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Hochsommerliche FLT - Eindrücke
#1
BB vom 31.07. und 01.08.2020

Hallo in die Runde!

Im laufe der Woche verabredete ich mich angesichts der stabilen, klaren Wetterlage mit Ralf zu einer gemeinsamen Beobachtungsnacht. Der Freitag sollte es sein. Hier waren die besten Seeing-Werte laut Meteoblue gemeldet. Trotzdem hielt mich schon am Donnerstag nichts... ich musste einfach raus - stand doch schon Luna am frühen Abend leuchtend am Himmel.

Der FLT 135 wurde in der Dämmerung aufgebaut und neugierig auf den Mond geschwenkt... naja, der Anblick blieb dann deutlich hinter meinen Erwartungen zurück. Die Luft strömte sichtbar durchs Bild und hinterließ bei Vergrößerungen von mehr als 70x -  80x einen "verschlabberten" Anblick der Krater, Rillen und Berge auf unserem Mond. Der Jet wollte einfach keine Ruhe geben. Es blieb beim entspannten Betrachten aus "der Ferne"...

Jupiter und Saturn erschienen später dann ebenfalls nur so la la...! Trotzdem fand ich die Farbgebung an Jupiter mit dem GRF sehr neutral und auch Saturn mit seiner sandgelben Planetenscheibe kam nett daher. Begeisterung rief eine superhelle Sternschnuppe, die von Ost nach West quer durch den Adler schoss, hervor. 

Gegen Mitternacht baute ich entspannt und mit Vorfreude auf den gestrigen Abend ab.

21:30 Uhr - Treffpunkt Lindelbach - 105/1000 FLT-Bino neben 135/1080 FLT - So war der Plan!

Erstes Zielobjekt war selbstverständlich der Mond, bevor wir uns die Planeten vorknöpften. Es war einfach klasse! Bei der Ankunft hatte es noch Mitte der zwanzig Grad, so dass keinerlei Auskühlzeit von Nöten war. Aus dem Kofferraum heraus brachte der FLT schon ein brutal knackiges Bild und in Plato konnten bereits bei mittleren Vergrößerungen die ersten Kraterinlets erkannt werden. 

Die Luftruhe war sehrgut bis gut, die doch geringe Höhe der Objekte mit viel Atmosphärenstrecke des Lichts natürlich eher schwieriger zu kompensieren. Trotzdem zeigen beide Geräte hier eine hervorragende Performance. Zwischendurch, wenn die Luft kurz stillzustehen schien, brachen feinste Rillen, Hügel, Kraterchen durch. Gassendi war hier ein lohnendes Objekt, der vielfältige Mondgeologie zu bieten hat.

Im 105er-Bino zusätzlich mit dem bekannten 3D-Effekt, der einfach Monokular nicht zu erreichen ist. Die plastische Gestalt der Mondlandschaft mit Auswurfstreifen, Schattenkanten und grellweißen Einschlägen faszinierte einfach nur.

Ins Sachen Auflösung punktete der 135er gerade an feinsten Strukturen, die hier augenscheinlich etwas "schneller" und "einfacher" ersichtlich wurden - wie bei den Plato-Inlets. Da muss man sich dann beim Doppelapo etwas mehr konzentrieren.

Als Okulare kamen Nagler-, Ethos-, Delos-, Baader-Ortho-, Vixen HR- sowie Zeiss-Abbe- und Morpheus-Okulare zum Einsatz. Stets waren wir bemüht hier wie da auf etwa die gleiche Vergrößerung zu gelangen.

Ausprobiert wurde dann auch der Einblick mit Bino an meinem FLT 135. Mit einem 2" Zenitspiegel reicht der Backfokus nicht, sodass wir den Binoansatz geradesichtig anschlossen. Später sorgte Ralf mit dem passenden "Ersatzteil" (mein nächstes Weihnachtsgeschenk Cool ) auch hier für Abhilfe..

Der absolute Top-Anblick vom Mond gelang schließlich mit den 25er Zeiss-Abbe-Okularen. Sie liefern eine moderate Vergrößerung von 43x, welche jedoch durch das beidäugige Ansehen gefühlt auf mehr als das Doppelte "anwächst". Dazu ein derart messerscharfer, kaltweiß-klarer, kontrastreicher Anblick, dass man beinahe Gänsehaut bekommt. Über die gesamte Mondscheibe vermitteln sie einen derart plastischen, räumlichen Eindruck, als würde man gerade in einer Raumkapsel auf den Mond zufliegen... "Die musst du mir verkaufen!-...Äh, waren die nicht beim Kauf des FLT nicht sogar beinhaltet?", jammerte ich in Richtung Ralf! 

