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Himmelsansichten aus Siptenfelde
#1
Hallo!
Siptenfelde liegt mitten in Sachsen-Anhalt an der Straße der Romanik und es hat nicht nur am Tage etwas in der Umgebung zu bieten, sondern auch in der Nacht, da Lichtverschmutzung dort kaum ein Thema ist. Im Gegenteil: die Straßenbeleuchtung wird nach Mitternacht bis morgens um vier Uhr abgeschaltet! Smile Wenn es klar wird und der Mond nicht scheint sind das eine fst ≈ 6,5 mag. So habe ich erstmals die Galaxie Messier 33 in ihrer ganzen Schönheit gesehen! Doch der Reihe nach...

Nach ersten Gehversuchen hatte ich meinem Dobson das Koma abgewöhnt und am Abend des 5. August gab es außergewöhnlich gutes Seeing - allerdings hatte es auch durchziehende Wolken von West nach Ost. Vorteil: wenn Jupiter zu war, kam Saturn raus und mit etwas Glück ging es auch umgekehrt. Bei Jupiter konnte ich so über 90 min das Sichtbarwerden vom GRF verfolgen. Eine Zeichnung, die ich im Computer weiter verarbeitet habe, gibt einen Eindruck davon:

   

Zwischendurch waren noch mehr Details zu sehen. Wie dies auch immer wieder bei Saturn der Fall war, der sich mit seiner "ganzen" Cassini-Teilung und seinem Wolkenband zeigte. Mond Titan, Rhea waren gut durch die Wolken noch zu erkennen. Tethys und Rhea schafften das nur selten. "Majestätisch" kam mir in den Sinn, wie er durch das Okular schwebte.

Am nächsten Abend konnte ich neben den großen Gasriesen diverse Nebel assosiativ beobachten: M13, M92, M57, M56, M39, M71, M27, M11, M25, M16, M17, M5, M2, M72, M73, NGC 7923, NGC 7009, M31-Komplex, M33. Doppelsterne wie Epsilon Lyrae oder Epsilon Bootis durften nicht fehlen.

Am Morgen des 9.8. hatte ich ab 2 MESZ beste Durchsicht und auch gutes Seeing.
Die spätere Aufhellung am Osthimmel habe ich zunächst nicht verstanden: das Zodiakallicht! Die Plejadensterne glänzten mit dem Schimmer ihrer umgebenden Nebel. Aber hauptsächlich habe ich in den beiden Stunden bis zur Morgendämmerung nur M31 / 32 / 110 und vor allem M33 näher beobachtet.
Bei der Andromedagalaxie war ihre Ausdehnung atemberaubend für mich. Die Frage: bin ich schon in der Milchstraße oder ist das noch extragalaktisch, was ich da sehe? konnte ich nicht immer klar beantworten. Einfacher war das bei Dunkelwolken in der Spirale. Sie zeichneten sich weit über den zentralen Bereich in mehreren Stufen ab. NGC 206 als großes, blasses Wölkchen konnte südlich des Zentrums gefunden werden. Die Kugelsternhaufen G76 und gerade so G119 waren zu sehen. Auch G73 bei M110 konnte ich identifzieren und wieder näher bei M31 war G78 identifizierbar.
Messier 33 war allerdings der eigentliche Kracher der Nacht: die beiden südlichen Galaxienarme waren leicht zu identifizieren. Der nördliche große Arm war auch sofort zu sehen, da in der Nähe seines Endes NGC 604 als größere Fläche entgegen leuchtete. Aber da war nördlich davon noch etwas zu sehen: der zweite nördliche Arm! Neben dem Zentrum fand ich einzelne Sterne der Milchstraße. Aber nicht nur das: Einzelobjekte wie NGC 588, NGC 592 und 595 waren sehr deutlich zu finden. Immer wieder ließ ich die Galaxie bei 200x mit der Erdrehung einfach durch das Okular ziehen und begeisterte mich an den verschiedenen Einzelheiten, die da an mir vorüberzogen.
Einzelne Nebel zeichneten deutlich die Spiralarme nach: NGC 604 und IC 142 im Norden, A48, IC 136 mit IC 139 / 140 im Süden. A112 ist der am südlichen Rand stehende große Sternhafen in der Nähe hellen 8 mag Sternes. Eine absolut tolle Erfahrung für mich! Messier 33 nicht nur als nebeliges Matschfleckchen sondern mit vielen Einzelheiten zu sehen!
Näheres und viel mehr zu M33 kann bei Steve Gottlieb gefunden werden, auch Kugelsternhaufen. Ich glaube, da muss ich noch mal ran! Tongue

