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NGC6888 Crescentnebel
#1
Hallo,

in der vergangenen Woche waren die Nächte zwar wolkenlos und klar, aber wie so oft stört dann der Mond beim Beobachten oder Fotografieren.

Also Zeit endlich die Schmalbandfilter auszuprobieren, die ich seit dem letzten Herbst im Filterrad mit mir rumtrage. Die Filter sollen ja Aufnahmen bei Mondlicht und auch sonstiger Lichtverschmutzung zulassen. Es sind sehr schöne Bicolor-Aufnahmen im Netz eingestellt.
Und da für ganze vier Tage (und Nächte) bestes Wetter vorausgesagt war, habe ich die Montierung letzten Sonntagabend auf dem Rasen vor der Terrasse aufgebaut. Dort konnte ich dann alles die ganze Zeit stehenlassen (endlich eine eigene Rasensternwarte).
Die Auswahl des Standortes war aber gar nicht so einfach: da gibt es einen Ahorn- und einen Mirabellenbaum, ein Nachbarhaus und noch eine Strassenlaterne nur ca. 8 Meter entfernt. Achja, es brauchte auch noch etwas "Überzeugungsarbeit".

Ich wollte mich auf ein Objekt konzentrieren und habe den Crescentnebel ausgewählt (NGC6888 ist ein Emissionsnebel im Schwan, knapp 5000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Früher wurde er fälschlicherweise für einen Supernovarest gehalten). Also der Reihe nach:

Nacht 1: gegen 21:30 Uhr war alles aufgebaut, eingerichtet, die Montierung und das PHD-Guiding lief, das Objekt war zentriert und fokussiert. Es konnte losgehen mit den Ha-Aufnahmen mit jeweils 20 Minuten Belichtungszeit. Nach 3 Aufnahmen führte ich den Meridianflip durch, kontrollierte nochmal den Fokus und belichtete weiter. Da alles sehr gut lief, programmierte ich die Aufnahmen bis 4 Uhr (da sollte der Nebel aber schon hinter dem Nachbarhaus verschwunden sein), kontrollierte nochmals alle Kabel und Steckverbindungen und ging ins Bett. Ich habe recht unruhig geschlafen und gegen 3:30 Uhr bin ich in den Garten gegangen, habe Kamera und Montierung ausgeschaltet, das Teleskop abgedeckt und das Laptop mitgenommen.
Das Ergebnis: 16 Aufnahmen, aber leider nur die Hälfte brauchbar, weil die Strassenlaterne schräg in den Tubus geleuchtet hat. Der Tubus ist zwar mit Velour ausgekleidet, aber der obere Rand ist schwarz lackiert und reflektiert das Licht. Der Standort ist eben doch eine Herausforderung.

Nacht 2: aus schwarzem Tonpapier habe ich eine Laternenblende gebastelt (hat super funktioniert - es war ja auch trocken). Diesmal war der Oiii-Filter an der Reihe. Alles ist gut gelaufen und diesmal war die Nacht erholsam. Ich bin erst nach 6 Uhr raus und habe alles ausgeschaltet. 18 20-minütige Oiii-Aufnahmen sind zusammengekommen. Aber auch diesmal war nur ein Teil brauchbar. Ich weiß nicht, ob ich vergessen habe, nach dem Meridianflip nochmals den Fokus zu kontrollieren, oder ob die viel kühlere Nacht schuld war, jedenfalls waren die Sterne am Schluss ziemlich unscharf. (Vielleicht gab es auch eine Verkippung, als die Kamera schräg am Tubus hing.)

Nacht 3: Wieder Ha-Aufnahmen. Diesmal schon Routine. Innerhalb von 30 Minuten war alles eingerichtet, das Guiding lief, NGC6888 war zentriert und fokussiert und die Belichtung konnte beginnen. Ausbeute: 18 Aufnahmen, die meisten davon gut.

Nacht 4: Da war dann alles ganz anders. Wolken! Kein Wolkenband, dass nach 30 Minuten vorbeigezogen ist. Aber ich habe durchgehalten! Als ich die erste Oiii-Aufnahme belichten konnte war es schon nach 1 Uhr. In der Zwischenzeit hatte ich das gesamte Equipment auseinander genommen und 6 Meter weiter wieder aufgebaut. Jetzt konnte der Crescent-Nebel fast parallel über dem Dach des Nachbarhauses nach Nordwest ziehen. Immerhin sind dadurch nochmals 11 Aufnahmen zusammen gekommen.

Am folgenden Tag waren noch die Darks und Flatfiels dran. (Das dauert auch ganz schön lange bei 3 Aufnahmen/Stunde)

Gestern habe ich mir die Bearbeitung vorgenommen. Aus den jeweils 7 Stunden schmalbandgefilterten Ha- und Oiii-Aufnahmen wollte ich ein "realitätsnahes" Bild machen. Ein gewisser Steve Cannistra hat eine verständliche Anleitung geschrieben, wie man das in Photoshop machen kann. Was aber dabei herauskam sah anders aus als alles, was ich bisher im Netz gefunden habe. (Bis auf ein paar vielleicht.) Nachdem ich alles nochmal und genau nach Anleitung wiederholt habe kam heraus: dasselbe verfälschte Bild!

