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8" f6 Galaxy Dobson unter der Lupe
#1
BB vom 17.11.2020

Hallo,

vor ein paar Wochen erfuhr ich von einer Bekannten, dass ihr Sohnemann, der auch mal mein Schüler war, mit seinem Teleskop nicht zurecht kommt und ich vielleicht helfen könne. Ich versprach ihr mal das Fernrohr anzuschauen und ließ mir darauf hin ein paar Fotos schicken. Mit Schrecken erkannte ich auf den Aufnahmen einen Seben 114/1000 Newton (Katadiopter mit Kugelspiegel) auf EQ 3 äquatorialer Montierung...

Meine Hoffnungen, dass man mit etwas Optimierung doch etwas damit anfangen könne, zerschlugen sich bald und die Enttäuschung über die Gerätschaft war letztendlich noch viel größer als ich es mir vorgestellt habe.

Als ich bei einem Besuch den Newton genauer unter die Lupe nahm wusste ich, dass da nichts zu retten ist. Ein dünnes, windiges Alu-Stativ. Okularauszug, Sucher aus billigstem Plastik - Fangspiegel mit fetter Plastikspinne. Der 6x30 Ärgerer biegt sich im Sucherschuh und die "Hochleistungsokulare" bestehen ebenfalls aus Plastik. Die Montierung ist mit sich selbst schon beinahe überlastet, so dass bei vorsichtigster Scharfstellung alles schwingt, was schwingen kann. Mit viel Mühe konnte ich eine Lampe in einiger Entfernung scharf ruckeln... Angry 
So ein Gerödel zu verkaufen ist wirklich unter aller S...!!! Eine Frechheit.

Wenn man aus der Werbung ein paar Zitate herausnimmt könnte man drauf kommen:

"anspruchsvolles Reflektor-Teleskop" - ja sehr anspruchsvoll überhaupt etwas einzustellen!
"Up-to-date Bauweise" - Auf der Höhe der Zeit... ja von welcher bloß
"zahlen Sie bei uns keinen Cent extra" - Ja wenn das Hobby erst begraben ist, dann gibt man auch nichts mehr für so etwas aus!

Mein Fazit war dann: "Wenn ihr wirklich mit Freude Astronomie betreiben wollt, dann muss etwas vernünftiges her - hier ist nix zu retten!"

Ich stellte ein paar Tage später der Mutter dann mal meinen 8" Dobs vor und erklärte, dass so ein Gerät leicht zu bedienen, stabil und von der Öffnung her auch wirklich etwas zeigen kann. Saturn begeisterte sofort und auch das Handling war schnell im Griff.

Nach kurzer Überlegung bekam ich den Auftrag für ca. 300, - Euro etwas brauchbares für ihren Sohn für das Weihnachtsfest zu organisieren. Doch die Suche auf dem Markt stellte mich hier vor neue Herausforderungen. Ein 6" Dobson könnte gerade noch so im Budget liegen. Ein paar alte Plössel 25, 15 und 10mm hab ich auch noch zu Hause - da sollte doch etwas gehen.

Nachdem mir Ralf erklärt hat, dass bei Skywatcher im Moment die Lieferzeiten bis zu einem halben Jahr dauern entdeckte ich im Astrotreff ein wirklich vernünftiges Angebot von TS für einen GSO. Ein 6"f8 mit Parabolspiegel, einem Übersichtsokular, 1 1/4" Auszug, 6x30 Sucher... für knapp 250,- Euro zzgl. Versandkosten... ein Leuchtpunktfinder!!! für knapp 40 Euro dazu, das wäre also das maximal Machbare. Das Angebot von TS stand für 30 Tage.

Im schwarzen Forum hatte ich zuvor schon eine Anzeige aufgegeben, dass ich einen Dobson suche und bekam promt an dem Tag der Angebotsbestätigung von TS eine PN.
Mir wurde von einem Sternfreund aus Fulda ein 8"f6 Galaxy Dobson von ICS für das von der Familie genannte Budget angeboten.
2" Crayford-Auszug mit Untersetzung, 3 Okulare (30mm, 15mm, 9mm). Mit dabei ein guter 90° 8x50 Sucher sowie ein selbstgebauter Sonnenfilter mit ICS Solarfolie waren auch dabei. Da schlug mein Herz schon höher.
In einem Telefonat bestätigte mir der Hobbyastronom, dass alles in guten Zustand ohne Beschädigung ist.
Natürlich musste der Dobson noch abgeholt werden, aber das war es mir wert. Der 8"er mit 1200mm ist ein ideales Einsteigergerät, das ein Leben lang Freude bereiten kann.

Bei der Rückfrage bei ICS, ob die Galaxy Dobsons Parabolspiegel eingebaut haben, wurde dies auch für die BK7 Variante bestätigt - mit dem sofortigen Hinweis, dass es aber mehrere Monate dauern würde, bis wieder etwas am Lager ist. 

Gestern war es dann soweit. Vor Ort haben wir uns recht nett bei einer Tasse Kaffee unterhalten und ich konnte das Equipment schon mal unter die Lupe nehmen. Bis auf die üblichen Gebrauchsspuren war alles tipp-topp in Schuss. Originalrechung, und Betriebsanleitung von ICS - alles dabei! Das Gerät ist 4 Jahre alt und der Spiegel ist wie neu. Nach gut einer Stunde verabschiedeten wir uns und wünschten eine gute Zeit. Zur Erinnerung übergab ich ihm noch unsere Forumstasse. Wenn man so herzlich, offen und gastfreundlich empfangen wird und die Sachen anfassen und begutachten kann, hat man einfach ein gutes Gefühl.

