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Finale furioso
#1
Hallo Miteinander!

Ich hatte genau den selben Gedanken wie Uwe, nämlich das Ende der schönen Tage noch einmal zu nutzen.
http://forum-stellarum.de/showthread.php?tid=4640
Ich hatte schon die ganze Woche überlegt noch einmal raus zu fahren, aber da mir so eine Beobachtungsnacht immer ziemlich lang in den Knochen hängt und für Donnerstag die besten Beobachtungsbedingungen vorhergesagt waren, entschied ich mich das Ganze kurz vor Schluss zu machen.
Das war zwar immer noch eine Stressaktion, weil ich den ganzen Tag über in Mittelfranken war, kurz nach Hause kam, das Auto belud und dann wieder hoch in den Odenwald gefahren bin - aber dort hatte ich dann meine ersehnte Ruhepause. Uff ...

   
Sonnenuntergangsstimmung im Odenwald

Ziemlich schnell war alles aufgebaut - so langsam bekommt man wieder Routine - aber die ersten Blicke auf Jupiter, Venus und Mond zeigten, dass mein TAL-250K noch am auskühlen war. Im Fortgang der Nacht besserte sich das Seeing deutlich, aber nicht so, dass sich ein wirklich ruhiges Bild einstellte.

Jupiter war nicht wirklich "perfekt", wenn auch deutlich mehr als als die üblichen bei Äquatorbänder und deren Pendants im Norden und Süden zu sehen waren, die schlechtes Seeing kennzeichen. Am Anfang der Nacht war ja auch noch der Große Rote Fleck in guter Position auf der Jupiterscheibe zu sehen, allerdings ohne die vielen Details von kleineren Sturmgebieten, die in guten Nächten um den GRF herum ziehend, sichtbar werden.

Wesentlich eindrücklicher war der Mondterminator. Zwar zeigte sich auch hier ein ziemlich hochfrequentes Flirren, aber die feinen Kontraste auf der Oberfläche waren enorm. Ziemlich schnell hatte ich mich auf das Kraterpaar "Atlas" und "Hercules" festgelegt. Die beiden standen ziemlich ideal am Terminator und die Grabenbrüche an Atlas waren sehr beeindruckend. In manchen Momenten tauchten die Rimae Atlas wunderbar kontrastreich auf den Kraterboden auf und zeigten ihre zahlreichen Verästelungen. Auch die Licht-Schatten Stufungen im Kraterrand von Atlas waren faszinierend und ganz deutlich sichtbar, fast wie Terrassen.

Eine weitere Struktur am Kraterrand von Hercules zog mich auch in den Bann. Die Kraterwände waren so beleuchtet und schattiert, dass sich auf einem Teil der Kraterwand eine Art Zopfmuster bildete, so wie von einer Kordel, die aus zwei oder drei gedrehten dicken Schnüren besteht. Ungläubig blickte ich lange auf diese Struktur, die sich aber tatsächlich so darstellte.

   
Region um die Krater "Atlas" und "Hercules". Atlas ist der größere der beiden und hat prominente Grabenbrüche im Kraterboden, die "Rimae Atlas". Wenn ich richig gerechnet habe, haben die hier sichtbaren Rimae rund 1-1,5 km Durchmesser. Visuell waren die Strukturn tatsächlich noch deutlicher sichtbar.
Atlas hat rund 87 km, Hercules 71 km Durchmesser. Auch im Bild erkennt man auch ansatzweise das Zopfmuster im Kraterwall von Hercules. Von rund 2000 Bildern (fullsize mit 18 fps) wurden 15% per AviStack verarbeitet, mit Giotto geschärft und per Registax Farbabgleich und Histogramm gestreckt.


   
Dieselbe Region mit einer anderen Aufnahmesequenz, also kein Crop. Dieses mal per ROI um höhere Frameraten zu ermöglichen. Von rund 4500 Bildern (640x472 mit 58 fps) wurden 15% per AviStack verarbeitet, mit Giotto geschärft und per Registax Farbabgleich und Histogramm gestreckt.

