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Was eine nasse Nacht ...
#1
Hallo Miteinander!

Nachdem der 3. Oktober dieses Jahr so ideal an den Samstag andockt, hoffte ich, dass ich an diesem verlängerten Wochenende nochmals mit dem Teleskop beobachten kann. Die Wetterprognosen meldeten nun schon für Mittwoch eine klare Nacht und so machte ich gleich Nägel mit Köpfen und fuhr in den Odenwald. Je weniger Mond, desto besser ... am Wochende sieht es da schon wieder deutlich schlechter aus.

Nach diversen hochaufgelösten Lichtverschmutzungskarten kommen die Gegenden hier im Odenwald gleich nach den wirklich dunklen Flecken in Mecklenburg Vorpommern. Das Programm stand schnell fest: Ich wollte die Objekte des Teleskoptreffens nochmals unter anderen Lichtbedingungen in Augenschein nehmen. Die Erinnerung daran war noch frisch und ich war gespannt, ob sich Unterschiede feststellen ließen.

Eine Front mit lokalen Schauern und Gewittern, die am Nachmittag von Nord nach Süd durch Unterfranken zog verkomplizierte die Sache. Aber ich pokerte und fuhr bei bewölktem Himmel los in der Hoffnung, dass mit den fallenden Temperaturen zu Sonnenuntergang die Wolken verschwinden. Genauso war's zunächst. Außerdem erwartete ich, dass ich auf rund 500m Höhe über NN zumindest 1-2 Stunden länger vor den Nebelbänken sicher war. Im Herbst hier im Maintal zu beobachten ist sehr schwierig, weil es ganz fix nebelig wird.

Pflichtgemäß verschwanden die Wolken zunächst Richtung Südosten und der Blick auf einen wunderbaren Südwesthimmel war da, was mir ein paar schöne Beobachtungen des Mondterminators ermöglichte.
Die Mondalpen erschienen wunderbar plastisch mit ihren zackigen, karstähnlich beleuchteten Strukturen entlang des Terminators. Einen spektakulären Eindruck bot auch die Dreierreihe der Krater Ptolemäus, Alphonsus, Arzachel. Der Zentralberg von Alphonsus warf einen Schatten, der genau in seinen gestuften Kraterwänden endete und ich konnte über die Zeit hinweg tatsächlich beobachten, wie der Schatten langsam die stufigen Kraterwände hinunter glitt, bis er so 2 Stunden später an deren Fuß ankam. Das ergab einen sehr plastischen 3D ähnlichen Eindruck des Kraters. Wow, das hatte ich so noch nie gesehen - aber mit +/- 60 Minuten ist das ja auch ein enges Zeitfenster.

Dann spielte mir aber das Wetter einen Streich und die Zugrichtung der Wolken ändert sich um 90°, so dass mein Beobachtungsplatz immer wieder von Wolkenfeldern überstrichen wurde. Schade. Außerdem war mittlerweile enorm viel Feuchtigkeit in der Luft, so dass schon nach wenigen Minuten offen stehende Okulare beschlagen waren und ins Auto zum abtrocknen verfrachtet werden mussten. Auch ich selbst verfrachtete mich dahin und nützte die Pause wieder warme Füße und trockene Socken zu bekommen (Beobachtungsplatz war eine Wiese, gefühlt aber ein Schwimmbad)

Spätestens jetzt war mir klar, dass ich an meinem Beobachtungsprogramm deutliche Abstriche machen musste. Zumal der Halbmond den Himmel immer noch deutlich aufhellte, was ein kurzer Blick auf M31 bestätigte. Die Galaxie gab nur ihre Kernregion preis, ohne weitere StrukturenSad.

Also wandte ich mich ein paar Doppelsternen zu und mein Paradeobjekte wurde schließlich Lambda Cygni, ein Paar (4,5 mag - 6 mag) mit 0,8" Abstand. Eigentlich ein Dreierpaar, wo aber nur nur die Komponenten AB-C beobachtbar sind.
http://stars.astro.illinois.edu/sow/lambdacyg.html

Am Anfang der Nacht war das Paar untrennbar verbunden (wie romantisch), oder ich erwischte zunächst den falschen Stern - glaub ich aber nicht, Mein Goto lag zwar rund 1 Grad daneben und die Aufsuchkarten rentierten sich wirklich. Aber nach einem erneuten Alignment (irgendwann nervt es dann doch die Objekte nach dem Anfahren nicht wenigstens im 22mm Okulargesichtsfeld zu haben) war der Stern den ich als Lamba Cygni "verdächtigte" dann mittig im Gesichtsfeld. So unternahm ich gegen 23 Uhr einen weiteren Versuch und war schnell erfolgreich. Der Doppelstern wurde schon mit dem 7mm BGO (304x) länglich, und bei 5mm (426x) dann deutlich getrennt.