   
Schwan und Leier: 3 x 30 sec mit Canon 1000 Da mit Zoomobjektiv bei 18 mm f/4, ohne Nachführung

   
Kassiopeia und Andromeda: 4 x 30 sec mit Canon 1000 Da mit Zoomobjektiv bei 18 mm f/4, ohne Nachführung
M33 ist rechts außen in der Bildmitte zu finden
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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Andreas-TAL (11.08.2019), August (11.08.2019), Florian B. (11.08.2019), Herbipollution (14.08.2019), Karsten (18.08.2019), Martin.F (12.08.2019), Michael (11.08.2019), Uwe (11.08.2019), Wolfgang v. (28.08.2019)
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#2
Hi Christoph, 

da warst du ja total fleißig und vor allem erfolgreich. Das mit der "Zeichnung" verstehe ich zwar jetzt nicht ganz, da du ein Foto eingestellt hast...

Aber vielleicht war der visuelle Eindruck so überwältigend, dass nur eine Aufnahme das Gesehene so zeigen kann..

Toll sind deine Ausführungen über M 3! und vor allem M33. Ich kenne das Gefühl, wenn man in solch eine Sterninsel eintaucht. Das haut dich dann um!

Super sag ich nur!  Daumen hoch

Ich hab hier im Norden zumindest schon zwei brauchbare Nächte zu verzeichnen, auch wenn es tagsüber ordentlich Programm gibt...mein Schrittzähler ist meist über 15000...

Da ist man doch schon etwas platt...
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
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Christoph (11.08.2019)
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Christoph (11.08.2019)
#3
Hallo Uwe!
15000! Wow! Ich bin ja geradezu ein sitzender Zen-Mönch dagegen... Daumen hoch 
Ja, mit nächtlichen Wanderungen über den Himmel führt das zwangsläufig zu Plattheiten... Tongue 

Das mit der Zeichnung ist nicht ganz richtig, da hast Du recht: ich nahm ein Jupiterbild und verwurschtelte es um zu der Ansicht, die ich am Okular hatte. Insofern sieht es nach Foto aus, ist es aber nicht mehr, da ich das drinnen ließ, was ich auch sah. Insofern ist es "gezeichnet".

M33 war das sprichwörtliche "it kicks you from the ladder"-Erlebnis. Zum Glück stand ich am Boden!  Smile
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#4
Hi Christoph, was eine Nacht ... die Objekte zergehen einem bei deiner Schilderung ja auf der Zunge.
Danke sehr für diese lebendige Erzählung - da juckt es einem doch sofort wieder am OAZ ...
Was für eine Öffnung hat denn der Dobs. Fühlt sich eigentlich wie 16“ an ... wieviel Zoll Aufschlag haben denn Bedingungen geliefert? Oder passt‘s ...  Big Grin
Andreas-TAL
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Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“
                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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Christoph (12.08.2019)
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Christoph (12.08.2019)
#5
Hallo Andreas!
Der Dobson hat eine 10" Öffnung, aber die Nacht war auch Klasse: fst ≈ 6,5 mag und ruhige Luft.
Da würde ich locker mal 2"-5" für Mainfränkische Verhältnisse zugeben.

Wobei das stimmt für M33 nicht wirklich, denn neben M101 gibt es wohl kaum ein anderes Messierobjekt, das so empfindlich auf die Durchsicht reagiert. Meist habe ich sie nur bislang als matschigen Fleck gesehen. Im Schwarzwald hatte ich schon mal die Spiralarme mit den NGC-Objekten schon einmal gut im Okular. Aber diese klare Sicht auf M33 hatte ich so noch nicht. Ich bin einfach nicht fertig geworden mit der Galaxie, da waren zu viele Details... wahrscheinlich für lange Zeit.
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#6
Hallo Christoph,

der wohl beste Jupiter dieses Jahr. Top!  Daumen hoch
Astronomische Grüße
Ulf

[Bild: signatur.jpg]

Wer die Freiheit einschränkt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren!
Benjamin Franklin
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Christoph (12.08.2019)
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Christoph (12.08.2019)




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