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Apo 180/900
#12
Definitionshelligkeiten Apo 180/900 – Strehlkurve


Persönlich habe ich mir bei dem Projekt 180/900 die Frage nach der visuellen Korrektur bzw. Abbildungsleistung gestellt, insbesondere weil ja bekannt ist das mit größerer Öffnung und „schnellerem“ Öffnungsverhältnis die Farbkorrektur zunehmend schwieriger zu beherrschen ist. Größere f/5 Achromate gibt es am Markt die mit Spitznahmen „Farbwerfer“ oder positiv formuliert „Kometensucher“ unter Amateuren bekannt sind.
Irgendwann sind auch die Möglichkeiten der Glassorten und Design´s im fotovisuellen Apobereich der zwei- und dreilinsigen Systeme erschöpft so das bei Takahashi FSQ 106 oder Tele Vue-NP 127is vier Linsen verwendet werden, beim Takahashi FSQ-130 ED bereits 5 Linsen.
Einen 6“ f/5 Apo habe ich bei keinem Hersteller gefunden, auch keinen 7“ f/5 Apo oder größer.

So befinden wir uns in einem Bereich ohne Vergleichsmuster und können uns die technische Daten ansehen.
Hiermit können wir herausfinden ob der Begriff Apo für diesen 180 f/5 von dem Design her angebracht ist.


Bei einem fotovisuellen System ist für die fotografische Anwendung die Betrachtung der Bildfeldebnung bzw. der Spotdiagramme besonders hilfreich für die Bewertung. Der relevante Bereich der Farbkorrektur erstreckt sich breiter als bei visueller Beobachtung. Die Blaufilter bei CCD Anwendung zeigen bereits bei 400nm eine hohe Transmission die dann in der Regel für Rotfilter bei 680nm stark abfällt oder bereits gegen Null laufen. Die bekannte Farbe für H-alpha liegt z.B. bei 656,28nm. Für die visuelle Beobachtung verwenden wir den Bereich 480nm bis 644mm, andere Designer nehmen den Bereich 486nm bis 656nm. Hier kommt es bei der Abgrenzung nicht auf das Nanometer an, aber die äußersten Bereiche der Wahrnehmung können hier vernachlässigt werden.


Zum besseren Verständnis des spektralen Bereichs folgende Grafik:
   

Das Farbsehen ist jedenfalls kein einfacher Prozess und ich empfehle als Einstieg diesen Artikel:

Auszug aus „Grundlagen der Farbenlehre“ Uni Hannover
https://www.itp.uni-hannover.de/fileadmi...beinf.html


In der Netzhaut gibt es zwei verschiedene Typen von lichtempfindlichen Zellen, die Stäbchen und die Zapfen. Die Stäbchen sind bei sehr schwacher Beleuchtung aktiv, ihre Aufgabe ist das Sehen bei Nacht (skotopisches Sehen), bei dem keine Farben unterschieden werden können. Bei größerer Helligkeit sind die Stäbchen inaktiv, die Zapfen aktiv und vermitteln das Tagessehen (photopisches Sehen). Bemerkenswert ist, dass die Beurteilung der Helligkeit beim Tages- und Nachtsehen verschieden ist. Dieser Effekt wurde zuerst von Purkinje (Jan Evangelista Purkinje 1787–1869, tschechischer Gelehrter und Politiker) beschrieben. Die Stäbchen haben ihr Empfindlichkeitsmaximum bei Wellenlängen von ca. 500 nm, die Zapfen etwas oberhalb von 550 nm.

   

Gerade die zwei Kurven mit Tag und Nachtsehen werden meiner Meinung oft falsch verstanden. Beim Nachtsehen sehe ich keine Farben! Das Nachtsehen hängt in dem Sinne nicht von Tag oder Nacht ab sondern der Beleuchtungsstärke. Der „Mittagsschläfer“ wird im abgedunkelten Raum die spektrale Empfindlichkeit des Nachtsehens erreichen was dann gut 30min in Anspruch nimmt, jedoch anschließend keine Farben wahrnehmen können und gleichzeitig eine viel schlechtere Sehschärfe erreichen als bei Tageslicht. Das Nachtsehen würde ich bei Beobachtung für schwache DeepSky Objekte anwenden.

Das Tagsehen wäre für mich auch eine Anwendung bei intensiver Sternbeobachtung mit deutlichen Sternfarben z.B. bei hellen Doppelsternen oder der Planetenbeobachtung. Hier kann ein schlechter Strehlwert für eine Nebenfarbe nicht ohne Folgen bleiben.

Deswegen kann ich die Vorgehensweise von Wolfgang Rohr bei seinen RC-Werten für „Nachtbeobachtung“ in keiner Weise nachvollziehen. Hier wird für „Nachtsehen“ die Farbe Rot außer Acht gelassen was den RC Wert verbessert, aber natürlich nicht die Optik. Die Apogrenze mit RC kleiner 1 für den Farblängsfehler muss ja nicht durch Änderung der Parameter erzwungen werden. Das ist so als wenn die Schüler schlechte Noten schreiben und das nicht gern gesehen ist und als Folge macht man die Prüfung leichter um wieder bessere Noten zu haben?!
http://r2.astro-foren.com/index.php/de/10-beitraege/02-ed-optiken-halb-apos-und-frauenhofer-systeme/723-b150-goto-japan-gtl-doublet-ed-apo-125-1200-fuer-visuelle-beobachtung-perfekt

Sehr wahrscheinlich passt für unsere astronomische Beobachtung weder die eine noch die andere Kurve sobald wir trotz dunkler Umgebung im Teleskop „Farbe“ erkennen. Ich kann persönlich im Orionnebel im 16“ ACF einige Farben erkennen, ebenso wie bei einigen Planetarischen Nebeln. Hier befinde ich mich dann im Bereich „Dämmerungssehen“ oder auch mesoptischer Bereich genannt.

