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Amateurastronomie und Schule am MPIA
#1
„Amateurastronomie und Schule“

Bericht über den Workshop vom 20. November 2010 im Haus der Astronomie des MPIA in Heidelberg.



Nun, ganz im neugegründeten Haus der Astronomie fand dieser Workshop noch nicht statt, sondern im Hauptgebäude des MPIA`s und dort im Vorlesungssaal. Besagtes Haus bzw. dessen Rohbau durften wir jedoch schon einmal besichtigen.

Ziel dieses ersten Workshops war, Lehrer und Hobbyastronomen an einen Tisch zu bekommen und über eine Zusammenarbeit beider zum gemeinsamen Ziel, die Astronomie wieder in die Schulen zu bekommen, zu sprechen.

Markus Plössel begrüßte im Namen des H.d.A. (Haus der Astronomie, ich kürze das im folgenden so ab), danach übernahm Caroline Liefke die Moderation des Tages. Sicher und gewandt führte sie durch das sehr umfangreiche Programm.

Gekommen waren entgegen der vorherigen Ankündigung weit über 100 Personen, da eine Lehrergruppe, die in HD an einem Fortbildungskurs teilnahm, sich entschloß, sich diese Veranstaltung nicht entgehen zu lassen. Der Saal war somit im wahrsten Sinne rundum besetzt, keine Wand und kein Stuhl war mehr frei, manche saßen auf den Treppenstufen des nach hinten leicht aufsteigenden Raumes.

Es begann nach einigen einführenden Worten von Caro mit der Vorstellung der Verlage S&W sowie Oculum, danach den Internetportalen Astronomie-de und Astrotreff. Alle waren vertreten durch Ihre Eigentümer/Chefredakteure.

Gleich anschließend der erste Vortrag von Wolfgang und Monika Müller-Schauenburg, einem Mediziner und Professor für Physik. Anschaulich mit lediglich einem dicken und langen Seil demonstrierte er ein 4-Maßstabs-Weltraummodell, das ein Lehrer jederzeit im Klassenzimmer nachvollziehen kann und dem Schüler eine Ahnung von Weite und Entfernung geben kann.

„Berufe unterm Sternenhimmel“, so der Titel des folgenden Vortrags von Oliver Debus verriet uns, daß nicht nur der Astrophysiker oder Astronom an einer astronomischen Institution gebraucht wird, sondern daß viele Berufsgruppen hier zusammenarbeiten, so auch Techniker, Dreher, Elektriker, Fotografen bis hin zur Sekretärin oder dem Juristen. Ein Vortrag eines Hobbyastronomen, der auch den Lehrern aufzeigte, in welche Richtung es in dieser Berufsgruppe und deren Zusammenarbeit gehen kann. Ich fand diese Informationen recht interessant und außergewöhnlich, denkt man in erster Linie garnicht an solche Möglichkeiten, auch außerhalb der Astronomie an einer astronomischen Institution arbeiten zu können.

Heinz Bernd Eggstein stellte danach sein Schulprogramm „Citisen Sky vor, die fotometrische Messung von Veränderlichen mit geringen Mitteln. Lediglich eine Digitalkamera und ein Stativ reichen aus, um die Ausgangsdaten aufzunehmen. Das kann der Schüler abends zu Hause machen. In der Schule steht dann am Computer ein Programm zur Verfügung, in das die Fotos eingegeben und bearbeitet werden können. Ein exelorientiertes Programm, vom Vortragenden selbst geschrieben, übernimmt die Auswertung und man hat eine schöne Lichtkurve eines Veränderlichen über mehrere Tage oder Wochen, je dach dem, wie ausführlich der Unterricht sein soll. Von Algol über Miro bis Epsylon Aurigae, wobei letzterer natürlich Generationen von Schülern benötigen würde. Aber zumindest den aufsteigenden Ast zwischen März und Mai könnte man somit festlegen.

„Die Erde sich drehen fühlen“ war der nächste Vortrag von Prof. Dr. Müller Schauenburg. Dabei glitt er jadoch etwas ab und bombardierte Astroamateure wie auch Lehrer mit „kleinen Kopfrechnungen“, die man so zwischendurch zum Thema einmal einsetzen könnte. Leider machte er das in Lichtgeschwíndigkleit und nicht nur uns Amateuren rauchten die Köpfe...

Oliver Debus zeigte mit seinem Kurzvortrag „Astronomie und (Lokal) Geschichte weitere Möglichkeiten auf, wie Schüler sich der Astronimie in der Schule widmen können. Sozusagen über die (Stadt) Geschichte zur Astronomie.

