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TAL 250K - Kompendium
Blend-Werk-Zeug-Loch
Die Mechanik ist das eine am Klevtsov, die Optik das andere. Die Korrektoreinheit und der HS müssen, in ihrem Winkel in dem sie zueinander stehen, sehr genau aufeinander ausgerichtet werden und die Toleranzen sind sehr gering. Ich habe mal nachgerechnet: Die erforderliche Genauigkeit in der Verkippung der Korrektoreinheit sollte unter 0,1 Grad liegen. Dafür gibt es eine Art interferometrisches Verfahren - zumindest werden Beugungserscheinungen der Korrektorlinsen, die ein HeNe-Laser erzeugt, dafür genutzt. Dazu muss der Laser aber exakt auf der optischen Achse des Teleskops liegen. Und genau darin liegt die Crux, denn diese Achse kann nur mechanisch, mit zwei Lochblenden (vorne und hinten am Teleskop) ermittelt werden
 
Und das ist regelmäßig schon mal weit ungenauer, als eigentlich benötigt. Da nützt die Ganze nachfolgende Interferometrie nicht mehr viel, wenn es bei der Basis schon im Argen liegt.
 
Also habe ich mir lange Gedanken dazu gemacht, wie ich das genauer als bisher hin bekomme.
Zwischendurch hatte ich auch ein paar rudimentäre "Prüfverfahren" um zumindest mal zu ermitteln, ob das völlig daneben ist oder nicht. Hier ein Beispiel:

   

Na habt ihr an dem Bild gesehen was das in echt war? Hier die Auflösung:

   

Für so eine "Quick & Dirty" Bestimmung der optischen Achse reicht sowas natürlich mal aus. Aber genau geht natürlich anders. Aus Novosibirsk kamen nur allgemeine Beschreibungen, man nehme dafür „pinhole bushings“ und „you have to try different materials, may be optical synthetics“. So ganz wollte man (so hatte ich den Eindruck) mit dem Know How nicht  rausrücken. Also weiter überlegen, testen, recherchieren, lesen  ...
 
Meine bisherigen Lochblenden war aus POM (Polyoximethylen). Schön zu drehen, aber milchweiß. Der Laser erzeugte da einen sehr großen Lichthalo und das ist genau das Problem, zentriere mal ein rund 10 mm großes diffuses, sich nach außen ausdimmendes Lichtscheibchen auf 0,1 Grad genau.

   
Hier ist noch die alte Blende mit 1 mm Löchern. Aber gleichzeitig sieht man auch den Lichthof den der Laser im Material selbst erzeugt, dass das kohärente Laserlicht stark streut. Man kommt so auf eine ordentliche Genauigkeit, aber man ist deutlich über der Toleranzschwelle.

Neben den neuen Schrauben haben mich diese Blenden viele Stunden an Gedanken gekostet. Am Ende war ich mir aber sicher etwas (für mich) sehr Geniales entwickelt zu haben. Für die planparallele Platte in der Blende wurde Polymethylmethacrylat verwendet (nein, dass ist keine neue Designerdroge, sondern gewöhnliches "Acrylglas") - hochtransparent und laserdurchgängig ... Der Rest der Blende musste wieder aus POM sein, denn Acrylglas könnte man zwar auch abdrehen, aber dann ist die Transparanz im Eimer. Also besteht nur die Mitte der Blende aus einer kreisrunden, 2 mm dicke Acrylglasplatte, die zwischen zwei zu verschraubenden POM-Teilen fixiert wurde, die dann insgesamt die Lochblende ergaben. Da das Acrylglas-Scheibchen quasi eingesetzt wurde, konnte die Blende zudem ganz variabel gehalten werden. Ich plante also gleich mal Acrylglasplättchen mit 0,6 mm / 1 mm / 1,25 mm Pinholes.

Wer weiß, welcher Lochdurchmesser in welchem Abstand, mit welcher Genauigkeit gerade ideal passt? So konnte ich jetzt einfach das Plättchen wechseln und hatte eine komplett „neue“ Blende. Um den Luxus komplett zu machen, wurde auch noch eine Blende mit einem weiteren 1 mm Pinhole, aber zusätzlich mit zahlreichen konzentrischen Kreisen und auf dem Acrylglas angefertigt. Davon erhoffte ich mir eine noch bessere Orientierung, weil die konzentrischen Kreise sicher die Beurteilung der Lichtverteilung vereinfachen würden. Also ein Grundkörper, aber vier Blenden.

Das Ganze brauchte ich aber doppelt: Einmal als 2“ Steckblende für den OAZ vorne und einmal als M42 Blende zum Einschrauben hinter die Korrektoreinheit. Also musste auch zwei Entwürfe für die Grundkörper her.

       
Das linke Bild zeigt die Schnittzeichnung der "vorderen" Blende, die als 2" Steckblende für den OAZ dient. Die rechte Schnittzeichnung ist die "hintere" Blende, die in das zentrale M42 Gewinde der Curved Spider Einheit geschraubt wird. Diese war etwas schwieriger zu konstruieren, da sie auch auf der Gewindeseite bündig sein musste. Für das Herausschrauben des Einsatzes braucht man dann auch einen "Zwei-Loch-Schlüssel", sonst kann man das nicht greifen. Geht aber auch ...

Die vordere 2“ Blende wollte ich aber auch unabhängig vom OAZ nutzen und verwenden. Die Öffnung des Teleskops am Tubus beträgt sehr exakte 64 mm. Also wurde zusätzlich noch ein Steckring gefertigt mit der ich die 2“ Blende auf 64mm erweitern konnte. So war es möglich alle 4 Einsätze auch direkt am Teleskop (ohne OAZ) zu verwenden.

Tja, und so schaut das dann aus, wenn es in der Realität auftaucht:

   
Hier die verschiedenen Acrylglaseinsätze. Die größeren sind für die "vordere" Blende, die kleineren passen in die hintere Blende. Die eine grünliche, beschriftete hat noch die Schutzfolie auf dem Acrylglas haften.

Hier die Einsätze mit den Blendenkörpern. Links ist wieder die große Blende (2") und rechts die kleine (M42 Gewinde).
       

Und noch ein bisschen Kino:
         
Links ist die hintere Blende mit dem 2-Loch-Prinzip, rechts dann die Varianten um aus einer Blende 4 verschiedene zu machen.

       
Hier ist auf beiden Bildern die vordere Blende zu sehen und auf der rechten Seite bereits in Aktion, nämlich in den Tubus eingesetzt. Die 2" Blende steckt dazu in einem Ring mit Außendurchmesser 64 mm. Der passt exakt in die Rückwand des Teleskops. Auf den OAZ kann daher verzichtet werden.

Was ein System, sehr komplex, aber das Prinzip „Design two - get twelve“ überzeugt - auch in der Praxis. An der Stelle muss ich noch mal ein Kompliment an Horst Becker loswerden, der es schaffte diese Blenden so präzise und exakt zu fertigen, dass die Toleranzen trotz des modularen Aufbaus tatsächlich fast bei Null liegen. Alle wechselbaren Acryl-Einsätze beispielsweise fügen sich saugend in die Grundkörper ein. Wow ...
 
Aber auch hier wieder - alles graue Theorie. Es passte zwar und sah auch nett aus ... aber wird sich die Realität auch so verhalten? Ist ja bisher alles nur in meinen Gedanken drin. Gemacht hat das noch keiner ... 
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Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“
                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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TAL 250K - Kompendium - von Ralf - 23.12.2013, 18:36
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 30.06.2019, 19:22
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