alte Logo der Firma (ein Prisma) zu sehen war und das 1946 entstand. Auch die Schulrefraktoren BSR und ESR mit einem Objektivdurchmesser von 80 und 60 mm, entstanden so in der optischen Fabrik Zagorsky in den 70er Jahren in der Region Moskau.
   
 
Die gibt es heute noch, aber auf andere optische Anwendungen ausgerichtet: http://zomz.ru/en/#2
 
Die Ingenieure der Instrumentenfabrik in Novosibirsk wussten, dass es für eine akzeptable Bildqualität notwendig war, eine qualitativ hochwertige Verarbeitung der optischen Komponenten zu erreichen, wobei das Glas, aus dem die Linsen und Spiegel hergestellt wurden, ein Minimum an Fehlern aufweisen sollte. All dies erfordert eine ernsthafte technologische Vorbereitung der Produktion. Es gab große Zweifel, ob ein solches Konsumgut überhaupt gekauft werden würde. Während der Diskussionen fiel die Entscheidung des Zentralkomitees der KPdSU zur die Produktion von Konsumgütern und der Direktor des Werks, B. S. Galushchak (1934-1999), beschloss, die Angelegenheit ernst zu nehmen.
 
Der Weg zur Serienproduktion des ersten Newton-Spiegelteleskops war lang und dauerte fast sechs Jahre. Die Entwickler mussten nicht nur technische Probleme überwinden, sondern auch die Skepsis der Fabrikarbeiter, die nicht an die Idee eines Teleskops im Werk glaubten. Die ersten Skizzen wurden von L.L. Sikoruk entwickelt, die Zeichnungen wurden von den Mitarbeitern der Abteilung für Konsumgüter erstellt.
 
   
Kaum zu glauben, dass dieses Teleskop 6 Jahre Entwicklungszeit brauchte …
 
Erst 1979 produzierte die Raffinerie die erste Charge von "Alkor"-Teleskopen mit einem Durchmesser des Hauptspiegels von 65 mm. Die Teleskope waren schnell ausverkauft, trotz des hohen Preises für diese Zeit - 135 Rubel (das durchschnittliche Monatsgehalt eines Ingenieurs). Dieses Modell wurde 25 Jahre lang im Werk produziert und wird in der modernisierten Version ab 2004 unter der Marke TAL-65 bis heute hergestellt.
 
Hier ist der Link zur Vorstellung des Teleskops:
http://rus.telescopes.ru/product.html?cat=1&prod=9
 
Nach diesem Erfolg stellte sich die Frage nach der Einführung leistungsfähigerer Newtonteleskope und bereits 1982 wurde die Serie "Mizar" auf den Markt gebracht. Es wurde auch TAL-1 bezeichnet und hatte einen Durchmesser des Hauptspiegels von 110 mm, was vorerst das größte Teleskop in der Raffinerie wurde. Im Jahr 1986 brachte das Werk in die TAL- Serie ein noch leistungsfähigeres Teleskop: „Altair“, das TAL-2, mit einem Durchmesser des Hauptspiegels von 150 mm, mit hoher Auflösung und Bildqualität.
 
Das TAL-2 Teleskop hatte immer noch einen sphärischen Hauptspiegel. Deswegen lag die Brennweite auch bei 1200mm (f/8).
Hier ist der Link zur Vorstellung des Teleskops:
http://rus.telescopes.ru/product.html?cat=1&prod=8
 
Alle diese drei Modelle der Newton-Teleskope wurden mehr als 30 Jahre lang im Werk hergestellt und wurden zu einer nationalen Legende. Eine ganze Generation sowjetischer Amateurastronomen wuchs mit ihnen auf und in den schwierigen 1990er Jahren half die Teleskopproduktion unter schwierigsten wirtschaftlichen Bedingungen zu überleben, da diese Teleskope massenhaft nach Großbritannien, USA, Kanada, Ungarn, Iran und andere Länder exportiert wurden.
 
Ein Teleskop mit der Bezeichnung TAL-M mit einem Durchmesser des Hauptspiegels von 80 mm wurde 1991 in die Linie der newtonschen Spiegelteleskope aufgenommen, das ein originelles Design hatte - es hatte ein kombiniertes Okular für das Rohr und den Sucher. Im Jahr 1999 erschien das kurzbrennweitige Teleskop TAL-150P. Im Gegensatz zum TAL-2 hatte dieses Teleskop einen parabolischen Spiegel mit kürzerem Fokus und damit einem größeren Gesichtsfeld. Zum ersten Mal erschien auch ein 2-Zoll-Fokussierer an den Teleskopen der des Werks und der Tubus war noch kürzer als der des TAL-1. All dies ermöglichte den effektiven Einsatz der TAL-150P in der Astrofotografie.
 
Das TAL-150P hatte zum ersten mal einen parabolisierten Hauptspiegel – für Russland damals (also 1999) nahe an einer Sensation. Die Brennweite konnte daher auf f/6 (750mm) reduziert werden.
 
Erwähnen möchte ich hier auch noch ein kleines Souvenir-Teleskop, das TAL-35. Es war eine Kopie eines historischen Teleskops, das 1668 von Sir Isaac Newton hergestellt wurde. Von diesem kleinen Spiegelteleskop aus begann die historische Entwicklung der Teleskopfamilie, die heute als „Newtonsche Teleskope“ bezeichnet wird.
 
Das Souvenir wurde 2005, zum 100-jährigen Jubiläum des Werks, hergestellt und in Serie gebracht. Es war aber nicht nur ein Souvenir, sondern konnte durchaus zur Beobachtung eingesetzt werden. Es hatte eine feste 30x Vergrößerung. Es ist schade, dass dieses elegante Souvenir jetzt zu einer Rarität geworden ist.
 
   
 
Es muss auch gesagt werden, dass ausländische Käufer nicht nur die Teleskope selbst beachteten. Die Transportbehälter, in denen die Teleskope verpackt wurden, bestanden aus lackiertem Mehrschicht-Sperrholz, alle Verbindungen, Einsätze, Halterungen waren sicher und stabil. Dies stand im krassen Gegensatz zu den üblichen westlichen Verpackungen und trotz des hohen Gewichts der Kartons führte aus dies großem Respekt für das Werk und seine Teleskope.
 
Das britische Unternehmen Optical Vision Ltd. erwarb die Exklusivrechte an der Teleskopproduktion und verschickte TAL-Teleskope auf der ganzen Welt, einschließlich der Vereinigten Staaten, lange bevor chinesische Waren diesen Markt überschwemmten. Teleskope von TAL waren ständig in führenden westlichen Zeitschriften für Amateurastronomen präsent und machten so diese Marke bekannt, darunter auch in der legendären amerikanische Zeitschrift Sky & Telescope. Ab 1994 verließ jeden Monat ein großer Container mit Teleskopen England und verbreitete TAL-Teleskope in die ganze Welt. In den 90er Jahren wurden mehr als 100 Container für den Export verschickt.
 
Für die damalige Zeit war es für das Werk eine Sensation, dass eines der TAL-2-Teleskope im berühmten deutschen Wissenschaftsmuseum, dem Deutschen Museum in München ausgestellt wurde, wo es sich noch heute befindet.
 
Seit Mitte der 90er Jahre begann die Raffinerie auf vielfachen Wunsch von russischen und ausländischen Amateurastronomen mit der Entwicklung von Refraktoren, um die Produktpalette der Teleskope zu erweitern. 1998 wurde das erste Linsenteleskop, der Achromat-Refraktor TAL-100R, auf den Markt gebracht. Der Beginn der Produktion von Linsenteleskopen in der Raffinerie lag im weltweiten Trend: Refraktoren sind die auf der ganzen Welt die meistproduzierte Gruppe von Teleskopen für Astronomen.
 
Hier ist wieder der Link zum Teleskop:
http://rus.telescopes.ru/product.html?cat=1&prod=1
 
Folgerichtig wurde die Erweiterung der Produktlinien durch Refraktoren beschlossen und zwar sowohl solche mit größerem wie auch kleinerem Objektivdurchmesser. Im Jahr 2004 wurde das Teleskop TAL-125R mit einem Objektivdurchmesser von 125 mm und im Jahr 2005 das TAL-75R auf den Markt gebracht. Letzteres wurde vor allem als Geschenk beim Massenkonsumenten sehr beliebt. Erstmals wurde auch ein Teleskop des Werks in einer farbenfrohen Kartonverpackung verkauft, was eine große Aufmerksamkeit potenzieller Käufer auf sich zog. Die gleiche, schöne Verpackung erhielt dann auch ein weiteres Massenteleskop, das TAL-65.
 
Auch hier muss man genau lesen. Es wurde ein Teleskop mit bunter Verpackung auf den Markt gebracht und als Revolution gefeiert. Wir schreiben das Jahr 2005. So sah die Verpackung übrigens aus:
   
 
Die optischen Entwürfe der Refraktoren wurden vom erfahrenen optischen Ingenieur A.S. Ageev entworfen. Der Entwickler des mechanischen Designs ist der Autor dieses Artikels.
 
Die mittleren und späten 90er Jahre waren die dynamischste Zeit des Teleskopbaus im Werk. Gleichzeitig waren diese Jahre waren auch die schwierigsten. Der optische Instrumentenbau in anderen Bereichen reduzierte sich im Werk drastisch und gleichzeitig erweiterte sich die Produktion und Entwicklung von Teleskopen in mehrere Richtungen weiter. Die Teleskopmarke des Werks ist mittlerweile patentiert - TAL. Diese Marke ist in vielen Ländern der Welt bekannt, und die Teleskopproduktion im Werk wurde immer größer und bestimmender.
 
