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TAL 250K - Kompendium
#44
Die Justage der Sekundäreinheit beim TAL-250K

Nachdem hier schon viel über das Innenleben des TAL-250K publiziert wurde, möchte ich den Faden wieder aufnehmen und den Blick auf ein Teil wenden, das für das Klevtsov-System charakteristisch ist: Die Sekundäreinheit.
Im Gegensatz zu Schmidt-Cassegrain Systemen wird ein Klevtsov System ausschließlich über den Hauptspiegel kollimiert. Die Sekundäreinheit ist ab Werk präzise auf die optisch-mechanische des Klevtsov justiert und ist ob der hervorragenden Justagestabilität der Konstruktion eigentlich tabu.
Nun haben aber zahllose Klevtsov Nutzer aufgrund der äußeren Ähnlichkeit mit einem SC, un dessen Prinzip den Fangspiegels zu justieren und durch diverse falsch kolportierte Hinweise im Internet, bei Justage- und Kollimationsversuchen die Sekundäreinheit in ihrer Position verändert (auch bei einer Reinigung der Linsen und Spiegel so nach 10 Jahren wäre die Orientierung der Sekundäreinheit wohl verloren). Ein TAL-Klevtsov reagiert darauf zwar einigermaßen tolerant, aber mit deutlichem Kontrastverlust.

Das alles war Grund genug, dass ich mich auf die Suche nach einer geeigneten Methode machte um die Sekundäreinheit wieder auf ihre ursprünglich optisch-mechanische Achse zu bringen.
Nach vielen, teilweise skurril anmutenden Vorschlägen, gelang es mir zunächst Kontakt zu Dmitry Makolkin, einem profilierten TAL-250K Besitzer in Moskau, dann zu Leo Parko, dem Designer der Klevtsov Reihe bei NPZ und nachfolgend auch zu Yuri Klevtsov herzustellen.
Nach einigem hin und her beschrieb mir Yuri Klevtsov die Werksprozedur mit der die Sekundäreinheit bei NPZ justiert wird und meinte, dass das mit ambitionierten Amateurmitteln nachzustellen wäre.

   

In der Folge entwickelte ein Amateurastronom aus Österreich aus mehreren Linear- und Rotationseinheiten einen kleinen X, Y, Z Kreuztisch und konnte mit einem Helium-Neon-Laser aus einem Kassenscanner zum ersten Mal die Methode erfolgreich nachvollziehen. Das Bild oben zeigt diese Lasereinheit.

   

Ich selbst konnte fast zeitgleich einen kleinen gebrauchten HeNe-Laser von Melles Griot (http://www.mellesgriot.com/) erwerben (hier schon in seiner Halterung). Mit einer Wellenlänge von 632.8nm und 0.5mW Leistung emittiert er linear polarisiertes Licht. Als Startleistung benötigt er 10kV DC, also muss er mit einem Netzteil betrieben werden. Der Strahldurchmesser ist mit 0.5mm direkt nach dem Austritt sehr gering. Die Divergenz (Aufweitung des Strahls) wird mit 1.61 mrad (Milliradiant) angegeben.
Mit guter Näherung kann den Radius des Laserstrahls in bestimmten Entfernungen berechnen. Hier wären das bei 1m Distanz rund 1.6mm (Eintritt OAZ) und 2.4mm beim Austritt aus der Sekundäreinheit, also noch einigermaßen fein genug um den Laserstrahl nicht durch zusätzliche Elemente wieder fokussieren zu müssen. Stärkere Laser (so um 17mW Output erreichen um die Hälfte geringere Divergenzwerte, liegen aber preislich bei rund 5000-6000€. Meiner hat nur mich 1.5% davon gekostet, deswegen bin ich da preis-leistungsmäßig voll zufrieden.

