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TAL 250K - Kompendium
#99
Was China nicht hat - macht „Drehen und Mehr“
Nach langem Rätseln und Überlegen entwickelte sich Schritt für Schritt eine neue Variante.
Der Zwischenraum zwischen OAZ und Adapterring betrug weniger als 9mm. Viel zu wenig für Stecknüsse aller Art, aber ausreichend für einen Gabelschlüssel.

   

Wenn die (Außen)Sechskant-Schraubenköpfe nicht in den Sacklöchern verschwinden würden, sondern oberhalb der Adapterebene wären ... Aber dazu mussten die Schrauben länger werden, viel länger. Und irgendwas müsste den Zwischenraum zwischen Schraubenkopf und Lochboden „füllen“ ... Könnte so etwas wirklich funktionieren?
 
Und damit kam dieser seltsame Glattkantschaft, den jede Schraube schon bisher hatte ins Blickfeld. Sämtliche Kollimationsschrauben beim Klevtsov arbeiten ziehend. Also der große Eisenring (in der Schnittzeichnung war der Rosa eingefärbt), der über diverse verschraubte Blendrohr-Abschnitte den HS hält, wird von diesen sechs Schrauben Richtung Tubusrückwand gezogen und - je nach dem Spiel der Schraubenkräfte untereinander, eben in die jeweils gewünschte Richtung verkippt.
 
         
So wie auf dem linken Bild sieht der Aufbau am Klevtsov bis zum HS aus. Alles sehr ausgetüftelt und damit problematisch für einen Umbau, gleich welcher Art.
Das rechte Bild zeigt die originale Kollimationsschraube (als Zeichnung). Sie passt genau so rein, dass das Gewinde in diesem Spiegelhalter-Ring steckt und im Loch der Schraubenkopf aufliegt.
 
Die Widerlager bilden dabei der Sechskantkopf, der auf der Tubusrückwand mit einer Unterlegscheibe in einem Sackloch aufliegt und der rund 5 mm lange Gewindeteil am unteren Ende der Schraube, der in diesen „Spiegelhalter-Eisenring“ geschraubt ist. Dazwischen ist der glatte Schaft der Schraube und das auch noch mit rund 1 mm umlaufend Luft zur Bohrung in der Rückwand. Und das macht sehr viel Sinn, beziehungsweise ist konstruktiv unabdingbar. Nach einigem Überlegen habe ich das System dahinter verstanden.
 
Dadurch, dass der Mittelteil der Schraube verschlankt ist und jeden Kontakt zum Rand vermeidet, können die Schrauben eben auch (je nach notwendiger HS-Kippung) auch leicht „schief“ zur Tubusrückwand stehen. Die Schrauben hat nur an ihrem Kopf (=Rückwand) und an ihrem Gewinde (=Spiegelhalter-Eisenring) Kontakt zur Mechanik des Teleskops (dazwischen nicht). Und genau dafür ist der dünnere, glatte Schaft gedacht, er ermöglicht die Bewegungsfreiheit zum Rand der Bohrung. Ins Bild passt dann auch, dass die Unterlegscheibe faktisch leicht trompetenförmig geformt sind. Sie können damit auch natürlich in Grenzen „gleiten“ und ermöglichen es so, dass der Schraubenkopf einer (wegen der Verkippung des HS) leicht schief stehende Schraube, vollflächig aufliegt. Wieder einmal zeigt sich, dass auch die kleinste Kleinigkeit an diesem Teleskop nicht einfach zufällig so ist, sondern durchaus ihren Grund hat.

           
Die Kollimationsschrauben können durch ihre Konstruktion auch "schief" im Tubus stecken und dennoch mit dem Kopf ziemlich vollflächig aufliegen. Dafür wird der dünnere Schaft benötigt.
Die Unterlegscheibe ist auch so geformt, dass sie in verschiedenen Kippwinkeln aufliegen kann. Der Effekt: Der Schraubenkopf, der sonst einseitig aufliegen würde, kann wieder vollflächig(er) aufliegen.

