19.04.2020, 13:58
und die besseren Luftverhältnisse sowie mehr Zeit für Astronomie ermöglichten mir Fortschritte in der Bildgewinnung zu machen. Vielleicht geht es Euch auch so, dass Ihr Euch derzeit Gedanken macht aus Eurer individuellen Beobachtungssituation „mehr“ herauszuholen.
Der erste große Schritt nach Vorne war kürzlich der erfolgreiche Einsatz vom Handy als „Hotspot“ und die Überwachung der Aufnahmen mit „Teamviewer“ vom komfortablen Büro aus. Nebenbei kann Netflix gesehen werden und die Nächte waren teils noch bitter kalt. Der Datenverbrauch ist so, dass mit einem GB Volumen im Monat ca.7 Nächte bestritten werden konnten, bis die Warnmeldung 80% Verbrauch kommt.
Voraussetzung war neben LTE Empfang die Montage eines Focuser Boss System, da Refraktoren ständig nachfokussiert werden müssen. Ein großer Vorteil ist der permanente Aufstellungsort in der Sternwarte, wo Laptop usw. auch mal liegenbleiben kann. Dennoch muss ich körperlich mindestens 2x vor Ort sein, zum Starten und anschließend außer Betrieb nehmen. In der Regel sind es meistens 3x bis 4x, zur Kontrolle von Teleskopstellung zur Säule und dem Drehen der Kuppel. Der Feldweg derzeit trocken lässt sich mit dem Fahrrad gut erreichen, bei schlechtem Wetter bzw. Nässe ist die Erreichbarkeit ein Problem.
Auf Guiding habe ich komplett verzichtet und zunächst 120s frames verwendet. Kamera derzeit eine unmod. Canon 6d, welche im „B“ Modus mit dem Canonprogramm sehr effektiv für Serienbilder genutzt werden kann. Der Verlust an Zeit für den Download beträgt nur 5 Sekunden.
Beobachtungsrichtung der Montierung ist ausschließlich Osten, so dass aufgehende Objekte fotografiert werden bis die Säule dem Treiben eine Grenze setzt.
Eine Steigerung der ASA Zahl auf 2000 brachte ein unangenehmes Rauschen an meiner 6D ein, dazu noch eine Farbverfälschung im Roten hin zu Cyan.
Aktuell bin ich zurück bei ASA 1600 und habe die Belichtungszeit auf 150s gesteigert. Bei gutem Himmel ergibt das bei dem verwendeten Refraktor mit f/5 noch ausreichend dunklen Hintergrund. An weniger guten Nächten wird der Hintergrund leicht rötlich.
Vollformat und runde Sterne bei hoher Lichtstärke ist keine einfache Kombination. Woher kommt welcher Fehler in den Bildern? Was kann ich dagegen tun, waren die Fragen, die sich mir stellten.
Mit viel Nachdenken, umsetzen von Änderungen und der Kontrolle von Eingriffen bin ich die letzten Nächte weitergekommen. Als Beispiele möchte ich nennen:
- Gleichlaufschwankungen im Antrieb, der mit Strichspuren und Bildversatz einhergeht, konnte durch festeres Anziehen der Kupplung gemindert werden. Phasen mit „holperigem“ Getriebelauf über 30min kommen in Abständen vor und sind eben ohne Guiding hinzunehmen.
- Abweichungen in Deklination brachten mich dazu, die Montierung nach 20 Jahren neu „einzuscheinern“. Tatsächlich passiert in dieser Zeit soviel an Ausrichtungsverlust, dass es sich schon in 120 Sekunden Belichtungszeit auswirkt. Ein Abend wurde ins „Scheinern“ investiert und nun ist der Bereich als Fehlerquelle ausgeschlossen
- Lage des Teleskops beeinflusst offenbar auch die Feldabbildung. Viele Kombinationen von Teleskopstellung, Auszugstellung und Kameradrehung wurden ausprobiert. Ja, es beeinflusst die Feldabbildung, jedoch ergab sich keine Stellung am ASL 180, welche perfekt erschien. Zuletzt hatte ich eine Stellung, an der alle Sterne gleichmäßig leicht länglich erschienen.
- Im Wissen dass der optimale Punkt nicht weit entfernt sein konnte und die rein mechanische Ausrichtung der Kamera nicht den gewünschten Erfolg brachte, führte zum Entschluss vor Ort in die Optik einzugreifen.
Die Montierung ist so solide, dass während der Nachführung der große Auszug und nachfolgend die Endkappe abgeschraubt wurde. Die Klemmschrauben vom Flansch zur Linse 5 wurde am Refraktor ASL 180/900 gelöst und anschließend der Auszug wieder montiert. Nun konnte von Außen während der laufenden Montierung an den Justageschrauben gedreht werden und das Ergebnis sofort bewertet werden. So etwas macht nur bei gutem Seeing Sinn und für mich jedenfalls nur bei zweistelligen Plusgraden.
Tatsächlich wurde der erste Griff an einer M4 Justageschraube mit einer kontrollierten Bildverschlechterung belohnt, so wusste ich jedenfalls an der richtigen Stelle zu drehen. Nachfolgend der gleiche Eingriff um 180° versetzt brachte eine Verbesserung. Noch einen „Tuck“ und dann sagte ich mir innerlich Schluss! Wir reden nun von ungefähr einer Viertel Umdrehung einer M4 Schraube oder ca. 0,2mm Veränderung, was sich bereits deutlich ausgewirkt hat.
- Nachfolgend die mechanische Zentrierung der Kamera über Zug und Druckschrauben an der Endkappe. Hier hilft das Programm CCD Inspektor sehr gut bei der Beurteilung. Es ist jedoch ziemlich untauglich um die Sternsymmetrie zu beurteilen. Das geht nur mit dem prüfenden Auge am Bild.
Das Programm CCD Inspektor verwende ich zur Überwachung der Schärfe während der Aufnahmen. Bei Abkühlung verkürzt sich die Brennweite ständig und in Schritten von 20 µm per Tastendruck an der Motorsteuerung gleiche ich das sozusagen „remote“ aus..
Der letzte Punkt ist der menschliche Faktor. Irgendwann muss man es gut sein lassen! Die absolute Perfektion ist nicht immer möglich und wenn das erkannt wird, muss der innere Frieden gefunden werden um es gut sein zu lassen. Die Qualität des Endergebnisses hängt auch nicht von 95% oder 98% Justage ab, sondern von anderen Faktoren. Die Zuwendung zu den Objekten darf nicht aus den Augen verloren und zur ausschließlichen „Fehlersuche“ zweckentfremdet zu werden.
Ich hoffe bei Euch läuft es rund
Ralf