   

Mit einer Geoptik GK2 (http://www.astroshop.de/sonstiges/geopti...ras/p,8338) die ich bereits besaß (siehe obiges Bild) und zwei aus den USA von einem kleinen Optiklabor gekauften Newport Linear Stages (http://search.newport.com/?q=*&x2=sku&q2=M-TSX-1D), einem Aluwinkel (Danke Hans!) und einer gedrehten Laserhalterung aus Polyoxymethylen (POM-Kunststoff) konnte ich ohne großen Aufwand einen recht präzisen und kostengünstigen „Kreuztisch“ (so mit 1/10tel Millimeter Präzision) nachbauen (gewerbliche Modelle sind ja deutlich im vierstelligen Eurobereich).
Die so gebaute Lasereinheit ist linear in X, Y Richtung verstellbar (durch die beiden Linear Stages) und kann auch vertikal und horizontal rotiert werden (durch die GK2). Die Z-Achse muss nicht berücksichtigt werden, da die Entfernung zum OAZ vorher festgelegt ist (rund 100cm) und diese Entfernung bei der Justage nicht verändert werden muss.

   
Bild oben: Die komplette Lasereinheit

Mittlerweile habe ich mit dieser Lasereinheit die Sekundäreinheit meines TAL-250K mehrmals justiert, das Teleskop dann teilweise wieder absichtlich dejustiert um die Justage zu wiederholen, oder nach erfolgter Justage das System ab- und dann wieder aufgebaut um zu prüfen, ob die Justageposition auch im zweiten Anlauf reproduzierbar war.

Das Ergebnis dieser 8-10 Anläufe war, dass die Methode zuverlässig, reproduzierbar und mit einer hohen Genauigkeit funktionierte und gute Resultate erzeugte. Deswegen möchte ich nun diese Justageprozedur in einem bebilderten Bericht beschreiben.
Als Grundlage hierzu nehme ich die Justage des TAL-250K von Hans (hier im Forum „Hans-Tal“), der vorbei kam, weil wir mal sehen wollten, wie sich sein TAL-250K dabei verhält. Mittlerweile war ich mir ja sicher, dass ich da keinen Mist fabriziere.

Grundprinzip
Das Grundprinzip dieser Methode ist, dass ein HeNe-Laserstrahl absolut zentrisch durch OAZ und Sekundäreinheit geschickt wird, sich an den Linsen-Luftkanten der Sekundäreinheit bricht, sog. Newtonsche Ringe (http://de.wikipedia.org/wiki/Newtonsche_Ringe) erzeugt, die dann zurück reflektiert werden und auf einem Projektionsschirm der am Laser angebracht ist, als konzentrische Ringe sichtbar werden. Nach diesen Ringen kann dann die Sekundäreinheit justiert werden.
Hier ist ein schematischer Strahlenverlauf. Der rote Laser geht zentrisch durch den OAZ und passiert die Sekundäreinheit, die in der Mitte unverspiegelt ist und den Laser passieren lässt. Gleichzeitig erzeugen die Linsen und der Luftspalt dazwischen die Newtonschen Ringe, die zurückgeworfen sich auf dem Projektionsschirm abbilden.

   

Projektionsschirm
Für die Beobachtung der Newtonringe muss an der Austrittsseite des Lasers ein weißer Projektionsschirm (rund 150×150 mm Kantenlänge) angebracht werden.
Dieser Projektionsschirm ist mit einer zentralen Öffnung von 0,7 – 1 mm für den Durchgang der Laserstrahlen zu versehen.
Auf den Projektionsschirm wird um diese zentrale Öffnung herum ein System von konzentrischen schwarzen Kreisen mit einer Linienbreite von rund 1mm aufgetragen (damit sie im abgedunkelten Raum erkennbar sind). Der Abstand der Kreise sollte ca. 5mm betragen.
Hier ein Projektionsschirm vor dem Laser. Der mittige rote Punkt ist der Laserstrahl der den Schirm zentrisch passiert.#

   

Blenden
Zusätzlich benötigt man zwei Buchsen aus Kunststoff mit einer zentralen Öffnung von ca. 0,7mm. Eine Blende ist als 2“ Stecksystem ausgeführt (OAZ), die andere Blende ist mit einem M42x1 Gewinde versehen und kann damit in das rückwärtige Gewinde der Sekundäreinheit eingeschraubt werden.

