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TAL 250K - Kompendium
Bis an die Grenze ... und darüber hinaus
Das Kuriose: Dieser ganze Aufwand mit Blenden und Laser und vielen anderen mehr hatte bisher noch nicht dem geringsten Einfluss auf die Justage des Teleskops. Der einzige Grund für diesen Aufwand ist eine sehr exakte Bestimmung der optischen Achse des Teleskops.
 
Das ist aber unabdingbare Voraussetzung für die Justage der Korrektoreinheit. Denn, werden nun im nächsten Schritt die Blenden aus dem Teleskop entfernt, wechselt der Schauplatz des Geschehens in Sekundenbruchteilen auf die andere Teleskopseite zum Ausgangspunkt des Laserstrahls. Dort tauchen auf einem Schirm, der direkt um den Laser herum liegt, unzählige konzentrische Kreise auf. Das interferometrische Phänomen wird „Newtonsche Ringe“ genannt und diese sind jetzt die Orientierung für die Justage der Korrektoreinheit. Diese wird dann solange über ihre sechs Justageschrauben in ihrer Position verändert bis diese Newtonschen Ringe (die ja durch den Positionswechsel der Korrektoreinheit ebenfalls ihre Position ändern), möglichst zentrisch um den Laserstrahl (=Achse) liegen.
 
Mittlerweile war ich aber in einem Genauigkeitsbereich und bei einer Sensitivität im Aufbau angelangt, der deutlich über die technisch mögliche Genauigkeit hinausging. Der Klevtsov war zum Beispiel (extrem fest, das war nicht das Problem) auf einer Werkbank befestigt, aber diese Werkbank war eben nicht mit dem Boden verschraubt oder stand auf einem Betonestrich, sondern auf Lärchendielen mit OSB-Platten und Schüttung darunter. Schon allein das genügte, um beim Justieren der Korrektoreinheit mit einem Ringschlüssel, den Teleskoptubus einen Hauch in seiner Position zu verändern - und mein Teststand bzw. die Lochblenden und ihre Schattenwürfe schrieen umgehend: „Alarm, Alarm ... !“
 
   
Ziemlich primitiv versuchte ich ein bisschen mehr Stabilität zu gewinnen. Wozu Gegengewichte nicht alles gut sind
 
Irgendwann kam ich dann zu dem Schluss, dass der Fehler, den ich selbst immer wieder einbringe in etwa gleich hoch war, wie der Fehler, den ich aktuell korrigiere. Ergo versuchte ich mich irgendwann aus diesem Spiel (das kann man - wenn man Spaß daran hat - ja endlos weitertreiben) zu verabschieden und schlich mich, durch immer kleiner werdende gegenseitige Korrekturen, langsam aus dem System heraus. Bis man eben den Punkt erreicht hat an dem man konstatiert: Fertig!
 
Das hier ist links der Schirm der um den Laser herum positioniert ist. Der kleine Punkt in der Mitte ist die Öffnung für den Laserstrahl. Das Fadenkreuz ist die Vorlage an der man sich beim justieren orientieren kann, wenn man die dann zu sehenden Newtonschen Ringe zentriert. Idealerweise fallen die Vorlage und diese Ringe "ineinander".

       

Auf der rechten Seite sieht man, wie sich diese Newtonschen Ringe über den Schirm ausbreiten. Im äußeren Bereich (also ab dem ersten breiteren, dunkleren Ring), sind sie sehr exakt auf der Achse. Diese Ringe werden von der Meniskusline erzeugt und dienen zur Einstellung. Die inneren, feinen, dünnen Ringe stammen vom Luftspalt zwischen Meniskus- und Manginlinse und von der Manginlinse selbst. Diese sind nicht zentrisch, was eher ungewöhnlich ist. Das zeugt davon, dass die Manginlinse nicht exakt genauso ausgerichet ist, wie die Meniskuslinse. Die Moskauer ATM´ler hielten das für bedenklich, da die Linsen üblicherweise unter interferometrischer Kontrolle im Korrektor eingebaut und dann in ihrer Position versiegelt werden. Die inneren Kreise würden zwar nie absolut exakt in der Mitte liegen, aber soviel wäre ungewöhnlich.
Der Meister himself, Yuri A. Klevtsov, schrieb mir, dass ich die Ausrichtung nicht nach den inneren Ringen machen darf, sondern nach der Meniskuslinse, also den großen, breiteren Ringen und dass die erforderliche Genauigkeit der Zentrierung der Ringe bei 0,5 - 1 mm liegt. Allerdings geht Yuri A. Klevtsov von einem Abstand des Lasers zum Teleskop von 50 cm aus. Für ihn war es schwierig sich stärkere Laser, die bei größeren Abständen noch ausreichend helle Ringe erzeugten, in Privathand vorzustellen.
Ich habe den Abstand gleich mal vervierfacht - rund 200 cm. Damit konnte ich die Genauigkeit in der Zentrierung weiter steigern und das war auch die Erklärung für die stärkere Abweichung der mittleren Kreise.
Der Versatz zeigt eine Verkippung der Manginlinse von max. 0,15 Grad an, das macht auf diese Entfernung rund 5mm aus. Bei 50 cm Abstand, würde der Versatz nur noch 1,3 mm betragen. Das ist dann wieder völlig in der Toleranz.

Die einzige Gabe die man dann noch haben muss ist „Fertig“ auch fertig sein zu lassen“ - melden sich doch (zumindest bei mir) umgehend so kleine Einflüsterungen wie: „Ja, aber ob es jetzt auch noch passt?“ oder „Hmm, könnte man nicht doch noch genauer ...“
Aber ich schaffte es  standhaft zu bleiben -  wohl wissend, dass mich diese Versuchung bei der Kollimation des Hauptspiegels bald wieder einholen würde. Jetzt aber passte die Justage der Korrektoreinheit sehr genau.
 
Die Abweichung der Korrektoreinheit betrug noch rechnerische 0,02 Grad. Die Zahl kann man recht einfach aus der noch vorhandenen Toleranz der Newtonschen Ringe zur Vorgabe und den Abständen und Längen des Systems ermitteln (behauptet jedenfalls Pythagoras). Damit war also viel „Luft nach oben“. Am Ende brachten stärkere Veränderungen der Raumtemperatur und vor allem die Temperaturunterschiede der Laserröhre selbst (die wird bis zu 65 Grad warm) einen 4-5x größeren Fehler ein, als meine Justageungenauigkeiten. Also: Fertig!

Oder ... ? Na ja, der HS steht noch aus.
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Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“
                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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TAL 250K - Kompendium - von Ralf - 23.12.2013, 18:36
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 30.06.2019, 19:22
RE: TAL 250K - Kompendium - von Christoph - 30.06.2019, 20:04
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas Paul - 30.06.2019, 23:17
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 01.07.2019, 02:29
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 01.07.2019, 23:31
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 01.07.2019, 23:32
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 02.07.2019, 16:14
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 02.07.2019, 21:16
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 03.07.2019, 18:51
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 04.07.2019, 21:55
RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 05.07.2019, 15:33
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RE: TAL 250K - Kompendium - von Andreas-TAL - 08.03.2020, 12:31



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