Danach war erst einmal eine laaaange Mittagspause von satten 15 Minuten, die gerade für eines der mannigfach vorhandenen Brötchen reichte. Nur kurz ein Wasser oder einen Saft hinuntergestützt und ab, 2 Etagen nach unten an den Haupteingang. Dort wurde die Ruppe in Untergruppen aufgeteilt und es ging, mit dem Brötchen in der Hand und kauend, zur Besichtigungstour des MPIA`s.
Meine Gruppe begab sich zuerst unter der sachkundigen und Baustellenhelm bewehrten Caroline zum H.d.A. Der Rundgang war sehr interessant. Auf nur 2x5 Säulen ruht der gesamte Komplex, gerade einmal 5 Wände sind gerade! Alles andere Oval, einer Galaxie nachempfunden eben, sogar mit „schwarzem Loch“! Dies ist der mittig gelegene, kuppelförmig und geschlossene Vortragsraum, gleichzeitig auch als Planetarium nutzbar. Bilder und nähergehende Informationen dazu findet man im Netz unter www.haus-der-astronomie.de , daher möchte ich nicht näher darauf eingehen.
Der nächste Punkt, nun von Herrn Pössel geführt, brachte uns zum neuen und zum alten Teleskop der Sternwarte des MPIA. Das neue, heute meist benutzte, ist ein Baader Plane-Wave mit 50cm Spiegel, auf einer italienischen 4000er Montierung situiert. Es dient als „Übungsteleskop“ für Studenten und wird hauptsächlich fotografisch genutzt.
In der gegenüberliegenden Kuppel durften wir das einstmals größte Teleskop der BRD besichtigen, den Prototypen eines 70 cm Spiegels, komplett vom Institut gebaut. Obwohl kaum leistungsfähiger als das neue PlaneWave besitzt es eine Masse, die wohl da 50 – 100 fache des neueren sein dürfte. Daß es noch in Betrieb ist, verriet uns eine angeflanschte Astrokamera, gekühlt mit flüssigem Sauerstoff. Außer dem Kühlbehälter sahen wir natürlich nichts.

Ab 14 Uhr begann der zweite Teil des Tages, eingeleitet mit einem Vortrag von der Volkssternwarte Ottobeuren über „Die Volkssternwarte zu Besuch in Schulen“ anlässlich des IYA 2009.
Jörg Anrecht folgte mit seinem Kurzvortrag „Nutzungsmöglichkeiten einer privaten Sternwarte für Schulen“, wobei er seine derzeit noch im Bau befindliche Remote-Sternwarte vorstellte.

Danach war Zeit für eine angeregte Diskussion, wie kommen Astroamateure und Lehrer zusammen, was benötigt der eine, was will der andere.
Hier zeigten sich doch noch einige Diskrepanzen, die ausgeräumt werden müssen. Manche Lehrer forderten komplett ausgearbeitete, didaktisch einsetzbare Themen „vom Blatt“ zum Einsatz in der Schule, etwas was, - wie einige Amateure, darunter auch ich, - ablehnen mussten, da wir der Meinung sind, das sei nun wieder Aufgabe des Lehrers. Wir könnten uns in der Schule einbringen durch Vorführungen im Schulhof, so z.B. Sonnenbeobachtung, können aber auch Klassen oder AG`s unsere Sternwarte für Beobachtungen zur Verfügung stellen. Auch mal ein technischer Exkurs in die Optik, wie arbeiten unsere Teleskope, wäre möglich. – Es wurde fleißig debattiert, Gedanken und Vorschläge ausgetauscht, zu einem grundlegenden Ergebnis konnte man natürlich an diesem ersten Treffen nicht kommen.

So ging man gegen 18 Uhr nach einem Schlußwort von Caroline Liefke auseinander, bzw. ein größerer Teil traf sich unten in Heidelberg im Kulturbrauhaus zum Abendessen, wo weiter miteinander diskutiert wurde. Einzig Caroline saß an unserem Nebentisch und war, man sah es ihr an, ziemlich fertig. Kein Wunder, dieser Tag und das überraschende Hinzukommen noch so vieler nicht erwarteter Teilnehmer hatte sie gestresst. Aber, Gratulation!, sie hat es ausgezeichnet und mit einer Ruhe ausstrahlenden Gelassenheit verstanden, dieses komplexe Thema ohne Zeitüberschreitung über den Tag zu bringen.
Eine große Leistung, wofür ihr von allen Seiten Dank gebührt.

Und mein Resumeé dieses Tages?
Es war ein Anfang, ein sich gegenseitiges Kennenlernen. Viele Fragen blieben offen, waren aber zumindest schon einmal angesprochen und können nun weiterverfolgt werden.
Jede Seite sah das Engagement der anderen Seite und einjeder trägt wohl den gemeinsamen Gedanken mit nach Hause:
„..mit denen kann man was machen..“.

Für mich standen etwas zu viele Vorträge auf dem Programm, das nahm uns die Zeit zu notwendigen Diskussionen, die aufgrund der rasch fortschreitenden Zeit etwas zu kurz ausfiel. Trotzdem, ein Anfang ist gemacht und der ist bekanntlich immer das schwerste. Weitere Treffen, - an anderen Orten, - sollten und werden auch folgen und Stück für Stück werden wir wohl unserem Ziel näher kommen, die Astronomie wieder in die Schulen zu tragen.

Gerchsheim, am 21. November 2010

Winfried Berberich
Wenn filmen so einfach wäre, dann hieße es "RTL"
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Amateurastronomie und Schule am MPIA - von Winfried Berberich - 21.11.2010, 21:27



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