Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Musikalische Beobachtung
#1
Tach zusammen,

das ITV rief - also den ganzen Krempel (pardon: 12 Zoll Dob, Oku-Koffer, Beobachtungs-Stuhl, diverse Atlanten / Zelt, Iso-Matte, Schlafsack, Hammer / Reiseköfferchen mit Klamotten) ins Auto gepackt - festgestellt dass der Kofferraum noch erfreulich aufgeräumt erscheint und los gedüst. Ziel war aber nicht Gedern, sondern erst einmal Fulda, wo sich gerade Astrokollege Michi aufhielt. Bei Sonnenschein angekommen machten wir nach einer kurzen Begrüßung erst einmal die Stadt unsicher. Nach dem Abendessen und mit Einbruch der Dunkelheit machten wir uns auf um unsere Geräte im Grüngürtel der Stadt aufzubauen - abseits vom direkten Licht. Wie vom Wetterbericht vorhergesagt war nur ein wenig Wolkenlückenhopping möglich, hatte aber auch seinen Reiz ein paar hellere Ms zu erwischen. Die vorbeiziehenden Passanten (meist Jugendliche bzw. junge Erwachsene) nahmen von uns keine Notiz...

Der Vatertag war wettertechnisch und beobachtungstechnisch auch nicht das Highlight, so die Wetterprognose. Aber wir wollten ohnehin erstmal die Rhön unsicher machen. In Michaels WoMo ging es in Richtung Abtsroda und dort zu Fuß rauf zur Wasserkuppe, Roßkopf, Radom und nach einer kleinen Stärkung wieder zurück. Danach fuhren wir weiter zum roten Moor (Rundgang) und schließlich auch noch zum schwarzen Moor (ebenso Rundgang), wo wir uns eine weitere Stärkung um dann noch die spärlich erhaltene Grenzanlage zur ehem. DDR zu besichtigen. Schon auf der Rückfahrt bemerkten wir, dass der Himmel den Prognosen folgte und dicht machte.

Freitag - nochmal ein paar Sehenswürdigkeiten der Barockstadt Fulda aufgesucht (Michi pflegt es lange zu schlafen) und ihn danach sogleich geschockt: Ich komme nicht mit auf's ITV - frei nach Eure Mütter - Kein Bock Also auf Richtung Heimat und das gepackte Auto in die Garage gestellt.


Der Leser denkt sich nun: Wo ist hier der Beobachtungsbericht? Ach ja, richtig! Der Wetterdienst hat für Freitag Abend klares Wetter versprochen. Da ich zur Abwechslung mal keine Sternwartenführung hielt, Bereitschafts- oder Wochenenddienst hatte, mich auf keine Dienstreise befand und auch noch am nächsten Tag ausschlafen konnte, machte ich mich zur fortgeschrittenen Dämmerung auf zu meinem Hausberg und meinem Beobachtungsplatz. Die Gerätschaft war nach wenigen Minuten einsatzbereit aufgebaut, MP3 Player an und leise Nightwish aufgelegt und es konnte los gehen. Passender Weise wurde der Track Stargazers abgespielt...

Ein heller Stern über den westlichen Horizont wurde ins Visier genommen und entpuppte sich - wie auch nicht anders erwartet - als unser Nachbarplanet Venus. Naja, hell war sie ja und die Phase konnte leicht beobachtet werden, doch sie pumpte auch ziemlich und zeigte die tollsten Farben. Viel besser wurde es auch bei Jupiter nicht. Bei nicht mal 90-facher Vergrößerung wechselte er zwischen Unscharf zu Matsch und wieder zurück. Zumindest konnte man zeitweise etwas mehr entlocken außer die zwei Hauptwolkenbänder. Ein Hightlight war Jupi aber nicht. Inzwischen fast komplett dunkel wurden die ersten drei Messier-Objekte angefahren. M44 Präsepe, welche abgefahren werden musste da sie viel zu ausgedehnt erscheint und die Kugelsternhaufen M13 und M92, die sich prompt aufgelöst bis ins Zentrum zeigten. Sollte der Himmel etwa doch nicht so schlecht sein?

Frühsommerzeit ist Galaxienzeit, also auf zum Löwen. Die wohl prominenteste Galaxiengruppe dort ist das Triplett, welches ich auch als erstes aufsuchte. Danach folgte das unweit entfernte Quartett (welches aber eigentlich aus noch mehr Galaxien besteht). Mit Begeisterung über die sichtbaren vielfältigen Formen wurden auch noch die anderen Galaxien aufgesucht, die die Atlanten im Löwe vorhielten.

Extragalaktisch wurde es dann auch im Großen Wagen. Von Phekda ausgehend wurde die Galaxienkette runter zu den Jagdhunden auf's Korn genommen. Auch hier der passende Track Endless Forms Most Beautiful. Warum M109 auch auf den Namen Staubsaugergalaxie hört, bleibt mir aber nach wie vor ein Rätsel... Messier 108 hat schließlich auch einen einleuchtenden Beinamen erhalten (Surfboardgalaxie). Von den Jagdhunden wieder zurück zum Wagen und prominente Vertreter wie M51 und M101 aufgesucht. Gerade die Strudelgalaxie war ein echter Hingucker und die Spiralstruktur war gut erkennbar. Im Nachhinein bedauere ich, dass ich nicht noch eine stärkere Vergrößerung gewählt habe - vielleicht hätte sich dies noch förderlich ausgewirkt.

