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Unverhoffte Neujahrsbeobachtung
#1
Ein gutes neues Jahr an Alle!
Das Jahr hat Astronomisch mit einem unverhofften Beobachtungsabend begonnen. Mit Sonnenuntergang machte der Himmel auf und es wurde klar. Venus, Saturn und Jupiter standen im Reigen und leider habe ich nicht an Merkur gedacht. Im Verlauf wurde es zunächst diesig und das Abendessen kam genau richtig, weil es danach wieder klarer wurde…
Begonnen hatte die Beobachtung mit dem Vixen BT ED70S-A Großfernglas, welches heute zu den SD-Gläsern zählen würde und ausgesprochen vergrößerungsfähig ist. Bestückt mit 6,7mm Okularen und damit ca. 60x war Jupiter das Beobachtungsziel. Das Seeing war anfangs nicht so gut und sogar beim 70mm Glas deutlich zu spüren. Die Jupitermonde erscheinen sternengleich und ein braunes Band war deutlich zu sehen, während darunter weitere Bänder eher diffus daherkamen. Der Schwenk zu Saturn zeigte den Ring als auch eine klare dunkle Trennung an beiden Seiten von Planet zu Ring. Venus schon tief am Horizont zeigte atmosphärisch Farbspiele um die imposante Sichel, welche im Seeing wellenartig waberte.

Es war noch immer klar und ich wollte den Planetenvergleich zum Großbino BT120 sehen. Also das große Stativ Planet auf die Terrasse in Stellung gebracht und mit Vixensäule sowie der Ayo Master bestückt um das Großglas auf seinen massiven Doppel L-Winkel montieren zu können. Mit den 10mm Okularen und damit 66x ein direkter Vergleich zum vergleichsweise kleinen, aber feinen Vixen Glas. Die Monde nun richtig hell, ebenso das Planetenscheibchen, dem allerdings ob der Helligkeit der Kontrast fehlte. Nachfolgend auf 6mm Okulare umgestellt gleich 110x zeigte Jupiter in einer Größe, wo genügend „Fleisch“ zum Anstarren vorhanden ist. Das Seeing immer noch schlecht ließ nur wenig mehr Detail erkennen… In mir war ja schon länger der Gedanke mal mit Abblenden zu versuchen. Das schnelle Gebastele mit Klebebandrollen und Schaumstoff war nicht so wirklich belastbar, also suchte ich die Schränke durch und fand zwei Kunststoffdeckel einer Papprolle in geeigneten Maßen! Quasi während einer Beobachtungsunterbrechung drehte ich die die Deckel zu Blenden mit 70mm freien Durchmesser aus. Diese ergeben am Gerät mit 660mm Brennweite ein System mit f/9,4. Die Erwartung war groß ob ich nun gleich einem ED Gerät Jupiter farbrein betrachten konnte…….und eine Minute später wusste ich´s ernüchternd „Nein“, es ist immer noch kein ED Gerät und der Jupiterrand zeigte nach wie vor blaue und gelbe Säume. Diese sind zwar weniger als mit 120mm Öffnung aber eben nicht völlig weg. Experiment gescheitert? Das ist auch nicht der Fall weil der Kontrast auf jeden Fall besser wurde und auch schwächere Bänder und Details sichtbar wurden. In dem Punkt konnte der beblendete Achromat sogar den ED gleicher Öffnung übertreffen, obwohl die Farbkorrektur nach wie vor schlechter war. Die beblende 70mm Öffnung zeigte auch Sterne wie aus dem Lehrbuch und das günstige Öffnungsverhältnis wird hier seinen Beitrag liefern. Zwischenzeitlich sind die Blenden von den Taukappen gefallen und wider Willen beobachtete ich nun wieder mit 120mm Öffnung. Das Seeing wurde besser und die erkennbaren Details auf Jupiter nahmen zu. Tja, die Öffnung liefert natürlich Ihren Beitrag und für das nächste Bauprojekt liegt ein massiver POM Brocken bereit um daraus Blenden mit Gewinden M130 gleich den Staubdeckeln zu drehen, die nicht mehr ungewollt abfallen sollen.
Aus der Erfahrung heraus werden diese Blenden nun 82,5mm freien Durchmesser haben. Ergibt Blende 8 an dem Gerät und bei 6mm Okularen mit 110x Vergrößerung gleich 0,75mm Austrittspupille. Das könnte ein guter Kompromiss aus Öffnung, Kontrast und Helligkeit für dieses Bino an Mond und Planeten sein.
   

