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5" - reicht das?
#1
5“ Öffnung, reicht das?

Der Öffnungswahn bei Teleskopen greift seit etwa 15 Jahren um sich. War ein 16 oder 18“ Dobson auf dem Teleskoptreffen 1986 noch dicht umlagert und man stand Schlange, so mehrten sich diese Öffnungen von Jahr zu Jahr, es wurden immer mehr, sie wurden aber auch immer größer. 20“ Dobsons dominieren heute fast die Astroszene bei Teleskoptreffen, umlagert sind an sich nur noch Geräte über 30“.

Ich bin zwischenzeitlich den umgekehrten Weg gegangen, habe mich, anstatt mich zu vergrößern, - verkleinert. – Und habe seither fast noch mehr Spaß am Hobby.

Nicht, daß ich Großgeräte völlig ausschließe, mein 14“ Lomo-Dobson bleibt im Deep Sky Bereich immer noch erste Wahl, aber ich habe festgestellt, daß ein guter 5“ Refraktor, in meinem Falle eine ED Optik, sehr viel Freude bereiten kann, zumal er handlicher ist und für uns „Flachlandtiroler“ in dicht besiedelten Gegenden oftmals schon fast eine Grenze der Öffnung darstellt. Für viele von uns sind 8-10“ die Grenze dessen, was Himmelshelligkeit, Luftturbulenzen und das Seeing hergeben. Nun wohne ich in ländlichem Gebiet, betreibe eine eigene Sternwarte und habe schon die Möglichkeit, bei guten Bedingungen meinen 14“ Newton auszureizen.

Doch seit dem Kauf eines 127mm Ed`s auf einer GOTO Montierung hat sich dies geändert. Es macht wieder Spaß, genau, ja, genauer hinzuschauen, Dinge zu finden statt einfach nur zu sehen, ein neues Seherlebnis.

Gerade am Planeten stellten meine Freunde und Mitbeobachter mit mir fest, daß Jupiter, Saturn oder Mars im kleineren Gerät oftmals schärfer abgebildet wurden, bedingt durch das Seeing oder auch durch die bei uns im Flachland meist vorherrschenden Turbulenzen in den verschiedenen Luftschichten. Zudem nervt hier im Hochvergrößerungsbereich das dauernde Nachschubsen des Dobsons, das einem einen Großteil der Konzentration auf das Wesentliche nimmt. Vergrößerungen zwischen 180x und 250x sind an den Planeten ideal und das schafft auch ein (guter) 5-6-Zöller. In den meisten Fällen brachte der 14“ Dobson kein Mehr an Informationen, Ausnahmen bei absolut ruhiger Luft einmal abgesehen, wo man auch einmal mit 600x Vergrößerungen beobachten konnte. Aber das hat man in unseren Breiten leider nur wenige male im Jahr.

Im Deep Sky Bereich genügen oftmals Vergrößerungen zwischen 50x und 120x, genau das, für das ein 5-6“ Gerät geradezu prädestiniert erscheint.

Beobachtungen am Jupiter:
Zu dritt beobachten wir häufig Planeten, aber auch Deep Sky. Ich schildere hier einmal die Beobachtungen mit 3 Geräten, mit denen wir häufig beobachten:
TMB 115mm Apo
Explore Scientific 127mm ED
Meade ACF 10”

Alle drei Geräte stehen auf einer Deutschen Montierung, die eine GOTO-Funktion hat. Gut, GOTO ist bei Planeten nun wirklich nicht notwendig, - schaden kann es aber auch nicht.

Jupiter im 115/127mm Teleskop:
Vergrößerungen gewählt zwischen 180 und 220x. Alle bekannten Strukturen sind auf Jupiter zu sehen. Die Bänder (bis zu sechs Stück), der große rote Fleck und die Durchgänge von Monden als Schatten sowie auch als Mond selbst. Hier sei zu bemerken, daß die Monde an sich recht schwer zu beobachten ist, da sie hell gegen einen hellen Hintergrund des Jupiters stehen. Man muß sich gehörig anstrengen, um den Mond direkt sehen zu können. Da wiederum ist es im 14“ Dobson etwas leichter möglich.