Alle anderen Okularpärchen tragen über ihre Linsenkombinationen mehr oder weniger minimale Farbnuancen mit ins Bild, welche ohne solch einen Vergleich nie auffallen würden.

Ähnliches konnten wir später an Albireo zwischen Nagler, Ortho und Vixen HR feststellen. Das Nagler schneidet hier nicht so gut ab, da der Bildeindruck eher unruhig (mehr Linsen) und die Farbe der Sterne leicht getönt erscheint.

An Jupiter hatten wir dann bis 23:15 Uhr nahezu sehr gute Bedingungen mit Bänderstreifen bis Richtung Polkappen. Daneben zog wie "gelocht" der Mondschatten von Ganymed an den strukturierten Wolkenbändern vorbei. Eine wahre Augenweide. Binokular und im 105er FLT einfach genial. Monokular zeigte der FLT 135 die feineren Streifen oberhalb bzw. nördlich der Hauptbände etwas einfacher. 

Wieder spielten wir mit verschiedenen Vergrößerungen und testeten ausgiebig mit unterschiedlichen Okularkombinationen. "Jetzt hab ich´s! Da haut´s dich weg!", meinte er beim Blick durch den FLT - sofort wollte ich natürlich Ralfs Eindrücke mit eigenen Augen sehen. "Dann lass mich mal ran", entgegnete ich und als ich mich hinter die Okulare setzte erkannte ich: Ein vermatschtes Jupiterbild! Die Luft war förmlich zusammengebrochen. Von jetzt auf nachher schob das Seeing den Vorhang zu und ließ mich ernüchternd am FLT verharren.  Confused

Es war 23:15 Uhr und in Richtung Südhorizont ging quasi nicht mehr viel. Saturn, den wir gleich darauf ansteuerten. war ebenfall ein "Wackelkandidat". "Sowas kenn ich nur, wenn ein Planet im Winter durch aufsteigende Schornsteinwärme zieht!", meinte ich zu Ralf. 

So suchten wir uns Albireo, der schön hoch stand als Ausweichobjekt. Hier testeten wir bewusst wie oben beschrieben verschiedene Varianten. Bino mit und ohne Zenitspiegel, unterschiedliche Okulare und Linsenanzahl. 
Bei der Sternabbildung sah ich gestern den 105/1000er leicht vorne. Die kleinere Öffnung kommt mit der Luftunruhe besser zurecht und präsentiert ein ruhigeres, definierteres Beugungsbild. Hier blieb an beiden Geräten trotzdem die Luft der limitierende Faktor.

Später beruhigte sich die Luft Richtung Süden wieder und zumindest Saturn bot dann noch einmal (eher als Jupiter) ansehnliche Eindrücke. Cassiniteilung, Wolkenbänder und mit Tethys und Dione zwei winzigste Mondpünktchen mit 10,6 bzw. 10,8 mag in der Nähe der hellen Planeten/Ringscheibe an der Wahrnehmungsgrenze. Da war der 135er wieder ein Tick im Vorteil gegenüber dem 105er-Bino.

Mit einem tiefstehenden, schnellen Abschlussmars beendeten wir um 1:00 Uhr unsere Beobachtungen in dieser lauen Sommernacht.

Ach ja, mein Knoblauch-Ziegenkäse-Döner schützte mich zuverlässig vor jeglichem Insektenstich (wie Ralf davon gekommen ist, kann er selbst berichten), obwohl ich nur ein T-Shirt anhatte. Die Erfahrungen vom High-Noon der 4"-5"er hatte ich noch gut in Erinnerung.  Tongue

FAZIT:

Die Okularqualität / der Okularaufbau bzw. der Einsatz von Zenitspiegel beeinflusst deutlich die Abbildungsleistung - dies hat der gestrige Abend eindrucksvoll und in aller Deutlichkeit gezeigt. 

