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Farbsehen trifft Winkelausdehnung...
#1
BB vom 18.08.2015

Hallo,

nach einem Anruf von Ralf verabredeten wir uns bei ihm zur gemeinsamen Beobachtung. Wie es sich für einen guten Gastgeber gehört, wurde ein ansprechender Himmel mit ordentlichen Bedingungen zur Verfügung gestellt. Wink  Um 22.00 Uhr war ich vor Ort und wir brachten unsere Optiken in Stellung.

Es ist natürlich sicher nicht schwer zu erraten was da für Teleskope an den Start gingen. Die SXD´s mit FS2 Steuerung auf Berlebachstativen wurden mit zwei weißen, hübschen, langen Refraktoren bestückt. Die Gerätschaften sehen auf den ersten Blick aus wie eineiige Zwillinge. Bei genauerer Betrachtung fallen dann doch feine Unterschiede auf. Der eine vom Tubus ein klein wenig kräftiger mit 3" Auszug, der andere genauso lang jedoch etwas schlanker mit 2" Auszug.
Bei den Beobachtern dagegen erkennt man aber gleich die Unterschiede: Ralf, schon nach kurzer Zeit warm eingemummelt in eine Decke (gut, die Mütze hat gestern gefehlt) am Objekt, während ich erst nach Mitternacht dachte, dass ich jetzt mal eine wärmere Jacke anziehen könnte (Mütze... ja ich habe eine... irgendwo im Schrank). In Sachen "kräftiger" und "schlanker" soll sich bitte jeder seine eigene Meinung bilden. Big Grin  Vom Astrovirus sind wir jedoch beide besessen und schlagen uns unzählige Nächte um die Ohren.
Ein feiner Unterschied ist auch an unserem Visus feststellbar. Dazu komme ich aber später.

So, was haben wir denn dann alles betrachtet mit den 130er APOs. Wir wollten dabei den beiden 2Linsern auf den Zahn fühlen und etwaige Unterschiede betrachten. Der Astro-Optik-Manufaktur Apo hat ja andere Gläser und wird als Seriengerät auf der AME präsentiert. Mein ADA gehört zur "Vorserie" die den Schritt zur Produktion visueller High-End-Apochromaten angeschoben hat.

Zuerst stellten wir Atair (Alpha Aql) ein und erkannten, dass beide Linsendoublets noch etwas Zeit zum Temperieren benötigen. Von der Sternabbildung an sich gaben sich beide keine Blöße. Sofort zu erkennen war aber, dass bei den neuen Geräten der Beugungsring deutlich schwächer erscheint. Farbe ist in beiden Geräten im Fokus nicht wahrzunehmen. Wir steckten hierzu das 3,5mm und 4,5mm Okulare in den Auszug, um bis ans Vergrößerungslimit zu gehen.
Ralfs Apo franzelte anfangs am Stern etwas mehr, was sich aber im Laufe der Beobachtungsnacht legte. Scheinbar benötigt das Glas trotz dünnerer Linsen hier ebenfalls seine Auskühlungszeit.
Im ADA war dies nicht so deutlich.
Wenn man nun noch das Feld betrachtet, konnte der asphärisch gearbeitete ADA in allen Okularen bis zum Rand mit nadelfeinen Sternpünktchen glänzen. Er scheint hier gutmütiger zu reagieren. Der A-O-M-Apo verlangt dagegen hochwertige Okulare wie die Televue Serie. Im 31er Nagler oder im 10er Delos sah man auch hier das Feld bis an den Rand mit runden Sternlein.

An den Deep-Skys M 27, NGC 7331, NGC 7332/9 waren keine Kontrastunterschiede wahrnehmbar und beide Geräte liegen hier auf Augenhöhe. Die Schwächere Galaxie liegt hier am Limit für diese Öffnung. Viel mehr Luft ist dann nicht mehr nach oben. Den PN 7662 Blue Snowball vergrößerten wir bis gut 300x, konnten aber nur die leichte Ringform erhaschen. Weitere Einzelheiten blieben verborgen. Freilich machen hellere Objekte mit 130mm Öffnung mehr Freude. Doch wenn der Himmel richtig dunkel ist machen die Spaziergänge in die unendlichen Weiten des Alls durchaus Sinn. Offene Haufen wie H & Chi Persei sind im Refraktor meiner Meinung nach einfach nur brillant. Da gibt es keine Steigerung und alle Wünsche werden erfüllt.