10“ ACF:
Hier ist es aufgrund der nun doch größeren Öffnung einfacher, auch den Mond selbst klar erkennen zu können. Aber das sehe ich unter dem Begriff „Beobachtererfahrung“, da man ihn im 5“ Refraktor nun auch sehen kann. Der 14“ Dobson ist hier bei entsprechenden Bedingungen überlegen. – Aber eben nicht immer, denn sind die Bedingungen NICHT optimal, dann habe ich im 14“ Dobson/Newton auch kein besseres Bild.
Vergrößerungen waren hier bis etwa 500x möglich.

ED 127mm/952mm
Die Daten entsprechen dem des 115mm APOs, mit Ausnahme der Höchstvergrößerung, die hier bei 250x liegt. Ein großer Unterschied zum 115mm TMB ist allerdings nicht zu erkennen, beide Geräte bilden gleich gut ab. – Vielleicht sogar ein Vorteil des etwas größeren ES-127, da er immerhin fast nur die Hälfte kostet als der TMB. Dafür sieht man an Wega u.a. Sternen der mag. 1 einen leichten Blausaum, der allerdings ab mag. 2 verschwindet. – Dies nur zur Erläuterung.

Galaxien und Nebel

Hier zeigen alle Geräte zwangsbedingt einen Lichtabfall. Während der ACF mit seinen 10“ Öffnung trotz großer Obstruktion noch schwache Galaxien über mag 12.8 zeigt, blenden die beiden Refraktoren hier gnadenlos ab. 12 mag sind noch gut „drin“, 12,5 – 12,8 mag gehen „gerade so“, danach ist Ende. Ab hier beginnt der Einzugsbereich des großen Dobsons.

Im 14“ geht das hoch bis fast mag 15, das erreicht kein Refraktor unter 6“, der dabei wohl (nicht probiert) wohl schon ein APO sein sollte.

Bei Nebeln ist das so eine Sache: sehen oder nicht sehen. Dazu gehören neben einem guten Gerät auch Erfahrungen im Beobachten. Der ungeübte Laie wird weder im großen Dobson und schon gar nicht im kleineren Refraktor Nebel „richtig“ erkennen. Aber Übung macht den Meister!
M42 ist kein Problem, den sieht jeder. Der Geübte sieht aber im 5“ Refraktor nahezu das gleiche wie im 14“ Dobson. – Gut, zugegeben, im 14“ sehe ich mehr, erhalte aber trotzdem nicht mehr Informationen, nur eben deutlicher.

Die Plejaden zeigen Nebelstrukturen, - auch im 5“ Refraktor. Viele PNs sind sichtbar, oftmals aber nur im 0-III Filter, während ich ihn im 14“ Dobson auch ohne erahnen oder auch sehen kann, je nachdem, welcher Art er ist.

Es hat Spaß gemacht, Unterschiede zwischen diesen Geräten herauszukitzeln. Mein Ergebnis lautet, - rein persönlich, - ein guter 5“ Refraktor (oder Reflektor) ersetzt zwar keinen 14“ Dobson oder höher, aber er gibt ein herrliches Bild unseres Universums ab, Man sieht mit 5“ bei etwas Erfahrung mehr, als man zuvor gedacht hat oder man uns laufend vorgaukelt.

Nachsatz: liege derzeit mit Grippe im Bett, kann also nicht gleich antworten!

Liebe Grüße
Winfried
Wenn filmen so einfach wäre, dann hieße es "RTL"
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#2
Hallo Winfried,

deinen Bericht finde ich wirklich interessant, da ich ja selbst auch häufig beteiligt bin. Meine Meinung ist, dass Deep-Sky Freude natürlich mit einem 4,5" - 5" Refraktor nicht wirklich richtig aufkommen kann. Trotzdem werden viele Sterninseln deutlich abgebildet (meist ohne Strukturen).

Das Feld der Geräte liegt eindeutig am Planeten, Doppelsternen und offenen Haufen sowie den hellsten Nebeln!
Die Sternabbildung eines tollen Refraktors ist aus meiner Sicht auch mit keinem Spiegelteleskop erreichbar bzw. vergleichbar.

Am Planeten kann sich mein Apo oder dein ED natürlich noch mit großen Geräten messen, da Vergrößerungen bis 250x kein Problem darstellen. Wenn dann aber eine wirklich tolle Nacht ist, würde ich meinen 10" auf alle Fälle bevorzugen, da mit mehr Öffnung einfach auch mehr Kontrast möglich ist. Vergrößerungen über 300x sind dann auch kein Thema.

