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Perfekte Bedingungen auf der Kissinger Hütte...
#1
BB vom 07.09.2013

Hallo,

das Hochdruckgebiet ließ uns am Freitag und Samstag (hier war die Luft noch sehr feucht) hoffen, dass auch der Sonntag ein guter Abend hinter dem Teleskop werden würde.
Daumen hoch

Wir, das waren Frank und ich. Unser Plan führte uns in die Rhön auf die Kissinger Hütte ca. 1 Stunde Fahrzeit von Würzburg entfernt auf über 800m Höhe. Wir wurden für den Weg dorthin absolut belohnt.


Gegen 21.30 Uhr trafen wir bei klarem Himmel und böigem Nordwind am Beobachtungsplatz vor der Hütte an. Dieser lag zum Glück knapp unterhalb der Kuppe im Windschatten. Die Bäume hielten den Rest gut ab, so dass es sich aushalten ließ. Trotz der Windverhältnisse am Boden war die Luftruhe beim Beobachten dermaßen gut, dass Saturn, unser erstes Objekt, beinahe im Okular festgenagelt schien. Franks ACF wurde in aller Ruhe in Stellung gebracht, damit er noch auskühlen konnte.
Die Luft war äußerst trocken und die Transparenz steigerte sich später dahingehend, dass bsw. M33 und M13 einfach direkt sichtbar über unseren Köpfen strahlten. Wir schätzen den Himmel auf 7mag.Tongue

Erinnerungen an unseren letzten Besuch vor einem Jahr wurden wach. Die Cassiniteilung war in Franks 10" ACF bei über 300x deutlich auch vor dem Planeten zu sehen. Das hochfrequente Zittern blieb immer wieder sekundenweise aus, so dass es ein Hochgenuss war den Herr der Ringe zu beobachten. Auch Vega, Antares im Skorpiopn und Alpha Bootes standen ganz ruhig am Firmament.

Frank machte deshalb gleich seine Kamera bereit und filmte den Planeten in den Farbkanälen. Ich bin mal auf das Ergebnis gespannt. Cool

Mit der Saturnbeobachtung, die uns auch schöne Blicke auf 4 seiner Monde verschafftge, überbrückten wir die Zeit bis weit nach 23.00 Uhr, ehe wir mit der Deep-Sky Beobachtung beginnen konnten.

Wir entschlossen uns knapp über dem Südhorizont die Gegend um den Skorpion abzugraßen, die von unseren heimischen Beobachtungsplätzen nahezu unbeobachtbar bleibt, da die Objekte zu tief (ca. 8° über dem Horizont) stehen.

Hier wimmelt es von Kugelsternhaufen, die rund um das Zentralgebiet unserer Milchstraße angeordnet sind. Begonnen mit M 4, der mit einer hübschen Sternkette in der Mitte auffällig erschien, arbeiteten wir uns über M 8, M 19, M 62 und M 80 zu den NGC´s dieser Kategorie vor:

6144, 6235, 6284, 6287, 6293, 6304, 6316, 6325, 6342, 6355, 6356, 6401, 6369.

Viele KS erschienen auch nur ganz schwach, da sie teilweise nur 12 - 13mag hell sind, aber alle kommen unverkennbar und unterschiedlich daher. Die Texte im Stropek und auf Franks Tablet ließen unsere Gedanken quasi in die Entfernung schweifen, in der sie sich befinden... 30 - 50000 LJ!

Mit dem winzig kleinen IC 4634 (0,3 x 0,2' und 12 mag Helligkeit), einem PN, den wir mit dem OIII Filter aus der Milchstraße blinkten, beschlossen wir die Objekte im Skorpion und schwenkten Richtung Schütze zu den altbekannten Schönheiten.

Die Bedingungen waren mittlerweile ideal und zählen für mich zu den absoluten Top 10 meiner Beobachtungskarriere!!

Frank stöpselte nun kurzerhand die Kabellose Steuerung via Tablet an die Montierung, was die Navigation am Himmel noch einfacher machte.

Über M 6, dem Schmetterlingshaufen und M 7 (Offener Haufen) schwenkten wir zum Lagunennebel. Was soll ich sagen.... Rolleyes

So beeindruckt war ich von diesem Objekt schon lange nicht mehr. Wir konnten das gesehene kaum in Worte fassen. Der Nebel war dermaßen deutlich, dass selbst im Nebel ohne weiteres Einzelheiten hervorstachen. Der "Stundenglasnebel" glänzte als helle Wolke, angeregt durch den Stern Herschel 36 mit 9,5 mag. Die Lagune war so hell und brilliant, wie ich sie noch nicht gesehen habe. Da brauchten wir keinen Filter!

Die nächste Überraschung war für mich der Trifidnebel M20, der so tief schwarz zerfurcht daherkam, dass ich es nicht fassen konnte. Unglaublich, ehrlich!! Tief beeindruckt hat mich die "herausgestanzte" Form der Dunkelbereiche!

Im Adlernebel konnten wir mit Franks Aufsuchkarte vom Tablet sogar die "Pillars of Creation", die Säulen der Schöpfung, dicht nördlich eines Feldsterns indirekt halten. "Das ist einfach nur g...!!!" schwärmten wir beide. Natürlich benötigt man eine Aufsuchhilfe, damit man weiß, wo man suchen muss. Aber dann erscheint es auch tatsächlich im Okular und das ist ein unglaubliches Gefühl!!

M 22 "It knocks you from the ladder" steht im Stropek. Zum Glück saßen wir schon Wink ohne Worte, dieser dritthellste KS!
Anschließend widmeten wir unsere Aufmerksamkeit M28, ebenfalls ein KS im sternreichen Feld.