M42 kam gegen 21.00Uhr in eine gute Beobachtungshöhe und das war auch das Ziel der Wünsche. Die Durchsicht war gerade gut als das 70mm Glas sich zuerst beweisen durfte. Bei 60x zeigten sich die Flügel des Gasnebels in deren Zentrum das Trapez klar aufgelöst, aber auch relativ lichtschwach auf mich warteten. Der Wechsel aufs BT 120 mit 66x war ein bedeutender Schub an Sternhelligkeit und der Nebel kam entsprechend tiefer und klarer ins Bild. In der Wirkung wie im Teleskop von ca. 8Zoll , besonders nach dem Wechsel auf 6mm Weitwinkelokularen mit 110x. Die Dunkelstrukturen kamen nun deutlicher heraus und im Nebel selbst konnte ich dunkelrote Töne von helleren Tönen unterscheiden. Das Trapez blieb bei 4 Sternen und lag es nun am Gerät oder an der Luft?
Die Ayo bot ja noch eine freie Losmandyklemme an und der FLT 135 wollte ja auch mal wieder Sternenluft fühlen. Also Kiste geholt und das Teil aufgebaut, was Nachts nicht so gut von der Hand geht wie am Tag. Nach der Montage das Gleichgewicht durch Verschieben des BT120 hergestellt, weil das bei so einer Handnachführung besonders wichtig ist. Anfangs zickte die Abbildung durch Seeing und Abkühlung noch etwas herum, was sich aber schnell beruhigte und auch das Seeing zeigte sich nun von der besseren Seite.
Rigel wurde anvisiert und das 70mm Vixen Glas zeigte den Rigel „B“ klein aber eindeutig! Welche Überraschung! Das BT 120 protzte mit seiner Helligkeit und zeigte einen blau gesäumten Rigel mit „Fransen“ und den Begleiter „B“ direkt am Rand der Fransen. Der FLT 135 lieferte einen weißen, kalten Rigel der sehr hell aber gleichzeitig auch sehr klein erschien. So blieb zum Begleiter eine relativ große dunkle Distanz, der damit isoliert klar in Erscheinung trat. Was für eine Abbildung im Vergleich!
Zurück zum Trapez, dass nun den fünften Stern offenbarte im 135er. Das Seeing wechselte auf gut und auch der sechste Stern erschien eindeutig und dauerhaft. Dabei war nicht der Abstand bei 120x ein Problem weil reichlich Luft zu den hellen Trapezsternen bestand sondern die Komponenten „E“ und „F“ waren relativ lichtschwach. Zudem war kaum ein Helligkeitsunterschied zu sehen zwischen den Beiden, wo ich im Kopf die Komponente „E“ immer deutlich heller in Erinnerung hatte. Möglicherweise variiert die Helligkeit? Im BT 120 konnte ich bei 110x die Komponente „E“ ebenfalls erkennen, während „F“ nicht sicher von dem franselnden „A“ zu unterscheiden war. War es nun ein „angeklebter“ „F“ oder ein Lichtstrahl von „A“.
Der Wechsel auf 5mm Okulare sollte Klarheit bringen mit 132x Vergrößerung. Eingestellt und scharfgestellt war das Bild nun dunkler und der Blick mit freiem Auge zeigte die zunehmende Bedeckung des Himmels, welche nun das Ende der Beobachtung mit sich brachte.
Ein Bild der Szenerie zu Abschluss:
   