In besten Nächten konnte ich mit dem 10" ACF durchaus an der 14 - 14,5 mag Grenze bei Galaxien knabbern. Bei diesen Nebelchen ist natürlich auch kaum etwas an Feinheiten in der Galaxie zu erkennen. Hier geht es mehr darum die Form bzw. Ausrichtung herauszukitzeln.

Wenn ich die Wahl hätte hätte käme vielleicht noch ein gerät zu meiner Sammlung dazu. Neben meinem 10" ACF als Erstgerät und Allrounder und dem TMB 115/805 als wäre was gaaanz großes (20" aufwärts) wie Bernhards Gerät mein Traum.

Auch wenn der Einsatz nicht häufig wäre, ist solch ein Lichtmonster (mit guter Qualität) bei idealen Bedingungen allem anderen überlegen! Ich hatte am Planeten: Jupiter 1000x und an entferntesten Quasaren genauso Freude wie an riesigen Galaxien (M33, M 101, M81/82 oder M 51) mit wahnsinns strukturierten Spiralarmen, die dich einfach "umhauen".

Für den Alltag und für den "bequemen" Einsatz ist ein kleines, feines Instrument natürlich nicht zu verachten, zumal die Bedinungungen, wie du beschrieben hast, entsprechend genutzt werden können.
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
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#3
Hallo Winfried und Uwe,

das ist ein tolles Thema! Da ich selber auch den Refraktoren verfallen bin, kann ich euch sehr gut verstehen. Lieber sehe ich etwas weniger, das aber dafür dann in einer Top Qualität! 
Klar hat jedes Gerät seinen Bereich. Ich persönlich habe festgestellt das ein 115er Refraktor aber im Gegensatz zu größeren Spiegeln 8", 10" oder 13" immer Spaß macht und seine volle Leistung wesentlich Öfter abrufen kann. Wo bei die größeren Spiegel eben ihr besseres Wetter brauchen. Haben sie das aber, sind sie einfach durch ihr mehr an Öffnung überlegen. 

Eigentlich braucht man sowieso beides. Einen großen Apo und einen großen Spiegel. So ist man für alles gerüstet. Entweder oder ist nicht das optimale, sowohl als auch ist die Zauberlösung. Leider aber auch die teuerste.......

In diesem Sinne schöne Grüsse
Christian
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#4
Hallo Winfried und Uwe,

interessanter Bericht. Ich kann Winfried nur bestätigen. Es greift wirklich seit Jahren ein allgemeines Öffnungsfieber um sich. Sehr zur Freude des Marktes natürlich.
Ich kann mich auch nicht ganz davon ausnehmen. Uwe hat in dieser Hinsicht schon recht, dass große Öffnung bei entsprechenden Bedingungen zumindest im Deep Sky Bereich das meiste Seherlebnis bietet.
In Bezug auf Standort mit Seeing und Aufhellung haben kleine Öffnungen klare Vorteile.
Spaß mit kleineren und leichteren Geräten hat man ebenfalls, bei den großen Teilen kann der Transport, Auf und Abbau in richtiger Strapatze ausarten. Hat eben alles seinen Preis. Egal ob groß oder klein.
Es gilt nach wie vor der alte Spruch: Ein jedes Fernrohr hat seinen eigenen Himmel.

Gruß PhilippWink
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#5
Hallo,

danke für die Antworten und die guten Besserungswünsche!
Liege zwar auch heute noch recht flach, aber es bessert sich. - So wie auch das Wetter.

Ich hatte eben nur für mich festgestellt, daß der "Dicke" immer häufiger in der Ecke stehen bleibt und der kleinere Refraktor mehr und mehr in den Vordergrund rückt. Das mag natürlich auch daran liegen, daß man Orion nun schon lange kennt und er (und andere) sich nicht verändern, - zumindest nicht in unserer Lebensspanne.
Die Planeten schauen jede Nacht anders aus und das macht die Sache (für mich) wohl besonders interessant.

Im Frühjahr, so denke ich, wird sich das wieder ändern, da stehen die Galaxien auf dem Programm und ich denke schon, daß damit auch das Dickschiff wieder den Vorzug haben wird.

