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Beobachtungs- bzw. Erlebnisbericht vom Polarlicht - 10. auf 11. Mai 2024
#1
Hallo zusammen,

auch ich war in der Nacht vom 10. auf den 11. Mai unterwegs, um die Polarlichter mit den Augen und der Kamera einzufangen.

Am Donnerstag, den 9. Mai, konnte ich auf der Webseite der Polarlichtvorhersage sehen, dass eine Polarlichtwarnung für die kommenden Nächte ausgegeben wurde. Darauf hin habe diese in meinem Whatsapp-Status geteilt. Am selben Tag konnte ich die Sonne im Weißlicht sowie in Hα  beobachten. Es gab eine gigantische Sonnenfleckengruppe zu beobachten, welche aus dutzenden von Einzelflecken bestand, welche wiederum in einer allumfassenden Penumbra eingebettete waren. Abseits davon waren auch noch einige, kleine Sonnenflecken zu sehen. Auch gab es eine außerordentlich große Protuberanz zu sehen. Vorsichtshalber hatte ich bereits die Kamera samt Stativ eingeladen und bin zum ITV nach Gedern gefahren. Dort habe ich weitere Beobachtungen machen können.

Am Freitag, den 10. Mai,  konnte ich endlich die Sonne mit meinem PST sowie dem 10“ ICS Dobson beobachten. Es gab noch immer so viel zu Entdecken! Die riesige Protuberanz vom Vortag war noch da und sah inzwischen aus wie ein Dinosaurier. Auch sonst ließ sich in Hα  einiges entdecken! Eine Hand voll Filamente war ebenfalls zu sehen. Diverse kleine Protuberanzen rundeten das Sonnenbild ab. Das Seeing war zwar nicht immer das Beste, jedoch konnte man mit Geduld einige ruhige Phasen erwischen. An diesem Tag wurde die Polarlichtwarnung durch Flare-Meldungen ergänzt. Für mich war klar, dass ich mich in der kommenden Nacht auf die Lauer legen werde. Der Standort zum Fotografieren war Anfangs noch unklar. Schon seit längerem wollte ich Polarlichter mit einem interessanten Vordergrundmotiv ablichten. Schlussendlich habe ich mich wieder für den Standort am Bücholder Kreuz bei Arnstein entschieden. Wie bereits im März 2023 wollte ich die Kamera mittels Fernauslöser automatisch laufen lassen und es mir gleichzeitig im Auto gemütlich machen. Bevor ich losfuhr, habe ich mich vorsorglich nochmal ins Bett gelegt, um mich auszuruhen. Vorsichtshalber habe ich meinen Daunenanzug eingepackt, den ich im Verlauf der Nacht auch gebraucht habe.

Gegen 22:00 Uhr MESZ war ich etwas später als ursprünglich geplanten am Beobachtungsort. Dort habe die Kamera soweit aufgebaut und die ersten Testaufnahmen gemacht. Während dessen, die Parameter waren noch nicht optimal, fiel über dem nördlichen Horizont ein helles, horizontal ausgerichtetes Band auf, welches deutlich rot leuchtete (ca. 22:06 MESZ). Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich zu diesem Zeitpunkt bereits Polarlichter sehen könnte, da die nautische Dämmerung noch nicht abgeschlossen war. Ich war außer mir, als ich realisiert habe, was ich da gerade sah! Meine Begeisterung und Freude kannte keine Grenzen! Erhofft hatte ich mir von dieser Nacht, dass ich fotografisch zumindest ein deutliches Polarlicht fotografieren könnte. Um so schöner wenn es anders kommt. Wink

       

In der Aufregung hatte ich meine Freundin angerufen und sie aus dem Bett geschickt. Sie war ganz erschrocken, dass ich sie zu der Zeit so aufgeregt angerufen hatte und dachte zuerst mir wäre etwas passiert. Stimmte auch irgendwie Wink. Sie hatte wiederum ihre Eltern und Großeltern aus dem Betten gescheucht. Bei meinen Eltern hatte ich ebenfalls angerufen, worauf hin meine Mutter zum Bücholder Kreuz gefahren ist. Zwischenzeitlich habe ich mit einem Bekannten aus Burghaun telefoniert, während wir gleichzeitig das Polarlicht mit dem bloßen Auge beobachteten. Ihm ging es von der Stimmung her ähnlich wie mir. Alle waren außer sich! Nachdem meine Mutter am Bücholder Kreuz ankam, haben wir zusammen die Polarlichter beobachten können. Zu diesem Zeitpunkt erschien das Polarlicht noch immer deutlich rötlich, wobei dieses die untergehende Mondsichel umrahmte. Die Formen hatte sich inzwischen stark verändert. Es waren im weiteren Verlauf rötliche Flecken am Himmel zu sehen, wobei gelegentlich Beamer beobachtet werden konnten.

       

Meine Erwartungen waren nach diesem Auftakt bereits mehr als erfüllt, wobei ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste,dass die Nacht noch mit weiteren fantastischen Erlebnissen aufwarten würde.