Zu diesem Zeitpunkt produziert die Fabrik neben den Teleskopen selbst auch viele verschiedene Zubehörteile für diese. Dies sind auch die Okulare in drei Typenreihen (Plössl, Weitwinkel und Ultraweitwinkel), Barlow-Linsen, Okularauszüge, Erfle, 2“ Zenitspiegel, Farbfilter und anderes.
 
Diese Entwicklungen führten dann auch zu einer weiteren Vergrößerung des Teleskopöffnung bei neuen Modellen, was wiederum den Übergang von Spiegel- und Linsenteleskopen zu Spiegelobjektiven als kompakteste und leichteste Teleskopform vorgab, was für Amateurastronomen meist ein mitentscheidender Faktor ist.
 
Die ersten Erfahrungen mit der Entwicklung und Herstellung eines TAL-3 Teleskops mit einem Spiegeldurchmesser von 200 mm und einem sphärischen Spiegelelement wurden, trotz der hohen Bildqualität, als Misserfolg eingestuft, da es sich als sehr schwierig erwies, ein solches Teleskop serienmäßig herzustellen.
 
Das Maksutov-System beinhaltet zwei Elemente mit vollem Öffnungsdurchmesser - den Hauptspiegel, der eine zu behandelnde Oberfläche hat und eine sphärische Meniskuslinse mit zwei Oberflächen, was den Arbeitsaufwand für das Produkt fast verdreifacht. Darüber hinaus erforderte das Teleskop eine komplette Neuentwicklung der Steuer- und Justagemechanik. In den Jahren 1992-93 wurden insgesamt drei Prototypen von TAL-3 Maksutovs hergestellt. Danach wurde das Projekt beendet.
 
Allerdings steht hier nicht, dass das Werk bei der Herstellung der optischen Elemente die nötigen Qualität nicht erreichen konnte, und die hohe Bildqualität nur auf dem Papier existierte. Im Gegenteil, die Prototypen hatten eine ziemlich lausige Abbildung. Einer der Maksutovs von TAL wurde vor einigen Jahren im russischen Astronomieforum für ganz wenig Geld (<100€) angeboten. Kommentar der dortigen erfahrenen User – ein schöner Blumentopf, wenn man die Meniskuslinse rausbekäme …
 
1998 wandte sich der Novosibirsker Optikdesigner Yu. A. Klevtsov mit einem Entwurf für Spiegelobjektiv-Teleskop mit einem 200-mm-Hauptspiegel an das Werk. Die Geschäftsleitung beschloss dieses Teleskop zu entwickeln und im Jahr 2000 begann die Fabrik mit der Produktion des Teleskops TAL-200K, dessen Design mittlerweile patentiert ist. Im Gegensatz zum Maksutov-Schema waren hier die korrigierenden optischen Elemente kleiner. Damit waren sie waren leichter herzustellen.
 
Das TAL-200K hatte in der Folge eine sehr große Resonanz in den astronomischen Foren weltweit. Vor allem auch in den USA:
https://www.cloudynights.com/articles/ca...-200k-r806
https://www.cloudynights.com/articles/ca...-200k-r437
https://www.cloudynights.com/articles/ca...grain-r693
Hier stellt Yu. A. Klevtsov das System selbst vor:

http://rus.telescopes.ru/articles/article1.phtml
Die TAL-200K der ersten Generation hatten noch f/10 und gerade Fangspiegelstreben. Sehr schnell passte man das Design (für eine fotografische Anwendung) auf f/8.5 und die bekannten „curved spider“ an.
 
Zu diesem Zeitpunkt entstand auch die Fertigungshalle für die Montage, Ausrichtung und Qualitätskontrolle der Abbildungsleistung. Sie beinhaltet einen 3-Meter-Kollimator, der mit einem Linsendurchmesser von 300 mm ausgestattet ist, später wurde auch eine Autokollimationsanlage mit einem im Werk entwickelten und gefertigten Flachspiegel von 300 mm erstellt. Alle komplexen optischen Komponenten unterliegen ab da einer Interferenzkontrolle.
 
Im Jahr 2001 wurde auch das Teleskop TAL-150K mit dem Durchmesser des Hauptspiegels von 150 mm auf den Markt gebracht. Allerdings war die Nachfrage gering, da die Kosten für dieses Teleskop höher waren als die des TAL-2 und gleichzeitig seine Bildqualität, aufgrund der großen Obstruktion, schlechter war.
 
Im Jahr 2005 produziert die Raffinerie dann das Teleskop TAL-250K, das Teleskop mit der größten Öffnung, die das Werk jemals fertigte. Bei ihm kommen die Vorteile des Klevtsov-Schemas vollständig zum tragen. Aufgrund der Neuartigkeit des Systems und des hohen Preises reagierten die Amateurastronomen zunächst vorsichtig auf alle Teleskope des Klevtsov-Systems, aber aufgrund ihrer geringen Größe und ihres geringen Gewichts sind diese Modelle - und vor allem das TAL-250K - bei fortgeschrittenen Amateurastronomen gefragt. Führende russische und ukrainische Astrofotografen schätzten diese Instrumente.
 
Hier muss man auch einwerfen, dass TAL immer wieder große Probleme hat die engen Vorgaben der Designparamter (Kurvenradien, Abstände u.a.) einzuhalten. Auf der optischen Bank erreichen rund 50% der TAL gerade beugungsbegrenzte Qualität (um die 0.7 -0.8 Strehlpunkte). Rund 15% sind besser, die anderen 35% noch deutlich schlechter (bis zu 0.4 Strehl). Auffallend ist, dass die 15% besseren Klevtsovs vor allem in den Export gingen. Das hat sicherlich mit dem Mangel an interferometrischen Prüfmöglichkeiten für Amateure in Russland zu tun, so dass man im Inland keine Reklamationen aus diesen Grund befürchten musste. Die "westlichen " TAL-250 von denen ich Kenntnis habe, waren deutlich besser (von 0.88-0.92 Strehl).
 
Seit der Jahrtausendwende gibt es, im Zusammenhang mit der rasanten Entwicklung der Amateurastronomie, der Einführung digitaler Technologien und der steigenden Ansprüche der Verbraucher eine konsequente Tendenz Linsenrefraktor-Achromat-Teleskope durch teurere, aber hochwertigere Apochromate und insbesondere durch ED-Apochromate (Semi-Apochromate) zu ersetzen.
 
Im Jahr 2007 entwickelte und patentierte der optische Ingenieur A.S. Ageyev ein optisches Design eines Apochromats, welcher keine Sondergläser benötigte und nur die Hälfte eines chinesischen ED-Apochromaten kostete. Im selben Jahr 2007 wurde ein Prototyp des TAL-125 APOLAR hergestellt, der bei den Astronomiebegeisterten in Moskau und Charkow, beim SibAstro-Teleskoptreffen und 2008 bei der Serienproduktion und dem Verkauf dieser Teleskope einen großen Erfolg hatte.
 
Diese APOLAR Serie ist ein 6linsiges Design, dass grundsätzlich funktioniert, allerdings aufgrund der Vielzahl an Linsen seine Tücken im Auskühlverhalten und in der (faktisch kaum möglichen) Nachjustage hat. Vor dem TAL-125 APOLAR wurden im Werk 3 (?) kleinere TAL-100 APOLAR als Prototypen mit unterschiedlichen Brennweiten hergestellt. Teilweise mit unvergüteten Linsen, weil es faktisch nur um die Optimierung der Produktionsprozesse ging. Ein TAL-100 APOLAR ist in meinem Besitz. Erstaunlich farbrein, wie auch die Interferometrie bestätigte, aber mit leichtem Koma.
 
Im Jahr 2010 wurde das neue Teleskop TAL-150 APO entwickelt und Teil der Serie. Es sollte sich als Fototeleskop positionieren, aber auch mit guten Eigenschaften für visuelle Beobachter. Dieses Teleskop stellt die höchste gefertigte Qualität der im Werk gefertigten Teleskope dar. Leider wurde das Teleskop nicht in Großserie hergestellt, da es relativ teuer war - aber immer noch billiger als vergleichbare ausländische Produkte. Der Grund dafür war, dass die Anlage zu diesem Zeitpunkt ihr Glasmaterial nicht aus dem Werk in Lytkarin (LZOS) bezog, sondern das Glas der deutschen Firma Schott verwenden musste, weil diese qualitativ hochwertiger produzieren konnte.

Ein TAL-150 APOLAR (der einzige?) tauchte um 2014 in Moskau auf der optischen Bank auf. Hier das Ergebnis:
http://translate.google.de/translate?sl=.../test.html
Also halt beugungsbegrenzt. Später wurde auf Rot optimiert und vor allem mit passenden Objektivfilter als H-Alpha Teleskop eingesetzt. Nochmal später wurde es verkauft ... und auch mir mal angeboten. Für knapp 2.000€ sicher ein Schnäppchen, aber was will ich mit so einer Kanone ...

 
Im Jahr 2011 entwickelte, produzierte und präsentierte das Novosibirsker Instrumentenbauwerk für das neu errichtete Planetarium in Novosibirsk den Apochromaten TAL-200A. Das Hauptproblem bei der Produktion war die Lieferung von OK-4 Glas des LZOS Werks mit einem ganz speziellen Dispersionsverlauf. Außerdem gab es kaum Erfahrungen bei der Bearbeitung von Fluoritglas. Dieses wurde vom Werk „Izyumsky - Optisches Glas“ aus der Ukraine geliefert. Das Teleskop war als ED-Semiapochromat ausgelegt mit zwei unterschiedlichen Okular-Revolvern und einer 3“-Fokussiervorrichtung mit Elektroantrieb.
 