Natürlich wäre die Jungfrau auch noch ein Anlaufpunkt für Galaxien gewesen, aber nur ferne Welteninseln wollte ich auch nicht beobachten. M97 einer der vier PNs im Messier-Katalog wurde wieder mal besucht. Die Eule wurde als solches nicht so wirklich sichtbar, eine dunkle Delle zeigte sich im Planetarischen Nebel, aber die Augen traten nicht deutlich hervor. Dies gelang weder mit höherer Vergrößerung (ca. 170-fach) noch mit Filter (Astronomik OIII) und deren Kombination. Vielleicht liegt es daran, dass unsere Gegend hier doch durch die starke Ansiedlung schon zu viel Streulicht produziert.

Die beiden Kugelsternhaufen M3 und M5 durften als prominente Vertreter ihrer Art natürlich nicht unbeobachtet bleiben. Überhaupt ist der Vergleich zwischen den verschiedenen KS immer wieder interessant, da sich diese nicht wirklich gleichen. Ein Fauxpas unterlief mir auch noch, beim flüchtigen Blick in die Karten. Neben Alpha Comae Berenices 'sah' ich eine Galaxie eingezeichnet. Die vermeintliche Galaxie war schnell eingestellt und entpuppte sich als KS. Die haben sich wohl verdruckt? war mein erster Gedanke. Ne, du hast dich schön vertan! durchzuckte es mich beim studieren der Karten. Es war natürlich M53...

Eigentlich war ich mit den Galaxien schon fertig, da fiel mir aber ein, dass ich noch zwei der bekanntesten - auch häufig fotografierten - Exemplare noch gar nicht aufgesucht hatte: Die Sombrero-Galaxie M104 und die Black-Eye Galaxie M64. Das Pendant zum mexikanischen Hut stand schon etwas tiefer am Horizont und möglicherweise beeinflusste die Atmosphäre die Wahrnehmung schon ein wenig mehr als bei den anderen Objekten. Die Galaxie war gut zu erkennen, mehr aber nicht. Die hatte ich schon 'besser' gesehen. Interessanter war hier die Galaxie mit dem Auge. Sie stand etwa 130° schief im Okular (im Auge des Betrachters :-) ) und nahm etwa ein drittel bis zur Hälfte des Gesichtsfeldes ein. Der Galaxienkern war leicht erkennbar und leicht links versetzt unterhalb eine dunklere Stelle, die direkt sehend gehalten werden konnte. Auch hier eine Überraschung: Die Shuffle-Funktion des MP3 Players wählte The Eyes Of Sharbat Gula...

Hoch stand der Herkules und es lockte mich der kleine planetarische Nebel NGC6210 der auf den Namen Schildkröte hört. Ein putziges Teilchen welches ich schon öfters aufsuchte. Selbst bei 300-fach ein strukurloses, grünes, ovales Scheibchen. Da gerade das passende Okular im Auszug steckte, rauf zum Herkuleshaufen. Ein Genuss, wie sich dieser KS durch das Gesichtsfeld des Okulars bewegte.

Etwas weiter noch, stand die Leier ziemlich hoch am Firmament, sodass ich wenigstens dem Ringnebel einen Kurzbesuch abstatten wollte. Den Besuch dehnte ich etwas länger aus, da ich mir einredete unbedingt den Zentralstern knacken zu müssen. Bei hoher Vergrößerung (wechseln zwischen 170 - 300-fach) versuchte ich das Sternlein zu erhaschen. Von der Augenflüssigkeit lief mir die Augenlinse des Öfteren an, so klebte ich am Okular. Zweimal war ich der Meinung, dass das Sternchen kurz aufblitzte. Leider konnte ich es nicht halten, von daher ist meine Bemühung als gescheitert anzusehen. Ich glaube aber, dass ich noch nie so nah dran war die diesmal.

Und zu guter Letzt durfte eines meiner absoluten Favoriten nicht fehlen. NGC6992 und 6995 die Filamente des Supernovaüberrests im Schwan. Schon beim Einstellen bemerkte ich, dass die Bedingungen nicht mehr die allerbesten waren, da ohne Filter der Sturmvogel recht blass daher kam. Mit OIII Unterstützung war's dann akzeptabel aber in einer Spitzennacht habe ich mit einem acht Zoll SC wesentlich mehr gesehen (ohne Filter). Auch die Knochenhand war nicht ganz so 'faserig' wie schon anderweitig gesehen, wenn auch mit einigen Details.

Bevor das Teleskop transportfertig zerlegt wurde, konnte ich natürlich auch nicht umhin Saturn noch einen Besuch abzustatten. Obwohl auch Saturn schon einige Grad über dem Horizont, war das Abbild eher 'naja'. Saturn wabbelte im Okular spazieren, zeitweise war die Cassini-Teilung nur zu erahnen und es wurde recht schwierig zu bestimmen welcher Ringteil vor dem Planeten und welcher hinter dem Planeten stand.

Fazit: Es war nicht die beste aller Nächte, in Bezug auf Planeten sogar eine grausige, aber auf jeden Fall eine Nacht die ich lange in Erinnerung behalten werde. Nach meinen letzten Beobachtungsanläufen, die ich nach kurzer Zeit abbrechen musste (mal tränten die Augen vom zugigen Wind, etc.) versöhnte sie mich auch wieder mit meinem Hobby... Hoffentlich war es nicht die letzte in diesem Jahr!
Folgenden 8 Usern gefällt Florian Köhler's Beitrag:
Andreas-TAL (17.05.2015), Christoph (18.05.2015), Florian B. (18.05.2015), Gerhard (18.05.2015), Karsten (18.05.2015), Ulf (18.05.2015), Uwe (17.05.2015), Wolfgang.F (18.05.2015)
Zitieren
Folgenden 8 Usern gefällt Florian Köhler's Beitrag:
Andreas-TAL (17.05.2015), Christoph (18.05.2015), Florian B. (18.05.2015), Gerhard (18.05.2015), Karsten (18.05.2015), Ulf (18.05.2015), Uwe (17.05.2015), Wolfgang.F (18.05.2015)




Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste