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Kometenbeobachtung und mehr
#1
Hallo zusammen,

es ist ja derzeit ziemlich still im Forum. Kein Wunder bei diesem Sonnen und Sternarmen Winter. 

Am Abend des 18.01. hatte das Wetter einsehen und so war ich mit dem 190/1000 mm Mak Newton auf EQ3 zu Werke und machte Aufnahmen vom Orionnebel und zum Schluß noch vom Kometen C/2020 V2 (ZTF) in der Cassiopeia. Lies alles aufgebaut um in der zweiten Nachthälfte C/2022 E3 (ZTF), sowie C/2022 A2 Panstarrs im Drachen und NGC 4647 zusammen mit M60 diesmal zum Vergleich ohne Supernovae aufzunehmen. Die SN hatte ich letztes Jahr festhalten können. Doch es wurde nichts daraus. Der Himmel war komplet zu und außer ein völlig vereistes Teleskop und Montierung abbauen war nicht mehr. Das sind halt die Risiken und Unabwägbarkeiten vor allem im Winter. So ging es ja jetzt Florian und Simon auf der hohen Geba. Keine Wettergarantie, trotz guter Vorhersage.

Um so erfreulicher gestern Abend, dass endlich mal wieder was möglich war.  Ich stand vor der Qual der Wahl. Alles aufbauen, einrichten für das Fotografieren des Kometen C/2022 E3 (ZTF) bei bereits aufgehelltem Mondlichthimmel und nicht sicheren Wetter, oder eben nur visuell mit dem 14" Dobson. So entschied ich mich für letzeres, was mir dann doch einen schönen Beobachtungsabend bescherte.
Eine Stunde zuvor hatte ich C/2022 E3 (ZTF) schnell im alten 7x50 FG aufgespürt. Aber außer ein kleiner matschiger Ball am noch dunstigen Himmel war nicht mehr zu sehen. Nun ja ganz dunkel war es auch noch nicht. Um 19:30 dann war ich mit dem 350/1600 mm Dobson am Start. Schnell war der Komet im 8x50 Sucher gefunden. Er macht es einem derzeit mit rund 5 mag leicht und die Durchsicht war bereits besser geworden. Im 14 und 9 mm Explore Okular zeigte er sich dann doch imposant mit einer recht großen und breiten Coma. Nach längeren hinsehen konnte man die beiden Schweife nach und nach herausarbeiten. Eine nicht so häufige Form von breiter und keilförmiger Coma mit den doppelt abgehenden Schweifen fand ich. Unter dunklen Mondlosen Himmel wäre er sicher Eindruksvoller gewesen. Ist er auch nicht so ein Kracher wie Neowise vor über zwei Jahren, so ist er dennoch wieder mal ein heller und leicht beobachtbarer Komet. Interessant auch mit dem Hintergrundwissen, dass er eine extreme Bahn hat mit menschlichen Maßstäben schwer fassbarer Umlaufzeit von 50000 Jahren. Daher der Spitzname Neandertalerkomet. Vielleicht konnten unsere fernen Vorfahren ihn tatsächlich am Himmel mit blosen Auge wahrnehmen. Dunkler und störungsfreier war der Himmel zu dieser fernen Zeit sicherlich.
Was mich jedoch an diesem Abend am meisten Beeindruckte war seine aufgrund der Erdnähe rasante Geschwindigkeit. Man konnte förmlich zusehen, wie sich die Position zu den Feldsternen veränderte. Selbst im Sucher nach einer halben Stunde. Hatte ich schon lange nicht mehr gesehen.

