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Galaxienjagt mit einem Einsteiger
#1
Galaxienjagd mit einem Einsteiger

Am Sonntag Abend war absolut klares Wetter, schon den gesamten Tag über kein Wölkchen am Himmel, klare Durchsicht und eisige Kälte.
Beste Voraussetzungen also, die Sternwarte auf die Nacht vorzubereiten, zumal sich Gäste angesagt hatten, die Ihr bestelltes Teleskop einmal in Aktion sehen wollten, bevor sie es abholen.

Ausgemacht war 20 Uhr, doch dann erreichte uns ein Anruf von der Autobahn: Vollsperrung, und das 30 km vor dem Ziel. Zwei Erwachsene, ein Kind und ein Baby verbrachten also erst einmal eine gute Stunde auf der an sich wenig befahrenen A81 und schauten sich den klaren Himmel aus einer wenig angenehmen Perspektive an. Zumindest für den 8 jährigen Jungen ein Erlebnis mit viel Blaulicht, Krankenwagen und mehreren Feuerwehren. – Ihm zumindest wurde es nicht langweilig, zum Glück wusste er nicht, welch schwerer Unfall sich hier ereignet hatte.

Gegen 21:30 erreichten sie dann doch unsere Sternwarte. Heißer Tee stand schon bereit und Mirko konnte es kaum erwarten. Nach kurzer Begrüßung standen wir schon an den Teleskopen. Das von ihm erwählte 8“ ICS-Galaxy stand aufgebaut und tiefgekühlt auf der Terrasse, daneben unser „Dicker“, der 14“ Ulugh Beg.

Doch zuerst wollten wir uns die verschiedenen Teleskope anschauen und vergleichsweise durchschauen. Dazu eignet sich derzeit Mars am besten. Was kann ich in welchem Teleskop sehen und welches ist „besser“?

Nach Refraktor und Maksutov-Newton kam dann der Wunschkandidat, das 8“ Dobson, an die Reihe. Wie viele andere auch – er war begeistert.
Man schaut bequem im Sitzen und schubst den Dob mittels Telrad an die richtige Stelle. Das klappte auch auf Anhieb und so ergötzten wir uns erst einmal an Polkappe und den derzeit gerade sichtbaren Strukturen, die sich heute zum Glück auch deutlich zeigten.

Ein Blick nach oben – Mirko kennt die Sternzeichen und hat auch schon etwas Beobachtungserfahrung – und wir grasten die verschiedenen Sternzeichen, in denen es etwas zu sehen gibt, mit dem Laser ab. Immer zeigte ich auch, was nun wo zu finden sei. Mit dabei Oculums Deep-Sky-Reiseatlas, mit dem wir die Gestirne verglichen. So fand er sich recht schnell zurecht und auch Leo, sein Sohnemann, hörte und schaute interessiert zu.

Wenn der Sohn nun schon mal Leo genannt wird, dann sollte das Leo-Triplett als erstes ins Okularfeld gerückt werden. Die drei Galaxien wurden sofort erkannt und von Mirko, am Okular klebend, eindeutig beschrieben. Es klappt also mit dem 8“ auf Anhieb, alle drei waren deutlich zu erkennen (ngc3628, M65, M66). Wobei man an n3628 nur die Umrisse als neutralgraue Fläche ohne Aufhellung erkennen konnte. Aber immerhin: gesehen!
Nun rüber zum „Vorderfuß“: auch hier M95, M97 und M105 klar und deutlich zu erkennen. Die ersten WOW`s waren zu hören.
Nun wollte Sohnemann auch mal ran und schauen. Wir ließen ihn natürlich, er setzte sich, nahm, wie von uns gesehen, das Teleskop richtig in die Hand und beobachtete. Auf unsere Nachfrage, was er nun sehe, beschrieb er alle beiden Galaxiengruppen recht genau, auch ihre Stellung zueinander! – Und das mit 8 Jahren! Ich glaube, Papi wird sich bald um sein neues Teleskop mit Sohnemann streiten müssen!

Bevor er im Sumpf des westlichen Horizonts verschwand, wurde Orions M42, ins Visier genommen. Schon im 32mm Plössel (1-1/4") ein atemberaubender Anblick. Dieses Okular war früher mal mit dabei. Nun tauschten wir es gegen das 2“ Erfle in 30mm. Ebenso schön, aber nicht dieser Tunnelblick und viel mehr „Fleisch“ um M42 herum. Das 15mm brachte uns dann den Nebel näher und die filigranen Strukturen um die beiden Flügelansätze waren, auch ohne Filter, deutlich zu erkennen und einige Verwirbelungen im Nebel zu sehen. Auch die Kerze zeigte sich hell und deutlich vom Hintergrund getrennt.
Mit dem 9mm rückten wir dem Trapez auf den Laib, konnten alle 4 Trapezsterne funkelnd und messerscharf beobachten, die E/F Komponenten aber nicht trennen. Dies gelang uns dann am 14“ Ulugh Beg mit den 8 und 6mm Ethos Okularen, rein zum Vergnügen, denn das Gerät stand ja nicht zur Debatte.

