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The Night After ...
#1
The Night After ...

Parallel läuft ja meine Dokumentation des Klevtsov Umbaus, insofern greift das jetzt etwas vor, aber ein eine Woche später „nachgeschobener“ Bericht, ist jetzt auch nicht mehr so prickelnd für mich zu schreiben.

Also sei hiermit vorweggenommen, dass mein TAL-250K noch existiert - ergo ist der Umbau irgendwann ans Ende gekommen. Aber die Frage (auch für mich) blieb : 🤔... sieht zwar wieder aus wie ein Teleskop, aber funktioniert’s auch so?

Außer ein bisschen in der Gegend rumzukollimieren hatte ich noch nichts damit gemacht. Das sah zwar da schon sehr ordentlich aus, aber wer will sich schon die ganze Zeit für defokussierten Sternscheibchen begeistern? Also wollte ich die erste und beste (idealerweise beides gleichzeitig) Gelegenheit ergreifen.

Die Nacht vom Sonntag auf Montag schien recht passabel und bot gleichzeitig die Möglichkeit einen kritischen Blick auf die Seeingprognosen von MeteoBlue zu werfen, die allen Ernstes um die 0,6“ erwarteten. Mit schöner Regelmäßigkeit liegt der Algorithmus aber auch daneben. Sei’s drum: Es würde reichen abzuchecken, ob und wie das TAL-250K beinander ist.

Um es kurz zu machen: Es ist das beste TAL-250K rausgekommen, das ich je hatte.  Big Grin Big Grin Big Grin  

Es übertrifft sogar seinen Auslieferungszustand. Nun gut, Kritiker würden einwerfen, dass da auch nicht allzu viel dazu gehört. Aber ein paar Punkte sollen nachfolgend zeigen, dass da ein sehr ordentliches Teleskop in den Nachthimmel blickt.

Nach der irrsinnigen Hitze des Tages, fuhr ich gegen 22:15 Uhr bei 28,5 °C in den Odenwald und hatte die üblichen Aufbauarbeiten gegen 23:00 abgeschlossen. Anfangs fiel die Montierungssteuerung in RA aus, keine Ahnung warum, aber nachdem ich das Kabel von der Handbox zur Montierung „gedreht“ hatte (die Stecker sind ja beidseits identisch) ging’s wieder. Vielleicht hat irgendwo ein Staubkörnchen für ein Kontaktproblem gesorgt.

Der erste Hops ging zu Jupiter, schon allein weil das „SolarSystem Align“ bei meiner CEM60 Software nochmal präzisere Ergebnisse liefert, warum auch immer. Nun, der Herr des Himmels hatte noch ordentlich damit zu tun sich in der Atmosphäre höher zu kämpfen (hoch ist bei der aktuellen Deklination sowieso das falsche Wort - „unflach“ oder so ähnlich, trifft es besser“).

Also, mir ging es ja um die optische Leistung des TAL, mussten erst mal die Epsilon Lyrae Sterne herhalten. Die waren umgehend und ganz locker getrennt. Die Beugungsscheibchen standen „noch nicht“ muss man sagen, wenn man den Verlauf der Nacht betrachtet, ruhig da, waren aber schon in Ansätzen deutlich zu erkennen.

Von der Nähe angelockt, ging es zum ersten Höhepunkt der Nacht. Je länger ich (ich hatte die Genuine Orthos von Baader in allen ihren Staffelungen im Einsatz) beobachtete, desto heller und präsenter und konturierter wurde M57. Die beste Balance zwischen dunklem Hintergrund und M57 hatten die 6 und 7mm Orthos (303x und 354x). Das zeigt schon die Ausnahmebedingungen an, die von 23:30 bis rund 1:00 morgens herrschten.

Ich bin mir sehr sicher, dass ich an M57 zum ersten Mal sowas wie eine Doppelhelix gesehen habe. Also natürlich den äußeren elliptischen Ring und darin eingebettet und überlagt, die eher kreisförmigen Gasbänder, die sich dann über die Ellipse legen und diese auch seitlich „aufhellen“ - und das Ganze auch noch sehr konturiert. Das Auge konnte sich sich gar nicht an einem Detail festmachen, sondern flitzte von einer Struktur zur anderen.

