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Fast perfekt ...
#1
... aber immer noch Luft nach oben ist ein gutes Fazit für diese Nacht.
Nachdem sich langsam die Beobachtungsbedingungen bessern und der Jetstream nicht permanent mit höchsten Geschwindigkeiten in den wenigen klären Nächten über uns tobt, wollte ich jetzt keine Gelegenheit mehr verstreichen lassen.

Obwohl die erwarteten ganz tollen Bedingungen durch eine zu schnell hereinziehende Wolkenfront aus Nordwest nicht ganz eintrafen, war es eine sehr ertragreiche Nacht mit vielen guten, neuen Erfahrungen.
Das Aufbauen mit der CEM60 funktioniert mittlerweile genauso gut wie mit der NEQ6 und durch das leichtere Gewicht sogar ein gutes Stück angenehmer.
Leider war eine Straße zu meinem Beobachtungsplatz im Odenwald gesperrt, so dass ich mich diesmal mit einem alternativen Platz begnügen musste. Genauso gut, aber etwas ungewohnt was die Himmelsrichtungen, Position von Polaris (ich orientiere mich da immer an lokalen Gegebenheiten wie Bäumen, Hügeln, Waldrändern) angeht.

Diesen Satz bitte gut merken, weil er einen Gutteil des Abends prägen sollte.

Dort angekommen, war der Himmel nur noch locker bewölkt, gerade in Richtung Norden aber noch deutlich dichter.  Nach dem Aufbauen leuchtete durch eine Wolkenlücke in Richtung Norden ein heller Stern - perfekt. Die CEM daraufhin ausgerichtet, das GPS Modul machte den Rest der Einstellung und alles war wunderbar.

Während dessen lag mein 7" STF schon mit einem saugenden Lüfter versehen neben mir. Nach der Erfahrung der letzten Nacht, in der mein STF auch nach 2 Stunden (ich hatte auch noch vergessen die Lüftungsschlitze zu öffnen) nicht ausgekühlt war,  wollte ich überprüfen wie sich die Sache mit aktiver Belüftung darstellt.

Nach dem Montieren des Teleskops habe ich dann ein Alignment auf Jupiter gemacht: Grandios daneben! Was sollte das sein? Die letzten Male war die CEM selbst bei einem einzigen Objekt als Alignmentpunkt nahezu perfekt.  Die Einstellungen nochmals überprüft, Sommerzeit passt, UTC passt ...  keine Ahnung! In meiner Not habe ich einfach den UTC-Offset 1 Stunde größer eingestellt, danach ging es einigermaßen.

Nach dem Rätselraten habe ich dann einfach Jupiter (mehr war sowieso nicht geplant) manuell über die Handbox eingestellt. Im 18 mm BGO (100x) zeigte er sich extrem scharf, mit präzise strukturierten Bändern die vor allem in der Abgrenzung voneinander sehr exakt waren. Der Äquatorbänder zeigten in ihrem Bereich zusätzlich noch deutliche Helligkeits- und Farbunterschiede. Die Bedingungen waren - wie vorhergesagt - wirklich gut und so war ich neugierig wie hoch sich die Vergrößerung steigen ließ, ohne Einbußen an Kontrast und Details zu bekommen.  Das 12 mm BGO (150x) funktionierte fast noch besser und zeigte einen wunderbar kontrastreichen Jupiter mit zwei deutlich dunklen Äquatorbändern, darunter zwei weitere Bänder (eines davon ähnlich dunkel).  Auf der anderen Seite der Jupiterhalbkugel waren zahlreiche feine Bänder, Linien und weiße Strudel zu erkennen, die sich aber pastellartig, ockerfarben kaum voneinander unterschieden und deswegen nicht immer deutlich zu sehen waren. Weiter ging es mit dem 9 mm Bader Genuine Ortho, das nochmals einen größeren Jupiter ins Gesichtfeld zauberte, der erneut an kleinen Details zulegen konnte. 
Würde noch mehr Vergrößerung über den Durchmesser der Optik hinaus möglich sein?
Das 7 mm BGO (257x)  lies immer noch keinen Einbruch des Bildes erahnen. Mehr Details taucht in zwar nicht auf aber die vorhandenen waren auf der mittlerweile sehr großen Jupiterscheibe noch besser zu erkennen. Ich war beeindruckt mit welcher Leichtigkeit das STF eine Vergrößerung nach der anderen hinlegte und problemlos meisterte. Erst bei 6 mm war in dieser Nacht Schluss: Das Bild wurde deutlich weicher und brach ein. 300fache Vergrößerung bei einer 180 mm Optik ist aber auch schon wirklich an der Grenze und das gab diese Nacht dann doch nicht her.  Die vorherigen Abbildungen waren aber dermaßen souverän, dass ich wenig Zweifel hege dass das STF (wenn die Bedingungen wirklich passen) das auch noch hinbekommt - vielleicht sogar noch einen Ticken mehr so im Bereich um 320-330x.

