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Sternwartenführung
#1
So, nachdem mir das Wetter gerade einen Strich durch die Rechnung gemacht hat Angry (bis 17:00 Uhr war's hier klar, jetzt wo ich mein Auto beladen will, zieht es zu) habe ich die Zeit um kurz vom gestrigen Abend zu berichten.

Ausgangspunkt war wie so häufig die Sternwarte Schweinfurt. Angekündigt waren eine Familie (zwei Erwachsene, zwei Kinder), zwei Paare (eines davon aus dem Raum Krefeld) und zwei Damen aus dem Umland. Treffpunkt war 18:30 Uhr der Pausenhof vor dem Sternwartenturm.

Nachdem alle zu mir gefunden hatten konnte es nach einer kurzen Vorstellungsrunde auch schon los gehen. Im Nu waren die vier Stockwerke bis ins oberste Geschoss mit dem Aufzug überwunden auf die Sternwarte führt dann eine relativ schmale gewendelte Treppe. Wie immer bei meinen Führungen, wird zunächst mal die Technik angerissen um der Dämmerung die Möglichkeit zu geben weiter fortzuschreiten. Bereits vor 19:00 Uhr verließen wir gemeinsam wieder die Sternwarte ohne auch nur einen Blick durchs Okular geworfen zu haben.

"Tolle Führung" wird sich nun so mancher denken - oder "was treiben die da in SW?"... Die Erklärung ist ganz einfach: Aus der Kuppel heraus kann ich schlecht den Sternhimmel einer Gruppe zeigen, da man nur den schmalen Ausguck durch den Kuppelspalt hat. Also, wieder eine Treppe runter und auf's Flachdach des Schulgebäudes. Herrlich frisch war's dort (ja die Sternwarte ist logischerweise auch nicht beheizt, so ganz im Freien ist's doch immer anders) aber es war ein ausreichender Rundumblick gegeben. Schnell war das Sternbild Pegasus gefunden und das Herbstviereck - welches nun schnell am Westhimmel untergeht - angezeigt. Auch Andromeda ("wären wir nicht in der Stadt mit dem vielen Licht könnten wir dort auch ein Nebelfleckchen, die Andromedagalaxie, mit bloßem Auge sehen") und Pegasus konnten den Besuchern am Himmel angeleuchtet werden.

Dann unterbrach mein Timer meinen Redeschwall und ich bat meine Gäste in Richtung Orion zu schauen. Dort waren auch sofort mehrere Lichtpunkte zu finden, die sich durch das Sternbild bewegen ("ja hier sehen Sie Satelliten"). Calsky hat mir natürlich verraten, dass dort etwas los sein soll und auch einer der Iridiums mit immerhin -2m5 aufblitzen soll. Diesen haben wir dann auch gesehen und - welches Glück - einen taumelnden Iridium, der alle paar Grad wieder aufblitzte noch hinterher. Da wir ohnehin gerade das Sternbild Orion unsicher machten, bot sich gleich die Überleitung zu den Wintersternbildern an, die das Wintersechseck komplettieren. Der große Hund war schon so im Dunst, dass ich dort nur noch den Sirius zeigen konnte. Glücklicherweise blieb es nur bei einer miserablen Horizontsicht, ab Rigel aufwärts blieb der Himmel die ganze Zeit über brauchbar. Ein zweites Mal unterbrach mich mein Timer und ich wandte meinen Blick (und den meiner Besucher) gen Westen. Dort zog nämlich die ISS ihre Bahn um dann über unsere Köpfe hinweg zu fliegen. Und welche Überraschung: Vor der ISS, mit einigen Grad Abstand, flog ein weiteres (schwächeres Lichtpünktchen). So wie ich heute herausgefunden habe, war dies der
unbemannte Frachter Georges Lemaître, der sich gestern von der ISS getrennt
hat um in der Erdatmosphäre zu verglühen.
weitere Infos

Nun aber wieder rein ins Bauwerk. Kurz darauf hingewiesen, dass zuerst das der Erde am nächsten gelegene Objekt des Abends beobachtet werden sollte, nämlich der Komet Lovejoy C2014/Q2. (Von der Helligkeit her bin ich von diesem Kometen sehr angetan, den kann man auch mal Laien zeigen und sie sehen gleich was.) Schnell war auch die Frage geklärt, was Kometen eigentlich sind und treiben, und auch woher Sternschnuppen kommen und wie die Leuchterscheinung zustande kommt. Danach rüber zur Andromeda-Galaxie, dem entferntesten Objekt des Abends. Leider macht die Galaxie in der Stadt gar nichts her und ist deutlich lichtschwächer als der Komet. Auch in Gestalt und Aussehen sieht man nur die zentrale Aufhellung mit einer Art "runden Koma". Da zücke ich dann auch mal das Smartphone und versuche anhand von Aufnahmen, Zeichnungen die Objekte zu veranschaulichen und beschreibe, was man gerade unter Stadtbedingungen sehen kann.