Hübsch war der Doppelstern 52 Cyg, der die Qualität der beiden Apochromaten zeigte. Selbst bei Hochvergrößerung war nun hier das Beugungsbild wunderbar. An der helleren orangenen Komponente zeigte der ADA einen wunderschönen ersten Beugungsring und ein perfektes Airydisk. So war es auch im A-O-M-Apo, nur dass hier der erste Beugungsring in ruhigen Momenten förmlich verschwand.
Die Galaxie NGC 404 6' nördlich von ß And (Mirach), auch Mirachs Geist genannt war leicht in beiden Optiken zu erkennen.

Für mich war die Andromedagalaxie mit ihren Begleitern der Höhepunkt des Abends. Beide Staubbänder waren indirekt zu erkennen - das riesige Feld im 31er Nagler mit den Zahllosen Sternchen im Vordergrund rundeten das Bild ab.

Ach ja, da war doch noch Uranus, der im Moment beinahe seine Opposition hat. Problem: Auf Ralfs Terrasse sieht man den Polarstern nicht. Unsere Montierungen waren zwar grob ausgerichtet, aber mit der Goto-Funktion hatten wir gestern doch den ein oder anderen Irrweg zu den Objekten der Begierde. Und wer die FS 2 Steuerung kennt, weiß auch, dass sie eine kleine Schwäche in Sachen Planeten hat. Ob wir den "Gasriesen" finden???

Vorteil ist das große Gesichtsfeld, das ein Übersichtsokular am F9 Gerät noch bringt. Nach kurzer Suche in der Goto-Region meinte Ralf zu mir: "Schau mal, das türkise "Sternlein" müsste Uranus sein!" Als ich in das Okular blickte sah ich natürlich wieder mal nichts Türkises. Blaue bzw. grünliche Sterne sehen für mich meist nur grau oder eben weißlich aus. Aber ein Lichtpünktchen wirkte für mich flächig im Gegensatz zu den anderen Sternlein. "Ich sehe zwar kein Türkises Pünktchen, aber das Planetenscheibchen ist flächiger als die feinen Sternchen!", gab ich zur Antwort. Mein Blick für Winkelausdehnungen hat mich nicht im Stich gelassen und Ralfs Farbwahrnehmung mit adaptierten Augen ist und bleibt deutlich über der meinen. So "verhafteten" wir den Planeten und vergrößerten nun soweit, dass die Planetenscheibe ordentlich groß zu erkennen war.

Kurz danach, es war mittlerweile nach 1.00 Uhr, beendeten wir die Beobachtungen und fachsimpelten in der Astrotheke bei einem kühlen Blonden noch bis 2.00 Uhr über die neue Serie und die großen Herausforderungen dieses Projekt zu stemmen. Gespannt bin ich auf alle Fälle auf den 160er, der wahrscheinlich das Gerät wird, mit dem sich Astro Optik Manufaktur am Markt etablieren wird. Der 130er hat es gegen die große Konkurrenz trotz seiner hervorragenden Qualitäten sicherlich nicht leicht. Zumal Qualität ihren Preis hat. Dieser ist aber für handgefertigte Spitzenoptiken auf alle Fälle gerechtfertigt. Da ist nichts schöngerechnet oder werbemäßig hochgepuscht. Da passt einfach die Ausführung und die damit verbundene Freude am Nachthimmel.

Daumen hoch

Mein Fazit ist, dass beide Teleskope sehr nahe beieinander liegen. In der Sternabbildung ist der Astro-Optik-Manufaktur-Apo noch mal ein Schrittchen weiter. Nicht wirklich viel, aber sichtbar. Im Feld punktet der ADA, der hier äußerst gutmütig mit allen Okularen klar kommt.
Vielleicht kann Ralf noch seine Gedanken zu diesem ersten Vergleich hier anhängen. Für mich war es wieder ein toller Abend, den ich lange nicht vergessen werde.
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
Folgenden 6 Usern gefällt Uwe's Beitrag:
Andreas-TAL (19.08.2015), Christoph (19.08.2015), Florian B. (19.08.2015), Herbipollution (25.08.2015), Martin.F (19.08.2015), Michael (19.08.2015)
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#2
Hallo!
Mich freut es, dass auch die neue Serie gelungen ist - nach all den Geburtswehen - und wünsche ihm gerade deshalb viel Erfolg im engen Markt! Daumen hoch 

Gerne hätte ich meinen 10" Dobson als Referenz-Newton ( Big Grin ) zur Verfügung gestellt. Immerhin zeigt er an engen Doppelsternen auch feine Beugungsringe.