Pal 8 (KS) sollte dann der letzte KS dieses Abends sein. Dicht daneben stand zufällig Pluto, den wir natürlich im Gesichtsfeld hatten. Aufgrund der kostbaren Zeit entschlossen wir uns dazu, ihn nicht noch lange zu suchen. Dazu hätten wir erst noch die Konfiguration des Tablets auf eine höhere Grenzgröße abwandeln müssen dann benötigt man doch immer noch eine Weile um ihn als 14,5mag Sternchen ausfindig zu machen.

Barnards Galaxie, die Christoph in seinem neuen Jahreskalender abgelichtet hat, konnten wir ebenfalls als gesichtet abhaken. Sie blieb trotz der genialen Verhältnisse sehr blass.

Wir wollten noch ein paar helle Kracher, die wir mit M27 und M 57 auch schnell eingestellt hatten. Im Ringnebel strahlte immer wieder hell der Randstern auf. Was für eine Nacht, schoss es uns dauernd durch den Kopf!! Ich hatte sogar den Eindruck, dass der Zentralstern ab und an durchkam... ???!! Neben der Beobachtung im Okular schweifte der Blick auch ohne Teleskop über den Himmel. Zahlreiche Sternschnuppen blitzten durch die Nacht und ließen diesen Abend zu einem perfekten Beobachtungserlebnis werden. Im Nordosten stand hell das Pegasusviereck und M 31 breitete sich weit auf dem tiefschwarzen Himmelshintergrund aus. Darunter sahen wir M33, die ein Indikator für sehr gute Bedingungen ist. Doch die Uhr tickte unaufhaltsam gegen uns und es war mittlerweile schon beinahe 2.00 Uhr.

Nach dem Cirruskomplex NGC 6992 und 6960, den wir mit dem OIII Filter abfuhren besuchten wir auch den Crescentnebel NGC 6888.

Die Kometen PANSTARRS, der uns doch sehr enttäuschte, und C2012 F6 LEMON, mit seinem deutlichen Kopf und einem kurzen Schweif, stellten vor der Galaxie M 102 im Draco den Schlusspunkt dar.

Gegen 2.20 Uhr war dann Schluss. Immerhin hatten wir 4 Stunden beobachtet. Nun wartete noch knapp eine Stunde Fahrzeit bis Würzburg und danach nochmal 20 Minuten bis zu mir nach Hause. Als ich kurz vor 4.00 Uhr ankam, dämmerte es bereits im Osten... aber die Müdigkeit hielt sich angesichts dieses herrlichen Erlebnisses in Grenzen. Um 6.00 Uhr summte der Wecker...Sleepy

@Michael: Schade um den guten Kuchen und die Einladung, aber Frank und ich haben uns diesmal richtig entschieden!!!!

Wir genossen eine der besten Nächte und können die Kissinger Hütte nur weiterempfehlen. Da ist der Weg in die Alpen viel zu ungewiss, als der "Katzensprung" in die Rhön.
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
Folgenden 3 Usern gefällt Uwe's Beitrag:
Andreas-TAL (13.06.2021), CorCaroli (09.07.2013), el_Micha (09.06.2021)
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#2
Hi Uwe,

das hast du wiedermal schön beschrieben. Dem habe ich nichts hinzuzufügen, außer vielleicht, dass wir von der Wirtin in der Kissinger Hütte sehr unhöflich abgebürstet worden sind, weil wir es gewagt haben gegen 22:00 Uhr noch ein Bier zu wollen...
Wir haben uns aber die Laune nicht vermiesen lassen und lieber die perfekten Bedingungen dieses Abends genossen!

Viele Grüße aus Würzburg

Frank
Nur in einem ruhigen Teich
spiegelt sich das Licht der Sterne...
(aus China)
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#3
Hallo Ausreißer!
Einfach Daumen hochDaumen hochDaumen hoch
Ich habe (leider) liturgischen Dienst in der Woche und kann mir keine nächtlichen Ausflüge leisten. Um so mehr freut mich der BB von Uwe!
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#4
Hallo Uwe und Frank,

freut mich das ihr so eine Super Beobachtungsnacht hattet. Daumen hoch
Wenn ihr sie kurz angekündigt hättet, hätte vielleicht noch der eine oder andere sich anschließen können. Wink
Astronomische Grüße
Ulf

[Bild: signatur.jpg]

Wer die Freiheit einschränkt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren!
Benjamin Franklin
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#5
Hallo ihr beiden,

im nachhinein bedaure ich es die lange Fahrt und den Aufwand nicht auf mich genommen zu haben. Ich wäre dann halt um 5.00 zu Hause gewesen und um 7.00 aufgestanden Cool Aber manchmal muß man eben prioritäten setzen....

Dafür freue ich mich umso mehr für Euch, dass ihr eine Klasse Nacht hattet. An meinem Standort war es mit der Luftruhe ähnlich und Saturn stand teilweise für mehrere Sekunden im Okular.

Vielleicht ergibt sich ja mal was an einem Freitag oder Samstag, wo man am nächsten Tag ein paar Stunden länger schlafen kann.

Bis bald dann, bin gespannt auf den Saturn vom Frank!

Viele Grüße, Michael
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#6
Hallo Uwe und Frank,
eine saubere Beobachtungsnacht habt ihr da hingelegt!
Die Beobachtungsbediungen dort oben sind einfach super und vor allem (fast) vor der Haustür. Es wird Zeit selbst mal wieder einen Abstecher in die Rhön zu wagen.



Gruß
Simon
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#7
Auf dem Weg zur Kissinger Hütte kommt ihr ja fast bei mir vorbei  Big Grin.
Beim nächsten mal bin ich dabei.
Gruss aus Unterfranken, Michael
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