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Mondbeobachtung am 02.07.2015 und Saturn
#1
Hallo,

gestern kam ich gegen Mitternacht heim. Und weil ich für den nächsten heißen Tag ein frisches Hemd
haben wollte, jedoch alle leichten Hemden bereits getragen waren, startete ich die Waschmaschine.
Bereits beim Heimradeln hatte ich beschlossen, die Zeit, während derer die Maschine läuft,
für Saturnbeobachtung zu nutzen. Also gleich den FS-128 zum Temperieren rausgelegt.
Von der Terrasse aus ging nichts, Saturn stand schon hinter den Bäumen. Vom Hof aus seitlich am Haus vorbei war`s besser.
Der Reihe nach alles rausgetragen. Stativ, Montierung, Gegengewichtsstange, FS-128 in die Schelle gelegt,
Sucher ran, Hocker daneben, Kasten mit Okularen und Zenitspiegel geholt.
Mann, Mann, Mann, soviel Zeugs! Und soviel Gewicht. Egal, ich wollte Saturn sehen und nicht einen auf Opfer machen.
Während der Zeit, die ich für den Aufbau brauche, ist der FS-128 jeweils mit dem Temperaturausgleich durch.

Nach kurzer monokularer Beobachtung beschloß ich, auf binokular zu wechseln. Kasten mit Binokularansatz
und Okularpaaren geholt. Deutlich eindrucksvoller. Allerdings sind die Okular-Brennweiten noch
abgestimmt auf die 1500 mm Brennweite des Großen Wachter Refraktors. Bei den 1040 mm des FS-128 kam ich nicht
auf eine brauchbare Vergrößerung – bei guter Qualität (!). Wenn man einmal an einem guten Teleskop durch ein gutes Okular
betrachtet hat, ist man für Okulare, die man vorher für gut hielt, komplett versaut.
Da gibt es wohl gelegentlich zwei Takahashi 12,5 mm Abbe Okulare und bei denen wird`s nicht bleiben.
Zur Gegenfinanzierung die zwei kleinen EDs verkaufen, die sich so angesammelt haben.

So waren die tauglichsten Okulare die beiden 18 mm Baader Gen II. Im Binokularansatz ist ein 1,7-fach
Glaswegkorrektor, die Vergrößerung also rund 100-fach. An Saturn nicht üppig. Noch mit zwei ziemlich alten
Mikroskop-Okularen probiert, die erstaunlich gut abbilden. Titan war zu erkennen, zwei bis drei weitere Pünktchen
zu erahnen. Bevor ich mich darauf intensiver einlassen konnte verschwand Saturn hinter den Bäumen.
Mensch, sind die Bäume in all den Jahren gewachsen! Wäre es mein Garten würde ich reinklettern und sie kürzen.
Apropos: Können Bäume tanzen? Ja, aber sie tun es so langsam, daß wir es nicht sehen.
Und wir bewegen uns so schnell, daß die Bäume uns nur als Nebel wahrnehmen ... :-)

Gleich neben mir der Zaun zum Nachbargrundstück und direkt dahinter ein Gehege mit zwei Monsterkarnikeln.
Diese rappelten und raschelten ab und an, und immer wieder hörte ich ihr "rapp-rapp-rapp", wenn sie irgendwas futterten.
Sehr angenehme und erheiternde Gesellschaft beim nächtlichen Staunen am Teleskop.

Rüber zu Mond geschwenkt, wieder binokular. Diesmal mit den beiden 25 mm TeleVue Plössls.
Hatte ich letztes Jahr gebraucht erstanden. Boah, damit ging Mond so richtig gut rein.
Bei ungefähr 70-facher Vergrößerung schwebte Mond vor mir und füllte das Bildfeld nahezu ganz aus.
Bislang hatte ich gedacht, Vollmond sei langweilig. Weit gefehlt!

Hatte Mond sonst vor allem kurz nach zunehmendem Halbmond betrachtet. Da war ich dann voll und ganz fasziniert
vom Bereich um den Terminator und den dortigen Strukturen. Über die anderen Regionen jeweils nur flüchtig drübergeschwenkt.
Gestern gab es diese Fixierung mangels Terminator nicht. Und so ließ ich den gesamten Mond auf mich wirken und
entdeckte ihn völlig neu. Helle und zarte Grautöne in vielen, vielen Nuancen. Einfach nur faszinierend.
Ich staunte und staunte und genoß es intensiv. Zwischendurch die 18 mm Gen II rein, die brachten jedoch nicht
annähernd die Bildqualität der beiden TV-Plössls, also weiter mit diesen.

Die strahlenartigen Zeichnungen der Gebiete um Tycho und Kepler lassen erahnen, was dort los war,
als diese beiden Krater vor langen Zeiten durch (große) Impakt-Ereignisse entstanden.
Mir fiel ein, daß es in den 50er Jahren Planungen beider Supermächte gegeben hatte,
auf dem Mond je eine eigene Atombombe zu zünden. Verständnisvoll nickte ich mit dem Kopf, staunte weiter,
wanderte mit dem Blick aufmerksam über den Mond, nahm dieses große Gesamtgemälde beeindruckt wahr.

Irgendwann beschloß ich, mich um Waschmaschine und Schlaf zu kümmern.
Also emsig abgebaut und alles reingetragen. Noch ein Blick, ob ich nichts vergessen hatte.
Dann wünschte ich den beiden Kaninchen eine gute Nacht und verließ den Platz,
an dem vorher Mond so vielgestaltig zu Gast war.
Viertel nach drei lag ich im Bett.

Viele Grüße,
Andreas, lunatic
Folgenden 4 Usern gefällt Andreas Paul's Beitrag:
Andreas-TAL (03.07.2015), Christoph (04.07.2015), Florian B. (04.07.2015), Winfried Berberich (04.07.2015)
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