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Nebelchen an der Wahrnehmugsgrenze und fantastische Detailansichten
#1
Hallo,

Nachdem die Nacht zuvor nicht so verlief, wie es geplant war (Müdigkeit nach 6h Dachdecken/ Polterabend/Hoffest) und ich nur wenige Objekte beobachten konnte, wurde bei besten Bedingungen der gestrige Abend unter einem tollen Sternenhimmel im Freien verbracht.

Rückblick: 06.08.2016: M27, Albireo, M31, M33 und NGC 891 (Staubband schwach sichtbar) – Nacht sehr feucht, Luftruhe durchschnittlich, leicht aufgeblähte Sternchen. Milchstraße deutlich, Durchsicht sehr gut. Blush


BB vom 07.08.2016

Begonnen wurde mit dem Aufbau in der Dämmerung. Der 10“ ACF durfte wieder auf die Sphinx und nach wenigen Minuten sah ich mir die schmale Mondsichel tief im Westen an. Es waberte doch deutlich.
Als es dann dunkler wurde und sich die Planeten tief am Südhimmel präsentierten, war ich vom Anblick Saturns schon begeistert. So schön habe ich ihn schon lange nicht mehr im Okular gehabt. Bis ca. 200 – 250x konnte man den Ringplaneten vergrößern. Dabei stand er sehr ruhig mit schöner Cassiniteilung im Gesichtsfeld. Rhea, Thetys und Titan standen begleitend bei der Planetenscheibe.
Mars zeigt schon deutlich Phase und neben den dunklen Gebieten leuchtete schön die Polkappe. Wirklich hervorragend die Luftruhe! Die Nachbarskinder und meine Familie ließen sich es nicht nehmen mal wieder durch das Teleskop zu blicken. Saturn ist und bleibt halt der schönste Planet in unserem Sonnensystem. Sleepy

Bis es richtig dunkel wurde, verging dann doch noch gut eine Stunde. Albireo und Epsilon Lyra durften zuerst ihr Licht ins Teleskop werfen. Wunderschön fein blitzen die Lichtscheibchen bis ca. 400x. Im Ringnebel M57 konnte ich ab und an sogar den Zentralstern aufblitzen sehen!!! Daumen hoch Wie gefesselt hält man dann inne und hascht immer wieder nach dem feinen Glimmen. Richtig hell knallte der "Rauchring" durch die Okulare. Hier verweilte ich  längere Zeit und freute mich über die super Verhältnisse. Die Luft war schön trocken und die Transparenz ließ freiäugig auch hellere M´s mit bloßem Auge zu (M15 und später sogar M33 indirekt).
Durch die Nebelschwaden von M27 schimmerten winzig feine Sternchen, wie ich es schon seit längerem nicht mehr beobachten konnte. Auf diesem Weg wurden auch M56 und M71 angesteuert. Nur ein paar Bogenminuten vom KS im Pfeil entfernt liegt Harvard 20, ein kleiner offener Sternhaufen, der auch mit kleinerem Gerät leicht gesichtet werden kann. Gemeinsam im Gesichtsfeld wunderschön anzusehen. Der Crestcentnebel NGC 6888 war auch ohne Filter gut definiert zu erkennen. Ebenso der Cirruskomplex um NGC 6960 und NGC 6992. Der Doppelstern im Sturmvogel darf natürlich nicht übergangen werden.

Herausgesucht hatte schon ich am Nachmittag einige Objekte im Gebiet um Sagitta-Vulpecula südlich des Schwans. Das Gebiet wird von Offenen Haufen und Planetarischen Nebeln dominiert:
NGC 6765 PN erscheint zuerst punktförmig, bei indirekter Beobachtung eher länglich gestreckt, NGC 6802 OH, NGC 6827 OH, der eine hübsche Vierersternkonstellation in der Mitte aufweist, NGC 6830 OH, NGC 6834 OH, NGC 6885 OH, NGC 6894 PN, der eine schöne Ringstruktur nach etwas Einsehzeit Preis gibt. Das 14mag Sternchen das ihn wie ein Diamantring aussehen lassen soll, konnte ich aber nicht erhaschen.
Ein alter Bekannter und ziemlich hell ist NGC 6905 (Blue Flash), NGC 7006 KS, ein sehr lichtschwacher Kugelsternhaufen, der aber gleich im Gesichtsfeld erschien stand als nächstes auf der Liste, NGC 7013 GX sehr ansehnliche Galaxie, mit einem Feldstern von 9mag wurde ebenfalls gesichtet.
 