C/2022 V2 in der Cassiopeia ist derzeit mit rund 9 mag auch ein lohnender Komet. Hab ihn nach ein bisschen Suchen und war überrascht ihn trotz aufgehellten Mondlicht Himmel so deutlich zu sehen. Er zeigte sich als ein relativ ausgedehnter ovaler Fleck, ähnlich einer eliptischen Galaxie am besten im 9 mm Explore bei 178x

Jetzt ein Schwenk zum engen Doppeltstern Kappa Leporis. 4,4 und 6,8 mag in 2,2" Abstand. Kann die beiden bei unruhiger Luft trotzdem deutlich trennen. Ein schönes Päärchen. Ebenso Gamma Leporis 3,6 und 6,3 mag im Vergleichsweise riesigen Abstand von 95" Eigentlch ein Fernglasobjekt.

Jetzt noch Stereospaß mit dem Binoansatz. Immer wieder schön an größeren Geräten auch bei Deep Sky.  Zum Vergleich noch mal  C/2022 E3 (ZTF)  Hat auch was und verfehlt seine Wirkung nicht. Wenn auch durch leichten Lichtverlust die Schweife nicht so ganz rauskommen ist doch die Coma Eindrucksvoll in Stereo. Ebenso Eindruckvoll um wie vieles er sich schon wieder weiterbewegt hat. So auch noch mal C/2022 V2 in der Cassiopeia. Ist auch im Bino Problemlos zu sehen und auch er hat sich in der Zwischenzeit deutlich weiterbewegt.
Schöne Beobachtungseindrücke nach längerer Zwangspause. Tut gut und die "Entzugserscheinungen" werden etwas gemildert.

Jetzt in das Herz des Orionnebels der Huygensregion mit den Dunkelstaubwolken und eingebetten Sternen und natürch dem Trapez. Immer wieder ein cooler Anblick bei größerer Öffnung.

Mars muß auch noch mal herhalten. Er zeigt sich nun wieder mit deutlicher Phase und ich kann die Polkappe und dunkle Gebiete erkennen. Ist jedoch etwas zappelig duch das Seeing.

Zu guter letzt der gute alte Mond, der Lichtstörenfried. Er hat trotzdem Aufmerksamkeit verdient. Hab ihn ja schon so oft gesehen, aber am Dobson im Bino ist er doch immer wieder eine Wucht. Zu Gute kommt die momentane große Höhe. Besucher und Laien auf Teleskoptreffen sind schon öfter Sprachlos gewesen oder gar etwas Erschrocken beim Anblick im Bino und der hohen Vergrößerung. Man hat ja wirklich ein bisschen den Eindruck aus dem Raumschiff hinunter zu Blicken.
Ich fahre den Terminator rauf und runter. Sehr gut an diesem Abend sind die Mondapenninen mit Mt. Hadley das Landegebiet von Apollo 15 zu sehen. Die Rima Hadley kann ich diesmal nicht ausmachen. Dazu reicht das Seeing nicht. Jedoch die paralell verlaufende Rima Fresnel. Weiter südlich auch die Rima Hyginus und im Südlichen Hochland die gewaltigen Krater mit ihren brutalen Schatten. So auch die spitzen langen Schatten einer Bergkette im Norden und auch das Alpental sind Eindrucksvoll zu sehen.

Auch wenn die Dunkeladaption erst mal dahin ist halte ich zum Schluß nochmal auf  den momentanen Hingucker C/2022 E3 (ZTF.  Ich will ihn in ein zwei Wochen nach Vollmond noch mal versuchen aufzunehmen. Er ist die nächste Zeit noch gut Positioniert und zieht unter anderem nahe an Kapella und Mars vorbei. Vielleicht klappts ja dann, wenn er dann auch etwas schwächer ist. Mal sehn...

C/2022 A2 Panstarrs im Drachen mit rund 9.0 mag kann ich jetzt am Abend aufgrund der noch niedrigen Höhe und Bäumen nicht sehen. Die drei beschriebenen Kometen sind die derzeit  hellsten zum Beobachten.

Eineinhalb Stunden Beobachten an frischer Luft hat der Astronomenseele gut getan und einen trotz aufgehellten Himmel schönen Beobachtungsabend beschert.


Viele Grüße  Philipp 


"Das schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle"    Zitat von Albert Einstein 
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