Teleskopachse
Die Teleskopachse ist die gedachte Linie zwischen dem Zentrum der Sekundäreinheit und dem Zentrum des Auszugsrohrs am Okularauszug (OAZ).
Sie muss so präzise wie nur möglich ermittelt werden. Dazu wird die erste Buchse in den 2“ Okularauszug eingesetzt. Die zweite Buchse wird am Gewinde hinter der Sekundäreinheit eingeschraubt. Dazu muss die Kunststoffabdeckung des Korrektors abgenommen werden.
Der Laser mit dem Projektionsschirm wird in der Entfernung von rund 100 cm hinter dem OAZ positioniert.
Unten ist die 2“ Steckbuchse im OAZ zu sehen. Der rote Punkt ist der Laserstrahl. Das zweite Bild zeigt die eingeschraubte zweite Buchse hinter der Sekundäreinheit – ebenfalls mit Laserpunkt.

       

Weder die Lasereinheit noch das Teleskop sollten sich bei der Justage unbeabsichtigt verschieben lassen. Bei mir ist die Lasereinheit an der Tischplatte (Schraubzwingen) befestigt. Das Teleskop sitzt fixiert in einer Werkbank.

Ausrichten des Lasers
Der Laserstrahl muss nun so genau wie möglich ausgerichtet werden, damit er die Öffnung der beiden Blenden absolut zentrisch passiert. Anfangs ist das noch sehr ungewohnt, da ja vier Bewegungsrichtungen (2x linear, 2x rotieren) zur Verfügung stehen, allerdings stellen sich Erfahrung und Geschick schnell ein. Die Sekundäreinheit muss in diesem Stadium noch nicht bewegt werden.

   
Die vier Verstellmöglichkeiten der Lasereinheit

Hier entschieden wirklich 10tel Millimeter, deswegen sollte man darauf viel Zeit verwenden. Ebenso wird deutlich, dass ein möglichst dünner, runder Laserstrahl benötigt wird der (1) genug Leistung hat, um das Phänomen der Newtonschen Ringe deutlich auf den Schirm zu bringen und (2) eine möglichst geringe Divergenz (Aufweitung des Strahls hat). Mein Laser erfüllt diese Anforderungen sehr gut, allerdings muss im abgedunkelten Raum gearbeitet werden um die Newtonschen Ringe deutlich sichtbar werden zu lassen.
Sobald der Laserstrahl mit der geometrischen Achse des Teleskops übereinstimmt (also durch die Öffnungen beider Blenden exakt zentrisch hindurch geht), kann die Blende im OAZ vorsichtig abgenommen werden, wobei der Teleskoptubus und der Laser nicht mehr bewegt werden dürfen.

Wenn sich die optische Achse der Sekundäreinheit nicht allzu weit vom Zentrum des OAZ befindet, tauchen am Projektionsschirm des Lasers (nach der Entfernung der Blende im OAZ) sofort die Newtonschen Ringe auf.

       
Linkes Bild: Leicht dezentrierte Sekundärheit – die Newtonschen Ringe (dick) sind nicht deckungsgleich zu den dünnen Hilfslinien auf dem Projektionsschirm.
Rechtes Bild: Weiteres Beispiel einer dejustierten Sekundäreinheit. Auf diesem Projektionsschirm sind die Hilfslinien wie ein Fadenkreuz eingezeichnet und deutlicher sichtbar als die Newtonschen Ringe, die ebenfalls nicht zentrisch sind.