   

Nach weiterer Suche bin ich auf einen ganz einfachen Tipp gestossen: Man erstelle ein normals RGB-Bild und ersetze Rot durch Ha, Grün durch Oiii und Blau ebenfalls durch Oiii.
Und Voila! So wollte ich es haben - die ganze Zeit. Na, bis auf die Reflexion von der Laterne links oben, die unscharfen Sterne rechts (von den Oiii-Bildern) und noch so ein paar anderen Kleinigkeiten.

   

Aber ich hebe die Rohbilder natürlich auf, irgendwann kann ich sie vielleicht nochmal gebrauchen ....


Viele Grüße
Georg

Apropos Rohbilder: ich hab´ da noch so einige auf der Festplatte
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#2
Hallo Georg,

viel Arbeit und Aufwand der sich aber gelohnt hat.  Daumen hoch
Astronomische Grüße
Ulf

[Bild: signatur.jpg]

Wer die Freiheit einschränkt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren!
Benjamin Franklin
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#3
Hi Georg,

wow - das sieht schon ganz ordentlich aus. Daumen hoch  Mir gefällt die erste Bild-Variante ein wenig mehr. Geschmacksache. Für die Position im Garten und die Umstände hat sich die Arbeit auf jeden Fall gelohnt. Und 20 Minuten Einzelbelichtung ist schon ein Wort. Da dauert das Sammeln von Darks. Ein Umstand den ich bei meinen letzten Versuchen an der Andromeda mit 15 Minuten Einzelbelichtung anfangs echt unterschätzt habe.

Hast du deine Montierung nur nach Polsucher ausgerichtet oder auch eingescheinert?

Grüße,

Florian
Astrobin
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Astronomie, einer der schönsten Gründe, nachts nicht schlafen zu gehen!
(Zeiss-Werbung)
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#4
Hallo Georg!
Da hast Du ja viel Belichtungszeit investiert! Daumen hoch

Und wenn ich an meine NGC6888-Bilder denke, - da bist Du schon sehr weit drüber weg!

Der OIII-Kanal scheint mir sehr gut zu stimmen.
Nur das Ha fehlt irgendwie... da müssten richtige die Wolken durch das Bild wabern. Dein erstes "Falschfarbenbild" finde ich da besser. Vielleicht nimmst Du von dem den roten Kanal und kombinierst die blau-grünen vom zweiten damit?
Gut, wenn Du die Rohbilder noch auf der Platte hast. Du findest ja im Netz genügend Bilder vom Crescentnebel, um das gestackte Ha-Bild von Dir einmal mit denen zu vergleichen.
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#5
Hallo,

über Eure Antworten habe ich mich gefreut. Danke!

Florian, die Montierung habe ich erst ziemlich genau an Polaris eingenordet und danach ein 2-Sterne Alignment durchgeführt. (Der vorgeschlagene 3.Stern war immer hinter einem Baum oder Haus versteckt)
Christoph, ich werde versuchen, die Aufnahmen nochmal neu zu mischen - bei Gelegenheit. Das Umfeld um NGC6888 muss auf alle Fälle mehr Farbe bekommen. Vielleicht sollte ich auch noch ein paar Aufnahmen SII belichten? Evtl 2x2 gebinnt, damit´s schneller geht ...
Jetzt muss ich erstmal die Verkippung korrigieren. (Die linke Bildhälfte ist nämlich nur durch den Meridianflip unscharf geworden.)
Was ich auf die Schnelle gemacht habe war, das Bild um 90 Grad zu drehen und oben und unten abzuschneiden - das nennt man glaub´ ich Schadensbegrenzung.

Viele Grüße
Georg
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#6
Hallo Georg,

das ist doch wirklich ein tolles Ergebnis. Da freut man sich richtig mit, wenn nach den Umständen dann doch solche Bilder heraus kommen. Bleib weiter dran, du machst richtig große Fortschritte (wenn ich das als rein Visueller / Zeichner so sagen darf).

Den Crescentnebel habe ich während der Schönwetterperiode auch auf der Hohen Geba angesehen. Ein wirklich interessantes Objekt, das nur in guten Nächten seine wahre Form Preis gibt.

Mit OIII "knallt" er dann aber gut durch.
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
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Georg (20.09.2016)
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Georg (20.09.2016)
#7
Ich schließe mich logischerweise spät, aber doch, den Gratulationen meiner Vorposter an!

Da hast du dir echt sehr viel Aufwand angetan (und extrem viel Belichtungszeit investiert), aber bei diesem Ergebnis zahlt sich das natürlich aus.
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