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Ein Blick "durch´s Schlüsselloch"
#1
BB vom 27.02.2016

Hallo,

weil ich den Freitagabend leider auf Grund eines Termins sausen lassen musste, freute ich mich um so mehr am gestrigen Samstag meinen 10" ACF nach langer Winterpause wieder einmal auf der Terrasse auf die Montierung zu setzen. Ganz feiner leichter Dunst in der Höhe ließ die Durchsicht zwar sehr ordentlich, aber nicht perfekt erscheinen. Immerhin spannte sich die Milchstraße zart über den Zenit. Die Luft blieb unter meinen Erwartungen. Gerade am Anfang gegen 19.30 Uhr waberten die Sterne doch deutlich in den Okularen. Später wurde es aber besser, so dass die E- Komponente stets zu sehen und das F-Sternlein ab und zu aufblitzte.

Der gigantische Orionnebel zeigte sich gut strukturiert und bereitete mir großen Beobachtungsgenuss. Zum ersten Mal stöberte ich im BAfK (Beobachteratlas für Kurzentschlossene). Im Sternzeichen des Orion finden sich dann hier zahlreiche "spezielle Fizzelchen und Nebel", die nach dem Motto

"...selbst mit 20" und OIII ist maximal der westliche Bogen erahnbar"(Abell 13) oder "...mit 16" ...ist HH 2 indirekt einfach zu halten... - HH1 dagegen ist deutlich schwerer, kann aber mit einiger Geduld indirekt gehalten werden - UHC hilft" (HH = Herbig Haro) sowie "...mit 14" und 130x wird NGC 1875 indirekt als zarte Aufhellung sichtbar..."

unter den gestrigen Bedingungen und mit meiner Gerätschaft (wahrscheinlich auch in Zukunft Wink ) unerreicht blieben. Wo ich doch dazu noch so ein "Freund von Schraubfiltern"  Blush  bin. Nun gut, größere Spiegel sind ja heute nicht mehr so selten, die Anzahl der schwachen Objekte ist aber doch schon recht hoch. Das hätte ich in so einem eher überschaubaren Werk so nicht erwartet. Ansonsten ist das Ringheft gut verarbeitet und die Seiten feuchtigkeitsabweisend. Sicherlich ist der Atlas eine schöne Ergänzung, da die Ausführungen über die einzelnen Objekte sehr informativ sind.

Von Feuchtigkeit war gestern auf alle Fälle keine Spur. Bei trockener Luft, Temperaturen unter dem Gefrierpunkt und einem eisigen kalten Nordwind pfiff es geradezu um das Teleskop. Ich hatte die dicksten Winterklamotten an (gefühlt waren es bestimmt -10°C). Nur gelegentlich legte sich die steife Brise.

NGC 1788, ein Reflexionsnebel, der wahrscheinlich durch die Trapezsterne angeregt wurde und M78 lagen dann doch gut in Reichweite meiner Öffnung und wurden angesteuert. Immer einen Blick wert ist auch Rigel der mit seinem kleinen Partner ein hübsches Sternpaar ist. An Sirius verweilte ich einige Zeit um die B-Komponente zu sichten hier blitze ab und an ein zartes Sternchen auf. Sicher war ich mir allerdings nicht, da ich durch den hellen Hauptstern und das Gegenlicht meines Auges Reflexe im Zoom-Oku wahrnehmen konnte. Da möchte ich noch einmal ran.