Beide Aufnahmen enstanden mit dem TAL-250K bei 2130mm Brennweite und der ASI120mc.


Zwischendurch nutzte ich die Zeit ein paar Tests durchzuführen. So ermittelte ich, dass der optische Weg meines ZEISS M44 Prismas ziemlich exakt dem Weg meines 2" TAL Zenitspiegels entspricht. In letzter Zeit beobachte ich aber fast nur noch mit Prisma, weil ich mir zumindest einbilde, dass die Abbildung via Prisma irgendwie kontrastreicher und auch heller ist. Zumindest an Jupiter mit seinen feinen Farbkontrasten glaube ich das auch hinreichend reproduziert zu haben. Am Mondterminator zeigte sich aber kein Unterschied zwischen beiden.

Dann verglich ich die Abbildungsleistung meiner LVW Okulare am TAL-250K mit anderen Okularen. Auch diese Ergebnisse waren, im Vergleich mit anderen Abenden, konsistent. Die LVW bieten an meinem Klevtsov die wirklich besten Ergebnisse was die Randabbildung angeht, farbrein im gesamten Feld und scharf bis auf die äußersten 10% des Feldes.

Die TAL-UWA Okulare zeigen ein ebenso erstaunlich scharfes Bild (ich hatte das schlechter in Erinnerung), da aber in den letzten 15% am Rand nicht mehr zeitgleich mit der Achse scharf gestellt werden konnte. Kurz vor der Feldblende war im Gesichtsfeld dann auch deutlich Farbe (im Übergang hell-dunkel am Mondrand) zu sehen, die aber ein kurzes Stück weiter innen im Feld sofort verschwand. Insgesamt ein sehr überzeugendes Ergebnis, mit einem sehr bequemen Einblickverhalten. Tatsächlich noch einen Tick entspannter wie bei den LVW, die ja schon angenehm sind.

Die Baader Genuine Orthos waren was die Schärfe auf der Achse angeht, aber nochmal eine Klasse für sich. Zum Rand hin ließ der Schärfeeindruck etwas nach, aber nicht so, dass man von einem signifikant unscharfen Rand sprechen konnte. In dem mittleren Bereich (so im innersten Drittel) war die Schärfe am Mond enorm. Die BGO's zeigten zwar nicht "mehr" als die LVW oder UVW Okulare, aber nochmals deutlich kontrastreicher. Ich verlor mich fast in den vielen Kraterdetails meiner heutigen beiden Favoriten.

Da ich meinen neueren (Arbeits)Laptop dabei hatte, darauf die ASI120mc Software aber testhalber installiert war und die ASI120 auch dabei war, entschied ich mich ein paar Mondaufnahmen (an den besagten Kratern) zur machen. Um dem wechselhaften Seeing Rechnung zu tragen versuchte ich eine möglichst kurze Belichtungszeit (auch auf Kosten von höherem Gain und Gamma/Helligkeit) anzustreben. Zumindest der Anzeige nach konnte eine fps-Rate von über 55 (mit kleinerer ROI) erreicht werden - wow! Von der WebCam kommend (mit 5-10 fps) sind das ja Welten ...
Leider lief FireCapture auf dem Win7-Laptop nicht stabil, aber ein paar gute Sequenzen waren doch möglich. (Bilder siehe oben)

Nach der Mondbeobachtung wandte ich mich noch den ein oder anderen DeepSky Objekten zu. Interessanterweise fand ich das Seeing merkwürdig zweigeteilt. Bei flächigen, hellen Objekten zeigte sich eine Art hochfrequentes Flirren, dass mitunter den Kontrast deutlich minderte, aber auch sehr kontrastreiche Phasen hatte.

M51/M82 zeigten sich nochmals heller als beim Teleskoptreffen, allerdings war auch der Himmelshintergrund heller (durch den Mondschein), was aber wieder eine etwas höhere Vegrößerung zuließ. Das Objekt erschien dann auf dunklerem Hintergrund wieder "besser". Eine komplizierte Nacht, die irgendwie keine Entscheidung im direkten Vergleich der Beobachtungsbedingungen zu anderen Nächten zuließ.