Nach dem Ausflug zu unserer Nachbargalaxie sollten wir uns nur noch in der Milchstraße tummeln, da gibt's immerhin auch so einiges auf die Augen. Zunächst ein (bzw. zwei) offene Sternhaufen: Haaatschi - oh pardon h und chi. Auch diese OS kann ich in der Stadt nur die Position anleuchten ohne dass ich oder der Besucher an der Stelle im Himmel eine Aufhellung bemerkt. Daher dann auch die Begeisterung: "Am Himmel sieht man gar nichts aber hier sind hunderte Sterne." Etwas irritiert war ich zugegebener Maßen zunächst, als sich nach diesem Objekt die Gruppe teilte. Der eine Teil beendete die Führung, denn den beiden Kids (sie waren noch ziemlich jung - fünf und sechs Jahre) wurde es zu kalt. Toll aber trotzdem, dass sie so lange durchgehalten (fast 1,5 Stunden) und auch mitgezogen haben! Also Eltern, Großeltern und Kids verabschiedet und mit Vollgas weiter... Nun gut, meine Gruppe hat sich nun auf vier Personen reduziert aber das macht nichts, ein bisschen Schwund ist normal...

Als nächstes ging's rein in die Cassiopeia, NGC 457 sollte es sein. "Welches Tier sieht man hier?" Nach einigem Raten von Drachen über Esel zu einer Libelle ("ne, ne Libelle ist zu klein sowas ist sicher nicht am Himmel") kamen wir langsam den Vögeln näher. Schließlich stand auch die Auflösung im Raum ("na des is' a Uhu") und ich klärte auf, dass es sich um den Eulenhaufen handelte. ("Ach ja, jetzt wo du's sagst, seh' ich's auch") Auf besonderen Wunsch stellte ich dann auch die Plejaden ("die gehören doch zum goldenen Tor...") ein, teilte aber meine Bedenken mit, dass im Hauptteleskop ich mit keinem mir zur Verfügung stehenden Okular diese auch ganz ins Gesichtsfeld bekommen würde. Da tat der Beobachtung aber auch keinem Abbruch, da der Refraktor diese auch ganz passabel abbilden konnte ("des sind ja viel mehr Sterne, mindestens dreißig").

Es sollte nun ein weiterer Höhepunkt des Abends kommen: Es ging ins Schwert des Orion. Erst stellte ich den Besuchern an beiden Teleskopen eine schwache Vergrößerung ein, am RC mit OIII Filter. Wumm, das saß! Es sagte erst mal keiner was - danach folgten viele Superlative. Meinen Gästen erzählte ich erst vom Orionnebel, was das ist und warum dies auch als eine Wiege neuer Sterne bezeichnet wird, bevor es mit der weiteren Beobachtung voran ging, jedoch mit dem Baader Zoom Okular am RC. Dieses bringt immerhin eine Vergrößerung von 300-fach und man kann richtig eintauchen. Eine Begeisterungswelle schwappte durch den runden Raum und jeder versuchte mehrere Blicke durch's Okular zu erhaschen. Mittlerweile war's deutlich nach 21:00 Uhr und etwa - 3° C...

Kometen, Galaxien, Sternhaufen, Nebel - schon viele verschiedene Objekttypen konnten wir betrachten. Eine Objektsorte, welche vor allem im Sommer ihre Vertreter hat, musste gestern auch sein, die Planetarischen Nebel. Zunächst versuchte ich jenen einzustellen, der sich oberhalb des Hasen (Lepus) befindet, jedoch bei der Transparenz unmöglich. Dann halt rüber zum Zwilling. Der Eskimonebel zeigte leider nicht so viele Details, wie Orionnebel zuvor, bot aber einen schönen Anblick. Es war mit Sicherheit das schwierigste Objekt des Abends.

Und zum guten Schluss, konnte man es nochmal krachen lassen: Jupiter! Schon beim Einstellen bemerkte ich den großen roten Fleck - und dass die Luftunruhe gar nicht mal so schlecht war. Meine Besucher waren dann fast außer sich. Die "Streifen" und die Monde fielen auch ihnen sofort ins Auge. "Wahnsinn, dass man den so sehen kann!", "Der ist ja voll rießig!", waren nur einige der Aussagen, die man vernehmen konnte.

Die Kälte machte sich langsam bei allen Beteiligten bemerkbar und so wechselten wir von der Sternwarte in das vierte Obergeschoss, wo es angenehm warm war. Bei einem Plausch, wurde der Abend nochmal gewürdigt und auch ein Ausblick auf die anstehende Sonnenfinsternis gewagt bevor es auf die Verabschiedung hinaus lief. Zwischenzeitlich zeigte das Zeiteisen an, dass es schon auf 23:00 Uhr zulief und so trennte man sich.

Für mich war da natürlich noch nicht Schluss Big Grin
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#2
Hallo Florian!
Tolle Aktion und ein schöner Bericht! Frei nach Dobson: share your telescope... und Begeisterung - das beste was man machen kann! Daumen hoch
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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Florian Köhler (16.02.2015)




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