Mittlerweile war die Luftruhe bemerkenswert. Lambdy Cygni zeigte zwar Beugungsfiguren (bei meinem TAL ist bei 450x aufwärts der erste Beugungsring deutlich sichtbar und ein zweiter wahrnehmbar), aber knapp hinter dem ersten Beugungsring war die zweite Sternkomponente mit ihren Beugungsringen sichtbar.

Interessanterweise schaffte es die Luft mitunter kurz eine perfekte sphärische Korrektur hinzubekommen und die Beugungsfiguren fielen "in sich zusammen" auf zwei stabile Pünktchen. Zumindest hat meine Bildverarbeitung im Gehirn so ein Bild erzeugt, weil das physikalisch das ja gar nicht möglich sein dürfte. Aber ich bin mir definitiv sicher diesen Eindruck gehabt zu haben. Schon erstaunlich, wie und was das Gehirn so verarbeitet.

Spaßeshalber habe ich dann nochmal eine 2,5x Powermate zwischen den Klevtsov und das 5mm BGO eingesteckt. Logischerweise nennt man das Ergebnis dann lieber nicht mehr Stern, sondern eher "Beugungsfigur" Big Grin , aber ich war überrascht, dass das immer noch ein recht stabiles Bild ergab. Der Grund für dieses Vorgehen ist ganz einfach: Ich wusste schon die ganze Zeit, dass ich meinen HS noch nicht perfekt kollimiert hatte. Im Frühjahr hatte ich das bei nicht so tollen Bedingungen näherungsweise gemacht und war seitdem zu faul an dem Teil zu schrauben, anstelle von Beobachten.
Aber bei sehr guter Luftruhe, wie sie die letzten Beobachtungsnächte vorherrschten, merkt man die Dezentrierung doch. Also habe ich mir das mal bei irrsinnigen 1065x genauer angesehen. Erstaunlich, wie fürchtelich "schief" dann so Bild wirkt und wie "normal" bei Vergrößerungen bis 300x die Sterne doch aussehen. Aber bei guten Bedingungen limitiert dann auch dieses "ganz leicht daneben" deutlich.

So langsam lief die Nässe an allem was draußen war, gefühlten in kleinen Bächen herunter. NGC 891 war zu meiner großen Überraschung erneut zu sehen (sogar etwas leichter als beim Treffen) und ich wartete optimistisch auf den Monduntergang so gegen Mitternacht.

In der Zwischenzeit vergnügte ich mit dem Uranus-Pendant dem PN "Blue Snowball" (NGC 7662) von dem ich finde, dass er auch gut als 7. Planet des Sonnensystems durchgehen könnte, wenn er nicht an dafür unmöglicher Stelle am Himmel stehen würde. Als ich dann zum Helixnebel (NGC 7293) schwenkte, war im Okular dann alles dunkel. Hmm ...

Prüfender Blick ob Wolken da waren - Nein!
Mit der Taschenlampe mal schnell aufs Okular geleuchtet - alles OK.
Mich beschlich ein Verdacht: Taschenlampe auf dem HS gerichtet ... tatsächlich zugetaut ...

10 Minuten später wäre der Mond weg gewesen und es wäre richtig finster geworden ... Milchstraße im Nord-Osten fast bis zum Horizont, M31 als richtig heller Fleck, Grenzgröße deutlich jenseits von 5 mag und dann das. Ach nee ... Aber alles warten half nichts, der Spiegel blieb dicht und ein 12V Fön war nicht dabei, also Ende bevor es so richtig angefangen hatte. Angry

Na gut, wer weiß wozu das wieder gut war. Beim Einpacken merkte ich zumindest, dass wirklich alles patschnass war und jede Berührung einen kleinen Wasserstrom nach unten auslöste. OK, wahrscheinlich hätte ich in dieser Nacht Schwimmreifen gebraucht, wenn das noch weiter gegangen wäre. Und heute war ich einigermaßen ausgeschlafen. Auch nicht das Schlechteste.

Aber ein bisschen wurmt es mich doch. Na ja, auf ein nächstes Mal Daumen hoch

Andreas (mit dem TAL)
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Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“
                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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Christoph (05.10.2014)
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Christoph (05.10.2014)
#2
Hallo Andreas,

ein klasse Bericht. Hochvergrößerung an Doppelsternen ist wirklich erlebenswert. Frank und ich haben darin schon mehrfach "Erfahrung gesammelt" Wink...

Jenseits der üblichen Ansichten treten erstaunliche Effekte in den Vordergrund.

Daumen hoch

In welcher Ecke des Odenwaldes bist du denn unterwegs gewesen?
Vielleicht mach ich auch mal einen Abstecher in die westliche Richtung!

Dieses Jahr ist es schon häufig sehr feucht gewesen. Die hohe Luftfeuchtigkeit und das immer noch schwüle Wetter für Oktober ist schon ungewöhnlich.
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
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