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TAL 250K - Kompendium
#64
Beim TAl-250K kann man (in Grenzen) den Backfokus verändern. Standardmäßig liegt dieser bei 218mm ab Oberkante Hauptspiegel. Grundsätzlich ist der Backfokus recht bequem dimensioniert und es gibt bei normaler Nutzung über 1,25" keine Probleme - auch nicht mit Zenitspiegel.
Problematischer wird es bei 2" Zubehör. In Kombination mit einem 2" Zenitspiegel reicht der Fokussierweg nach innen manchmal nicht mehr aus, je nach verwendetem Okulartyp. Als besonders kritisch hat sich hier das 30mm NLVW von Vixen herausgestellt, das im Gegensatz zur LVW-Reihe, den Fokus viel weiter innen benötigt. Auch die Lösung den 2" ZS im OAZ zu belassen und mit 1,25" Reduzierung zu arbeiten (Baader Genuine Orthos, Eudiaskopic ...) klappt nur noch sehr grenzwertig. Das ist natürlich eine weitere gewisse Bequemlichkeitseinschränkung.

Lösung 1 besteht darin, einen 2" ZS von TAL zu verwenden. Dieser ist extrem kurzbauend (ich denke mal genau für diesen Einsatz gedacht) und mit 92mm optischen Weg klappt alles ziemlich gut. Nachteil: Dieser hat "nur" eine forcierte Aluminiumbeschichtung mit nominell 96% und real wahrscheinlich irgendwann 85-90% Reflexivität.

Lösung 2 wäre die Nutzung eines hochqualitativen, aber extrem kurzbauenden 2" ZS, der auch unter 100mm optischen Weg verbraucht. Hier scheint mir bisher Lumicon die stimmigste Wahl zu sein. Die Lumibrite Serie ist (zumindest schon mal auf dem Papier) hochgenau (1/10 Wave) und hat einen ähnlich geringen optischen Weg wie der russische ZS. Allerdings ist das bei dem ungünstigen USD-EUR Kurs momentan richtig teuer und bei Sendungen aus USA kennt der Zoll keine Gnade. Da wird jedes noch so kleine Päckchen geprüft.

Lösung 3 praktiziere ich momentan, nämlich die Verwendung eines originalen M44 Zeiss Prismas. Das hat (eben wegen M44 statt 2") einen geringeren optischen Weg, hat einen freien optischen Durchlass von 36mm und ist im Kontrastverhalten (zumindest eingebildet) nochmal einen Tick besser als mein 2" Televue Everbrite. Das einzige 2" Okular, das ich besitze und das sich eine Vignettierung einhandelt, weil dessen Feldblende größer ist, ist das 42mm LVW (46mm Feldblende). Linear gerechnet wären also die äußersten 11% des Feldes umlaufend vignettiert, was ich aber (auch beim genauen hinsehen, ich hab mir dafür mal viel Zeit genommen) nicht wahrnehmen kann.

Lösung 4 wäre es den Abstand zwischen Korrektoreinheit und Hauptspiegel zu verändern. 
Das führt zwar auch zu einer minimalen Vignettierung, jetzt durch das Blendrohr, was den Strahlenkegel mehr beschneidet als vorher (wenn die Abstand kleiner wird), aber auch zu einem erheblichen Einflusspotential auf den Backfokus (+/- 60mm / das sind dann rund 12cm Variation des Fokuspunktes!).
1 mm entspricht dabei rund 20 mm Fokusänderung.
Da die Korrektoreinheit direkt über eine Art "Hohlschraube" (metrisches Gewinde) in Richtung HS oder entgegengesetzt verstellt werden kann, ist eine sehr feinfühlige Anpassung des Fokus möglich. Eine Drehung dieser Schraube um 360° versetzt den Korrektor um 1 mm auf der Achse (~20mm), 180° wären dann nur 0,5 mm (~10mm), 90° entsprächen 0,25 mm tiefer/höher (~5mm) und so weiter.