Es gibt nur ein einziges TAL-200A, das gefertigt wurde und das steht in besagtem Planetarium. Ein Grund war hierfür sicherlich auch, dass der neuernannte Direktor des Planetariums der früherer Leiter der Exportarbteilung bei TAL war und damit schon ein direkter Kontakt bestand.
 
Im Jahr 2012 wurde dann das größte Teleskop, ein TAL-350K, geplant. In seiner Entwicklung wurden viele Wünsche der Amateurastronomen berücksichtigt, nämlich: beschleunigte Thermostabilisierung des Hauptspiegels, eine Heizung am Korrektorelement, ein elektrischer 3“ OAZ mit Antrieb und Fernbedienung. Das Werk begann jedoch noch nicht einmal mit der Herstellung von Prototypen. Diese Entscheidung lag vor allem an den hohen Einkaufkosten für die optischen Rohlinge, das Fehlen von Kontroll- und Justiergeräten und, wie es der Marketingabteilung erschien, einer zu kleinen Anzahl zukünftiger Käufer.
 
Jetzt, nachdem andere Zeiten angebrochen sind, ist das Werk hauptsächlich mit Aufträgen aus dem Staatshaushalt zur Landesverteidigung ausgelastet und hat keine Möglichkeit mehr der Entwicklung neuer Teleskopmodelle genügend Aufmerksamkeit zu schenken. Allerdings dienen die bisherigen Teleskope weiterhin dazu, die Reputation des Unternehmens zu stärken. Damit erfüllen bis heute eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Das Werk ist oft Partner verschiedener astronomischer Veranstaltungen im großen Nowosibirsker Planetariums, darunter die russischen und internationalen Wettbewerbe in der Astronomie.
 
Die Gewinner solcher Veranstaltungen erhalten zu Recht Auszeichnungen und Preise - es sind die Teleskope aus dem Novosibirsker Instrumentenbauwerk.

*****************(Ende des Artikels)******************

Tja, ZEISS waren sie nie, die TAL-Leute, aber sie prägten zwei Generationen an Amateurastronomen in ihrem Land und setzten Standards. Das haben sie dann doch wieder gemeinsam mit ZEISS.
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Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“
                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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#79
Hallo Miteinander,
in diesem Thread ist es etwas stiller geworden. Das ist nur logisch, weil es ja ganz wenige TAL-250K Teleskope gibt. Die Community von Klevtsov-Besitzern (vor allem 10" und 8") ist eher weltweit verstreut, es reichen aber die Finger beider Hände um das abzuzählen.
Ich weiß noch von 1 oder 2 Besitzern in Deutschland, einem in Osterreich, 2 in den Niederlanden, 1 oder 2 in Großbritannien, einem Klevtsov in Italien, einem in Finnland, 2 oder 3 in den USA, einem in Südafrika, einem iranischen Klevtsov, zwei die den Weg nach Australien gefunden haben und vielleicht 5 oder 6 in Russland.  Exclamation

Nichtsdestotrotz hat sich das hier ja zu einer Art Kompendium zum Klevtsov System entwickelt und so möchte ich das gerne auch beibehalten oder weiterentwickelt. Wer weiß, vielleicht ist es für einen Nutzer tatsächlich mal hilfreich oder für den ein oder anderen hier ganz einfach nur interessant.  Wink

Bei meinem TAL-250K hat sich seit Frühjahr 2019 einiges getan. Ihr habt vielleicht die fehlenden Beobachtungserzählungen meinerseits bemerkt. Nun, dass hat auch damit zu tun, dass der Klevtsov seit Winter 2018 ein (also eigentlich mehrere) Probleme hatte und ab Frühjahr 2019 in sein wesentlichen Teile zerlegt war. Nach rund 18 Wochen steht das Teil jetzt ziemlich runderneuert (was man bis jetzt so sagen kann) wieder da. TAL-Klevtsov 2.0 sozusagen ... Deswegen folgen jetzt in der nächsten Zeit eine ganze Serie von Beiträgen über die Veränderungen, Umbauten, Ursachen und Wirkungen. An dem Text dazu schreibe ich schon eine geraume Zeit und finde jetzt hat er genug Qualität und Prägnanz erreicht um veröffentlicht zu werden. Außerdem - ein Bild sagt oftmals mehr als 1000 Worte, werde ich das Ganze mit rund 100 Bildern dokumentieren. Gibt also ne Menge zu gucken und hilft vielleicht auch jemanden der nicht des Deutschen mächtig ist damit er etwas damit anfangen kann (wegen dem obigen internationalen Publikum und so), wenn da jemand drüber stolpert.

Die kleinen Abschnitte müssen auch schlichtweg deswegen sein, weil man einen so langen Text nun wirklich nicht in einem Zug lesen kann - und außerdem kann ich ja nur 10 oder 12 Bilder pro Beitrag einfügen. Das begrenzt die Beiträge auch nochmal auf ein vernünftiges Maß.

Also viel "Spaß" demnächst beim Stöbern, Querlesen, Bilderbuch schauen, Ideen finden, Kopfschütteln ... und was das noch alles auslösen wird.  Smile Smile Smile

Andreas-TAL
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                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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#80
TAL-250K Teleskop: Umbau - Reparatur - Anpassung

Dokumentation und Beschreibung

Alle hier vorgestellten Angaben, Daten und Vorgehensweisen wurden gewissenhaft geprüft.
Trotz sorgfältiger inhaltlicher Kontrolle kann dafür aber keinerlei Haftung übernommen werden.
Jede Nachahmung oder Reproduktion geschieht vollständig auf eigenes Risiko.




Spiegelreinigung mit FirstContact Polymer - Veränderung der OAZ Adaption Umbau eines Zenitspiegels
 Modifikation der Kollimationsschrauben am Hauptspiegel - Mattierung 
von Tubus und Blendrohr - Justage der Korrektoreinheit - Kollimation des Hauptspiegels



Februar - Juni 2019 / Andreas George

Nach der Kollimation ist vor der Kollimation

Begonnen hat alles damit, dass ich eines Tages beim Okularwechsel an meinem TAL-250K einen defokussierten Stern anschaute und feststellen musste, dass der Korrektorschatten nicht mehr zentrisch war. Also, die Kollimation des HS passte - nach 6 Jahren - nicht mehr. Gut, hat ja auch lange genug gehalten ... Trotzdem sah‘ ich schlagartig viele Probleme kommen und hatte damit auch Recht ...
 
 
Wenn das Eckige im Runden ist
Bei der letzten Kollimation des HS ist mir nämlich schon aufgefallen, dass die Sechskant-Schrauben an der Tubusrückwand immer „runder“ wurden. Ich hatte vor 6 Jahren die Kollimation „gerade noch so“ hinbekommen und damals den Steckschlüssel mit dem Gedanken weggelegt: „Oh je, das gibt Stress beim nächsten Mal ...“. Meine Hoffnung auf eine gaaanz lange Zeit bis zum nächsten Mal erfüllte sich zwar, aber „aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ und jetzt hatte mich mein Klevtsov erwischt. Wenigstens, so tröstete ich mich, kann ich dann, nach insgesamt 8 Jahren im Einsatz, auch mal so was wie eine Grundreinigung machen. Trotz aller Sorgfalt landen natürlich auch Staub und Pollen im offenen Tubus.
 
Nachdem der OAZ demontiert war, sah‘ ich auch gleich das Malheur für die verlorenen Kollimation: Eine der Kollimationsschrauben wurde in Novosibirsk ohne Unterlegscheibe verbaut und hatte sich tief (also das ist natürlich relativ, aber bei 3mm Kopfhöhe sind 1,6mm schon viel) in das weichere Aluminium der Rückwand gegraben. Und damit war das nächste Problem schon da: Mein Steckschlüssel hatte keine Chance den Kopf noch zu greifen, der zusätzlich sowieso schon recht runde Kanten hatte. Mit einer vernünftigen Zange konnte ich die tief in einem Loch sitzende Schraube auch nicht fassen und mit der Feinzange konnte ich viel zu wenig Kraft ausüben um sie auch nur einen Hauch zu lockern.

   
So sahen die noch funktionierenden Schrauben aus. Auch hier war der Kopf schon stark in Mitleidenschaft gezogen.

Die Sechskant-Schraube saß fest und hatte mittlerweile einen komplett runden Kopf - Mist!
Da saß ich nun mit einem nicht mehr funktionierenden Teleskop, kam nicht weiter, konnte aber auch nicht wie wild drauf loswerken - die Optik war ja noch drin.
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#81
Staub zu Staub
Die Lösung kam in der Form meines kleinen Dremel-Plagiats und verschiedener Fräs- bzw. Gravierköpfe. Ich begann den festsitzenden Schraubenkopf abzufräsen, Span für Span arbeitete ich mich voran.
 
   
Klein aber fein - hätte nicht gedacht, dass so ein Aldi-Teil so was hinbekommt. Was schafft dann erst das Original?
 
   
Ich hatte viele Auswahlmöglichkeiten um der Schraube zu Leibe zu rücken.

Glücklicherweise hatte sich das Eisen der Schraube mit etwas sehr weichem vergeschwistert, so dass sich die Minifräsköpfe tatsächlich recht zügig vorarbeiten konnten. Ich habe das Fräsen kurz darauf an einer hochfesten DIN 12.9 Schraube versucht. Nach 3 Minuten sah die, außer einem kleinen Kratzer, noch wie neu aus. Aber bei der hier produzierte ich ordentlich Eisenstaub ...
Nach knapp 3 Stunden (zwischendrin musste ich immer wieder mal pausieren, weil das alles zu heiß wurde) war der Schraubenkopf pulverisiert und ich konnte den dann erstaunlich locker sitzenden, übrig gebliebenen Schaft mit einer kleinen Zange greifen und herausdrehen.

   
Am Schluss blieb vom Schraubenkopf nicht mehr viel übrig.

