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Einzelsterne in M13
#1
Einzelsterne in M13 visuell beobachtet

Natürlich hat Jeder von Euch M13 schon häufig beobachtet in kleineren und größeren Instrumenten. Allerdings habe ich jetzt erst durch die Beobachtung mit dem 110er Bino Teleskop das Gesehene hinterfragt. In der sehr guten Nacht vom 6.6.2023 erschienen Einzelsterne bis ins Zentrum bei 147x binokular. Jedenfalls war das Zentrum granuliert, ohne dass ich mir die Mühe gemacht habe einzelne Sterne zu verorten und aufzuzeichnen.
Über den ganzen Haufen hinweg zeigten sich Sternketten, die gehalten werden konnten. Die Anzahl der gesehene Sterne war geschätzt über 100. Der körnige Hintergrund erzeugte dabei eine noch tiefere Wirkung. Meine Sehfähigkeit in der Grenzgröße ist eher unterdurchschnittlich, wie ich aus Vergleichsbeobachtungen erfahren konnte. Die Frage ist, ob den das Gesehene wirklich Einzelsterne waren bzw. welche Sterne mit welcher Magnitude sichtbar waren?

Hier erkenne ich ein Problem mit den photometrischen Daten, die nicht zur Beobachtung passen wollen!

Ich kann mich erinnern mit einem 63mm Schülerfernrohr bereits am Rand von M13 Einzelstern gesehen zu haben. Ich hatte auch Beobachtungen mit 150 Apo die eher enttäuschend waren. Auch mit meinem ACF 16“ gab es mäßige Beobachtungen und aber auch unglaublich beeindruckende Erlebnisse, die sich tief in die Erinnerung eingeprägt haben.

Die Suche im Netz, was andere Beobachter erkannt haben, bestätigt meinen Eindruck.
Einige hatten mit weniger Öffnung mehr gesehen als ich, Andere konnten auch mit 6“ nichts im Zentrum erkennen außer einem diffusem Leuchten. Ab 8“ lassen sich dann unter nahezu allen Bedingungen Einzelsterne erkennen.

Hier einige Beispiele:

Z.B. die Astrofreunde Franken schreiben: https://www.astrofreunde-franken.de/?p=1184
Mit einer freien Öffnung von 4“ verschwindet der neblige Schleier in den Randbereichen und wird bereits in erste Einzelsterne aufgelöst. Ab ca. 8“ steigt der visuelle Durchmesser deutlich an und die zunehmende Klarheit im Zentrum ist schön zu verfolgen.“

100mm f/6.4, 107x, SQM-L 21.3
„bei 32x ein greller heller Nebelball, der zur Mitte an Helligkeit zunimmt - die Außenbereiche sind diffus und hier und da wirken sie schon leicht verfranzt - bei 71x zeigt sich der KS granular und indirekt blitzen im Zentrum wie in den Außenbereichen die ersten Sterne hervor - bei 107x wirkt der Haufen unregelmäßig“
120mm f/5, 85x, Bortle 4, SQM-L 21.3
Wunderbar aufgelöst bis weit in das Zentrum!

Welche Grenzgröße kann mit dem 110er Bino erreicht werden? Natürlich ist das abhängig von der Durchsicht, der Luftruhe, Dunkelheit, Verfassung usw.

Eine Quelle gibt eine Grenzgröße von 13,3mag für einen 120mm Refraktor an, bei 6mag visueller Grenzgröße für das freie Auge.
Bei Astroshop werden für einen 110mm Apo pauschal 12,3mag genannt.

Messwerte:
Die Photometrie von M13 ergibt folgende Daten:
Die hellsten Sterne in M13 liegen bei 12mag, 14 Riesensterne liegen bei mag 13 und etwa 40 Sterne heller als 14mag.
Da kann man sich Profigrafiken ansehen oder auch von Amateuren erstellte Grafiken:
   
Bei den häufig gemachten Angaben zur Grenzgröße dürften demnach in M13 mit 110mm Öffnung bestenfalls wenige Randsterne zu sehen sein. Meine Beobachtung zeigte jedoch mehr!

Ergebnis:

Die Recherche dazu ergab folgendes Ergebnis:
- Die Grenzgrößen an Sternen werden zu niedrig angesetzt!
Ein der gewonnenen Beobachtung besser angepasstes Ergebnis bringt dieser Link:

Hier habe ich für den Farbindex +1,5 entsprechend der roten Riesensterne eingegeben. Bei Klasse 0 wären es gar 14,4mag gewesen. Bei diesem Ergebnis würde sich Beobachtung und Photometrie viel besser in Übereinstimmung bringen lassen!
   
Was meint Ihr?

Besten Gruß
Ralf
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Andreas Paul (11.06.2023), Astrokarsten (12.06.2023), August (11.06.2023), Florian B. (11.06.2023), Jozie (12.06.2023), Philipp (11.06.2023)
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#2
Hallo Ralf,
erst einmal: Daumen hoch  Überlegungen.