Die folgenden Galaxien im Pegasus verlangten dann alle Konzentration, da sie z. T. an der Wahrnehmungsgrenze lagen. NGC 7042, NGC 7081(schwierig), NGC 7156, NGC 7177 (kam ganz gut), NGC 7241 (Edge On), NGC 7280, NGC 7311, NGC 7323 (gerade so indirekt erhascht), vom Galaxienseptett um NGC 7385/86 konnte ich noch eine weitere erkennen, aber nicht identifizieren, um welche der benachbarten Sterninseln es sich handeln könnte, NGC 7448 (einfach), NGC 7465/64/63 (Dreiergruppe, die ich sicher erkennen konnte), NGC 7469 (Seyfert mit hellem, aktiven Kern), NGC 7479 - tolles Ding, diese Balkenspirale. Den Südlichen Ausläuferarm in dem ein schwacher Stern  steht, konnte ich direkt gut halten, der nördliche war im indirekten Sehen zu erahnen.
Zwischen den Phasen völliger Anspannung und Konzentration entspannte ich immer wieder auf dem Gartenstuhl oder liegend auf dem Rasen, um die ein oder andere Sternschnuppe zu erhaschen. Die Milchstraße spannte sich äußerst strukturiert quer über den Zenit. Ein toller Abend!!!

Absacker sollte M31 sein und dann verschlug es mir beinahe den Atem! So deutlich hatte ich die beiden scharf abgegrenzten, dunklen Staubbänder in unserer Nachbargalaxie auf keinen Fall erwartet. Sie sprangen mich förmlich an. Im hellen Halo der Galaxie entdeckte ich sofort Helligkeitsunterschiede. Tongue

So schnappte ich mir die Aufsuchkarte der Kugelsternaufen rund um Andromeda. G001 (Mayall2) war schnell über die Koordinaten angesteuert und erschien als winziges diffuses „Knäuelchen“ neben den beiden Feldsternen (je 14,5 mag). Es erschien mir so, als hätte die Transparenz noch einmal deutlich zugenommen. Ebenso konnte ich relativ einfach G076 in der Nähe von NGC 206 (der hellen Wolken in der Galaxie) ausmachen. Im 36mm Okular genoss ich die gewaltige Sterninsel mit ihren Feinheiten, die freilich nicht ansatzweise ins Gesichtsfeld passte. Ganz langsam fuhr ich mit der Steuerung von den gerade noch sichtbaren Ausläufern entlang des riesigen Nebels. Dazwischen ging es immer wieder mit gut 200x im 13er Ethos zu Werke. Ich war total begeistert und sicherlich glänzten meine Äuglein mit den Sternen um die Wette. Rolleyes

Hier hätte ich noch eine ganze Zeit verweilen können und hätte eigentlich mal eine Zeichnung anfertigen sollen, aber wenn die Bedingungen schon so gut sind, dann will man einfach auch beobachten. So wollte ich M33 noch einen Besuch abstatten. Auch hier war die Deutlichkeit der beiden Spiralarme und der Sternentstehungsgebiete (NGC 604 stach gleich hervor) unbeschreiblich. Zum Eintauchen!!! Cool
Hier wurden noch einmal die letzten Rhodopsinreserven mobilisiert, um die Schönheit und die Details dieser Spiralgalaxie zu genießen. Als letzte Objekte der Nacht wurden dann NGC 7331 mit ihren beiden helleren Begleitgalaxien, die direkt sichtbar waren, sowie Stephans Quintett angesteuert. Ein würdiger Abschluss für diesen 4 Stunden-Marathon über den Sommersternhimmel.
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
Folgenden 10 Usern gefällt Uwe's Beitrag:
Andreas-TAL (08.08.2016), AstroPeter (08.08.2016), Christoph (09.08.2016), Eddi_Bear (08.08.2016), Florian B. (08.08.2016), Georg (08.08.2016), Gerhard (09.08.2016), Martin.F (09.08.2016), Ralf (08.08.2016), Simon (09.08.2016)
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#2
das stimmt..... ich bin am Sonntag um 22:30 Uhr mal kurz in den Garten
und hatte auch spontan den Eindruck daß die Bedingungen besser als am Samstag waren
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#3
>Absacker sollte M31 sein und dann verschlug es mir beinahe den Atem! So deutlich hatte ich die beiden scharf abgegrenzten, dunklen >Staubbänder in unserer Nachbargalaxie auf keinen Fall erwartet. Sie sprangen mich förmlich an. Im hellen Halo der Galaxie entdeckte ich >sofort Helligkeitsunterschiede. Tongue