Auf Seite 45 fand ich aber dann mein Objekt des Abends. NGC 1999, der "Schlüssellochnebel". Im Stropek ist er nur als Nummer erwähnt, obwohl er doch einigermaßen hell daher kommt und im BAfK gut beschrieben wird: "...der helle Nebel ist nur ein Teil einer viel größeren Dunkelwolke - verantwortlich dafür ist der Stern V380 Orionis, ein ausgewachsener A0 Stern - das Schlüsselloch ist keine vorgelagerte Dunkelwolke, sondern ein Loch in der Molekülwolke - vermutlich wurde es während der Sternbildung von aufgetretenen Jets frei geschaufelt."
Mit 16" sollte man die dunklen Absorptionsflecken im Nebel erkennen und hier wurde ich dann positiv überrascht. Indirekt wirkte das Wattebäuschchen im ACF dicht neben dem Stern wie abgeschnitten (ähnlich wie bei Galaxien mit Staubband). Nachdem ich dann die Vergrößerung auf gut 200x im Zoom Oku gesteigert hatte konnte ich indirekt immer wieder diese dunkle Stelle ausmachen.
Ich war so fasziniert, dass mich die Endorphine förmlich zwangen mein Zeichenbrett zu holen, die Stifte herauszukramen und die Szene festzuhalten. So entstand doch tatsächlich bei widrigen Umständen die erste Zeichnung 2016:

   

Gegen dreiviertel neun besuchte mich Bernhard auf der Terrasse. Nach kurzer Einweisung in die FS2 steuerte er die Galaxie NGC 2903 im Löwen an, die schön Struktur zeigte. Der Inuit-Nebel (die herkömmliche Bezeichnung für NGC 2392 ist in der heutigen Zeiten sicher nicht mehr angebracht Sleepy ) durfte natürlich nicht fehlen. Am Galaxien-Quartett um NGC 3190 verweilten wir, bis wir alle Sterninseln eindeutig identifiziert hatten. Die schwächste war nur ein Hauch von Aufhellung im 22er Nagler. Mit dem Leotriplett, das gerade so ins 31er Oku passt, war die kleine Galaxientour zu Ende.

Da ich mit Ralf vereinbart hatte, ihm in der Volkssternwarte in Würzburg bei der Justage des neuen ACF 16" behilflich zu sein, warfen wir noch schnell einen Blick auf Jupiter. Ein schöner bläulicher "Flare" zog sich gebogen bis zur Äquatorlinie. Die Details waren aber nicht sooo üppig. Er stand auch noch recht tief und die Luftunruhe ließ ihn leicht flimmern. So parkte ich die Monti im Stromsparmodus, packte den Okularkoffer zusammen und fuhr nach Würzburg.

Kurz nach 22.00 Uhr begrüßte mich Peter von den Würzburger Sternwarte in der 6m Kuppel. Thomas war auch gekommen und so konnten wir vier uns der Einstellungen um die Gerätschaft kümmern. Imposant stand dort die neue Alt7 (was ein Wortspiel) mit dem mächtigen 130er AS von Zeiss, dem A-O-M 160er (absolut farbrein, das Objektiv wird im Sommer geliefert  Cool ) und dem f8 16" ACF von Meade. Ralf war noch damit beschäftigt die Deklinationsachse einzuscheinern. Die Feineinstellung der Polhöhe wollte nicht so wie er. Nach etwas Überlegung wurde kurzerhand die Hauptschraube der Polhöhenlagerung geöffnet und mit gemeinsamer feinfühliger "Kraft" das gewünschte Ergebnis erreicht. Nun wanderte der Stern im Fadenkreuzokular nicht mehr ab und wir waren soweit zufrieden. In RA war das Einscheinern bereits erfolgt.
Jetzt galt es noch die FS2 Steuerung mit dem Goto einzurichten. Dies stellte sich dann als gar nicht so einfach heraus, da die Parameter (Schneckenzahnzahl, Übersetzung sowie die Einstellung des Vorgetriebes und die Schrittzahl) mit den Vorgaben auf der Alt7 irgendwie nicht übereinzustimmen schienen. Wir rechneten also hin und her bis wir auf ein ordentliches Ergebnis kamen. Trotzdem könnte das Ansteuern für unseren Geschmack noch deutlich besser funktionieren. Ob noch einmal längeres Einscheinern erforderlich ist bzw. über Eckhart Alt noch Informationen zu den Getriebeeigenschaften notwendig sind wird sich noch herausstellen. Nach gut 2 1/2 Stunden hatten wir die Montierungssteuerung zumindest so weit eingestellt, dass man damit sicher gut arbeiten kann. Daumen hoch