       
Diese beiden Fräsköpfe machten das Rennen. Der eine für die Fläche, der andere um möglichst wenig das Sackloch am Tubus zu beschädigen. Der Stummel ist hier schon ein Stück herausgedreht.

   
Vorher - nachher, so könnte man das auch nennen. Ist natürlich die benachbarte Schraube, die noch griffig war.

   
Hier sieht man nochmal schön den Zustand der Sacklöcher, der restlichen Schrauben und die Unterlegscheiben, die verhindern, dass sich der Sechskantkopf da hineingräbt. Das Sacklock mit der defekten Schraube hat zum Glück nicht allzu sehr gelitten. Eine kleine Fase war da, aber weiter außen konnte was Neues immer noch vollflächig aufliegen.

Uff, dass ging grade nochmal gut ...
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#82
Hallo Andreas,

alter Schwede, Du gibst es Dir aber! Der Schraube ebenfalls – jeder Biber wäre hemmungslos neidisch auf Dich ... Big Grin

Allenfalls ein argloser Laie wäre auf die verworrene Idee gekommen, in den Schraubenkopf
etwa einen Schlitz für den Schraubendreher zu pfrümeln. Angel *duck-und-weg*
Mir fällt Heinz Erhard ein: "Das Reh springt hoch, das Reh springt weit. Warum auch nicht, es hat ja Zeit."    Tongue

Indess schwant mir, daß das Material dieses sehr speziellen Schraubenkopfs so weich war,
daß ungewiß ist, ob das fünkzioniert hätte.

Toll Deine Berichte! Cooler Einblick in die Techik dieser (leider) historischen Geräte. Ich lese begierig.

Viele Grüße,
Andreas

"Zeit bin Ich, die Zerstörerin der Welten."
(Bhagavad Gita)
 
 . weniger . langsamer . einfacher . schöner .

 
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#83
Hallo Andreas,

soll ich den Thread in

TAL 250K - Kompendium

umbenennen?
Astronomische Grüße
Ulf

[Bild: signatur.jpg]

Wer die Freiheit einschränkt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren!
Benjamin Franklin
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#84
Hmmm, wäre vielleicht was ... frag‘ aber auch nochmal bei bei Ralf, der ist ja der Threadstarter. Sollte da auch mitreden. Aber von meiner Seite aus: interessanter Vorschlag - ginge OK.
Andreas-TAL
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#85
Hallo Namensvetter aus dem Süden ...
dir kann man aber auch nix vormachen. Denk‘ nicht soviel mit  Daumen hoch ... da muss ich sonst soviel aufpassen bei dem was ich schreibe.

Eine Sechskantschlitzschraube hab‘ ich natürlich probiert, wäre die einfachere Variante gewesen. Sogar mit einen völlig neu entwickelten Stecknussschlitzdreher. Ist aber gescheitert, „Patent“ macht dementsprechend auch keinen Sinn - und ich bleib‘ ein kleiner Teleskopschrauber statt Millionär à la Herr Fischer mit seinem (Fischer)Dübel.

   
Beweisfoto hier - hier ging’s zwar um Nuss aber der Schlitz des Scheiterns findet sich (etwas unscharf) im Hintergrund.
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#86
Reinigung HighTec
Den anderen Synergieffekt, den ich nutzen wollte (wenn ich schon AUF statt DURCH das Teleskop schaue), war eine Spiegelreinigung. Leider war meine übliche Newtonprozedur, also den Spiegel ausbauen und ins Wasser legen, dann die Finger einweichen bis alles aufgequollen ist (also die Finger), dann zunächst mal berührungslos abbrausen und ganz zur Not mit viel Spüli unter den weichen Fingern nachhelfen, nicht möglich.

         
Der HS mit Staub und Pollen. Im Normalfall hätte ich da nicht eingegriffen, aber wenn das Teleskop schon mal zerlegt ist.

   
Hier sieht man den komplexen Aufbau der Spiegelzelle. Der "rosafarbene" Ring ist ebenfalls aus Eisen und würde sehr schnell Rost ansetzen.
 
Am Klevtsov-Hauptspiegel ist das Blendrohr in der Spiegelbohrung verklebt und Wasser ist da sicher nicht so gut. Zudem sind das Rohr und alle Teile aus denen es besteht (die federnden Klammern an denen er klebt, die Gewinde (das Blendrohr besteht aus drei Teilen, die verschraubt sind), die Madenschrauben, die kleinen Distanzringe zwischen den Abschnitten) aus Eisen und das rostet bei passender Gelegenheit ganz fix. Auch Teil des "Kollimationsmechanik" bestehen aus aufeinander gleitenden Metallflächen (eine davon aus Eisen), auf denen sich Rost schädlich bemerkbar machen würde. Hinzu kam, dass ich das Teleskop so wenig wie nur irgend möglich zerlegen wollte. Daher sollten der Spiegel und sein Aufbau in Gänze an der Tubusrückwand verbleiben.

   
Das ist das Blendrohr von innen. Diese Lamellen kleben an der HS-Bohrung und diese Metallstummel bildet den mittleren Teil des Blendrohres. Hier innen rein wird eine Art Rohr mit Kugelkalotte geschraubt (in der Schnittzeichnung oben rot).

   
Und hier sieht man diesen Eisenring und das Kugelkalotten-Teil, von dem gerade die Rede war - und die Schrauben schon mit Flugrost. Oben, glänzend ist das Gewinde zu sehen an dem der Metallstummel an dem der HS befestigt ist, aufgeschraubt wird. Die letzten beiden Bilder stammen nicht von meinem Klevtsov-Teleskop!

 
Damit schied Wasser aus - aber was dann? Trockeneisreinigung mit CO2 - schlecht für die Verbindung von Blendrohr und Spiegel, außerdem muss der HS dazu versendet werden. Abblasen - schlecht, weil Pollen schon ganz schön fest „kleben“ können und „reine, gesäuberte“ Luft habe ich nicht und bei dem nötigen starken Luftstrom entsteht da auch schon mal ein Hauch von Sandstrahler ...

Die Sache verkomplizierte sich also noch weiter. Also erst mal Folie drum rum und weiter überlegen und recherchieren.

         
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#87
Hallo Andreas,

bei der Reinigung von Optiken habe ich mit schnöden feuchten (Einweg-) Brillenreinigungstüchern sehr gute Erfahrungen gemacht.
Geht sagenhaft gut. Habe damit einige Großformat-Kamera-Objektive gereinigt, bei einem Objektiv auch die verölten Blendenlamellen.

Indess bin ich neugierig welche Methode Du uns vorstellen wirst ...

Viele Grüße aus dem Süden,
Andreas

Many listen ..... but few hear!
 
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#88
Nachdem hier noch viel in der Pipeline ist, ich die Abschnitte Zug um Zug jetzt fertigstelle und das Ganze sich ja nicht bis zum St. Nimmerleinstag ausdehnen soll, gibt’s gleich den nächsten Beitrag (und die Antwort auf die obige Frage):

FirstContact, oder: „Assimilier das!“
Etwas was Staub, Pollen (und sogar Fett - wenn da) einfach aufnimmt und entfernt - das wäre die optimale Reinigung! So kam ich auf "First Contact" (nein, nicht auf den Film oder die “Borg“), auf ein flüssig aufzubringendes Reinigungspolymer, dass nach „Aushärtung“ als gummiartige Schicht wieder abgezogen werden kann und mit ihm alle Rückstände auf der Oberfläche verschwinden. Sauteuer - aber für mich ziemlich alternativlos ...

https://mountainphotonics.de/product/rei...nsoptiken/

Leider bestand der deutsche Vertreiber (siehe oben) darauf, da das ein Gefahrgut in Mindermenge wäre, zusätzlich nochmal 17,50€ Versandkostenpauschale zu erheben. Versendet und geliefert würde es dann aber über den ganz normalen Paketdienst ... aha! Also machte ich mich auf die Suche nach alternativen Anbietern. Die USA schieden, ob des schlechten Umtauschkurses und der anfallenden Einfuhrumsatzsteuer, sofort aus. Auf dem europäischen Kontinent gaben sich die Preise gegenseitig nichts, aber zum Glück gibt es ja noch das Vereinigte Königreich.

https://www.365astronomy.com/home.php
 
So fand ich in Brighton einen Astro-Händler, der das deutlich günstiger verkaufte. So kam es zu der kuriosen Situation, dass eine „Gefahrgutsendung“ aus England quer durch Europa deutlichst billiger war (roundabout -20%), als ein Paket via DHL aus Landsberg am Lech. Tja, komische Zeiten ...
 
       

So kam das "First Contact" an, allerdings in einer lichtgeschützten Tasche, die allerdings nur den Effekt hat, dass sich die rote Einfärbung unter UV Strahlung nicht zersetzt. So sieht man besser, welche Stellen bereits beschichtet sind und kann auch die Schichtdicke (durch die Farbintensität) besser einschätzen.
 
Einmal angekommen hatte ich aber trotzdem nur eine sehr theoretische (YouTube)-Vorstellung, wie das Zeug anzuwenden sei. Und je konkreter ich wurde, desto mehr Fragen tauchten auf: Wie viskos ist die Flüssigkeit? Wie dick muss die Schicht sein? Ob es in Spalten und Fugen laufen würde? Wie einfach ist der Film wieder abzulösen und ab wann reißt er einfach ab?

Zum großflächigen Experimentieren war es mir aber zu teuer, also blieb mir nichts anderes übrig, als das Ganze einfach mal anzuwenden.
 