Als ich die Vergrößerung immer weiter steigerte, bemerkte ich parallel dazu, dass Jupiter extrem schnell aus dem Gesichtsfeld lief. Die Nachführung war aber an. Was verflixt noch mal war mit meiner Montierung los?

Ein Blick an den Himmel ließ mich lauthals lachen. Polaris war nicht Polaris, sondern irgend ein nettes Sternchen im Drachen. Der Himmel war noch dermaßen zugezogen als ich die Montierung aufbaute, nur ein Stern in einigermaßen passender Nordrichtung war zu sehen, so dass das für mich automatisch Polaris war. Weit gefehlt! Ich glaube ich war locker 15° daneben. Ach je, das hat ungefähr die Qualität wie beim Service anrufen dass der Computer kaputt sei und er gibt einen Tipp doch mal nachzusehen ob der Stecker in der Steckdose hängt.

Nun gut, die ganze Sache zu korrigierenden lohnte sich nicht mehr, da die oben erwähnte Wolkenwand immer zügiger herankam. Noch ein kurzer Schwenk auf Regulus um die Sternscheibchen (kurz via Sterntest) zu überprüfen. Nahezu perfekt! Ralf würde sicher bemerken, dass intra- und extrafokal der innerste und äußerste Fresnelring verschiedenen hell ist und er extrafokal etwas ausgefranst erscheint. Eben "nur" fast perfekt ... Auch ist die Kollimation noch etwas daneben. Aber das löse ich ein anderes Mal. Begeistert war ich, dass der Fangspiegelschatten in beiden Defokus-Richtungen gleich schnell auftauchte und auch die identische Größe hatte.  An dieser Optik scheint sehr viel richtig geraten zu sein.

Also beendete ich die Beobachtungsnacht mit einigen wesentlichen Erkenntnissen. Eine aktive Belüftung von 40-60 Minuten reicht aus um den STF temperaturmäßig gut anzupassen. Die Problematik des nach hinten raus stehenden Sucherfernrohres  bleibt noch ungelöst. In bestimmten Stellungen würde das Okular im Zenitspiegel mit dem Suchefernrohr kollidieren. Temperaturangepasst ist das STF in der Lage wirklich sehr gute Abbildungen zu leisten  und so wie es aussieht auch mit einer gewissen Selbstverständlichkeit im Vergrößerungsbereich von D bis 1,5xD.

Diese Nacht hat wirklich Spaß gemacht und endlich ging es einmal nicht vom Tau durchgenässt, mit kalten Füßen und Händen, halb durchgefroren und frei gekratzten Fensterscheiben wieder auf dem Nachhauseweg, sondern gut durchgewärmt, entspannt und höchst vergnügt. Was für einen Spaß Astronomie bei guten Bedingungen doch machen kann.

Andreas-TAL
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Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“
                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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Andreas Paul (03.05.2016), Christoph (03.05.2016), Florian B. (03.05.2016), Georg (03.05.2016), Herbipollution (04.05.2016), Uwe (03.05.2016)
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Andreas Paul (03.05.2016), Christoph (03.05.2016), Florian B. (03.05.2016), Georg (03.05.2016), Herbipollution (04.05.2016), Uwe (03.05.2016)
#2
Hallo Andreas,

ich habe mit Interesse deinen Bericht gelesen und freue mich mit dir, dass dein STF seine Leistung bringt. Das mit Polaris ist bestimmt jedem schon mal passiert... ich hab ihn mal gesucht und hab vergessen den Polsucherverschluss zu öffnen  Blush  ... da wird man beinahe verrückt, weil man doch weiß, dass die Richtung stimmt und man ihn mit bloßem Auge schon sieht...

Oder man hat die Stromversorgung zu Hause oder die Gegengewichtsstange ... Danach kann man drüber nur lachen.

Hauptsache die Freude überwiegt nach so einem Beobachtungsabend und man geht zufrieden nach Hause. Die nächsten Tage bringen bestimmt noch ein paar gute Gelegenheiten, um die Gerätschaft auszutesten.

Daumen hoch
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
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Christoph (03.05.2016)
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Christoph (03.05.2016)
#3
(03.05.2016, 17:39)Uwe schrieb: schon mal passiert... ich hab ihn mal gesucht und hab vergessen den Polsucherverschluss zu öffnen  Blush  ... da wird man beinahe verrückt, weil man doch weiß, dass die Richtung stimmt und man ihn mit bloßem Auge schon sieht...
Oder man hat die Stromversorgung zu Hause oder die Gegengewichtsstange ... Danach kann man drüber nur lachen.

Big Grin

... oder einfach den Haken für Absichern im Programm nicht gesetzt und erst nach drei Stunden bemerkt... Big Grin
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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