   

Die Frage war aber, wie sich sich Optik bei einer solchen Aktion verhält?
"Interessant", schreibt dazu Vladimir Sacek. "Das System in OSLO zeigt an, dass mit einer reduzierten Distanz von Korrektor-HS die Tendenz zur Unterkorrektur einhergeht. Aber bei 1mm Distanzänderung sind die Auswirkungen völlig vernachlässigbar. Selbst bei 3mm Distanzverkürzung (~60mm Backfokusverlängerung) ist es immer noch weniger als 1/20 wave p-v und ungefähr 0.05 RMS. Allerdings steigt bei einem so starken Eingriff der Farblängsfehler deutlich an."

Fazit:
Abstandsverkürzung lässt das System Richtung Unterkorrektur reagieren.
Abstandsverlängerung lässt das System in Richtung Überkorrektur reagieren.
Zusätzliche Aberrationen durch die Änderung des Backfokus bis 20mm lassen sich gar nicht und wenn doch, dann nur rein theoretisch belegen.

Da mein TAL-250K sowieso leicht unterkorrigiert ist, habe ich es natürlich mal ausprobiert und bin dann erst mal wieder zur "Originalposition" zurückgekehrt, zumal ich ja mit dem ZEISS-Prisma eine sehr gute Lösung habe. Ehrlicherweise hat auch eine Rolle gespielt, dass ich zu faul war eine tiefer gesetzte Korrektoreinheit erneut auf die optische Achse zu justieren. Zumal ich ja eventuell anschließend den HS wieder kollimieren müsste und dann summiert sich der Aufwand doch wieder.

(Kleiner Exkurs: Ich weiß, dass das mit dem HS unlogisch klingt, weil die optische Achse des Teleskops ja bleibt wie sie ist. Aber bei der Justage der Korrektoreinheit wird über zwei Lochblenden (also mechanisch) die optische Achse "simuliert", wobei natürlich tatsächliche optische Achse und mechanisch festgelegte Achse möglichst identisch sein sollen. Die Erfahrung lehrt, dass da doch winzige Unterschiede sind. Ergo muss der HS dann doch wieder leicht kollimiert werden und das kann sich mit den 6 Kollimationsschrauben auch zum Schuss nach hinten entwickeln.

Außerdem habe ich momentan den Eindruck gewonnen, dass Justage und Kollimation meines TAL-250K grade "perfekt" sind (also nicht "nahezu perfekt" oder "fast perfekt", sondern "ganz perfekt") und da ein Klevtsov die Justage über Jahre hält, werde ich tunlichst die Finger davon lassen. Die letzten 2-3% Prozent auf den Punkt zu bringen sind dann eben doch ein aufwendiges "Spielchen".

Wenn alles (auch bei Übervergrößerung) absolut zentrisch ist (Poissonpunkt <-> Korrektorschatten <-> Fresnelringe), merke ich immer wie supersensibel optische Systeme sind. Ich merke die feinsten Änderungen des Temperaturzustands der optischen Teile, wie beim Auskühlen ein gewisser Astigmatismus kommt und wieder geht, wie sich die Außentemperatur entwickelt (je nachdem ergeben sich (Längen)Änderungen (im Submillimeterbereich) der mechanischen Teile, die sich aber "wunderbar" in den Aberrationen nachverfolgen lassen und natürlich wie z.B. der aktuelle Astigmatismus meiner Augen (also v.a des rechten Auges) beschaffen ist, der sich im Laufe der Nacht erstaunlicherweise auch verändert.)


Nicht nur ein Teleskop, auch ein Seismograph ...

Andreas-TAL
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Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“
                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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TAL 250K - Kompendium - von Ralf - 23.12.2013, 18:36
RE: TAL 250K das etwas andere Teleskop - von Andreas-TAL - 03.08.2015, 10:32
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 30.06.2019, 19:22
RE: TAL 250K - Kompendium - von Christoph - 30.06.2019, 20:04
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas Paul - 30.06.2019, 23:17
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 01.07.2019, 02:29
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 01.07.2019, 23:31
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 01.07.2019, 23:32
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 02.07.2019, 16:14
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 02.07.2019, 21:16
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 03.07.2019, 18:51
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 04.07.2019, 21:55
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 05.07.2019, 15:33
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 05.07.2019, 15:36
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 10.02.2020, 22:04
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 08.03.2020, 12:31



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