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Vom Abschied von Orion - zum Game-changer M104
#1
BB vom 22.03.2022 8" Dobs (sehr gute Durchsicht, mittelmäßiges Seeing)
BB vom 23.03.2022 10" ACF (guter Landhimmel, mittelmäßiges Seeing)
BB vom 25.03.2022 10" ACF (aufgehellter Himmel, hervorragende Luftruhe)
BB vom 26.03.2022 24" Dobson bei Bernhard (aufgehellter Himmel, stark wechselnde Luftruhe)

Hallo,

der Frühling hat begonnen und der Orion verabschiedet sich nun langsam aber sicher vom Südsternhimmel. KW 12 bot einige sehr erfolgreiche Beobachtungsnächte. Begonnen habe ich am Dienstag mit dem 8" Dobson. Ziel waren die helleren Messier-Objekte bis hin zu Makarians Galaxienkette. Nebel zwischen Zwilling und Löwe, bis hinauf zum großen Wagen. Mit dem f5-Gerät und dem großen Gesichtsfeld war es bei sehr guter Durchsicht eine Freude die einzelnen Sterninseln, KS, PN und OH abzufahren und einzufangen. Gut 3 Stunden konnte ich mich an den fernen Sternen satt sehen und die Nacht genießen. Die ISS ist überflog in dieser Woche mehrfach unseren Standort. Ruhig und beinahe majestätisch zog sie strahlend, hellleuchtend ihre Bahn von West nach Ost. 
Ein Blick ohne Gerät in den Nachthimmel war zwischendurch tiefenentspannend.

Am Mittwoch suchte ich dann mit dem 10 ACF schwächere Galaxien auf. Die Grenzgröße lag sicher bei knapp 6mag, wobei die Sterne bei höherer Vergrößerung deutlich unruhig erschienen. Die Vorhersage von Meteoblue war hier nicht sehr aussagekräftig.
Beobachtet habe ich daneben auch die OH M36, 37, 38 in Auriga und warf noch einen Blick auf das Trapez. Mittlerweile steht der Himmelsjäger schon sehr tief im Westen und ist nicht mehr das lohnende Sternbild.
Danach betrachtete ich:
NGC 2775 (Cancer)
Leo:
NGC 2903 mit 2916 Glx (in einem Gesichtfeld im 36mm Oku)
NGC 3098, 3162 Glx
NGC 3190, 3193, 3185 u. 3187 Glx-Quartett (Hickson 44). Die schwächste Galaxie war nur annähernd herauszuarbeiten
NGC 3227/3226 Glx-Paar
NGC 3596
Leo-Triplett und die nahe NGC 3593
NGC 3681,3684, 3686 Galaxien nahe des Sterns 81Leo
Am Quasar Holm 240 - NGC 3607, 3608 und 3605 bin ich dann hängengeblieben und fertigte eine Zeichnung an - gut eine halbe Stunde beschäftigte ich mich mit der Gruppe.
NGC 3632 (in unmittelbarer Nähe zu Holm 240)
Als Belohnung dienten die helleren Galaxien in den Jagdhunden und UMa bspw. NGC 4449, M51, M108... 

Am Freitag, 25.03. schaffte ich es nicht nach Iffigheim zu kommen. Gerne wäre ich bei dem Treffen dabei gewesen. Bei uns war der Himmel an diesem Abend deutlich aufgehellt. Die lange Trockenheit bedingt sicher viele Staubpartikel in der Luft, so dass Deep-Sky sich als schwieriges Unterfangen darstellte. Die feinen, zarten Sterninseln konnten sich kaum aus dem Himmelhintergrund hervortun und selbst hellere "Kracher" kamen etwas enttäuschend daher. Die Luftruhe dagegen war super. Trotz starkem Wind auf der Terrasse mit gefühlt eisigen Temperaturen standen das Sternkernbild mit wenigen Beugungsringen gut definiert im SC-Teleskop. Das war schon "größeres Kino". Ich konnte gut 500 - 600fach vergrößern. 
Doppelsterne waren also die Wahl des Abends:
Rigel und das Trapez in Orion waren der Startpunkt in der Dämmerung - tolle Eindrücke als Auftakt
Sirius war leider dann auch schon zu tief, so dass der Nachbarbaum störte.
24 Coma: gelb/bläulich, ähnlich Albireo
Tegmine - Zeta Cancri: ein Dreifachsystem mit zwei weißen und einer hellgeblichen Komponente (6,2mag hell)
Castor in Gemini durfte nicht fehlen
Omega Leonis: 5,9/6,5mag mit 0,9" 
Epsilon Hydra: 3,4/6,9mag mit 2,9" - gelb/blau
Algieba in Leo: ein echter Kracher
35 Sextans: schwer, 6,8 / 7,1 mit 6,8" - gerade aufgelöst im 6mm Ortho

Die frischen Temperaturen bei starkem, böigen Wind trieben mich dann gegen 22:45 Uhr von der Terrasse. Meine Finger waren richtig klamm und gefühlt befand ich mich im tiefsten Winter... 