Viele klare Nächte in 2022 wünsch ich Euch
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Andreas-TAL (04.01.2022), Astrokarsten (04.01.2022), August (02.01.2022), Christoph (03.01.2022), el_Micha (13.01.2022), Florian B. (07.01.2022), Herbipollution (09.01.2022), Hubert.H (02.01.2022), Michael (04.01.2022), Philipp (02.01.2022), Uwe (02.01.2022)
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#2
Hallo Ralf,

schöner informativer Bericht. Da hast du dich ja richtig reingekniet. Riegel B mit schwarzen Zwischenraum könnte ich mit meinem Equipment auch mal versuchen. Hab da noch nicht so genau darauf geachtet. Mein kleiner 70 mm APO wird das wohl nicht packen. Käme auf einem Versuch an. 
Die E und F Komponenten im Trapez 67P/Churyumov–Gerasimenko sind nicht einfach und muss je nach Seeing selbst im großen Dobson genau hinsehen.

Ich hab mich heute Nacht um 03:00 nach eingem Abwägen auch für eine spontane Beobachtung entschlossen. Es war weitgehend klar, so dass ich die EQ6 mit dem 190 mm Mak Newton aufbaute. Gegen 04:15 war dann alles einsatzbereit und machte zwei kurze Bilderserien von dem mittlerweile schon berühmten Kometen 67 P Churymov Gerasaimekov.
Ihn wollte ich schon am 03. 12. 2021  beim Randevouz von Leonard mit M3 aufnehmen aber hab ihn glatt vergessen. Damals war er noch etwas heller als jetzt mit 9,5 mag. Er ist aber dennoch gut auf dem Bild zu sehen. Hat gerade so geklappt mit zeitweise durchziehenden Wolkenfelder und leichten Nebel. Um 06:00 sah mich dann wieder das Bett.

Ist jetzt nicht so spektakulär, aber ich wollte ihn trotzdem festhalten. Ich stell ihn vielleicht in den nächsten Tagen mal hier rein.


Viele Grüße  Philipp 


"Das schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle"    Zitat von Albert Einstein 
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#3
Hallo Ralf,

was du da alles aufgefahren hast... eine ganze "Batterie" an Optiken. Schön, dass du gleich im neuen Jahr erfolgreich warst. Hier bei uns war die Bewölkung so stark, dass ich kaum Sinn in einer Beobachtung sah. Dass es aber bei dir für diese eindrücklichen Ansichten geklappt hat ist doch erfreulich.

Rigel ist immer ein lohnender Doppelstern auch für kleinere Optiken. Das Trapez im Orionnebel hatten wir ebenfalls schon häufig in der Kur und ist ein Gradmesser für gutes Seeing bzw. Beobachtungsverhältnisse.

Bin gespannt, wann es hier demnächst mal wieder ordentliche Beobachtungsbedingungen gibt.

Klasse Bericht auf alle Fälle!
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
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#4
Hallo Ralf und Philipp!
Super, wie Ihr schon unterwegs gewesen seid! Daumen hoch 

Hatte aber auch schon zwei (!) Beobachtungsabende in diesem Jahr - zwischen den Wolken!
Neben dem JWST bekam ich schon die Bestätigung eines neuentdeckten Kometen und Asteroiden auf den Chip. Und nebenbei habe ich einige weitere Asteroiden messen können.
Wenn es denn stabil gewesen wäre...
Vielleicht wird ja 2022 besser als 2021.
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#5
Da seid Ihr ja schon im neuen Jahr astromisch gut unterwegs!