Es war auf alle Fälle ein Abend, der noch lange im Gedächtnis bleibt. Vielen Dank an den Gastgeber  Daumen hoch

Vielleicht kann Ralf auch noch ein paar Sätze zum gestrigen Abend beisteuern, um den Gesamteindruck abzurunden.
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
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#2
Hallo Uwe,
gerne schreibe ich noch ein paar Sätze zur gestrigen Nacht bzw. von heute Morgen.

Die 2 1/2 Stunden mit guter Luftruhe brachten sehr gute Vergleichsmöglichkeiten mit sich, trotz der niedrig stehenden Beobachtungsobjekte Mond, Jupiter und Saturn, welche alle ungefähr auf gleich niedriger Höhe standen.

Der FLT 105 ist sozusagen die Referenzoptik für Farbkorrektur. Als Bino mit beidäugiger Bildverarbeitung im Kopf lässt sich die Leistung der Öffnung einfacher Wahrnehmen oder sagen wir über dem, was ich monokular  erkennen kann.

Dagegen der FLT 135, der dank der größeren Öffnung sofort ein deutlich helleres Bild liefert und in der Farbkorrektur rein rechnerisch etwas hinter dem FLT 105 seinen Strehlkurvenverlauf zeichnet. Die Auflösung entsprechend der größeren Öffnung natürlich höher, aber wie wirkt sich das real aus?

Da war für mich die Frage und die guten Bedingungen gaben Antworten.

Farblich war zwischen den Geräten keine Unterschiede zu sehen, einfach neutral und sehr kontrastreich. Allerdings nur bei gleichen Okularen, da die verschiedenen Okulare den Unterschied machten. Überzeugt haben mich auch die Morpheusokulare, sowie das 6mm Ortho von Uwe und das Vixen HR 3,4mm Okular. Ebenso das Delos 10mm Pärchen, dass im Binokularansatz zum Einsatz kam. Im Kontrast eine Klasse für sich die Abbe 25mm Okulare. Immer wieder beeindruckend die kalte Wiedergabe und farbneutrale Abbildung. Damit gelang am Mond zwar nicht die eindeutige Erkennung von Farben am Mond wie im Frühjahr, als der Mond hoch am Himmel stand.
Dennoch waren die Grautöne nicht nur grau, sondern braune Töne mischten sich als Farbnuancen bei.
Gerade habe ich den Baader Zeiss Binoansatz angeschaut und den Glaswegkorrektor mit 1,25x festgestellt.
Demnach hatten wir am Binoansatz mit FLT 135  und Abbe 25mm 54x    und mit den Delos 10mm am Jupiter 135x
Möglicherweise trägt selbst der Zenitspiegel gewisse Einflüsse bei und beim tiefen Stand war besonders der gerade Einblick mit Bino und den genannten Okularen schlicht beeindruckend am FLT 135. Ganze Ketten von Zenitspiegel, Korrektoren, Bino und nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit "Nagler" Okularen machten das Bild im direkten Vergleich doch weicher bzw. nehmen Kontrast weg.
Zudem ist beim Binoansatz bzw. generell bei Binobeobachtung weniger Vergrößerung tatsächlich mehr.

So z.B. bei den Saturnmonden Tethys und Dione, die Uwe zuerst erkannte am FLT 105 Bino bei 153x. Hier versuchte ich mich vergebens in beiden Geräten an den schwachen Monden. Der Wechsel zu den 9mm Okularen am 105er Bino brachte dann den Erfolg und beide Monde wurde sicher erkannte, wenn auch immer nur für einige Sekunden.

Ohne Zweifel brachte der FLT 135 am Jupiter spürbar mehr Auflösung, deutlich zu sehen an den dunklen Wolkenbändern in der Polregion. Beim Mond war der Unterschied nicht so deutlich und das binokulare Sehen gleicht hier soviel aus, dass der Öffnungsvorteil jedenfalls bei den Bedingungen nicht offensichtlich war. Bei der nicht mehr so guten Luft, als das Seeing prompt abriss, hatte der FLT 105 mit seiner Sternabbildung weniger Beeinträchtigung an Doppelsternen.
Da kämpfte der "große Bruder" dann mehr mit der Luftunruhe. Allerdings führten die Nagler Okulare hier scheinbar künstliche Luftunruhe hinzu, was bei dem 6mm Ortho sofort eine Verbesserung in der Bilddefintion brachte.

Eine angenehme und aufschlussreiche Nacht mit nur einem "Stich", aber den Täter habe ich auf frischer Tat gestellt Big Grin

CS
Ralf
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