   
   

Zwischendurch justierte Ralf mit mir den 16"er, der eine sehr saubere Abbildung trotz der großen Obstruktion am Stern bringt. Nun durfte auch etwas Genuss nicht fehlen und wir betrachteten Jupiter im Bino. Die Zeiss Abbe Okus mit ihrem angenehmen Augenabstand waren natürlich gleich so verlockend, dass ich davon ausgehe, dass die Würzburger Sternwarte in Bälde ein Binokular besitzt (mit anderen Okularen aber, da es die Abbe ja nicht mehr gibt). Peter war wirklich begeistert. Jupiter stand jetzt schon deutlich höher und beeindruckte uns in seiner Detailfülle. Auch vom 130er Refraktor war ich positiv überrascht. Ein hauchzarter Violettsaum war ab und an wahrzunehmen aber die Planetenabbildung war trotzdem tipp-topp.
Gegen 1.00 Uhr verabschiedete ich mich dann. Es zog Dunst in höheren Schichten auf und mein Equipment wartete zu Hause auf mich.

Hier ging es dann gegen 1.30 Uhr noch gut eine Stunde ans Okular. Als Objekt kam auf Grund der hohen Zirren/Schleier nur noch der Gasriese in Frage. Unser kosmischer Nachbar hatte einen großen Lichthof. An Jupiter schob sich langsam der GRF um die Planetenscheibe. Den Auftritt des lachsfarbenen Sturms wollte ich natürlich nicht versäumen. Im Direkten Vergleich fand ich die Planetenabbildung bei mir tatsächlich ähnlich gut, wie in Würzburg in der Sternwarte. Ich konnte bis etwa 250x vergrößern und hatte nochmal richtig Freude beim observieren der feinen Wolkenlinien in den Äquatorialbändern und dem GRF. Letztendlich war ich dann aber doch bis auf die Knochen "durchgeeist" und freute mich auf mein warmes Bett. Ein sehr ereignisreicher Abend ging zu Ende.

@Frank: Nochmal Danke für die Einladung! Schade dass ich es nicht mehr zu dir geschafft habe, aber es war auch schon recht spät als ich in Würzburg heimwärts startete.
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
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Andreas Paul (28.02.2016), Andreas-TAL (28.02.2016), August (28.02.2016), Christoph (28.02.2016), Florian B. (28.02.2016), Georg (28.02.2016), Karsten (28.02.2016), Martin.F (28.02.2016), Simon (28.02.2016), Ulf (28.02.2016), Wolfgang.F (28.02.2016)
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#2
Hallo Uwe!
Wahnsinns-Programm, dass Du gestern Abend hingelegt hast! Daumen hoch 

Zitat:Letztendlich war ich dann aber doch bis auf die Knochen "durchgeeist" und freute mich auf mein warmes Bett. Ein sehr ereignisreicher Abend ging zu Ende.

Nimm Dir mal ein Beispiel an Ralf und zieh nächstens eine Mütze auf, dann bleiben die Knochen warm!   Wink
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#3
Hallo Christoph, 

die Kopfknochen  Big Grin Tongue  Cool, ...
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
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Christoph (28.02.2016)
#4
Hallo Uwe,

aufgeschoben ist nicht aufgehoben...
Ich war noch bis Mitternacht draußen und habe mich auch am Jupiter sattgesehen und einige Versuche mit und ohne ADC gemacht. Ich bin begeistert von dem Teil, es bringt gerade am Planeten noch manches Detail hervor.


viele Grüße

Frank
Nur in einem ruhigen Teich
spiegelt sich das Licht der Sterne...
(aus China)
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Uwe (29.02.2016)




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