Es gibt Dinge, da denkt man immer wieder zu wenig nach und verknüpft sie mit eigenen Erfahrungen.
Das Pähnomen mit der Grenzgröße gehört dazu.

Uwe und ich haben ja schon immer an unseren Teleskopen jenseits der 16 mag beobachtet und das auf unsere internen Lichtverstärker geschoben. Wink 

Ich will nicht ausschließen, dass daraus (nicht bei der Beobachtung!) die Einbildung einer gewissen Beobachtungskunst erwuchs, die vielleicht gar nicht so vorhanden ist. Blush 

Der Link zu dem "Telescope Limiting Magnitude Calculator" ist eine gute Richtung.
Es ist einfach mehr zu sehen, wenn die Bedingungen stimmen. Mir ging das wieder so bei der SN2023ixf in M101. Im 180er EDT sprang die mich förmlich an und ich sah auch so etwas wie Arme in dem blaßen Nebelhaufen. "Geht doch eigentlich gar nicht" dachte ich mir. Aber offensichtlich geht da doch mehr.

Für unser Oldtimer-Treffen ist also die 13. Größenklasse bei besten Bedingungen zu erwarten! Cool

Entscheidend ist neben der Durchsicht das Seeing. Das sollte besser als 2" sein, wenn man in die Tiefe abtauchen will. Das wäre meine Anfrage an den "Telescope Limiting Magnitude Calculator". Es scheint mir zu wenig Einfluss zu haben im Ergebnis. Bei 500x am 300 mm Spiegel ist da mehr an Grenzgröße weg, wenn das Seeing von 2" auf 3" schlechter wird!

Visuelle Erfahrung und fotografische Abbildung gehen da miteinander.
Am 12" Newton hatte ich vor kurzem eine Nacht, da erreichte ich in 20 min eine Grenzgröße jenseits 21 mag.
Heute Nacht waren es ca. 20,5 mag. Ok, da wurde es auch nicht richtig dunkel.
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#3
Hallo Christoph,
danke für Deine Gedanken und Erfahrungen.
Ich stimme zu, dass das Seeing meiner Meinung nach der wichtigste Einflussfaktor bei der Beobachtung von Punktquellen darstellt.
Ob hier Werteangaben wie FWHM für die visuelle Boebachtung wirklich helfen?

In der Nacht vom 6.6 waren die Bedingungen optimal. Der gefühlt helle Himmel wirkte sich bei der hohen Vergrößerung nicht aus, da bei 147x der Himmel praktisch "schwarz " erschien. Die Austrittspuppile betrug 0,75mm und das Beugungsbild war bereits binokular als Fläche zu erkennen. Es ist ein Phänomen der binoklaren Beobachtung, dass Objekte größer erscheinen. Für die höchste Grenzgröße sind aber 0,75mm Austrittspuppile durchaus optimal, weil ab Erkennen der Flächigkeit des Beugungsbildes keine weitere Steigerung mehr möglich ist.

Das Seeing war so gut, dass bei 147x stehendes Beugungsscheibchen und stehender erster Beugungsring beobachtet werden konnten!

Für die höchste Grenzgröße und den gleichfalls nötigen 0,75mm Austrittpupille an Deinem 300mm Spiegel benötigst Du eine 400x Vergrößerung mit ebenfalls stehendem ersten Beugungsring. Wann wird das je geschehen...?
Der Einfluss des Seeings steigt mit dem Quadrat der Öffnung, schreibt Ronald Stoyan hier:
https://www.astronomie.de/einstieg-in-di...spiel-m-13
In seiner Tabelle bleibt seine genannte Grenzgröße ebenfalls unterhalb der Werte vom  "Telescope Limiting Magnitude Calculator".
Im Artikel von Ronald Stoyan fand ich folgenden Fehler:
Er schreibt: Durchmesser des Beugungsscheibchens in " = 116/Teleskopöffnung in mm
Deswegen zeigt seine Tabelle bei 100mm auch ein Beugungsscheibchen von 1,16"

Klingt einleuchtend, ist aber meiner Meinung nach falsch!

Richtig ist es hier beschrieben:
https://www.otterstedt.de/wiki/index.php
/Beugungsscheibchen#Berechnung_der_Gr.C3.B6.C3.9Fe_des_Beugungsscheibchens_in_Bogensekunden

α = 276 / D 

Im Falle von 100mm Öffnung und Lambda 550nm =
a = 276/ 100 = 2,76" Durchmesser Beugungsscheibchen

Gemeint hat Stoyan vermutlich das Auflösungsvermögen nach  Dawes = 116 / D, aber dann fälschlich auf den Beugungsscheibchendurchmesser geschlossen.

Bei solch eklatanten Abweichungen in den Angaben frage ich mich, auf was Seeing-Angaben sich in sinnvoller Weise für die visuelle Boebachtung beziehen sollen?

Ein stehender erster Beugungsring ist eine leicht festzustellende Tatsache und jedenfalls ein guter Hinweis für Vergleichsbeobachtungen.