Hallo Uwe,

ich nehme schwer an, die Zunge gilt mir Smile
Toller mitreißender Bericht von Objekten, die mein Stellarium noch gar nicht anzeigt, in der von mir gewählten Ansicht.
Ich nehme an, das versteht meinen Standort. Aber auch ich habe eine Wahrnehmungsgrenze nur liegt sie halt a bisserl
woanders Wink . Es motiviert aber sehr hier nach diesen tollen Abenden mitzulesen und zu versuchen sich zu steigern.
Vielen Dank.

Heute war Pause für mich, ich brauche meinen Schlaf aber ich hätte schon große Lust gehabt, nach dem
schönen Essen im Biergarten mich hinters Okular zu setzen.

Viele Grüße Peter
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#4
Hallo Uwe,

toller Bericht - ruft nach "Ozean"  Daumen hoch

Die Liste an Objekten die du beobachtet hast ist nicht zu verachten. Dein Bericht gleicht wahrlich einem Marathon...
Auch die Bedingungen bei dir scheinen wohl nicht von schlechten Eltern gewesen zu sein. Bei mir hats leider nicht mehr für ne zweite Beobachtungsnacht gereicht (Frühschicht + kein fahrbarer Untersatz). Gerne hätte ich noch eine Nacht in der Rhön verbracht.

Die Auswahl der Objekte im Süden passte ja zu den vorherschenden Bedingungen. 

Zum Schluss noch eine Frage:
Hast du dir vorher eine Liste mit den jeweiligen Objekten angelegt, oder hast du einfach alles "abgegrast" was dir dort vor den Spiegel gekommen ist?


Gruß
Simon
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#5
Hallo Simon,

in der Regel gehe ich, wenn ich meinen ACF nutze, anhand der Stropek-Karten vor. Was am Süd-Ost-Westhorizont je nach Jahreszeit dann alles erreichbar ist, wird angesteuert.
Gelegentlich lasse ich mich auch durch das Internet oder das Jahrbuch inspirieren, was man beobachten könnte. Mit den Apos gehe ich auf die Bekannteren Objekte, Doppelsterne und Planeten. Da brauch ich häufig gar keine Karte (oder schau spontan mal rein).

Wenn jetzt eine Nacht für Deep-Sky geeignet ist, dann nehm ich freilich den Großen. Und dann bereite ich mich schon ein wenig vor, oder stöbere vorher, was ich ansehen möchte. 

Die große Frage ist, ob ich mit dem 10"er die ausgesuchten Nebel / Nebel in der Liste ,noch erwischen kann oder nicht. Eine gute Hilfe ist in der Regel die FS2. Alle NGC´s, die dort abgespeichert sind, kann ich eigentlich auch visuell bei guten Bedingungen vor Ort knacken. (OIII, UHC mal außen vor)

Wenn ich dann eine NGC auf der Liste habe, die nicht in der Steuerung hinterlegt ist, wird es von der Grenzgröße her meistens spannend. Ich fahre das Objekt dann über die Koordinaten an und lasse mich überraschen, was ich erkennen kann. Manchmal wird man positiv überrascht. Die Hickson, Arp und Abell-Nebel sind meist schon grenzwertig bis unerreichbar. Da ist einfach mehr Öffnung nötig. 14 - 15mag sind die Grenze des Machbaren.
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

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