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Sternhaufen im Sommer
#1
Guten Morgen zusammen,

nach langer Zeit möchte ich wieder Mal einen kurzen Beobachtungsbericht mit euch teilen.
Gestern, am 01.07., habe ich die Gelegenheit und den wolkenfreien Himmel genutzt, um mit meinem 10" Dobson Jean-Luc einen Ausflug durch die Sternhaufen am Sommerhimmel zu machen.

Schon die ganze Woche wollte ich endlich Mal wieder spechteln, allerdings hielt mich die Unlust zurück, den Hauptspiegel endlich einmal zu reinigen. Aber wie das so ist mit dem inneren Schweinehund, manchmal muss man ihm in den Allerwertesten treten.
Das tat ich dann auch und bestellte mir am Montag ein neues 11mm Okular von Explore Scientific.
Jetzt zählte keine Ausrede mehr und ich schraubte die Spiegelzelle aus dem Dobson und reinigte den Hauptspiegel. Für einen Okulartest sollten die Bedingungen am Gerät top sein.
Und ohje... was sich da auf dem Spiegel in den letzten zwei Jahren angesammelt hatte war wirklich nicht schön.

Nachdem der Spiegel gereinigt und wieder eingebaut war, musste noch kollimiert werden. Ich bin ehrlich, es gibt wenig Dinge die ich noch weniger mag als den Fangspiegel an meinem Dob einzustellen. Die Spinne ist einfach nur ein wackeliges Teil, das einem den letzten Nerv raubt.
Nachdem ich auch dieses Hindernis überwunden hatte bereitete ich draußen alles für die Nacht vor.

Meine Verlobte wollte gegen 22 Uhr zurück von ihrem Betriebsausflug sein und dann endlich auch das erste Mal mit spechteln.

Ich überlegte also welche schönen Showpieces ich in der Nacht mit Jean-Luc ansteuern könnte, um meiner Zukünftigen die unendlichen Weiten des Weltraums schmackhaft zu machen.

Mein Wahl viel auf die Sternhaufen, da aus meiner Sicht visuell nichts so einfach und ergiebig zu erkunden ist wie diese Gattung interstellaren Objekte. 
Nachdem der Dobson ca. 3h Zeit zur Temperaturanpassung im Garten hatte, gingen wir also nach draußen. Um 23Uhr war es dann soweit und ich schwenkte Jean-Luc mit dem 30mm ES Okular in den Herkules. Dort sollte M13 als fulminanter Auftakt unserer Reise dienen. Schnell fand ich den grauen Fleck und übergab an meine bessere Hälfte. Und dann Stille...
"Meinst du den grauen Fleck mit den Sternen da?", fragte Sie. Ich schluckte und antwortete unsicher ein tragendes "Ja?". "Das ist so cool und hübsch". Puh da war ich doch etwas erleichtert. Gut konnte ich mich noch an meine ersten Beobachtungen erinnern und die damit verbundene Unsicherheit "muss das so aussehen?".
Wir vergrößerten M13 weiter mit dem 11mm ES. Das kleinere Gesichtsfeld machte sich natürlich bemerkbar, durch den zenitnahen Stand war die Nachführung auch für meine Verlobte kein Problem. Die Transparenz war in der letzten Nacht leider nicht so wahnsinnig gut. Aber man nimmt ja was man bekommt.
M13 könnten wir zumindest vernünftig auflösen und einige Einzelsterne ausmachen.

Weiter ging es nun in den Schlangenträger (ca. 23:30Uhr, leichte Bodenfeuchtigkeit setzte nun ein). Ziele dort waren die Sternhaufen M10 und M12. Beide waren nach kurzer Suche ausgemacht und wir konnten loslegen. Die atmosphärischen Konditionen schienen ein wenig besser geworden zu sein, sodass beide Sternhaufen sich gut auflösen ließen. Weiter ging es in die Leier, dort wollte ich meiner besseren Hälfte unbedingt M57 den Ringnebel zeigen. Leider wurden die Bedingungen nun wieder schlechter (24:15Uhr). Der Ringnebel zeigte sich uns im 11mm ES nur beim indirekten Sehen als Ring der ist. "Sag Mal kann es sein, dass man manchmal mehr erkennt, wenn man nicht genau auf die Dinge schaut?". Oha dafür habe ich damals ganz schön lange gebraucht.
Weiter ging es in den Schwan zu den offenen Sternhaufen M29 und M39 beide ließen sich gut im 30mm ES überblicken. 
Ach ich mag einfach diese tollen Sternenfelder bei denen man immer wieder neues entdeckt.