Die komplette Rückwand meines Klevtsov (an der der HS hängt) war schnell vom Tubus entfernt. Die Schlitzschrauben ließen sich (mal ganz was Neues) einfach lösen und rausdrehen und mit ein bisschen ruckeln (die Teile sitzen mit Nut und Fuge auf Press zueinander) waren Spiegelzelle und Tubusrohr auseinander. Hier zeigte sich auch wie exakt die russischen Teleskopbauer arbeiten mussten. An Nut und Fuge waren deutliche Spuren der Nachbearbeitung zu sehen. Das hat seinen guten Grund (siehe weiter unten).
 
   
 
Die Fangspiegelkonstruktion (die „Curved Spider“ mit der Korrektoreinheit) ließ ich, auf dringenden Rat aus Moskau, am Tubus fixiert. Der Grund war ganz einfach. Die Praxis aus Russland (und nachfolgend dann auch Beispielrechnungen in OSLO, die Vladimir Sacek (www.telescope-optics.net) anfertigte, als wir vor einiger Zeit via CloudyNights über die Designparameter des TAL-250K rätselten, hatten gezeigt, dass selbst ein hauchdünner seitlicher Versatz zwischen HS und Korrektor katastrophale Folgen auf die Abbildung hat. Die Moskauer Astronomen meinten, dass es einfach nicht sicher gewährleistet wäre, dass die komplette Curved-Spider-Einheit wieder absolut exakt in dieselbe Position „rutscht“ wie vorher. Ich solle da lieber kein Risiko eingehen. Dieser Hinweis war mir sehr willkommen, habe ich doch sowieso den Standpunkt nur dann etwas anzufassen, wenn es unbedingt nötig ist (OK - und dann aber so optimal wie möglich zu lösen). Das Polymer auf die Oberfläche der Meniskuslinse des Korrektors zu bringen war etwas umständlicher (weil tief im Tubus liegend), das stand aber definitiv in keiner Relation zu einer versauten Optik. 
 
   

Es würde etwas fummelig werden da unten drin das Polymer aufzutragen, aber mit 10" Durchmesser hat man doch einen gewissen Arbeitsraum zur Verfügung.
 
In der Summe - wie oft, wenn man sich viele (zuviele?) Gedanken macht - war der Polymerauftrag und das Handling wirklich sehr unproblematisch. Natürlich wird es bei der nächsten Anwendung, die zumindest beim Klevtsov aber bitte in weiter Ferne liegen soll, noch einfacher. Erfahrung ist halt durch nichts zu ersetzen.
  • Das propagierte Aufsprühen des Polymers bei Optiken ab 8“ muss nicht sein (Mt. Palomar Observatory und die 2, 3 oder 4 Meter Spiegel bei denen Polymerreinigung (wenn nicht gleich Neuverspiegelung) üblich ist, sind was anderes ...). Mit einem weichen, nicht zuviel saugenden Pinsel und Sorgfalt geht das viel einfacher. Man muss halt aufpassen, dass die Metallzwinge (Ferrule) des Pinsels, die die Haare hält, nicht auf den Spiegel kommt.
 
  • Zweimaliges Auftragen, statt zu versuchen einen einzigen dicken Auftrag hinzubekommen, macht mehr Sinn, weil man sonst auf stark gekrümmten Oberflächen (der Klevtsov-HS hat f/1.9 und die Meniskuslinse um die f/3) länger gegen das Ablaufen des Fluids kämpfen muss.
             
Hier der Auftrag des Polymers (links) mit den Tropfnasen, die sich zwangsläufig bilden, wenn es entlang der Spiegelkrümmung  
abläuft (und die man mit einem Pinsel wieder zurückziehen muss) und in der Mitte und rechts der komplett versiegelte HS.

   
Hier am Rand sieht man, dass die recht zähflüssige Masse nicht sofort über irgendwelche Kanten läuft. So kann man recht gezielt das Polymer auftragen.
 
  • Das Abkleben zum Schutz von irgendwas ist weitgehend unsinnig. Es verhindert nämlich nicht das Verlaufen des Polymers (das wahrscheinlich sowieso nicht passiert wäre), sondern befördert vielmehr das Verfließen per Kapillareffekt (wenn dünne Fugen zwischen Klebeband und Oberfläche bleiben). Die zähflüssige Oberfläche und die Oberflächenspannung verhindern zunächst sowieso, dass sich das Polymer wie Brühsuppe verteilt. Gegen das Hinterlaufen an Linsenkanten hilft eine dort eingelegte, bereits mit den Polymer versehene Schnur. Mit der empfohlenen, ungewachsten Zahnseide konnte ich mich nicht so anfreunden, was aber auch daran lag, dass die Korrektoreinheit tief im Tubus lag (die blieb ja dran) und mir das (auf die Entfernung gesehen) zu fein und zu dünn war.
   
 
In der Summe waren HS und Korrektor dann schnell eingesprüht und eingepinselt. Da die Polymeroberfläche nicht altert (also in normalen zeitlichen Dimensionen von unsereins), beließ ich aber die Schicht nach dem Abtrocknen noch 3 Wochen auf den optische Elementen drauf, sie waren ein willkommener Schutz gegen Staub, Fingerabdrücke, Farbspritzer und anderen Sachen, denn die nächsten Baustellen zeichneten sich ab.
 
Irgendwann, viel später (zwischendrin war viel von dem passiert, was nachfolgend noch zu lesen sein wird), wagte ich mich an die Entfernung. Ich war sehr unsicher, ob ich das Zeug wieder abbekomme und ob das überall rückstandsfrei abgeht oder ("worst case") überall kleine Teilchen hängen bleiben, oder ob das Polymer Teile der Beschichtung gleich mitnimmt (hmm ... auch "worst case", wenn ich mir das so überlege).
Aber, nichts von alledem passierte. Das Polymer ist perfekt eingestellt, nicht so viel Haftung dass es der Beschichtung schadet und auch nicht zu wenig Haftung: Das Polymer reißt auch bei starker Krafteinwirkung nicht.

           
 
So gab es entspanntes Optikpellen ...

PS: An der Stelle sei noch (ergänzend) darauf hingewiesen, dass der sog. „Discofilm“ / „Sensorfilm“ zwar identisch in der Anwendung ist, aber (zumindest) bei verspiegelte Oberflächen meiner Meinung nach NICHT zuverlässig funktioniert. Ich habe/hatte beide Produkte zuhause und dieses Polymer haftet wesentlich stärker an der Oberfläche und ist dünnflüssiger (bildet also dünnere Schichten aus, die leichter abreißen). Je nach verspiegelter Oberfläche bleiben davon Reste auf dem Spiegel zurück (ähnlich wie die „Kalkränder“ bei eingetrockneten Tropfen) oder die Verspiegelung (gerade wenn schon etwas gealtert) wird tlw. mit abgezogen!
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Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“
                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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Christoph (30.06.2019), Florian B. (30.06.2019), Herbipollution (30.06.2019), Simon (20.04.2020)
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#89
Wow Andreas!
Wann gibt es die Fortsetzung? Rolleyes
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#90
Hallo Christoph, hier ist sie ...

Let’s talk about black, baby [...] let’s talk about all the good things, that may be ... Big Grin
Nachdem der Klevtsov also zerlegt war, tauchte zeitgleich im blauen Forum ein Artikel über schwarze Farbe auf. Natürlich wurde ich da neugierig:
http://www.astrotreff.de/topic.asp?TOPIC_ID=236663
 
Im Original war das ja eine Künstler & Theaterfarbe (so klassisches Black Theater), aber nachdem sie sogar Vantablack einigermaßen ebenbürtig sein sollte, war meine Interesse noch größer:
http://stuartsemple.com/project/black-v1-0-beta-worlds-mattest-flattest-black-art-material/

In einem recht seriös anmutenden „Test“ hat sie zudem auch gut abgeschnitten:
https://astronomie-teilen.de/reflexion-von-licht-an-absorbierenden-oberflaechen/
 
Kleine Anekdote zu Vantablack: Im August 2018 fiel ein Besucher im Museum Serralves in Porto in ein zweieinhalb Meter tiefes Loch, dass der Künstler Anish Kapoor installiert und mit der Farbe Vantablack hatte beschichten lassen. Dadurch sah es nicht mehr wie Loch aus, sondern wie eine begehbare Fläche. Alle Reflexe und Konturen im Inneren des Lochs verschwanden durch Vantablack.
 
OK, wenn diese Farbe an so eine Streulichtunterdrückung wie Vantablack auch nur herankommen würde und mein Klevtsov (vor allem das Blendrohr) aktuell gut zugänglich war, dann war das vielleicht ein Zeichen. Also habe ich mit besagtem Künstler Stuart Sample (der hat die Farbe entwickelt und vertreibt sie) Kontakt aufgenommen und eine 150ml Flasche bestellt.
 
       
 
Natürlich bin ich nicht so blauäugig irgendwas in meinem Klevtsov reinzupinseln, dass noch nie jemand zuvor zu diesem Zweck genutzt hat. Also machte ich hier - 150ml sind ja genug und die "Verschwendung" blieb in Grenzen - ein paar Beschichtungstests parallel mit zwei anderen schwarzen Farben. Das eine war „Tetenal Kameralack“, der findet sich meist im inneren mattschwarzer Kamerakörper, das andere war „Krylon Camouflage Ultra Flat“ aus den USA. Das sind die beiden, die ich aktuell zum Erreichen von reflexionsarmen Oberflächen verwende.
 
   
 
Die oft in dem Zusammenhang genannter Berger Astrofarbe verwende ich nicht mehr, weil sie einfach mit einer zu dicken Schicht austrocknet, die Pigmentierung sehr unregelmäßig ist und ein Großteil der Pigmente eher im Pinsel oder in der Rolle bleibt. Zudem hängt die reflexmindernde Wirkung stark vom Pinselstrich und der Richtung des Auftrags ab.