Je dunkler es wurde desto besser waren die Augen adaptiert und dann war tatsächlich das möglich (so insgeheim hatte ich es gehofft), was mir am Klevtsov bisher nur 1x gelang. Stellenweise war der Zentralstern von M57 zu sehen. Nicht stabil und dauerhaft, auch nicht als fein definiertes Sternpünktchen, das hin und wieder aufblitzt, aber immer wieder als indirekte, aber deutlich sichtbare Aufhellung in der Mitte, mit einem manchmal hellgrauen „Kern“. 15,3 mag sind mit meinem 10“ Klevtsov eher selten drin. Einen kleinen Bonus gab es noch für 2 weitere Sekunden: Im Gasring von M57 selbst befindet sich (ziemlich direkt auf der gegenüberliegenden Seite des immer sichtbaren 13mag hellen Sterns, der außerhalb des Gasrings liegt), ein weiterer, lichtschwacher Stern eingebettet, mit rund 15.7 mag. Für 2 Sekunden blitzte dieser sehr deutlich und klar auf und verschwand dann wieder, ohne sich nochmals blicken zu lassen. Einbildung? Ich glaube nicht. Ich habe heute nochmal die Position aus der Erinnerung heraus skizziert und erst dann auf Sternkarten geschaut. Der Ort ist fast deckungsgleich ... 

Nach der erfolgreichen M57 Beobachtung machte ich mich wieder auf dem Weg zu Jupiter. Stellenweise war der schon besser, aber halt sehr, sehr tief, das merkte man in jeder Sekunde der Beobachtung. Nachdem ich den ADC dabei hatte, entfernte ich den ZS (der ADC geht nur geradesichtig, weil er zu viel optischen Weg verbraucht, als das noch ein ZS oder Prisma Platz hätte) und stellte ihn ein.
Immer ein bisschen Gefummel, weil beim Verdrehen der Prismen das Bild auch aus der Okularmitte wandert. Aber, als alles passte eine Offenbarung. Jupiter stand um Welten besser im Okular als vorher. Das untere, dunkle Äquatorband war scharf konturiert und innerhalb des Bandes konnte man verschiedene hell-dunkel Zonen erkennen. Der große rote Fleck, den man aktuell den großen blass-orangen Fleck nennen müsste, stand mittig auf der Planetenscheibe, so dass Jupiter fast wie ein Zyklop daherkam. Um den GRF waren deutlich weiß konturierte Bänder zu sehen. Und auch weiter, in die Pol-Regionen hinauf, wechselten sich zwei cremefarbene Bänder mit einem dazwischenliegenden sehr hellen, fast weißen Band ab.

Die Kontraste waren nicht immer so stabil, was aber gar nicht geschah war, dass Jupiter selbst sich großartig bewegte oder im Okular wackelte. Es war eher so, dass er eine ziemlich ruhig stehende Scheibe war, die mal mehr oder weniger an Details zeigte. Ich trieb die Vergrößerung immer weiter hoch, bis mir beim 5 mm BGO die Okularbrennweite ausging. Gut, mehr Details als wie mit 6 mm habe ich da nicht mehr gesehen, aber ich wollte einmal ausreizen, ob und wie lange Jupiter stabil im Okular stehen bleibt. Also 425x waren, rein vom Seeing her, noch gut möglich. Jupiter füllte rund ein Fünftel des Gesichtsfelds aus und stand ziemlich stoisch und ruhig mitten drin und der GRF blickte fast provozierend zurück, als wollte er sagen: Ey, was guckst du?

