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Transparenz ist nicht alles ...
#1
... könnte die passende Überschrift über die gestrige Nacht lauten. Nachdem ich schon am Mittwochabend in Versuchung war zu beobachten, aber die Jetstream Prognosen ziemlich vernichtend waren, wollte ich noch einen Tag zuwarten. Am Donnerstag zeigte sich aber, dass der Jetstream nach wie vor mit ziemlich hohen Geschwindigkeiten unterwegs war, so dass ich eigentlich den Abend abhakte. Aber dann zeigte sich gegen 17:00 Uhr eine solche Transparenz am Himmel, dass ich (wieder besseren Wissens) doch auf den Weinberg gegenüber gefahren bin.

Nach 1 Stunde, so gegen 20:30 Uhr, war das Teleskop einigermaßen ausgekühlt und es zeigte sich schnell, dass die Vergrößerung wohl weit unter 200x bleiben musste. Jupiter präsentierte sich sehr mäßig, mit starker atmosphärischer Dispersion nach rot und blau und auch sehr weich (gaußscher Weichzeichner lässt grüßen)
Ich spare mir mal alle Erzählungen was nicht oder nur sehr mäßig geklappt hat (die Liste wäre lang), sondern gehe vor allem auf die doch noch gelungenen Highlights ein.

Der Vierfachstern 41 Arietis war sehr interessant (eigentlich 5fach, aber die Komponente A ist ein visuell nicht trennbarer spektroskopischer Doppelstern). Die hellste Komponente strahlt mit 3,6 mag richtig hell und um diesen hellen Stern finden sich in 30-120 Bogensekunden Abstand seine Begleiter B,C und D. Das interessante bei diesem System sind dabei nicht die Abstände, sondern die geringe Helligkeit der Begleiter (10.8 - 10.6 - 8.8) die ganz schwach neben dem Hauptstern stehen, aber man muss sich auch nicht die Augen verrenken um sie zu sehen. Zudem steht 41 Arietis in einer recht sternarmen Umgebung, so dass im Gesichtsfeld tatsächlich nur der Stern und seine Komponenten zu sehen sind.

NGC752 ist ein schöner offener Sternhaufen, der nur niedrige Vergrößerungen fordert. Dieses Mal versuchte ich die vielen nuancierten Farbunterschiede der einzelnen Sterne zu sehen. Sofort ins Auge sticht ein helloranges Mitglied des Haufens, während sich die anderen Sternfarben eher im blau-weißen Bereich bewegen.

M76 (kleiner Hantelnebel) war trotz der Bedingungen erstaunlich gut zu sehen. Der hellere Kernbereich war deutlich abgegrenzt und erschien als längliches Rechteck mit zwei eingelagerten Sternen und manchmal war sogar ein Hauch von dem äußeren Halo zu erahnen.

Und schließlich war dann noch NGC 2359, der momentan anscheinend Konjunktur hat. Ich habe auch den Bericht im schwarzen Forum gelesen und wollte mich bei passender Gelegenheit einmal auf die Suche nach dem Helm des germanischen Donnergottes machen (mit +11,45 mag bei diesen Bedingungen). Aber sehr schnell erahnte ich (Goto ist ein wahrer Segen bei so was) an der vermuteten Stelle ein leichtes Schimmern. Und tatsächlich, mit einigem Hin- und Herbewegen des Okularausschnitts konnte ich ein schwaches Nebelfleckchen ausmachen, allerdings nicht sehr begrenzt und auch nicht permanent. Ich hatte den Eindruck, dass Anfangs die Bedingungen noch besser waren, weil ich ihn sofort nach dem Positionieren gesehen hatte und jetzt, nach ein paar Minuten, es immer schwieriger wurde.
Also behielt ich die vermutete Stelle in der Mitte des Gesichtsfeldes und wechselte auf einen OIII Filter (17 mm LVW). Was soll ich sagen: Was ein Unterschied!!!
Völlig klar lag plötzlich die Nebelstruktur vor Augen, eine deutliches Nebelgebiet auf der einen Seite schwach auslaufend auf der anderen Seite scharf begrenzt, die andeutungsweise runde Blase der Stoßfront des Wolf-Rayet Sterns wahr wahrnehmbar und indirekt auch so was wie eine der beiden "Schläfenklappen" oder "Ohrenklappen" des Helms. Kein Wunder dass der Thors "Helm" genannt wird. Der Unterschied mit/ohne OIII war frappierend. Das habe ich noch bei keinem Objekt so stark in Erinnerung.