Hier das Ergebnis meiner, ziemlich primitiven Versuche:
Die Bilder zeigen die drei Farbaufträge und ihre Wirkung, fotografiert OHNE zusätzliches künstliches Licht in einem Kellerraum. Die Tür zum Flur (der von oben Tageslicht erhält) war offen und hat für eine diffuse "Grundhelligkeit" gesorgt.
Das Bild unten zeigt die Musterfarbtafel schräg abfotografiert (Winkel ca. 25 Grad). Die von mir absichtliche erzeugte Falte im ursprünglich weiß hochglänzenden Papier (um etwas an Konturen zu bekommen), geht übrigens durch alle drei Farbfelder hindurch!
Linker Bereich: "Black 2.0" / Mittleres Bereich: "Tetenal" / Rechter Bereich: "Krylon Camouflage"

     
Farblich geben sich die Schwarz nichts, extrem auffallend ist aber, dass die erzeugte Falte im Papier bei "Black 2.0" visuell nahezu komplett verschwindet, obwohl sie existiert! Alle Bilder stammen aus einem Foto. Der Versatz der Falte kommt dadurch zustande, dass ich das Foto etwas beschnitten habe um es schmäler zu bekommen. Für die, die hier nur Schwarz sehen: Das hängt natürlich sehr stark von der Monitorkalibrierung ab. Ich habe einen großen 32“ Monitor für Grafikanwendungen, da sehe ich Unterschiede sehr deutlich. Auf dem iPad mit seinem LCD sehe ich auch schwarz. Heißt aber auch, dass alle drei recht schwarz sind.

Hier ist dieselbe Farbtafel, aber senkrecht von oben fotografiert.

   
Im senkrechten Bereich fällt der Unterschied deutlich geringer aus. Die Farbverteilung ist identisch zu oben.

Sehr deutlich wurde es, als ich den Blitz dazu genommen habe:

   
 
Die Wirkung war also ziemlich eindeutig, zumindest kamen meine zwei anderen Referenzfarben nicht wirklich hinterher, obwohl sie wirklich gut sind. Nachdem die optischen Elemente am Teleskop sowieso gerade noch mit Polymer abgedeckt waren, konnten die Malerarbeiten beginnen. Zuvor baute ich mir noch ein „Spezialwerkzeug“ aus einer Malerrolle, um gut in die Tiefen des innenseitigen Blendrohr zu kommen und es innenseitig problemlos schwärzen konnte. Auch für den Tubus leistete die Rolle sehr gute Dienste.

           
Den HS habe ich dennoch (sicher ist sicher) mit passend konturierten Papier abgedeckt. Der Farbauftrag erfolgte zweimal. Die Farbe deckt sehr gut, ist extrem stark pigmentiert (holla, die Waldfee - ein Minitropfen irgendwo braucht massenhaft Wasser bis der endlich komplett weggewaschen ist).

Da das iPhone beim Fotografieren die Blende automatisch angleicht (je nach Helligkeit des Bildes im Fokus), sind vorher - nachher Bilder nicht seriös möglich. Aber der dunkle Tubus hier spricht eine deutliche Sprache. Da scheint also durchaus eine Verbesserung erfolgt zu sein.

       
Hier wieder die Fotos im normalen Tageslicht, das Fenster rund 120 cm entfernt
 
Grundsätzlich ist es ja so, dass stark streulichtunterdrückende Farben letztlich in einer 3dimensionalen Struktur austrocknen. Also ist immer darauf zu achten, dass man die beschichteten Flächen so wenig wie möglich berührt, um diese Struktur zu erhalten. Da sind Sprays natürlich im Vorteil, weil der Auftrag selbst fast schon dreidimensional erfolgt (ja man ja nicht wie mit einem Pinsel oder einer Rolle "drückt" oder wischt. Wenn man das im Blick hat, scheint "Black 2.0" eine gute Option zu sein, wenn man nicht per Spray arbeiten kann oder will. In meinem Fall erfolgte ein zweimaliger Auftrag per Rolle. Interessant ist auch dass Black 2.0 einerseits wirklich „voll fett schwarz“ erscheint und Strukturen per Auge und auf Fotos völlig konturlos werden, andererseits aber auch einen dunkelgrauen (statt schwarzen) Eindruck hinterlassen kann. Viel hängt anscheinend auch hier davon ab, wie stark gerichtet das Licht ist und wie der Reflexionswinkel ist. Wenn ich bei Tag auf die Spider blicke, kommen die dunkelgrau daher, im schwachen, dämmrigen Licht erscheint der Tubus mit den Spider davor jetzt aber völlig strukturlos und nicht mehr dreidimensional.

   
Das Bild gibt näherungsweise den Eindruck wieder, wie sich der Tubus (der Fokuspunkt war im Schwarzen und die Empfindlichkeit war ganz nach oben geschoben, wie der völlig überbelichtete Hintergrund zeigt) jetzt visuell darstellt.
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Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“
                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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#91
Dear Namensvetter,

vielen Dank für die Info inklusive Test bezüglich "Stuart Sample Black".
Habe gleich bestellt. Das 150 ml Gebinde für 23,60 Euro inklusive Versand.
http://stuartsemple.com/project/black-v1-0-beta-worlds-mattest-flattest-black-art-material/

Vantablack kann mich persönlich mal. Falls es dort mittlerweile überhaupt
sowas wie Farbe zu kaufen gibt. Vor Jahren, als das in den Medien war,
schrieb ich dorthin. Von meiner web.de-Mailadresse aus. Man antwortete
mir, daß man nur an Firmen-Mailadressen antworten würde. Weil man gern
nachvollziehen können wolle, wer denn eigentlich kauft. Ich habe genickt
und Vantaf**k geknickt. Das am Rande.

Andreas, klasse, daß Du Deine Schritte so detailliert dokumentierst!

Viele Grüße,
Andreas, TAKomaniac

Man sieht nur, was man weiß.
(Samuel Langhorne Clemens, vulgo Mark Twain)
.
 
 . weniger . langsamer . einfacher . schöner .

 
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#92
Uups, was ich vergessen hab‘ zu erwähnen:
Black 2.0 ist mit Schwarzkirsche aromatisiert Blush  - also der Duft (aber nur sehr, sehr dezent), sorry  Big Grin Big Grin Big Grin
Wie sie schmeckt habe ich noch nicht probiert ...  Tongue

Und - wie immer bei so was das erfolgreich ist - Black 3.0 ist schon in der Pipeline:
https://www.kickstarter.com/projects/cul...ref=92oorr
Riecht dann vielleicht nach Fish & Chips ...

Ansonsten: Wenn man langsam vorgeht, dann macht Dokumentation viel Sinn. Zum einen für die anderen zehn Klevtsovbesitzer in der Welt, vor allem aber auch weil vielleicht, in ganz anderen Zusammenhängen, der ein oder andere Gedanke hier jemanden ermöglicht was neu oder anders zu sehen. Die Ideen, die so völlig quer reinkommen, sind für mich immer die wertvollsten.

Da kommt noch ne ganze Menge an Doku nach - das war ein echt fieses Projekt, das (eher unfreiwillig) immer umfangreicher wurde. So zwei, dreimal war ich an dem Punkt an dem ich dachte: Endstation – jetzt geht’s nicht mehr weiter. Und ich bin immer noch nicht absolut sicher ob ich wirklich ganz durch bin.

Wenn es die Wolken zulassen gibt es heute die erste große Beobachtungsnacht danach - „The Night after“ sozusagen ...
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Christoph (30.06.2019)
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Christoph (30.06.2019)
#93
Hallo Andreas!
Vielen Dank für die weitere Lieferung!    Cool
Das Schwarz ist eine gute Empfehlung. Smile
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#94
Hallo,

noch was zu schwarzem Schwarz (um diesen Thread kulturell anzureichern).
Es gibt da eine Kontroverse:
Anish Kapoor, Künstler, hat für großes Geld die ausschließlichen Rechte der Nutzung von Vantablack
für Kunstzwecke erworden. Niemand sonst darf Vantablack für Kunstwerke verwenden (sic!).
Wenn Du Vantadingens für ein Bild verwendest und das bei der Ausstellung in der Sparkasse
aufgehängt wird, schreiben Dir die Anwälte von Anish. Du kannst Dich nur noch darauf rausreden:
"Das ist doch keine Kunst!"

Das war die Motivation hinter dem Projekt, ein schwarzes Schwarz 2.0 zu entwickeln.
Finanziert durch Crowd-Funding. Von vielen, vielen Menschen, die es Sch***e finden,
daß so eine coole Farbe nur von einem einzigen Mensch im Bereich Kunst verwendet werden darf.

Für andere Zwecke darf Vantablack uneingeschränkt verwendet werden.
Ich verzichte freiwillig und vollvollständig darauf, Vantazack für irgendwas zu verwenden.
Is besser so. Womöglich kommt jemand und sagt: "Hey, das is ja echt Kunst, wie Du den Tubus da
so fett schwarz hingekriegt hast." Und schon ist der Allerwerteste auf Grundeis ... Junge, Junge!
Es gibt Werke von Anish Kapoor, die finde ich großartig. Den Marsyas zum Beispiel 2002 in der Turbinenhalle
der Modern Tate in London. Den Deal indess nicht. Anish, who the f*** is Anish ?

Jedoch, wer weiß, vielleicht ist das alles eine soziale Skulptur im Sinne von Joseph Beuys?
Es ist eine soziale Skulptur! That`s for sure! As far as I know, there is only one odd guy
in this whole world, who uses this colour. Nobody else want`s to handle this slush.