Zwischenzeitlich setzte ich via WhatsApp einen Status ab, mit dem Vermerk, dass die Polarlichter aus der Nähe von Arnstein aus mit dem bloßen Auge sichtbar sind. Aufgrund der ersten Meldungen in den Medien waren viele Leute in der Nacht unterwegs. Es waren viele Autos auf den umliegenden Flurwegen zu sehen. Auch am Bücholder Kreuz gab es einige Polarlichtouristen. Zu deren Pech waren diese überwiegend da, als das Polarlicht gerade ruhiger war (23:30 bis etwa 00:15 Uhr). Die Leute kamen mit dem Auto, stiegen aus, sahen aufgrund der fehlenden Dunkeladaption durch Autos und insbesondere deren ständigen Smartphonegebrauchts wenig bis nichts. Manche nutzten ihr Smartphone als eine Art Restlichtverstärker, sodass die das Polarlicht zumindest auf dem Display betrachten konnten. Ich kam mir vor wie auf einem Konzert, bei dem die Leute permanent damit beschäftigt waren auf deren Smartphones zu starren. Unzählige Fotos wurden gemacht. Ob in einem Jahr noch jemand anschaut? Ich glaube nicht.
Mit etwas Geduld und Disziplin hätten die Leute deutlich mehr von diesem Ereignis gehabt. Selbst wenn sich die Leute nur eine volle Stunde Zeit genommen hätten und vor allem die ollen Smartphones in der Hosentasche hätten stecken lassen, wäre ihnen ein unvergesslicher Abend geboten worden. Stattdessen sind viele enttäuscht nach hause gefahren.

Nachdem das erste Polarlicht abgeebbt war, war am nördlichen Horizont eine schwache Aufhellung entlang des Horizontes zu sehen. Erst ging ich davon aus, dass es sich hierbei um den letzten Rest der Dämmerung handeln würde. Bei genauerem hinsehen war jedoch erkennbar, dass zwischen dem Horizont und der Aufhellung ein schmaler Streifen dunklen Himmels zu sehen war. Es war also nicht die Dämmerung, sondern gehörte ebenfalls zum Polarlicht. Eine Aufnahme mit der Kamera lieferte letzten Endes für mich den Beweis, wobei dieses nicht rötlich sondern grünlich bis gelblich leuchtete. Von der Bewegung her war es eher statisch, wobei sich im Lauf der Zeit beobachten ließ, wie dieses immer mehr an Höhe gewann. Was die Form betrifft, entwickelte es sich zu einem flachen Bogen, der wie eine Brücke über dem Horizont stand.

   

Gegen 00:30 Uhr MESZ gab es den nächsten Schub. Direkt über dem zuvor genannten Bogen erschienen eine Reihe von Beamern. Das Polarlicht nahm immer mehr Raum am Himmel ein. Das Polarlicht war nun nicht nur am nördlichen Horizont zu sehen, sondern erstrecke sich mit seinen vielen Lichtsäulen von West nach Ost. Von der Höhe her konnte ich das Polarlicht bis fast in den Zenit sehen.  Die Beamer reihten sich auf wie die Palisaden einer Befestigung. Zeitweise stand das Polarlicht über mir. In südliche Richtung waren zwei  Wölkchen zu erkennen, welche sich ebenfalls als Polarlicht entpuppt haben. Zu Spitzenzeiten stand das Polarlicht eine Hand breit über dem Skorpion. Absolut Irre! Eine Nach wie im Rausch.

Die Landschaft war auffällig hell erleuchtet. Als ich meine Hand neben meinem Beobachtungsstuhl hielt, warf diese einen diffusen aber dennoch sehr deutlichen Schatten. Das hatten wohl auch die Vögel gemerkt. Die Nacht war erfüllt von unterschiedlichen Vogelgesängen. Das Wetter war perfekt. Die noch während der Dämmerung vorhandenen Wolken hatten sich im Laufe der Nacht gänzlich aufgelöst. Lediglich eine Reihe von Kondensstreifen und Dunstfetzen ließen sich am Himmel blicken. Der Wind war so schwach, dass er unbemerkt blieb. Die Temperaturen fielen geschätzt auf ca. 10°C, wobei ich im Laufe der Nacht doch noch meinen Daunenanzug anzog. Wenn man die ganze Zeit nur reglos in den Himmel blickt, wird es doch irgendwann mal frisch.

Um 03:15 habe ich mich dann auf den Weg nach hause gemacht, um am nächsten Tag fit für die Ausbildung bei der Feuerwehr zu sein. Kurz vor Retzstadt habe ich auf der Höhe noch einen kurzen Halt eingelegt, um zum letzten mal in dieser Nacht einen Blick auf die Polarlichter zu werfen.


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#2
Hier noch der zweite Schwung an Bildern...


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#3
(21.05.2024, 15:37)Simon schrieb: Hier noch der zweite Schwung an Bildern...

Dein Bericht gibt anschaulich deine Begeisterung wieder, mir ging es, wie vermutlich den meisten Betrachtern, ähnlich. 
Ein seltenes Ereignis für Genießer. 
CS Iris
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#4
Hallo Simon,
Daumen hoch Daumen hoch Daumen hoch

erste Sahne, was Du hier an Bildern und Bericht veröffentlichst!
Die Fisheye-Aufnahmen zeigen deutlich, wie Himmel übergreifend das Polarlicht zu sehen war!
Bis fast zum Skorpion!!!

Ich dachte mir noch in der Nacht, dass man Polarlicht bis Sizilien sehen müsste.
Tatsächlich gibt es Aufahmen von den Kanaren mit den Hess-Teleskopen und Rot-Magenta Schleier am Nordhorizont!
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#5
Servus Simon,

super Bericht!  Daumen hoch 

@Christoph: Ja auf La Palma waren die Polarlichter auch fotografiert worden bei den Magic und LST Teleskopen. Sogar auf einer Farm nahe dem Gamsberg, ca. 23° südlicher Breite. Und da waren die Polarlichter geschätzt mehr als 15 bis 20 Grad hoch auf dem Weitwinkelbild. Ich denke selbst unterhalb des 20sten Breitengrades waren die Polarlichter nachweisbar bei maximalen Ausbruch in der Nacht.

Grüße,

Florian
Astrobin
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Astronomie, einer der schönsten Gründe, nachts nicht schlafen zu gehen!
(Zeiss-Werbung)
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