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GAIA 350937276631436800...
#1
BB vom 04. und 05.10.2018

Hallo,

nachdem "Ulf" (ein hoch auf Ulf...) uns ja bestes Wetter beschert, treibt es den ambitionierten Hobbyastronom natürlich des Nachts unter den sternklaren Himmel, um hübsche Eindrücke zu sammeln. Auf alle Fälle hatte ich es diesmal trotz Terminfülle recht leicht, denn Bernhard war mit seinem überarbeiteten 18" Dobson startklar und ich benötigte keine eigene große Ausrüstung. Hilfreich ist auf alle Fälle die Steuerung über Sky-Safari und Encodern, mit denen der Selbstbaudobs ausgestattet ist. Wir konnten die zwei Nächte gewinnbringend nutzen.

Am Donnerstag stieß ich gegen 21.30 Uhr zu ihm. Neben hellen, einfachen Objekten, zu denen auch der etwa 12mag helle Komet 64P Swift-Gehrels sowie NGC 891 mit wunderbarem Staubband zählten, hielten wir uns längere Zeit in der Andromeda Galaxie auf, um die KS G076 und G001 ordentlich unter die Lupe zu nehmen. Es ist schon fantastisch, was unter unserem dunklen Landhimmel mit solch einer Öffnung möglich ist, und wie hell dann solche "in-object"- Objekte wirken. Wenn man schwächere KS aus unserer Milchstraße mit dem 115er TMB ansieht, kommt man ähnlich weit... Wink .

Weiter ging es zu M33 (Triangulum Galaxy) mit ihren hellen Sternentstehungsgebieten. NGC 604 am Ende des inneren Spiralarmes fiel sofort ins Auge. Beeindruckend sind in jedem Fall auch die Sternketten (Vordergrundsterne) nahe des Zentrums. Sie liegen in dunkleren Bereichen zwischen den Spiralarmen. So fällt man förmlich in diese gewaltige Sterninsel und genießt den räumlichen Eindruck einer gesichtsfeldfüllenden Galaxie.

Bernhard hatte sich für unsere Beobachtungsabende einen besonderen "Leckerbissen" herausgesucht.

Nachdem wir uns warmgesehen hatten, nahmen wir uns mit Hilfe einer Sternkarte "Andromedas Parachute" vor. Dies ist ein erst kürzlich entdeckter, durch Gravitationslinseneffekt in vier Teile "zerlegter" Quasar. Leider konnten wir am Donnerstag Abend keine Übereinstimmung mit der Aufsuchkarte feststellen, so dass wir nach etwas mehr als einer halben Stunde die Suche vertagten. 
So nahmen wir noch NGC 7331 mit ihren Begleitern und Stephans Quintett unter die Lupe. Auch das hübsche Paar NGC 7332/9 durfte in der abendlichen Sammlung nicht fehlen. Gegen Mitternacht beendeten wir zufrieden unsere Himmelsschau. Die Milchstraße spannte sich bei sehr guter Luftruhe deutlich strukturiert über den Zenit, wobei der Himmel immernoch etwas aufgehellt wirkte.
 
Am Freitag war es dann soweit. Mit besseren Detailansichten machten wir uns bei etwas mehr als 100fach an die Übersichtserkennung und konnten relativ schnell nahegelegene Sternformationen identifizieren. Die Luftruhe blieb zwar etwas hinter dem Vorabend zurück, aber die Transparenz war mehr als zufriedenstellend. Bei angenehmen Temperaturen nahe 10°c ließ es sich bei Windstille sehr gut aushalten. (Es ist beinahe immer noch Sommer... Cool )

Nach etwa einer viertel Stunde konnten wir den ca. 12mag Stern mit der leicht zu merkenden ID "GAIA 350937276631436800" Tongue  ausfindig machen. Wir waren beinahe am Ziel. Dicht daneben schimmerte das blasse Fleckchen des Quasars: Andromedas Parachute. Der "Fallschirm", der sich eigentlich aus 4 Abbildungspünktchen zusammensetzt war ausfindig gemacht. Sukzessive erhöhten wir die Vergrößerung bis ca. 600x im 3,5er Okular und konnten dann das verschwommene Fleckchen deutlich erkennen. In die vier Einzelabbildungen war es auf Grund der Luft nicht zu zerlegen, aber eine "Zweiteilung" blitzte in guten Momenten hervor. Durch den Gravitationslinseneffekt wird das Quasarlicht in vier Lichtpünktchen verteilt.

Wahnsinn!!! So etwas habe ich bisher noch nicht beobachten können. Wenn man sich dann noch die physikalischen, kosmischen Gegebenheiten dahinter vorstellt stellen sich unweigerlich die Nackenhärchen auf... oder nicht?
Ich war absolut begeistert und hielt die Ansicht im Okular als Skizze fest:

   

Sie deckt sich weitgehend mit den benutzten Aufsuchhilfen, hat aber auf alle Fälle meine persönliche Note!