Nun sieht man ein breites Bild mit Ringen, die von der Meniskuslinse in der Sekundäreinheit erzeugt werden und innen zwei kleinere Bilder mit engeren Ringen, die von dem Luftspalt zwischen den Linsen (Meniskus-Mangin) erzeugt werden.
Zur Justage müssen die äußeren (breiten) Ringe konzentrisch zum Zentrum des Projektionsschirmes eingestellt werden. Dazu nützt man die konzentrischen Kreise auf dem Projektionsschirm als Hilfslinien.
Ein beliebiger ringförmiger Reflex, der im äußeren Bereich des Projektionsschirmes abgebildet wird, wird konzentrisch bezüglich des nächsten Kreises am Projektionsschirm eingestellt (es ist nicht nötig die Zentrierung nach den kleinen ringförmigen Reflexen zu machen).
Für die Veränderung der Korrektorachse sind sechs Justierschrauben vorgesehen (sie befinden sich unter der Kunststoffabdeckung des Korrektors). Drei Schrauben der insgesamt sechs Schrauben, jeweils um 120° versetzt, werden um 1 – 2 Umdrehungen gelöst.
Das Bild zeigt die sechs Justageschrauben der Sekundäreinheit. Original handelt es sich um Außensechskantschrauben mit metrischen Gewinde, die sich aber tauschen lassen. Alle sechs Schrauben sind identisch, können also beliebig gewählt werden.

   

Justageschrauben
Die drei verbleibenden Schrauben fixieren weiterhin die Neigung der Korrektorachse und halten den Korrektor in Position. Die Interferenzringe sollen nun so präzise und symmetrisch wie möglich zu den aufgezeichneten konzentrischen Ringen ausgerichtet werden.
Will man ganz auf Nummer sicher gehen, beginnt man hier einen interativen Prozess und setzt, wenn diese Justage erfolgt ist erneut die Buchse im OAZ ein, kontrolliert und verbessert nochmals die Laserachse. Nach diesem Schritt werden die Newtonschen Ringe erneut leicht von dem Idealzustand auf dem Projektionsschirm abweichen, so dass man nach dem erneuten Entfernen der Buchse aus dem OAZ die Justageprozedur nochmals verfeinert durchführen kann.

           

Die Bilder zeigen eine dejustierte Sekundäreinheit, dann dieselbe Einheit nach der Justage.
Das ganz rechte Bild zeigt eine Ansicht der Newtonschen Ringe bei einer justierten Sekundäreinheit bei einer anderen Justageprozedur.

Nach drei iterativen Justagerunden, gehen meiner Erfahrung nach die festgestellten Abweichungen nahezu gegen Null, so dass dann alle Justierschrauben der Reihenfolge nach leicht angezogen werden können.

Sinnvoll ist es hierbei die Newtonschen Ringe weiter zu beobachten, damit nicht durch das Anziehen der gelockerten Schrauben die Achse wieder verstellt wird. Es genügt übrigens wirklich, wenn Schrauben leicht angezogen werden, deutlich unterhalb des Drehmoments der Halteschrauben z.B. eines Newton Fangspiegels.

Danach ist die Justage der Sekundäreinheit abgeschlossen (Zeitumfang rund 2-3 Stunden) und mittlerweile wage ich zu behaupten, dass die Sekuundäreinheit dauerhaft für die Lebensdauer des Geräts stabil bleibt (oder bis zu dem Zeitpunkt wo man das Gerät zwecks Reinigung zerlegt).

So, dass war es. Ich hoffe, dass dieser Text dem ein oder anderen Klevtsov-Nutzer eine Hilfe sein kann.

Andreas (mit dem TAL)
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Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“
                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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TAL 250K - Kompendium - von Ralf - 23.12.2013, 18:36
RE: TAL 250K das etwas andere Teleskop - von Andreas-TAL - 12.07.2014, 20:49
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 30.06.2019, 19:22
RE: TAL 250K - Kompendium - von Christoph - 30.06.2019, 20:04
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas Paul - 30.06.2019, 23:17
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 01.07.2019, 02:29
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RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 02.07.2019, 21:16
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RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 08.03.2020, 12:31



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