NGC2392 (Eskimonebel) ließ sich anschließend und erstaunlicherweise auch noch etwas von seiner Struktur entlocken. Die Zentralstern und die innere, ringförmige Hülle und die verschwommene größere Hülle außen herum, waren doch tatsächlich sichtbar.

NGC3115 (Spindelgalaxie) ist so hell, dass man sie auch problemlos bei schlechten Bedingungen beobachten kann. Und sie hat noch einen Vorteil: Das Teil ist seeingresistent. Es ist ein verschwommener, länglicher Fleck und das bei bestem Seeing genauso wie bei miesen Bedingungen. Perfekt!

NGC4565 (Edge-On Galaxie bei Coma Berenices) war leicht zu sehen, aber hier schlugen die schlechten Bedingungen wieder zu. Die Nadel selbst war leicht zu sehen, aber das trennende Staubband, ließ sich nicht wirklich verlocken deutlich hervorzutreten. Aber auch unter solchen Bedingungen ist das eine beeindruckende Galaxie, schon allein von ihrer Größe im Okular.

Schon mal in Coma Berenices gab es noch einen Schwenk auf M53. Der war deutlich wahrnehmbar, aber meine mittlerweile auch müden Augen vom anstrengenden Beobachten durch das schlechte Seeing hindurch, wollten einfach keine Einzelsterne mehr erkennen, auch am Rand nicht.

Den Abschluss bildete noch Beta Monocerotis, sozusagen "in memoriam Wilhelm Herschel" (der hat fast alle Objekte des Abends als erster beschrieben), der ihn als schönsten Mehrfachstern (3fach) bezeichnet hat. In 7,3 und 2,8" Abstand stehen zwei fast gleich helle Begleiter der Komponente A und das Trio bildet einfach einen ästhetisch runden, schönen Anblick. Und - das beschreibt die Bedingungen des Abends ganz gut - die 2,8" entfernte Komponente ließ sich kaum (zeitweise auch gar nicht mehr) trennen.

Müde geguckt und mit kalten Fingern beendete ich kurz vor 23:00 den Abend und setzte mich erst mal mit heißem Tee ins Auto. Nach dem Aufwärmen ging's dann ans Einpacken der erfreulicherweise immer noch trockenen Ausrüstung. Schließlich wollte ich vor Mitternacht alles wieder verstaut haben. War ja noch kein Wochenende ...

Andreas-TAL
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Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“
                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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Christoph (13.03.2015), JohnnyB (13.03.2015), Ralf (13.03.2015), Ulf (13.03.2015), Uwe (13.03.2015)
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#2
Hallo Andreas,

ich lese deine Berichte immer sehr gerne. Da kann man sich richtig mit hineinfühlen und man spürt die Leidenschaft, die uns Hobbyastronomen treibt, ins All zu blicken. Das mit Thors Helm war für mich auch eine interessante Geschichte. Leider besitze ich selbst keine Filter. Ich mag das Geschraube einfach nicht... viele Nebel sind für mich ohne Filter einfach natürlicher und z. T. auch filigraner. Einzig an solchen Objekte, die wirklich stark darauf reagieren lassen den Wunsch nach einem Filter aufkommen.

Gestern bei Winfried gefiel mir die Luftruhe im Vergleich zum Mittwoch doch deutlich besser. Der Jet am Mittwoch war so enorm, dass alle Sterne völlig gematscht und aufgequollen wirkten. Scheußlich!!! An ein Trennen von bspw. der E und F Komponente am Trapez im Orion war überhaupt nicht zu denken.

Gestern dagegen konnte ich doch viele Sterne nadelfein erhaschen. Die Grenzgröße lag (bei den Sternchen zu meiner Zeichnung von NGC 2419) beinahe im Zenit um die 14mag. Da ist noch mindesten eine Grenzgröße mehr drin, wenn alles passt!!

Der 10" ACF zeigte mir schon bis 15mag Sterne.

Die Nacht entwickelte sich sehr gut und Jupiter gewann mit zunehmender Höhe viele Details. Nach 22.00 Uhr wurde es oben irgendwie dunstig und die Durchsicht ließ nach, was uns zum Beenden des Beobachtungsabends veranlasste.

Trotzdem waren es tolle 3 Stunden unter einem sonst prächtigen Himmel.
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
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Christoph (13.03.2015)
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Christoph (13.03.2015)
#3
Danke für die Rückmeldung.
Genau das versuche ich ein Stück weit "einzufangen", also die Stimmung der Nacht. Shy
Andreas
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