Wow, ich kann mich an wenige Nächte erinnern in denen ich die Vergrößerung so hoch treiben konnte. Natürlich habe ich schon kontrastreichere und detailliertere Jupiter gesehen, aber die standen auch deutlich höher.
Bei Saturn ergab gab sich - auch mit ADC - aber gar nichts. Nicht ganz die optimale Richtung (aus seiner Richtung stieg noch warme Luft aus dem Tal hoch) und noch tiefer als Jupiter.

Also ging’s in Richtung Doppelsterne und aus meiner Liste enger Doppelsterne, die immer irgendwo rumliegt, stach mir einer ins Auge, der in passender Richtung und Höhe zu stehen schien. Lambda Cygni - um die 0,8“ Abstand, zwei Komponenten 4,5 und 6,3 mag. Also stellte ich die passenden Koordinaten ein und im Sucher ist ein 4-5 mag Stern ja schnell gefunden.
Nach dem ersten Blick ins Okular zeigte sich schnell, dass ich den richtigen Stern gefunden hatte.  Der längliche Kerl in der Okularmitte dürfte er sein. Langsam steigerte ich die Vergrößerung, die Beugungsringe waren noch immer nicht ganz ruhig, aber ganz ordentlich beieinander.

Der Beugungsring am TAL-250K hat rechnerisch rund 1,1“ Durchmesser, bei ca. 0,8“ Distanz der Komponenten zueinander musste der zweite Stern zwischen dem ersten und dem zweiten Beugungsring zu liegen kommen. Bei 354x mit dem 6mm BGO hatte ich Erfolg, der erste wabernde Beugungsring hatte regelmäßig auf 12 Uhr eine kleine Ausbeulung. Und als ich das Bild genauer fixierte bemerkte ich um dieses Ausbeulung selbst auch einen, deutlich schwächeren Beugungsring.
Nächstes Wow! Ich blickte hier auf einen Doppelstern mit weniger als 1“ Distanz. Und trotz der sphärischen Aberration des Klevtsov, gelang mir die Trennung der Komponenten (nicht dauerhaft über Minuten, aber auch länger als nur 1-2 Sekunden).

 „Rechnet“ man sich die Beugungsringe weg, dann war da auch noch etwas Distanz zwischen den „Sternkernen“. Hätte man ein perfektes Teleskop ohne Beugungserscheinung (oder fast keiner Energie im ersten Beugungsring) könnte man versuchen, das noch zu steigern. Meinem Gefühl nach wäre auch noch 0,7“ Distanz oder ein bisschen weniger, vielleicht gerade noch so gegangen.

Aber an meinem TAL-250K wollte ich das nicht weiter steigern, zu prominent ist der erste Beugungsring und in dieser Nacht gibt es lohnendere Objekte.

M81 gehörte nicht dazu - die weißen Nächte forderten ihren Tribut. Schwache, lichtarme Kontraste ließen sich nicht zufriedenstellend einfangen. Wenn ich die Vergrößerung steigerte um den Himmelshintergrund dunkler zu bekommen, wurde M81 zu schwach. Reduzierte ich sie, versanken die Details im hellen Hintergrund ...

M101 brachte das identische Ergebnis, wobei zumindest der Kern der Galaxie hauchzart zu sehen war. Auch das erlebe ich eher selten ...

M31 war da schon lohnender, hell genug, dass höhere Vergrößerungen (mittlerweile bin ich bei den LVW Okularen angelangt) das Galaxienzentrum quer ins Okulargesichtsfeld legen. Sogar die Staubbänder waren nach einiger Eingewöhnungszeit sehr deutlich zu sehen und zogen sich als halbe Schwingen durch das Gesichtsfeld.