Beim CatEyeNebula war es dasselbe Spiel: Der Zentralstern etwas schwächer, aber die nebligen Ellipsen doch wieder andeutungsweise sichtbar und mit deutlich blauer Farbe. M57 zeigte sich ebenso gut aufgelöst und mit leichten inneren Strukturen, diesmal bevorzugt zwischen den beiden Schalen.

Erstaunlich war die Sombrero Galaxie, die sich in dieser Nacht sehr kontrastreich zeigte. Ein deutlich heller Kern und die Kante war bis weit in die Randbereiche sichtbar. Der Hammer war aber das signifikant wahrnehmbare Staubband, dass die Galaxie beherrschte und unterteilte.

Das Leo-Triplett zeigte sich ebenfalls von einer seiner besten Seiten und die dritte Galaxie im Bunde, die ja immer etwas schwächer auftritt, war konnte deutlich im Blick gehalten werden. Ein tolles Bild, diese gigantischen Welteninseln im Weltraum "schwebend" zu sehen. Der Verstand weiß natürlich von der gigantischen Größe des Universums, aber es sind Bilder wie diese, die sich bei mir einprägen und diese Unendlichkeit ein Stück weit "nachempfindbar" machen.

Mit vielen weiteren Galaxien (ich muss mir da wirklich mal eine Übersicht verschaffen), einigen Doppelsternen (Albireo und Co.), Kugelsternhaufen und offenen Sternhaufen endete diese Nacht wie in einem kosmischen Feuerwerk.

Ach ja, die Sunflower Galaxie stand auch noch auf dem Programm. Mit ihren sich deutlich abzeichnenden Kern und den umliegenden hell-dunkel Strukturen, die eine Ahnung der Spiralarme zuließen, hat sie für mich immer ein Versprechen vom kommenden Sommer und warmen Abenden und Nächten (der Name trägt sicher auch seinen Teil dazu bei) - was aber übrigens im krassen Gegensatz zu dieser Nacht stand, die nun wirklich ziemlich kalt war und rund eine Stunde nach Mitternacht bei Temperaturen knapp über dem Nullpunkt ankam. Nach 5 Stunden ohne Handschuhe ein überzeugendes Argument zum Zusammenpacken.

Auf der Rückfahrt bot mir noch ein Reh"herde" (ich weiß, das klingt komisch, aber waren mindestens 20 Tiere, die über die Straße wechselten) und später eine Füchsin mit ihren zwei kleinen, auf der Straße umher tollenden jungen Füchsen, die einerseits erschrocken und andererseits frech das Auto beäugten und dann weiterspielten, nochmal ganz andere Eindrücke.

Grade die zwei kleinen, unbeschwert spielenden Kerle (ich weiß, der Verstand sagt: Kindchenschema schlägt zu), zauberten ein Lächeln auf mein hundemüdes Gesicht.
Wie unbeschwert das Leben unter einem Sternenhimmel doch sein kann ... Wink

Andreas-TAL
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Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“
                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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Christoph (26.04.2015), CorCaroli (25.04.2015), Florian B. (26.04.2015), Gerhard (26.04.2015), Herbipollution (27.04.2015), Karsten (27.04.2015), Ulf (25.04.2015), Uwe (26.04.2015), Wolfgang.F (26.04.2015)
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#2
Hallo Andreas,

ausführlicher Bericht mit schönen Bildern. Daumen hoch
Astronomische Grüße
Ulf

[Bild: signatur.jpg]

Wer die Freiheit einschränkt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren!
Benjamin Franklin
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#3
Hallo Andreas!
Ein Super Bericht und tolle Nacht! Daumen hoch
Ich hatte ja leider Frühdienst am Freitag, sodass ich "nur" belichten und nicht beobachten konnte. Und jenseits vom Kindchenschema ist das doch ein tolles Zusammentreffen, noch beim Heimfahren ein Rudel Rehe zu treffen oder gar spielende Fuchskinder im Scheinwerfer zu haben! Smile
Deine Mondfotos finde ich absolut stark! Super getroffen! Daumen hoch
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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