Wenn die Schrauben also länger würden, brauchten sie unbedingt diesen dünneren Glattkantschaft. Zusätzlich muss unter der weit herausragenden Schraube eine passend dicke und lange Distanzhülse liegen (idealerweise mit gerundeter Auflage unten, damit diese Hülse nun den Druck des Schraubenkopfs zur Tubusrückwand neu vermittelt und eben auch - wie die Schraube selbst - leicht „schief“ stehen kann, damit der komplette Schraubenkopf (und nicht nur eine Seite, weil schräg) aufliegen. Also faktisch eine Unterleg“scheibe“, nur eben rund 10mm dick.
 
Als Ergebnis kam diese Schraube heraus, die es in keinem Laden der Welt gab. Hier hat mir dann erneut (wie auch oft vorher) Horst Becker von „Drehen und Mehr“ aus der Patsche geholfen. Es ist unglaublich mit welcher Akribie und Aufwand Horst solche Fantasie-Konstrukte meinerseits nochmals durchgeht, optimiert und dann auch noch sehr genau und kurzfristig fertigt. Ohne ihn wäre mein TAL-250K schon längst nicht mehr im Einsatz.
 
   
 
Als Schraubenbasis wurden aus China passende 6mm Edelstahlschrauben mit 0.75er Steigung geordert (vorher probeweise eine Einzige - sündhaft teure - aus einem deutschen Motorradshop um am Klevtsov zu checken ob das a) tatsächlich Gewinde mit 0.75mm Steigung sind und b) ob alle Gewinde noch funktionstüchtig sind. Glücklicherweise lautete die Antwort beides Male „Ja“. 
Von diesen Schrauben-Rohlingen wurde dann der obere Teil des Gewindes abgedreht um den glatten Schaft zu erzeugen und die Schraubenlänge angepasst. Anschließend wurden dann die entsprechenden Distanzhülsen (auch mit kleiner Rundung unten) gefertigt. Die neuen, konischen Beilagscheiben gab es als Massenware. Die sollten vor allem dazu dienen eventuelle Ungenauigkeiten in der Höhe auszugleichen. Dann hätte man etwas mehr Spielraum.
 
   

       

Als Ergebnis kam ein völlig neues Schraubensystem heraus und das war durchaus gewagt, da die neuen Schrauben natürlich viel länger sind und weil dadurch die Hebelkräfte auf sie ganz anders wirken. Zu dem Zeitpunkt war völlig unklar, ob der HS damit auch wirklich stabil befestigt werden kann, oder der einfach immer wieder wegrutscht. Die Mechanik muss ja völlig gegensätzliches perfekt leisten: Beweglich sein und Verstellbarkeit gewährleisten - Steifheit und und absolute Unbeweglichkeit garantieren. Beides geht nur über die Kraftwirkung. Es könnte gut sein, dass die jetzt dafür benötigten Kräfte die vorhandenen Querschnitte, Auflageflächen, Gewindedurchmesser  einfach übersteigen.

   
Hier wird die Veränderung überdeutlich. Teilweise sind noch die alten Schrauben verbaut, links bereits die Neuen vorsichtig (aber nicht komplett) eingeschraubt. Der Überstand ist wesentlich geringer.

       
Der Zugang zu den Kollimationsschrauben ist wieder vollumfänglich da. Ha, nicht nur die Russen können "tricky" konstruieren ...
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Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“
                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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Christoph (02.07.2019), Florian B. (02.07.2019)
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TAL 250K - Kompendium - von Ralf - 23.12.2013, 18:36
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 30.06.2019, 19:22
RE: TAL 250K - Kompendium - von Christoph - 30.06.2019, 20:04
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas Paul - 30.06.2019, 23:17
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 01.07.2019, 02:29
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 01.07.2019, 23:31
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 01.07.2019, 23:32
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 02.07.2019, 16:14
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 02.07.2019, 21:16
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 03.07.2019, 18:51
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 04.07.2019, 21:55
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 05.07.2019, 15:33
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 05.07.2019, 15:36
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 10.02.2020, 22:04
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 08.03.2020, 12:31



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