Klassisch kam auch noch M13 (hell, gut vergrößerbar, kontrastreich, da viele Sterne) ins Okular. Und da erlebte ich mein nächstes Wunder. Mit dem 17mm LVW ist der KS schon schön, mit 13mm passte der Himmelshintergrund schon besser und die Sterne waren wunderschöne sehr kleine, definierte Punkte. Das 8mm erweiterte M13 schon auf rund 1/3 des Gesichtsfelds. Noch immer waren die Sterne feine helle Punkte und das fokussieren fiel extrem leicht. Lustig vergrößerte ich weiter und es kamen die 5mm zum Einsatz. Der Kugelsternhaufen nahm mittlerweile rund 75% des Gesichtsfelds ein. Ok, der KS wurde langsam dunkler und die Sterne etwas größer, aber der Anblick war weiterhin sehr schön und auch gut definiert. Von Weichzeichner war wenig zu merken. Also steckte ich spaßeshalber mal das 3.5mm LVW ein. Bei 607x ist M13 schon wirklich dunkel, aber er stand nach wie vor völlig ruhig, ohne Wabern oder Tanzen der Sterne im Okular da. Nicht ein Hauch an Bewegung!

So intensiv die Nacht war, so schnell war sie dann vorbei. Gegen 1:30 änderten die bisher am Horizont dahindümpelnden Wolken schlagartig ihre Zugbahn und machten sich gen Westen auf und schon 30 Minuten später war alles bewölkt. Kaum hatte ich gegen 2:30 alles eingeräumt, schickte der Himmel ein kurzen nassen Gruß herunter, so als wollte er mich freundlich, aber bestimmt ins Bett verfrachten. So nach dem Motto: „Sooo, das reicht jetzt - nicht übertreiben. Ab ins Bett.“
Das dauerte zwar noch etwas, gegen 3:00 war ich wieder Zuhause und gegen 4:00 war wieder alles im Haus und ein kleiner Imbiss war auch noch drin.

Sehr müde, aber auch sehr beruhigt konnte ich doch noch 2:30 Stunden schlafen, bis das Tagwerk begann.  Tongue

Als Fazit kann gesagt werden, dass der Klevtsov in allen Bereichen, die ich im Blick hatte, ans Limit dessen kam (und teilweise darüber hinaus gegangen ist), was mit einer solchen Optik (oder eben einem TAL-250K möglich ist) ist.

Beugungsscheibchen: klar, definiert, nahezu rund, mir scheint auch, dass der Astigmatismus (der erste Ring ist bei ihm üblicherweise dreigeteilt) ein Stück geringer wurde.

Fokus: Sehr klar definiert, deutlich besser als vorher (da war er auf eine gewisse Art „schwammig“)

Backfokus: Traumhaft, fast noch 10mm bis zum Anschlag (und das mit +10mm Reduzierhülse auf 1,25“). Jetzt ist auch der Takahashi ZS mit 2“ möglich und mit Pushfix auch 1,25“. Der neue STF ZS wird keine Probleme haben.

Kontrast: Bei hellen Objekten sehr kontrastreiche Abbildung, nach meinem Empfinden auch einen Ticken besser als vorher.

Grenzhelligkeit: Erreicht wurden 15.3 - 15.7 mag. Das ist nach verschiedenen Formeln das Maximum des Erreichbaren.

Auflösungsvermögen: Erreicht wurden 0,8“, aber mit keiner perfekten Abbildung. Theoretisch wären ja 0,5“ möglich, faktisch erreicht das Teleskop aber das in Mitteleuropa mögliche Auflösungsvermögen.

Kollimation: Unter sommerlichen Bedingungen absolut stabil.

Sternabbildung: Sehr präzise und klar, sehr definiert bis rund 1,5xD. Danach etwas weicher werdend.

Wie geschrieben: Das beste TAL-250K, das ich je hatte. Was ein Ergebnis  ...  Cool Big Grin

Andreas-TAL
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Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“
                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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Andreas Paul (02.07.2019), August (02.07.2019), Christoph (02.07.2019), Florian B. (02.07.2019), Herbipollution (03.07.2019), LarsL. (04.07.2019), tschetto (03.07.2019), Uwe (02.07.2019)
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The Night After ... - von Andreas-TAL - 01.07.2019, 23:26
RE: The Night After ... - von Christoph - 02.07.2019, 07:02
RE: The Night After ... - von Ralf - 02.07.2019, 18:46
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RE: The Night After ... - von Andreas Paul - 04.07.2019, 14:40



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