@ Philipp
Ja, schau mal was mit 70mm geht. Das Vixen ED 70 Fernglas hat es ja auch gepackt. Allerdings war Rigel "B" am Rand von "A" und sehr schwach von der Helligkeit, aber dennoch sicher zu erkennen.
Nächstes Projekt für den Winter wäre dann Sirius "B"
@Uwe
Das 70er Fernglas ist ein "Greifen und Gehen" Gerät, was samt Stativ und Okularen mit einmal Tragen am Start ist. Nicht so das Berlebach mit Ayo Master, aber die Beobachtung ist sozusagen eskaliert weil eben länger "klar" als erwartet.
Das Trapez mit 6 Sternen ist sicher eine Sache der Luftruhe. Vor 25 Jahren gelang mir das auch mit einem APQ 100/640. Möglich wäre es auch mit 80mm laut Berichten aus Amerika.
Beim Fernglas ist es aber auch eine Frage der Leistungsfähigkeit des Geräts. Um die Luftruhe auszuschließen, lässt sich das eben sehr gut bei einem direkten Vergleich mit dem FLT135 feststellen. Wie gesagt hat es mit "F" diesmal nicht funktioniert am Fernglas, gleichwohl die Luft ausreichend gut war. Hier sind offenbar auch häufig SD Gläser gescheitert und damit liegt der Achromat mit seinen 5 gesehen Trapezstern auf Augenhöhe. Beim Fernglas stehen eben zwei mal 120mm Öffnung auf der Pro Seite, Aberrationen einschließlich Farbfehler und ein enorm langer Lichtweg auf der Minus Seite. Die Sichtung von "F" mit dem Achromat hat dann sowas wie die Besteigung eines Berges. Da freut man sich, wenn es geschafft ist und das Scheitern gehört dazu, sonst wäre die Freude am möglichen Erfolg ja nicht so groß.
Auf www.epsilon-lyrae.de gibt es einen guten Artikel zum Trapez. Der Autor J.S. Schlimmer unterscheidet ein Helligkeitsverhältnis von AE mit 1 : 60 gegenüber CF mit 1:360.  Das ist eine recht gute Erklärung, warum "F" gerade mal 0,4mag schwächer als "E" doch deutlich schwieriger zu erkennen ist. Nicht so sehr in super sauber abbildenden Apochromaten ein Problem, aber für ein Fernglas eine echte Herausforderung!
,
@Christoph
Da liegst Du Vorne, mit Deinen Aktivitäten Daumen hoch 

@all
Beim Trapez ist mir in der Bezeichnung ein Fehler unterlaufen. Ich bin davon ausgegangen, dass "A" die hellste Komponente des "Trapez" ist. Leider falsch, weil "C" die hellste Komponente ist und wäre die richtig Bezeichnete gewesen.
Beim Trapez gehen die Buchstaben nach zunehmender Rektaszension und nicht nach Helligkeit.
Im Grunde blicken wir auf einen Sternhaufen und freuen uns über die schöne Anordnung der vier Sterne. Allerdings ist jeder von diesen Sternen mind. ein Doppelsystem. Bei Komponente "B" sagt man heute mind. 6 Einzelkomponenten!
Nach neuerer Forschung ist auch klar, das Komponente "F" ebenfalls ein Doppelstern ist.
Kein Wunder, dass "A" und "B" bedeckungsveränderliche Sterne sind. Für Uwe ergibt sich die Möglichkeit in seiner Nachbarschaft mit dem 60cm Newton mal zu probieren, ob sich bei Top Seeing die Komponente "G" zeigt. Das hat z.B. schon der bekannte Spiegelschleifer Statis geschafft, aber offenbar ist das eine echte Herausforderung!

Als Ergänzung noch die Info, dass das BT 120 nun seine 82,5mm Brille bekommen hat. Am Tag ist die verbesserte Kontrastleistung deutlich sichtbar und z.B.  Holzpfosten zeigen mit voller Öffnung an den Kanten einen blau-violett Saum während nach der Beblendung die Phase am Holz sichtbar wird. Vom Eindruck besser als ein 100mm ED ( kein SD!) am Tag, der stärker unter einem Farbquerfehler leidet. Nachts ist sicherlich das ED Glas an Planeten und Mond farbreiner, was ich schon probiert habe. Die Erfahrung mit dem ED Glas war für mich auch überraschend!
   

Besten Gruß
Ralf
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Andreas-TAL (05.01.2022), Christoph (04.01.2022), Michael (06.01.2022)
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