Für mich waren das eben die Gedanken, die auch vielen Einsteigern immer im Kopf herum schwirren. Da liest man in den Foren die Berichte über die tollen Strukturen der Galaxien und denkt, da brauchst Du einen möglichst großen Lichteimer. Dabei sieht man schon viele Details, zumindest der Galaobjekte, auch im kleineren Fernrohr.

Und nicht jeder ist gewillt, so einen Brocken raus aufs Feld zu schleppen, um ihn dann in der Nacht auf- und dann wieder abzubauen. Meiner z.B. ist schon garnicht transportabel, den bekomme ich nur noch in den Wohnwagen aber in keinen Kombi mehr, da mit 220cm einfach zu lang (und zu dick).

Natürlich stimmt das, JEDES Teleskop hat seinen Himmel und es stimmt auch, daß man zumindest 2 Teleskope haben sollte.

In so weit: Viel Spaß heute Nacht, es scheint endlich mal wieder zu gehen! Für mich heute noch nicht, aber vielleicht hält das mal noch ein paar Tage!

Liebe Grüße
Winfried
Wenn filmen so einfach wäre, dann hieße es "RTL"
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#6
Hallo Winfried!
4,5" das reicht definitiv! Im Anhang zwei Bilder von Saturn aus diesem Monat - eines mit 10" Newton (links) und ein das andere mit 4,5" APO (rechts).
Nur bei Gx und bei besserem Seeing... dazu siehe oben!
In der SuW 1/2012 war so eine kleine Infobox zur "galileischen" Krankheit, die letztlich darin gelegen haben soll, dass eine größere Fernrohröffnung nur durch eine noch größere Fernrohröffnung gebessert werden konnte bei Galilei. Seitdem soll die Krankheit bei allen Astronomen in der einen oder anderen Form beobachtet worden sein. Es tritt also bei einem Astronomen nur eine Besserung der "galileischen" Krankheit ein, wenn ihm ein besseres Teleskop zur Verfügung gestellt wird. Leider ist die Besserung nur temporär und es soll auch noch keiner wirklich von der Krankheit genesen sein.
Was es auch immer sei: größerer Lichteimer, schärferes Objektiv, besseres Okular, kleineres Öffnungsverhältnis, Kamera, Filter, ebeneres Feld, noch weniger Vignettierung... oder ein besonders dunkler Gebirgshimmel. Alles hilft ein wenig - bis zum nächsten Anfall der galileischen Krankheit.
In diesem Sinne: Dir und allen Infizierten eine gute Besserung und klare Nächte!


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Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#7
Danke Christoph,

habe den Artikel gelesen.
Infiziert bin ich ja schon lange, so schaut meine Sternwarte ja auch aus. So nach dem Motto: nehme ich heute das kleine Schwarze, das große weiße oder kombiniere ich mal beide...

Naja, erstmal muß ich wieder auf die Beine kommen, dann geht es zu Deinen "Kollegen", zu den Karmeliten. Die bekommen ein neues Büchlein über Edit Stein, nachdem rund um das Epitaph die Wand endlich fertig geworden ist.

Übrigens lohnend, sich das mal anzuschauen. Der Künstler (Nagel aus Bonn) hat hier ganze Arbeit geleistet. Gefällt mit ganz ausgezeichnet. Modern und trotzdem ansehbar, gehalten sehr dezent in leichten Farben.

Liebe Grüße
Winfried
Wenn filmen so einfach wäre, dann hieße es "RTL"
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#8
Was ist eigentlich Amateurastronomie?

- mit 39,5 Grad Fieber, dick eingemummelt in Schlafanzug, Morgenmantel und dicker Russenmütze samt 2x Schal das FG schnappen, um wenigstens mal wieder den Halbmond, den daneben stehenden Jupiter und die Venus zu beobachten. - Brrr war das kalt!
Aber so manche Idioten können es einfach nicht lassen. - Ein Glück, daß meine Frau drüben im Büro das nicht gesehen hat....

Auch im Fernglas 10x50 ein toller Anblick. Drückt mir die Daumen, daß ich morgen wieder fit bin, es juckt in den Fingern....

Liebe Grüße und husch husch wieder ab ins Körbchen....

Winfried
Wenn filmen so einfach wäre, dann hieße es "RTL"
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