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Second-, Third-, Fourth-Light...
#1
BB vom 20. - 22.07.2020

Hallo,

es ist schon klasse, wenn statt 5 1/2 Wochen Regenwetter eine Schönwetterphase viele Stunden Sternenlicht für ein neues Gerät bietet. Der FLT scheint auch in dieser Richtung eine Ausnahmeoptik zu sein. Nachdem ja beim Firstlight das Seeing meine Erwartungen erstmal hat zappeln lassen (im wahrsten Sinne des Wortes), überzeugte der Apo letztendlich zu späterer Stunde am Planeten und in der Sternabbildung bei Maximalvergrößerung (310x mit 3,5er Nagler). C/2020 F 3 Neowise ist dazu im Moment das besondere "Bonbon" - welches den Umstieg vom ADA zum FLT begleitet. Wahrhaftig kein Unheilsbote, der Komet!

Trotzdem muss man sich mit der Gerätschaft ja genauer befassen und so wollte ich die kommenden Tage nicht ungenutzt verstreichen lassen. Gerade das Auskühlverhalten ist eine spannende Geschichte, die so manch hochwertiges Gerät am Nachthimmel schlecht aussehen lässt, wenn sich keine Temperaturkompensation einstellt. 

Nach nun weiteren drei Tagen kann ich hier schon mal ein positives Fazit ziehen. Die Temperaturen fielen nach dem Aufbau gegen 21:30 Uhr von ca. 20°C am späteren Abend in frischere Bereiche um die 13 - 15°C. Meine Gerätschaft lagert im Keller, wo im Moment die Temperatur bei ca. 19 - 20°C liegt. Das bedeutet, dass zum Aufbau kein großer Unterschied vorhanden ist. Die dann abkühlende Umgebungstemperatur wurde 1:1 angepasst.  
Der FLT wurde im Laufe der Abende eher "knackiger" und bildete immer sauberer ab, was dann jedoch sicher auch mit besserer Luftunruhe zusammenhängt. 

Am Montag war es weitgehend bewölkt. Die Lücken boten jedoch super Seeing und Vergrößerungen am Stern und Planeten bis 310x. Hier hatte ich den bekannten "Fokus-Schnapp", der am Stern richtig "zubeißt"! Ihr wisst was ich meine. Das hat richtig Freude gemacht - mein breites Grinsen im Gesicht konnte leider niemand sehen. Die Durchsicht war an diesem Abend ebenfalls hervorragend, doch war eine Deep-Sky-Beobachtung auf Grund der schnell durchziehenden Wolken nur rudimentär möglich. Hier gebe ich mal keine Wertung ab.

Am Dienstag war es klar, dafür waberten die Sterne sehr heftig und die Luft gab nur Vergrößerungen bis ca. 160x her. Alles war mehr oder weniger "verwischt" und in größeren Höhen verhinderte der Dunst bzw. Zirren einen ordentlich tiefen Blick ins All. 

Die üblichen Verdächtigen Objekte am Südsternhimmel (M27, M15, M57, Albireo, Epsilon-Bootes sowie Saturn und Jupiter) wurden in den Nächten jeweils ausgiebig betrachtet. Nebenbei hielt ich natürlich mit dem Fernglas nach Neowise Ausschau. Am Dienstag konnte ich ihn nur ganz kurz aus den Zirren herausdeuten - Montag war er wirklich gut!

Gestern passte dann vor allem im Deep-Sky-Bereich alles! Eigentlich wollte Frank zu Besuch kommen, wobei in der späteren Dämmerung Dunstschlieren und Federwolken nur eine unsichere Vorhersage zuließen. So entschied er sich auf eine andere Gelegenheit zu warten. Gegen 23:30 Uhr wurde es dann aber völlig klar! Die Sommermilchstraße spannte sich bis tief in den Süden über den Himmel und mehr und mehr Sterne wurden bis zum Horizont hinunter sichtbar. M22, M17 (Omega), M16 (Adlernebel), M20 (Trifid), M8 ... die sehe ich eher selten von der Terrasse aus und wurden so zu lohnenden Objekten. Im 135/1080 konnte ich die Nebel und KS richtig ordentlich herausarbeiten. Längere Zeit genoss ich in unterschiedlichen Vergrößerungen die kosmischen Nebel. Freilich merkte man in den tiefen Regionen und dem Blick durch viel Atmosphäre die etwas unruhigere Luft. Saturn und Jupiter ließen sich aber bei 216x im 5mm Nagler wunderbar betrachten und feinste Einzelheiten erschienen in den Wolkenbändern - Cassini-Teilung umlaufend... ein Traum! Weiter ging es über M27, M71 und M57 in höhere Regionen. Hier standen dann auch die Sterne wie glitzernde Diamanten auf schwarzem Samt.
An Albireo machte die Höchstvergrößerung unheimlich Spaß. Nur relativ langsam kreiste der Beugungsring und die weiteren Beugungsartefakte um das super definierte Airy-Disk. Da kann man schon mal eine viertel Stunde die Zeit vergessen.

Der absolute Höhepunkt war jedoch der Cirrus-Komplex im Schwan mit Hexenhand und Sturmvogel. Bereits im 22er Nagler konnte ich NGC 6992 deutlich erkennen. Ein kleiner Schwenk und dann trat NGC 6960 mit 52Cygni ins Gesichtsfeld. Der Supernova-Überrest hielt mich sofort gefangen. Alleine die Himmelsumgebung mit zahlreichen Sternchen im Umfeld begeisterte mich. Ins 31er Nagler wurde dann der OIII-Filter geschraubt. Der Anblick war sensationell - für die 5 1/2 Zoll-Öffnung!

Auch ohne Gerät war der Himmel von gestern auf heute eine einzige Pracht. M31 sprang einen quasi als Nebelklecks an und M33 konnte ich indirekt gut erkennen. Immer wieder huschten feine Sternschnuppen über den Himmel. Die ISS zog zweimal ihre Bahn und einen Flare konnte ich auch toll beobachten. Im tieferen Nordwesten stand Neowise mit einem 6 - 7° Schweif. Immer wieder betrachtete ich ihn zwischendurch mit dem Fernglas. 

Plötzlich sauste eine Sternschnuppe durch das Gesichtsfeld - kreuzte Neowise und verglühte. Das war um 0:43 Uhr. Sowas sieht man nicht alle Tage! Bis kurz nach 1:00 Uhr konnte ich mich nicht vom Himmel losreisen. Doch irgendwann muss man auch die schönste Nacht beenden. Alles in Allem war gestern die gewinnbringenste Nacht. Seeing und Durchsicht überzeugten soweit, dass sowohl KS, Planeten, Kometen, und Nebel einfach nur Faszination bewirken. Mehr braucht´s dann nicht für den ambitionierten Hobbyastronom!

Der FLT machte eine rundum hervorragende Figur!!!
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
Folgenden 6 Usern gefällt Uwe's Beitrag:
August (23.07.2020), Christoph (23.07.2020), Florian B. (24.07.2020), Philipp (23.07.2020), Spica59 (23.07.2020), Ulf (24.07.2020)
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Second-, Third-, Fourth-Light... - von Uwe - 23.07.2020, 15:06



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