Eineinhalb Stunden waren wir hin und her an "Andromedas Parachute" unterwegs, um das Maximale am Objekt zu erkennen. Wir verbogen uns gerne die Augen und probierten unterschiedliche Vergrößerungen zwischen zu wenig Auflösung und "knackscharf" und Maximalvergrößerung mit etwas verschwommenerer Ansicht. Geduld für die ruhigen Luftmomente brauchten wir allemal. Über die Entfernung muss ich mal noch recherchieren. Z=2,377 stand irgendwo auf den Zetteln, die wir betrachteten, was bei etwa 4,7 Milliarden Lichtjahren Lichtlaufzeit, tatsächlich um die 11,2 Milliarden Lichtjahre beträgt... und wir sammeln die Photonen mit unseren Augen! Absolut der Knaller!!! Daumen hoch

Schließlich setzten wir unseren Himmelsspaziergang mit HGC 99 (Galaxiengruppe um 15mag) im Pegasus fort. Über NGC 891 und dem benachbarten Abell 347, wo es von Sterninseln nur so wimmelte, ging es weiter zur wunderhübschen Gruppe NGC 128/125/126. Die werde ich bei Gelegenheit mal für meine Zeichenmappe ansteuern.

NGC 7479, NGC 7386/5 sowie M 77 und M74 bildeten weitere Lichtduschen für unsere Sehzellen und erfreuten das Astronomenherz ungemein. Dazwischen wurde auch der Doppelstern V-Aquilae betrachtet, der mit einer "purpurroten" Komponente beeindrucken sollte. Wir konnten eher ein "Goldgelb" attestieren. Als Schlusspunkt wurde Uranus ins den Fokus gerückt. Als deutlich Türkises Scheibchen mit mehreren Monden gab er ein würdiges Abschlussobjekt für unsere Beobachtungsnacht.
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
Folgenden 14 Usern gefällt Uwe's Beitrag:
Andreas-TAL (06.10.2018), August (08.10.2018), Christoph (06.10.2018), Florian B. (07.10.2018), Gerhard (07.10.2018), Herbipollution (07.10.2018), joko (06.10.2018), Karsten (07.10.2018), LarsL. (10.10.2018), Martin.F (07.10.2018), Philipp (07.10.2018), Ralf (07.10.2018), Simon (10.10.2018), Ulf (06.10.2018)
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#2
Wow Uwe!
Mich fasziniert immer wieder, wie Du Deine Begeisterung in Worte gießen kannst!   Daumen hoch Daumen hoch Daumen hoch 

Und Andromedas Fallschirm wäre auch mal was für den 16"er von Ralf in einer klaren, ruhigen Nacht!
Mein aufrichtiger Neid zu solchen Beobachtungen!
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#3
Hallo Uwe,

schöner Bericht. Den Quasar in der Andromeda will ich auch versuchen zu  finden. Wie hell ist er damit ich weiß, ob es mit 14" Sinn macht? 
Ich kann imoment das Wetter nicht nutzen, weil ich gerade auf Menorca Balearen bin. Aber abend an der Küste hab ich auch schon nach Sternbildern geschaut. Steht alles 10° höher Mars Saturn Schütze Steinbock im Süden alles deutlich höher und besser zu erkennen. 
Dann noch schönes Spechteln.


Gruß Philipp Wink
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#4
Hallo Uwe,

ein mitreissender Bericht von Dir, vielen Dank. Insbesondere fand ich wie auch Philipp den Hinweis auf "Andromedas parachute" interessant.

Wenn man denkt, dass man das, was Ihr mit dem großen Gerät visuell wahrgenommen habt, nun mit kleinerer Öffnung und langer Belichtungszeit auf den Chip bannen könnte, dann muss ich zugeben: Das wird wohl nicht klappen.

Die Ausdehnung der vier Abbildungen von nur 3 Bogensekunden und das bei Helligkeiten von 15,4 bis 17,7 mag, das sind Eckdaten, wo ich mich nicht einmal selbst ermutigen kann, es zu probieren. Umso bewundernswerter, was Ihr da mit dem Auge erkennen konntet.
Daumen hoch

Hier noch ein Link zu "Andromedas parachute", wo ich die Einzelheiten herausgelesen habe.
http://www.faintfuzzies.com/Files/J01470...achute.pdf
Gruß Martin
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#5
Hallo zusammen,

vielen Dank für eure Rückmeldungen. Martin hat ja schon die wichtigsten Daten und den Link eingestellt. Auf alle Fälle würde ich den Versuch mit der Aufnahme wagen. Der Quasar ist gar nicht so schwach. Das Objekt an sich ist sicher schon ab 12" unter gutem Himmel zu erreichen. Vielleicht schau ich auch mal mit meinem 10er, ob ich herankratzen kann.
Interessant wäre, ob man ihn auch vernünftig in seine vier Bestandteile auflösen kann. Das wäre doch was für Christoph - mit seiner momentanen Ausrüstung würde ich es ihm auf alle Fälle zutrauen... Sleepy

Dann drücken wir mal die Daumen für unsere kleineren Geräte...

Daumen hoch
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
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