Gestern, am Samstag, besuchte ich dann Bernhard. Längere Zeit hatten wir nicht mehr miteinander beobachtet. Das Riesenteleskop stand bei ihm nun doch schon wieder eine Weile, und er war gespannt, ob die Technik nach der langen Pause noch fehlerfrei funktionierte. Meistens gibt es doch immer wieder was zu schrauben, zu optimieren oder nachzujustieren. Den Satz "Ein Dobson ist eine Baustelle" gibt es nicht unbegründet. Vorneweg kann ich sagen, dass dann alles wunderbar zusammenspielte. Die Akkus hielten gut durch, die Sky-Safari-App auf dem Tablet kommunizierte fehlerfrei mit dem Argo Navis, das Goto führte zielsicher zu den angewählten Objekten und die Nachführung hielt diese auch sauber in der Mitte der Okulare. Genial - wenn´s so läuft.

Der Blick durch den 24" Dobson ist immer eine kleine "Offenbarung" - auch wenn die Nacht wieder sehr aufgehellt begann. Die Luft war relativ ruhig, so dass schon beim Alignment und Ausrichten des Teleskops auf Polaris der Doppelstern beeindruckend anzusehen war. Zwischendurch blähten sich die Sterne immer wieder auf, um dann im nächsten Moment nadelscharf abgebildet zu erscheinen. 

Wir starteten relaxt an helleren Galaxien im Löwen - dabei ließen wir uns viel Zeit, um auch Details "herauszusehen". Mir war dann auch der direkte Vergleich zum 10" ACF von den Vorabenden in Erinnerung. 250mm zeigen ja unter deutschem Himmel schon recht viel und das deutliche Mehr an Lichtsammelfläche des 24"ers ist bei Verhältnissen wie gestern gar nicht so förderlich, da auch die schlechten Bedingungen vergrößert erscheinen. Dennoch befindet man sich in einer anderen Welt. Vieles ist "einfach da" - wo ich sonst schon genau hinschauen muss.
Holm 240 (NGC 3607-Gruppe) 
Leo-Triplett (M65/66, NGC 3628)
Was für Monster! Auch wenn sie durch den Dunst doch gedämpft in den Okularen erschienen zeigten sie deutlich Struktur und oft reichte das Gesichtsfeld des 20mm Okulars nicht für die ganze Größe der Galaxien.
Freilich hätte ein tiefschwarzer Himmelshintergrund noch ganz andere Eindrücke ermöglicht. Immer sind die Bilder der gigantischen Spiralarme von M101 oder M51 bzw. strukturierte Edge-On-Wände aus hervorragenden Nächten in Gedanken, aber wir waren soweit zufrieden und steuerten munter weiter.

Die Gruppe um NGC 3190 war dann auch ein lohnendes Ziel.
In der Nähe von NGC 2903 / 2913 stand der Komet Wild 116P, der mit 12mag seinen Kern mit etwas Koma zart präsentierte.
M 51 / M101 / M108 hatten wir auch schon ganz anders gesehen.
Das Licht von M3 knallte dann wieder mit beinahe brachialer Gewalt in die Sehzellen.
Die KS M53 und der schwächere NGC 5053 waren die weiteren Kandidaten, wobei NGC 5053 mit seinen 12mag schon beinahe vom Himmelshintergrund aufgesogen wurde. Ein Hauch von "Nichts".

M 104 war dann quasi der Game-Changer... 

obwohl sie so tief stand überwältigte sie uns beide mit ihrer Schönheit und Brillanz. Wir konnten uns gar nicht recht losreisen vom Mexikohut. Der Blick nach Oben zeigte dann, dass der Dunst irgendwie nachgelassen hatte. Eventuell mit dem Taupunkt zusammenhängend. Plötzlich leuchteten auch feinere Sternchen auf und alles wirkte klarer.
So starteten wir nochmal durch und observierten den Bereich um Coma Berenice:
NGC 4656 - Waaaahhhnsinn!
NGC 4535 mit schönem Zentralbalken und s-förmigen Armen
NGC 4526
M 64 - Black Eye überzeugte im 14er Okular
M 90 die visuell mal langgestreckt (indirekt) und dann wieder eher kompakt erschien. Dicht daneben IC 3585, die winzig aber deutlich, umringt von 3 Sternen - aufleuchtete.
Mit dem Whale NGC 4631/27 und dem Golfschläger NGC 4657 hatten wir zwei weitere Stars des Nachthimmels im Visier.

Mit M81/82 und einer ordentlichen Lichtdusche gewöhnten wir uns langsam an das Licht, das wir brauchten um die gemeinsame Beobachtungsnacht zu beenden. Es war nun doch beinahe Mitternacht geworden.
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
Folgenden 7 Usern gefällt Uwe's Beitrag:
Astrokarsten (27.03.2022), August (27.03.2022), Christoph (27.03.2022), Florian B. (28.03.2022), Hubert.H (27.03.2022), Ralf (27.03.2022), Ulf (27.03.2022)
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