Am 1. Mai 2019 begann mit dem Antritt des Tenno Naruhito die Reiwa-Zeit ("schöne Harmonie"):
"Kultur wird begründet und gedeiht, wenn Menschen ihre Herzen in schöner Weise zusammenführen"

Und in Sachen Schwarz verehre ich Mark Rothko, vor dessen Werken ich bei einer Ausstellung in München fasziniert verweilte.

Viele Grüße
Andreas, black black sheep

Nachtrag: Stuart Semple schreipt sich mit "e".

"Die Freiheit einer Gesellschaft ist so groß wie die, die sie ihrer Kunst gibt."
 HA Schult
 
 . weniger . langsamer . einfacher . schöner .

 
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#95
Danke für die Hintergrundinfo zu Black und Fanta Tongue Black ... Ich hab‘ mit bekommen, dass da was am Laufen ist, aber nicht die Details dazu. Ich finde die HP von Black 2.0 lustig, weil sich dieser Stuart Sample ja an Anish Kapoor ziemlich abarbeitet aber auf eine lustige Weise, wie es nur die Engländer können. So Monty Python like ...

Ansonsten komme ich gerade aus dem tiefen Odenwald, schaffe es jetzt aber noch den nächsten Abschnitt, der schon in der Pipeline liegt, loszutreten. Weiter gehts ...
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#96
Ich glaub‘ bei mir ist eine Schraube locker 
 
Das nächste handfeste Problem bestand darin, dass ich einer Kollimationsschraube verlustig gegangen bin, weil ich die ja „zerfräst“ habe. Hört sich einfach an („Bestell‘ halt ne neue Schraube ...“), löste aber eine wahre Odyssee aus.
So muss Homers Epos auch entstanden sein, ich vermute am Anfang fehlte irgendwo nur ne‘ kleine Schraube ...
 
Aber im Ernst:
Eine Prüfung und Vermessung einer weiteren, der verbliebenen fünf intakten Schrauben, brachte an den Tag, dass diese Teile sehr spezielle Anfertigungen waren, die nirgendwo auf der Welt (und ich habe in China wirklich jeden Sack Reis virtuell umgedreht) als Serienprodukt lieferbar waren. Das Gewinde hatte 6mm Durchmesser, die Steigung war aber nur 0,8 statt 1 (also wie M5 - Ergänzung: In der Realität waren es dann 0,75 statt 0.8, also Feingewinde, wie weiter unten zu sehen sein wird) dafür war die Schlüsselweite am Sechskantkopf nicht 10 (wie bei 6mm zu vermuten), sondern nur 8. Außerdem hatte sie im oberen Teil einen glatten Schaft, der (wie sich später herausstellte) durchaus seine Bedeutung hatte. Das Ganze war also eine krude Mischung aus M5 und M6 mit einem speziellen Glattkantschaft.
 
   
 So harmlos und unschuldig können Schrauben aussehen. Schaut man genauer drauf haben die Dinger es faustdick hinter den Ohren. Ehrlich ...

Nachdem die TAL-250K Baustelle immer umfangreicher wurde (begonnen hatten ja mal alles damit, dass ich nur an 2 oder 3 Schrauben, zwecks Kollimation, drehen wollte), saß ich jetzt mit einem zerlegten Klevtsov, polymer-bepinselten Optikoberflächen, geschwärzten Innenteilen und kaputten Schrauben da. Mist ...
 
Also dachte ich mir: Wenn, dann gehe ich jetzt in die Vollen und mache mit dem Kahn gleich klar Schiff! Ein Dauerproblem am Klevtsov ist ja dessen Backfokus. Mit einem 2“ ZS komme ich nur mühsam in den Fokus und manchmal gar nicht, je nach Okular. Und natürlich hängt es am ZS: Die verbrauchen von 92mm (TAL-ZS), über 99mm (kurzbauende ZS für SC‘s und so) über Televue (104mm) bis rauf zu 112-116mm (bevorzugt steht da der Name Baader drauf).
Ein Teil meines Problems liegt auch daran, dass die bisherige Adapterlösung etwas großzügig mit dem optischen Weg umgeht. Da könnte man also noch einsparen, wenn man schon mal am umbauen ist.
 
   
 Sieht stylish aus, aber verbraucht viel Platz. "Viel" ist natürlich relativ, aber wenn es um Millimeter geht, sind ein Zehnfaches davon schon viel.
 
Lasst uns eng zusammenrücken 
Um Backfokus zu gewinnen führte kein Weg am bisherigen Adapterring, der an den Schwalbenschwanz des OAZ andockte, vorbei. Der musste viel flacher bauen und damit würde der OAZ automatisch näher an den Tubus heranrücken.

   

Nach einigem Überlegen und messen gestaltet sich das überraschend problemlos, sogar das Zeissgewinde zum Einschrauben in die Adapterplatte konnte bleiben. Aber wie so oft: Ein Problem gelöst, zwei Neue kommen nach.
 
       
Mit diesen Madenschrauben wurde der OAZ bisher geklemmt. Nachdem die Madenschrauben gut zugänglich waren, genügte ein passender Inbus und der OAZ konnte am Adapter fixiert und vorher ausgerichtet werden.

Die Madenschrauben, die zur Fixierung dieses Rings am Schwalbenschwanz des OAZ dienten (der Ring wird dann mitsamt des daran fixierten OAZ in die Adapterplatte eingeschraubt), verschwanden nun beim Einschrauben in der Ebene der Adapterplatte, sind also schlichtweg „weg“. Also musste die Stellung des OAZ (Drehwinkel), bereits bevor er vollständig eingeschraubt war, so sein, dass er, nach dem kompletten Einschrauben (Murphy schlägt nach meiner Erfahrung bei so was immer zu), am Teleskop nicht auf dem Kopf, oder - noch seltsamer - vertikal, mit den Fokussiergriffen oben und unten steht, statt links und rechts. Faktisch nur ein Schönheitsfehler, aber ein doofer ... Nach einiger Fummelei, testweise Schrauben, markieren, verdrehen ... passte das dann aber sehr gut und der OAZ hing, einmal festgeschraubt auch schön horizontal hinter dem Teleskop.

         
Linkes Bild: So sah die neue Version aus. Die Madenschrauben tauchten in die Ebene der Adapterplatte ein. Also musst der OAZ vorher daran fixiert werden. Damit ist aber auch dessen Orientierung (Drehwinkel / Stellung am Teleskop) schon festgelegt weil man ja nur bis zum "Anschlag" schrauben kann.

Rechtes Bild: Das Bild zeigt OAZ und Ring von der anderen, teleskopzugewandten Seite. OAZ-Gehäuse und Ring stehen zwar leicht über, aber auf der Tubusrückseite findet sich bereits da eine kleine Vertiefung in die die Teile hineintauchen können.

   
 
Viel komplizierter würde das mit den Kollimationsschrauben an der Tubusrückwand werden. Vorher lagen deren Sechskantköpfe in Sacklöchern von Adapterplatte und Tubusrückwand und mit einer etwas gekürzten 8er-Stecknuss kam ich an die Schraubenköpfe heran. Daran war nun nicht mehr zu denken. Der Zwischenraum mit dem näher zur Rückwand „gewanderten“ OAZ war jetzt viel zu klein ... und wenn irgendwie doch, waren ja die bisherigen Schrauben faktisch kaputt und Ersatzschrauben gibt‘s gefühlt irgendwo hinter Jupiter, oder so ...

   
 
Zwischenergebnis: Ein Teleskop mit ausreichend Backfokus, dass man nicht mehr kollimieren kann ...
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                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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#97
Schrauben:

M6 Feingewinde? -> M6x0.75 (Kernlochdurchmesser ist etwas größer als bei M6x1

Oder UNEF 1/4'' (sowas wie 6.35 x 0,8) - Eigentlich benutzen die Russen ja das metrische System - aber bei TAL weiß man nie.
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#98
Hallo Rupert, ja sind dann gemessene 6 x 0.75 gewesen, wie du weiter unten auch sehen wirst.

Macht auch Sinn, denn durch das Feingewinde bekommt man eine Steigung mehr in den Ring hinein, der für die Kollimation zuständig ist (= bessere Haltbarkeit).
Außerdem ist die Verstellbarkeit feiner, weil die Steigung pro Schraubendrehung geringer ist (= höhere Sensitivität beim Kollimieren)

Ergo: Alles Absicht aus Russland!
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#99
Was China nicht hat - macht „Drehen und Mehr“
Nach langem Rätseln und Überlegen entwickelte sich Schritt für Schritt eine neue Variante.
Der Zwischenraum zwischen OAZ und Adapterring betrug weniger als 9mm. Viel zu wenig für Stecknüsse aller Art, aber ausreichend für einen Gabelschlüssel.

   

Wenn die (Außen)Sechskant-Schraubenköpfe nicht in den Sacklöchern verschwinden würden, sondern oberhalb der Adapterebene wären ... Aber dazu mussten die Schrauben länger werden, viel länger. Und irgendwas müsste den Zwischenraum zwischen Schraubenkopf und Lochboden „füllen“ ... Könnte so etwas wirklich funktionieren?
 
Und damit kam dieser seltsame Glattkantschaft, den jede Schraube schon bisher hatte ins Blickfeld. Sämtliche Kollimationsschrauben beim Klevtsov arbeiten ziehend. Also der große Eisenring (in der Schnittzeichnung war der Rosa eingefärbt), der über diverse verschraubte Blendrohr-Abschnitte den HS hält, wird von diesen sechs Schrauben Richtung Tubusrückwand gezogen und - je nach dem Spiel der Schraubenkräfte untereinander, eben in die jeweils gewünschte Richtung verkippt.
 
         
So wie auf dem linken Bild sieht der Aufbau am Klevtsov bis zum HS aus. Alles sehr ausgetüftelt und damit problematisch für einen Umbau, gleich welcher Art.
Das rechte Bild zeigt die originale Kollimationsschraube (als Zeichnung). Sie passt genau so rein, dass das Gewinde in diesem Spiegelhalter-Ring steckt und im Loch der Schraubenkopf aufliegt.
 