Die Extinktion wirkt bei M13 ebenfalls sehr günstig:
Entsprechend der Uhrzeit waren nur 1,05 Luftmassen zu überwinden, was nur 0,14mag Abschwächung zum Zenit bedeutet.
Der über der Grasnarbe stehende M22 musste dagegen 8,45 Luftmassen überwinden!
Diese Werte habe ich aus Stellarium entnommen.

Der hoch stehende M13 hilft eben sehr für Maximalleistungen. Das Seeing kommt kleineren Öffnungen häufiger zu Gute und kann wie in der Nacht am tatsächlichen Limit genutzt werden.
Die Betrachtung macht mir immer deutlicher, warum große Geräte so selten Ihr tatsächliches Potential offenbaren.

Gruß
Ralf
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Abiroth (21.06.2023), Andreas Paul (11.06.2023), Astrokarsten (12.06.2023), Christoph (12.06.2023)
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#4
Hallo Ralf,
Du löst damit den Seeing-Knoten! Daumen hoch 

Beugungsscheibchen und Auflösung sind zwei paar Stiefel.

Nur noch eine kleine Anmerkung zur Vergrößerung:
Über 400x hat gefühlt bei besten Bedingungen für den Betrachter doch noch Sinn: Es ist einfach mehr Platz zwischen den Details, was beim Wahrnehmen hilft. Aber das gibt es bei mir in Münsterschwarzach wohl nur einmal im Jahr!

Wie viel an Maximal-Vergrößerung würdest Du dem 180er-EDT geben? Mehr als 240x oder ist dann Schluss?
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#5
Hallo Christoph,

also bei 240x beginnt der EDT 180 gerade mal warm zu werden ...

Auf dem Kreuzberg vor Jahren, als wir 130er ADA und FS-128 verglichen hatten,
war im FS-128 ein 3-6 mm TV Zoom. Mithin ca. 360x. 
Das Seeing war extrem gut. Es ging indess um engagierten Sterntest.

Also: hau rein! ;-)

Viele Grüße,
Andreas


"Alles, woran man glaubt, beginnt zu existieren."
Ilse Aichinger (1921-2016)
 
 . weniger . langsamer . einfacher . schöner .

 
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Christoph (13.06.2023)
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Christoph (13.06.2023)
#6
Hallo Christoph,
war das nicht Alexander mit dem Knoten... Big Grin 

Ja, um das  Auflösungsvermögen nach Rayleigh = 138 / D zu verstehen,
habe ich mir die Beugungsscheibchen gezeichnet. Hier überlappen sich die Kernbilder zweier gleich heller Sterne , so dass die Auflösung diese Werte per Defintion erreicht. Wenn tatsächlich "Luft" zwischen den Sternen sein soll, ist die Auflösung entsprechend schlechter. Das muss man sich eben klar machen, wenn mit den Bogensekunden Werte genannt werden.

Bei dem Kriterium nach Dawes sind es gerade mal noch 5% Helligkeitsabfall, die für die Trennung ausreichen sollen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Dawes-Krit...s_sqrt.png


Der Durchmesser des Beugungsbilder ist deswegen 2x so groß, wie das Auflösungsvermögen nach Rayleigh in Bezug auf Doppelsterne.

Angaben in Bogensekunden sind in der Regel auf eine Wellenlänge von 550nm bezogen. Der Durchmesser des Beugungsscheibchens ist jedoch proportional zur Wellenlänge.
Das fällt dann immer extrem auf, wenn eine rote und blaue Komponente ein Doppelsternpaar bilden. Der blaue Stern ist dann deutlich kleiner im Durchmesser.

Ab welcher Vergrößerung das Beugungsbild als Fläche gesehen werden kann, ist auch vom Auge des Betrachters abhängig. Es hilft dann eben nur probieren, gerade weil wie Du schreibst die nächtlichen Bedingungen selten perfekt sind. Jedoch besteht bei 180mm öfters die Chance, diese Öffnung voll nutzen zu können.
Bei meinem 400er Spiegel hatte ich das nur wenige Male in über 10Jahren. Dann konnte ich auch 750x noch sinnvoll nutzen. Für die höchste Grenzgröße jedoch, war das bestimmt zuviel.

Bei zwei engen blauen Sternen als Doppelstern sind bestimmt auch mehr als 240x an Deinem 180er sinnvoll, auch für die Grenzgröße. Deine Optik ist eben auch nicht vignettiert und optisch auf hohen Niveau.

Dagegen bei roten Sternen wären entsprechend 240x Vergrößerung schon viel zu hoch.

Bei der Betrachtung von kontrastreichen und flächigen Objekten kann noch die ansteigende Intensität des Beugungsbildes genutzt werden. Z.B. beim Mars.
Im Fall Doppelsterne als Sonderfall hilft das leider nicht.

Deswegen müssen wir bei solchen Vergrößerungsangaben immer den Anfwendungsfall berücksichtigen und pauschale Aussagen sind da nicht sinnvoll.

Besten Gruß
Ralf
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