Zum Abschluss wollte ich meiner Verlobten, ihres Zeichens passionierte Eulenliebhaberin, noch den Owlcluster in der Cassiopeia zeigen.
Diese stand nun weit genug über dem Haus, sodass wir NGC 457 schnell einstellen und dann im 11mm ES betrachten konnten. Wie ausgestanzt starrten uns die Augen der Eule an. Immer wieder schön.
Madame am Teleskop rief erfreut "oh wie cool eine Eule!".

Eine wirklich gelungene Beobachtungssession.
Gegen 1:15Uhr räumten wir zusammen und tranken zum Ausklang des Abends ein leckeres Distelpils, ein Mitbringsel unserer letzten Frankentour.

Zum ES 11mm:

Das Okular hat am Stern eine vernünftige Abbildungsleistung erbracht. Ich meine leichte Sternverzerrungen an den äußersten Randbereichen wahrgenommen zu haben, das werde ich jedoch in einer weiteren Session nochmal genauer ansehen. Eventuell haben da gestern auch die nicht so tollen Bedingungen ihren Anteil gehabt. Das Einsichtsverhalten ist sowohl mit als auch ohne Brille sehr angenehm.
Alles in allem bin ich sehr zufrieden. Preis-Leistung (179€) ist aus meiner Sicht hier wirklich gut. 
 

Ich wünsche euch ein schönes Wochenende und vor allem Clearskies Smile

LG
Mathias
Trekkie mit Herz und Phaser

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August (02.07.2022), Christoph (03.07.2022), Florian B. (02.07.2022), Hubert.H (03.07.2022), Karsten (05.07.2022), Philipp (03.07.2022), Ralf (02.07.2022)
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August (02.07.2022), Christoph (03.07.2022), Florian B. (02.07.2022), Hubert.H (03.07.2022), Karsten (05.07.2022), Philipp (03.07.2022), Ralf (02.07.2022)
#2
Guten Morgen zusammen,

als kleiner Nachschlag zum vorhergegangenen Beobachtungsbericht.

Gerade bin ich vom Beobachten wieder reingekommen.
Der Tag war um einiges wärmer als vorhergesagt, auch die von den Wetter Apps versprochene dichte Bewölkung setzte erst sehr spät ein. So dachte ich noch gegen 22 Uhr eine Beobachtung wäre heute nicht drin.
Um 23:30Uhr aber schaute ich aus dem Fenster und konnte Sterne erkennen. Also schnell den Okularkoffer geschnappt und raus in den Garten.
Jean-Luc, meinen 10" Dobson, hatte ich dort schon heute Mittag für den Fall der Fälle aufgebaut. 
Ich wollte mir unbedingt Mal wieder einige Galaxien ansehen, deshalb sollte mein Ziel heute Nacht Ursa Major mit den Galaxien M51 und M101 werden.
Leider zogen schon wieder Wolken auf, sodass ich mich beeilen musste. 
Ich peilte mit dem Telradsucher grob zwischen Alkaid und Cor Caroli und nach einigem Hin und Her konnte ich die Whirlpool Galaxie in der Mitte meines 32mm ES Okulars festnageln.
Klar ersichtlich waren die beiden Galaxienkerne, rundherum das diffuse Grau, das verheißungsvoll nach mehr Vergrößerung rief.
Hier konnte nun das neue 11mm ES glänzen. Die Bedingungen waren für Ruhrpott-Verhältnisse relativ gut, sodass die grauen Schemen rund um die Kerne nun klar vom Hintergrund getrennt waren und die Form gut erkennbar waren. Details in den Staubbändern kann ich von meinem Standort visuell leider nicht ausmachen.
Dafür muss es ins Sauerland oder das Bergische Land gehen.
Doch trotz allem faszinierte mich der Anblick der fernen Welten, die so episch aufeinander prallen, wieder zutiefst.
Kurz überlegte ich noch, ob ich eine kleine Zeichnung anfertigen sollte, doch ein Blick in den Himmel zeigte wieder eine dichte graue Wolkenwand, die in Begriff war den Himmel zu bedecken.

Ich beschloss also die kurze Beobachtungssession zu beenden und die gerade aufgenommenen Eindrücke, lieber detailliert in mein Beobachtungstagebuch zu schreiben.

Manchmal sind es eben doch die kleinen Erlebnisse und Abenteuer die Zufriedenheit und Gedankenspiel erlauben.

Schön wars.

LG
Mathias
Trekkie mit Herz und Phaser

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