Wie es der Zufall wollte, war es am Abend auch noch klar und ich musste natürlich das "Weihnachtsgeschenk" vorab testen - Es soll ja alls passen und man weiß nie, was die Optik letztendlich so hergibt (der Verkäufer hat es nach seiner Angabe eher selten benutzt und hat über die Qualität keine Aussage treffen können)! Als "Referenz" diente mein 8" Bresser Newton f5.

    Isser nicht hübsch im roten "Weihnachtsmäntelchen!"     

Vom Handling her ist mein Gerät natürlich kompakter und einfacher zu transportieren. Das Ebony Gleitlagerset, das bei meiner Multiplexrockerbox verbaut ist, läuft feinfühliger und ruckfreier und der Crayford kommt nicht an den Feathertouch heran. Insgesamt wirkt hier mein 8"er wie aus einem Guss. Der Galaxy gibt durch die Friktionsfedern und den dünneren längeren Tubus etwas metallische Geräusche von sich, was aber durchaus nicht stört.

Der 90° 8x50 Sucher ist mir vom ACF her bekannt und ist wirklich ein guter. Mein Telrad ist natürlich noch einfacher zu händeln. Die drei mitgegebenen Okulare 30mm Erfle, 15mm Plössel und 9mm Plössel sind ordentlich zu gebrauchen und die ersten Anblicke von Polaris waren wirklich sehenswert. Dass da noch deutlich mehr geht wurde schnell klar.
Die Justage beim f6-System ist mir den großen Schrauben am Hauptspiegel schnell erledigt und auch der Fangspiegel mit den dünnen Spinnenarmen ist gut zu bedienen.

   

Die geringere Obstruktion ergab sogar ein schöneres Sternbild, als an meinem f5. Der Bereich ohne "Verzerrungen" durch Koma in den Okularen ist bei mir deutlich kleiner - geschickt ist es, wenn man den Planeten bzw. das Objekt in der Mitte hält. Der Galaxy gab hier eine tolle Vorstellung.

Letztendlich konnte ich Mars im 3,5er Nagler mit der feinfühligen 1:10 Untersetzung fokussieren und bei ca. 340x wunderbar betrachten.
Hier hatte der 8"f5 das Nachsehen, denn da war bei etwa 250x - 285x das Bild am besten. Die Ansichten waren hüben wie drüben sehr ansehnlich - Dunkelstrukturen, die Polkappe und dunklere Bereiche konnte differenziert wahrnehmen. Da blieb ich gut und gerne mal eine Stunde hängen. Entspannt ließ ich Mars immer wieder durch verschiedenste Okulare laufen...

Die Andromeda-Galaxie war ebenfalls eine Augenweide. Letztendlich konnte noch der Orion-Nebel (der stand noch sehr tief) mit dem Trapez genossen werden. Die Komponenten E und F sichtete ich in keinem der beiden Geräte, was aber auch am Dunst und den aufziehenden Schleierwolken lag. Ich bin mir absolut sicher, dass hier bei besseren Bedingungen alles möglich ist. Rigel zeigte bspw. schön seinen kleinen Partner (auch hier war die Abbildung im f6 Gerät feiner) - beeindruckend.
Insgesamt war ich fast 4 Stunden unter Sternenlicht. - Es hat sich gelohnt.

Die Optik und das Gesamtpaket des 8"f6 Galaxy sind einwandfrei! Daumen hoch


Das Gebrauchtdobs wird sicher für leuchtende Augen sorgen! Wenn dann nach und nach noch weitere, bessere Okulare dazu kommen, gibt es eigentlich nichts auszusetzen. Gut wäre auf alle Fälle ein 4mm oder 5mm Okular. Vielleicht gebe ich der Familie auch erst einmal noch meine alte 2x Barlow mit.

Ich bin auf alle Fälle gespannt, was nach der ersten erfolgreichen Beobachtungsnacht erzählt wird.  Rolleyes
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
Folgenden 7 Usern gefällt Uwe's Beitrag:
August (19.11.2020), Christoph (19.11.2020), Florian B. (19.11.2020), hafgan (19.11.2020), Herbipollution (19.11.2020), Michael (19.11.2020), Ulf (19.11.2020)
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#2
Uwe, ein schöner Bericht.

Genau diesen Dobson hatte ich auch und er hat mir über 10 Jahre als Reiseteleskop, speziell für das ITV, gedient.
Ich war sehr zufrieden mit der Optik und hatte ihn, nachdem ich meinen 14" Lomo Dobson gekauft hatte, für 80 Euro einem jungen Sternfreund überlassen. Ich dlaube, Du warst damals in Uissigheim mit dabei.

So ein Gerät kann einem wirklich ein Leben lang begleiten, wäre da nicht nachein paar Jahren der Wunsch nach größerem da. 3 Jahre lang hatte ich hin noch gemeinsam mit dem Ulugh Beg benutzt.

Gruß
Winfried

...und bleibt gesund!
Wenn filmen so einfach wäre, dann hieße es "RTL"
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