Die Widerlager bilden dabei der Sechskantkopf, der auf der Tubusrückwand mit einer Unterlegscheibe in einem Sackloch aufliegt und der rund 5 mm lange Gewindeteil am unteren Ende der Schraube, der in diesen „Spiegelhalter-Eisenring“ geschraubt ist. Dazwischen ist der glatte Schaft der Schraube und das auch noch mit rund 1 mm umlaufend Luft zur Bohrung in der Rückwand. Und das macht sehr viel Sinn, beziehungsweise ist konstruktiv unabdingbar. Nach einigem Überlegen habe ich das System dahinter verstanden.
 
Dadurch, dass der Mittelteil der Schraube verschlankt ist und jeden Kontakt zum Rand vermeidet, können die Schrauben eben auch (je nach notwendiger HS-Kippung) auch leicht „schief“ zur Tubusrückwand stehen. Die Schrauben hat nur an ihrem Kopf (=Rückwand) und an ihrem Gewinde (=Spiegelhalter-Eisenring) Kontakt zur Mechanik des Teleskops (dazwischen nicht). Und genau dafür ist der dünnere, glatte Schaft gedacht, er ermöglicht die Bewegungsfreiheit zum Rand der Bohrung. Ins Bild passt dann auch, dass die Unterlegscheibe faktisch leicht trompetenförmig geformt sind. Sie können damit auch natürlich in Grenzen „gleiten“ und ermöglichen es so, dass der Schraubenkopf einer (wegen der Verkippung des HS) leicht schief stehende Schraube, vollflächig aufliegt. Wieder einmal zeigt sich, dass auch die kleinste Kleinigkeit an diesem Teleskop nicht einfach zufällig so ist, sondern durchaus ihren Grund hat.

           
Die Kollimationsschrauben können durch ihre Konstruktion auch "schief" im Tubus stecken und dennoch mit dem Kopf ziemlich vollflächig aufliegen. Dafür wird der dünnere Schaft benötigt.
Die Unterlegscheibe ist auch so geformt, dass sie in verschiedenen Kippwinkeln aufliegen kann. Der Effekt: Der Schraubenkopf, der sonst einseitig aufliegen würde, kann wieder vollflächig(er) aufliegen.

Wenn die Schrauben also länger würden, brauchten sie unbedingt diesen dünneren Glattkantschaft. Zusätzlich muss unter der weit herausragenden Schraube eine passend dicke und lange Distanzhülse liegen (idealerweise mit gerundeter Auflage unten, damit diese Hülse nun den Druck des Schraubenkopfs zur Tubusrückwand neu vermittelt und eben auch - wie die Schraube selbst - leicht „schief“ stehen kann, damit der komplette Schraubenkopf (und nicht nur eine Seite, weil schräg) aufliegen. Also faktisch eine Unterleg“scheibe“, nur eben rund 10mm dick.
 
Als Ergebnis kam diese Schraube heraus, die es in keinem Laden der Welt gab. Hier hat mir dann erneut (wie auch oft vorher) Horst Becker von „Drehen und Mehr“ aus der Patsche geholfen. Es ist unglaublich mit welcher Akribie und Aufwand Horst solche Fantasie-Konstrukte meinerseits nochmals durchgeht, optimiert und dann auch noch sehr genau und kurzfristig fertigt. Ohne ihn wäre mein TAL-250K schon längst nicht mehr im Einsatz.
 
   
 
Als Schraubenbasis wurden aus China passende 6mm Edelstahlschrauben mit 0.75er Steigung geordert (vorher probeweise eine Einzige - sündhaft teure - aus einem deutschen Motorradshop um am Klevtsov zu checken ob das a) tatsächlich Gewinde mit 0.75mm Steigung sind und b) ob alle Gewinde noch funktionstüchtig sind. Glücklicherweise lautete die Antwort beides Male „Ja“. 
Von diesen Schrauben-Rohlingen wurde dann der obere Teil des Gewindes abgedreht um den glatten Schaft zu erzeugen und die Schraubenlänge angepasst. Anschließend wurden dann die entsprechenden Distanzhülsen (auch mit kleiner Rundung unten) gefertigt. Die neuen, konischen Beilagscheiben gab es als Massenware. Die sollten vor allem dazu dienen eventuelle Ungenauigkeiten in der Höhe auszugleichen. Dann hätte man etwas mehr Spielraum.
 
   

       

Als Ergebnis kam ein völlig neues Schraubensystem heraus und das war durchaus gewagt, da die neuen Schrauben natürlich viel länger sind und weil dadurch die Hebelkräfte auf sie ganz anders wirken. Zu dem Zeitpunkt war völlig unklar, ob der HS damit auch wirklich stabil befestigt werden kann, oder der einfach immer wieder wegrutscht. Die Mechanik muss ja völlig gegensätzliches perfekt leisten: Beweglich sein und Verstellbarkeit gewährleisten - Steifheit und und absolute Unbeweglichkeit garantieren. Beides geht nur über die Kraftwirkung. Es könnte gut sein, dass die jetzt dafür benötigten Kräfte die vorhandenen Querschnitte, Auflageflächen, Gewindedurchmesser  einfach übersteigen.

   
Hier wird die Veränderung überdeutlich. Teilweise sind noch die alten Schrauben verbaut, links bereits die Neuen vorsichtig (aber nicht komplett) eingeschraubt. Der Überstand ist wesentlich geringer.

       
Der Zugang zu den Kollimationsschrauben ist wieder vollumfänglich da. Ha, nicht nur die Russen können "tricky" konstruieren ...
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Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“
                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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Christoph (02.07.2019), Florian B. (02.07.2019)
Um die Ecke gucken
Der ursprüngliche Grund „Drehen und Mehr“ einzuspannen, war eigentlich ein ganz anderer. Nachdem der Backfokus des TAL-250K ja recht knapp ist, bin ich permanent auf der Suche nach hochwertigen, kurzbauenden ZS. Ich habe ein ZEISS M44 Prisma, dass das Problem sehr gut löst, aber eben nicht mit dem vollen möglichen Durchlass. Irgendwie steckt der Perfektionismus einem Amateurastronomen tief drinnen ...
 
Außerdem verändert das Prisma die Schnittweiten der einzelnen Farben. Manchmal ist das gewollt, weil dadurch Farben im Fokus näher zusammenkommen, aber bei meinem Klevtsov sind sie (ohne Prisma) bereits so sortiert, dass das Prisma diese noch ein bisschen mehr spreizt ...
 
Vor einiger Zeit habe ich in Russland einen hochwertigen 2“ Zenitspiegel von STF ergattern können, der (zumindest theoretisch) eine Oberflächengüte von 1/10 Lambda/Wellenlänge oder besser aufweisen soll (STF ist die letzte, neben LZOS, verbliebene Nobelmarke russischer Teleskopproduktion ...) 
 
Jedenfalls - und das war das besondere - waren Hülse und SC-Überwurfring am ZS abschraubbar, was es möglich machte diese Teile auf einer Werkbank zu bearbeiten. Und damit war auch das verbleibende Gehäuse einer Fräse oder anderen Bearbeitungsschritten zugänglich. Also machte ich mich daran den „normalen“ ZS in einen kurzbauenden ZS zu verwandeln.
Die Okularaufnahme des ZS hatte eine optische Länge von 42 mm. Das ist großzügig, die üblichen Steckhülsen haben ja nur 35 mm Länge (üblicherweise sind diese 6-7 mm die Reserve für aufgeschraubte Okularfilter). Hier kann man sparen.
 
Das Gehäuse selbst kam ebenfalls sehr massiv daher. Beide Hülsen konnten mit 5 Windungen (= 5mm Wandstärke) befestigt werden. Wenn man beidseits rund 1,5 mm abfräst, sind immer noch rund 3 volle Gewindegänge da - und das wäre (für meine Zwecke) mehr als ausreichend.
Der Spiegelkasten steht dann zwar zunächst (durch das beidseitige Abfräsen) auf jeder Seite rund 2 mm über, aber auch der war überaus massiv gehalten, so dass man bei ihm das überstehende Material abnehmen konnte.
 
In der Summe kommt der ZS jetzt auf einen Lichtweg von 99 mm. Geringer geht es nicht, bei vollem Durchlass mit 2“ (sagt zumindest die Theorie, wenn ich mich nicht verzeichnet / verrechnet habe). Da aber auch das Teleskop selbst jetzt weniger Lichtweg verbraucht, erreichte ich in der Summe 15 mm mehr Backfokus. Für meinen Klevtsov sind das Welten.

       
 So sah der ZS vorher aus (linkes Bild). Rechts sind schon die modifizierten, bzw. ergänzten Einzelteile zu sehen.

Einzig das ZS-Gehäuse ist jetzt von außen, auf den „Dachkantschrägen“ roh. Ich habe mich entschieden das so „technisch“ zu lassen und habe die Metalloberfläche später dann nur möglichst strukturlos mattiert, dass diese nicht glänzt wenn man drauf sieht. Nacheloxieren geht anscheinend sowieso nicht, zumindest habe ich niemanden gefunden, der das machen wurde. Na ja, bei Ralfs OAZ-Adapter am TAL-100 Apolar, blieb das Metall auch roh - und das sieht durchaus stylish aus.

       
Und hier ist das Teil wieder zusammengesetzt. Nur die abgefräste Oberfläche verrät, dass der ZS jetzt 10 mm kürzer baut.
 
Wenn also der Klevtsov wieder einsatzfähig werden würde, war also schon mal ein (weiterer) passender ZS vor Ort.
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