Nachdem Ori nun immer schlechter wurde und zudem dabei war, sich hinter dem Haus zu verstecken, lugte die große Bärin in voller Größe im Nordosten hinter dem Haus hervor. Und dort gibt es bekanntlich viel zu sehen. Zudem sind die Objekte dank ihrer markanten Positionen einfach zu finden. Die Galaxie M109 machte den Anfang, leicht zu finden, klebt sie doch förmlich an 64-Gamma Ursae Majoris. Im Telrad, eingestellt auf Gamma, findet man sie links im Telrad im 2 Grad-Kreis knapp am Rande und ist somit fast schon im 30mm Übersichtsokular eingestellt. M108 (Galaxie) und M97, der Eulennebel, folgten. Die Eule war aber mit den zur Verfügung stehenden Okularen 30mm/15mm/8mm als solche nicht eindeutig zu erkennen. Mirko erkannte nur den nahezu runden Fleck, ich konnte die beiden dunklen Teile erahnen, weniger sehen. Da es ein Demoabend war, wollte ich hier nicht mit Ethos und Nagler glänzen, sondern meist nur diejenigen einsetzen, die dabei sind!
Von hier aus gen Norden zu M81/M82, wohl die Highlights des Abends. Grandios der Anblick, er macht immer wieder Freude. Wir ließen es uns nicht nehmen, M82 etwas näher auf die Pelle zu rücken und nahmen das 9mm Plössel, die s.g. „Dreingabe“. Trotz seines schlechten Rufs, man erkannte klar und deutlich die Zerissenheit dieser spindelförmigen Galaxie und deren Dunkelband. Natürlich sind hier 50 Grad sGF etwas wenig, um sie mit Ruhe betrachten zu können. Recht schnell wandert sie dank Röhrenblicks aus dem Okular und man ist immer am Nachziehen des Dobsons. Im 8mm Ethos, das wir danach einsteckten, war der Anblick schon ein ganz anderer. Trotzdem, verteufeln sollte man ein solches Okular auch nicht, für den Anfang sagen wir mal: ausreichende Qualität zu einem kaum wahrnehmbaren Preis.

Ursa Major war damit abgeharkt, M51 stand noch hinter dem Dach und war von der Terrasse aus unsichtbar. Andere Objekte hätten uns zuviel Zeit gekostet, unsere Besucher hatten ja auf der BAB viel Zeit liegen lassen müssen. Also neuen Objekten im Südosten und Süden zugewandt.

Canis Major stand nun genau im Süden, hatte also seinen höchsten Punkt für uns erreicht. Offene Sternhaufen waren das Ziel. M41, M46 und M47 wurden aufgesucht. Die beiden Sternhaufen sind prachtvoll im 30mm Erfle anzuschauen, auch das 15mm hatte seinen Reiz. Aber eingebettet in den Himmelshintergrund mit Platz für Gedanken waren sie im 30mm
Am schönsten. M47 oder n2438, den planetarischen Nebel hatten wir zwar gesehen, aber mehr links liegen gelassen.

Cancer stand nun angenehm hoch und den Krippenhaufen muß man ja mal gesehen haben. Hier war das 30mm wieder das am meisten eingesetzte Okular.

Zum Abschluß wollte ich noch Castor A und B im Gemini zeigen. Im 9mm trennen sich die nahen Doppelsterne mit beitem Zwischenraum.

Ein letzter Blick von der Sternwarte aus auf den Mars und wir verabschiedeten uns von den Sternen, schließlich war es bereits 1 Uhr, Leo war immer noch auf und munter, der kurze war aber schon viel zu aufgekratzt und musste zu Bett. Und das stand ja noch 100km weit entfernt. Somit verabschiedeten wir uns bis kommende Woche, dann wird sein Gerät hier ankommen und gemeinsam werden wir es aufbauen und kollimieren.

- - Fehlt da nicht noch was?
Ja richtig, SATURN. Ich traue es mir kaum, das Mirko mitzuteilen. – den hatten wir glatt vergessen. Als ich, nachdem die Familie gegangen war, noch einmal das Leo Triplett beobachten wollte, kam ich durch einen zusätzlichen hellen Stern fast ins Schleudern. Kurz unter M61 stand da etwas, was da nicht hingehörte. Logo, der war einige Stunden zuvor, als wir mit der Beobachtung begannen, noch zu tief gestanden.
Im 14“ Lomo-Dobson und mit 8mm Ethos bewaffnet nahm ich mir den Herrn der Ringe in diesem Jahr zum ersten mal vor. Ein majestätischer Anblick des Planeten und 5 sichtbarer Monde, einer direkt an der Ringkante "klebend", beschloß eine wunderbare, mondlose Nacht.
Ebenso angeschaut habe ich mir noch den Wolf-Rayet-Stern bei Canis Major in der Nähe von Sirius. Mit 0-III Filter im 13mm Ethos am 14" Lomo-Dobson ein wahrer Genuß, den man sich mal gönnen sollte.

Um 2 Uhr waren alle Geräte wieder in der Sternwarte verstaut, das Dach geschlossen, die Alarmanlage scharf geschaltet und ich gönnte mir, noch einmal freiäugig das Firmament betrachtend, eine letzte Zigarette und einen letzten Schluck des guten Roten, bevor ich müde, aber glücklich ins Bett fiel.

Danke Mirko für Euren Besuch. Es hat viel Spaß mit Euch gemacht.

Liebe Grüße
Winfried
Wenn filmen so einfach wäre, dann hieße es "RTL"
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Nachrichten in diesem Thema
Galaxienjagt mit einem Einsteiger - von Winfried Berberich - 10.03.2010, 08:53
RE: Galaxienjagt mit einem Einsteiger - von Uwe - 10.03.2010, 09:08



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