So ging ich gestern wieder auf PN-Jagd in der Adler-Gegend. War zwar keine gute aber ordentliche Nacht im Werntal.
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#3
Hallo Nachtschwärmer,
erstmal kann ich entnehmen dass Uwe wohlbehalten nach Hause gekommen ist. Im Lindelbacher Wald warten immer lebensmüde Tiere am Straßenrand um sich dann todesmutig auf die Straße zu begeben wenn ein Auto herannaht Sad Angel

Diese feuchtkalte Beobachtungsnacht ist mir jedenfalls noch einige Zeit in den Knochen gesteckt aber dennoch in guter Erinnerung.
Eben noch waren die Nächte so warm dass es selbst mit offenem Fenster zu warm war und nun ist schon wieder gefühlt "Herbst".

Eine Korrektur muss ich an Uwe´s Text vornehmen: Sein Gerät hat einen 3,5" Starlight Auszug; meines hatte einen 3" Auszug; bzw. in Serie sind es FTF 3045 Auszüge, also 3" mit Sonderlänge im Auszugsweg von 115mm. 2" Auszüge sind nicht vorgesehen.

Die Sphinx Montierung brauchte bei mir gerade mal ein 3,7kg Gegengewicht um Teleskop, 2" Spiegel samt schweren Okularen ins Gleichgewicht zu bringen.
Bei Uwe waren es zwei Gegengewichte aufgrund der massiveren Bauweise.

Uwe, Du hast die Beobachtungs wunderbar beschrieben, da gibt es nichts hinzuzufügen.

Der Test war ja dazu gedacht Unterschiede herauszufinden und diese decken sich sehr gut mit der optischen Rechnung.
Der ADA hat mit seinem asphärischen Design eine sehr gute Feldkorrektur und damit auch eine gute Eignung für Fotografie. Am Gesichtsfeldrand ist die Definitionshelligkeit sogar 1% besser als in der Bildmitte.
Das zeigt sich visuell bei einfacheren 2" Okularen dann an der gleichen Abbildung von Mitte und Rand. Beim Astro Optik Manufaktur Design mit anderen Gläsern und rein sphärischen Flächen ist die Randabbildung keinesfalls schlecht und sichtbar besser als bei kurzbrennweitigen Refraktoren. Wir haben aber genau darauf gesehen und im Vergleich ist der Unterschied sichtbar.
Bei Verwendung von TeleVue Panoptik 41mm, Ethos 21mm war dagegen kein Unterschied sichtbar.

Der rechnerische Gewinn des neuen Designs liegt in einer besseren Farbkorrekur bzw. besseren Definitionshelligkeiten. Im Grünen liefern beide Objektive rechnerisch 100%, nach beiden Seiten des Farbspektrums wird dieser Wert geringer unter der Bedingung dass die Fokussierung auf Grün festgestellt bleibt. Dieser Abfall der Werte fällt beim neuen Design geringer aus und führt zu einer höheren Konzentration im Airy Disk.
Das konnten wird dann auch gut bei Höchstvergrößerung erkennen wie die Intensität des ersten Beugungsrings unterschiedlich deutlich war.
Von der Qualität der sphärischen Korrektur her betrachtet waren für mich beide Optiken gleichermaßen sehr gut, die Unterschiede liegen rein am unterschiedlichen Design.

Zum Auskühlen kann ich sagen, dass mein ADA in der bisherigen Erfahrung nicht schneller reagierte wenn ich das Gerät von 25°C Raumtemperatur an die geschätzten 8°C  Außentemperatur brachte. Allerdings bleibt das Sternbild in der Auskühlphase beim ADA rund, aber mit sphärischer Aberration die nicht so stark auffällt. Der Asto Optik Manufaktur Apo neigt bei sehr hohen Vergrößerungen zum "franzeln" solange temperiert wird. Das wurde dann immer weniger bis es im Seeing unterging. Bei der Doppelsternbeobachtung von 52 Cyg oder Gamma Andromeda war dann bei 266x und 343x nichts mehr davon zu sehen.

Fazit ist: Geräte kühl lagern oder frühzeitig nach draußen bringen wer bei Höchstvergrößerung die volle Leistung abrufen möchte.

Gerade die klare Sternabbildung, sowie kontrastreiche Planeten und Mondabbildung ist es ja was der Aponutzer mit Genuß erleben will.

Besten Gruß
Ralf
Folgenden 2 Usern gefällt Ralf's Beitrag:
Herbipollution (25.08.2015), Michael (19.08.2015)
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