Siehe hier:
http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/4970...on_ULB.pdf

Dann wird es richtig kompliziert! Das pdf. Laden und Seite 111 ansehen. Die spektrale Empfindlichkeit geht insbesondere mit der Leuchtdichte einher. Herr Schiller schreibt:

"Spektrale Empfindlichkeiten, die unter photopischen Bedingungen ermittelt wurden,
können nicht auf den mesopischen Bereich übertragen werden"

Nach dem Lesen der Dissertation bin ich vorsichtig geworden was die Einschätzung der Kurven zur spektralen Empfindlichkeit angeht und auch kritisch zur Anwendung eines photopisch gewichteten Polystrehlwertes.

Beim RC-Wert geht es um den Farblängsfehler jedoch trägt auch die chromatische Abweichung des Öffnungsfehler ( Spherochomasie ) einen Anteil bei, der alleine im RC-Wert nicht erfasst ist. Natürlich kann aber auch der Defokus einer Farbe alleine schon ausreichen um die Abbildungsleistung zu beeinträchtigen. Insbesondere bei FH Objektiven der Defokus dominierend.

Vom Design gilt es für die visuelle Beobachtung den Farblängsfehler (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:...tion_3.svg)
und die Spherochromasie
(http://www.spektrum.de/lexikon/physik/oe...hler/10615)
möglichst klein zu halten.



Wie ist nun möglichst klein bzw. ausreichend klein zu verstehen?
Eine Möglichkeit ist der Vorschlag von Dr. Pudenz:
https://www.astro-theke.de/astro-optik-manufaktur/visueller-apochromat/


Interessant sind hier die weiteren Gedanken vom cff Designer:
http://www.cfftelescopes.eu/optical-design.html
Liegt der Strehlwert höher als ca. 97% im gesamten visuellen Spekralbereich, so ist die Abbildung praktisch vergleichbar einem Spiegel mit weißer Sternabbildung auch außerhalb des Fokus. Andere haben schon vorgeschlagen diese Klasse als „Superapochromate“ zu bezeichnen. Ein Vertreter die Klasse wäre der Zeiss APQ 100/1000.


Beispiel einer Tabelle aus einem Prüfprotokoll:
Nur Öffnungsfehler Prüfwellenlänge 486nm 546nm 589nm 656nm

Gaußfehler (-> auf jede Wellenlänge fokussiert) 0,89 0,99 0,96 0,88
                                       *Auf Grün fokussiert 0,88 0,99 0,96 0,69


In diesem Beispiel wurde zur Verdeutlichung nur der Öffnungsfehler ( Kein Astigmatismus, keine Koma) betrachtet. Die Strehlwerte sind hier bei 486nm und 656nm höher wenn auf jede Farbe fokussiert wird. Trotzdem erreicht nur Grün 99% weil die Spherochromasie es verhindert. Im Blauen gehen 10% Verlust auf diesen Fehler, im Roten 11%.
Für Blau, Grün und Gelb spielt hier der Farbfehler so gut wie keine Rolle! Jedoch ist Rot (656nm) in dem Beispiel zu stark defokussiert im Vergleich zur Auffangebene von Grün. Hier schlägt dann der Farblängsfehler durch.


Die Spherochromasie ist bei modernen Gläsern oft das größere Problem, obwohl viele Amateure sich ausschließlich auf den Farbfehler konzentrieren.


Gestärkt mit diesen Erkenntnissen sehen wir uns nun die Strehlkurve des 180/900 an:
   
Hier sind sowohl der Farblängsfehler also auch der Öffnungsfehler in einer Kurve erfasst. Die „Beugungsgrenze“ muss man sich als waagrechte Linie mit Wert 0,8 vorstellen. Sozusagen wie die Latte beim Stabhochsprung über die man Springen möchte. Für visuelle Beobachtung sollte der 0,8 Wert für die Nebenfarben (480nm und 644nm) erreicht werden und in der Hauptfarbe grün möglichst ein höherer Wert. Ideal wäre natürlich der Wert 1 für jede Farbe, was aber nicht erreicht wird. Selbst die 0,8 Grenze sicherzustellen ist schon ein hoher Anspruch.


Es kann leicht erkannt werden das die Kurve am blauen Ende stärker abfällt und im roten Bereich einen flacheren Verlauf nimmt. Violett bei 436nm ist nicht mehr ausreichend korrigiert, im roten Bereich fällt die Kurve erst in Bereichen stark ab wo auch Filter den Durchlass schließen. Blau ist gut bis sehr gut korrigiert, die Wellenlänge 480nm hat bereits einen Wert von 99,1.

Einen Polystrehlwert mit Wichtung nach der Augenempfindlichkeit könnte ich rechnen, möchte es aber nicht tun.
Wie oben beschrieben habe ich Zweifel ob es der Sache gerecht wird. Nach dem Prinzip würde

die höchste Empfindlichkeit am „Tag“ bei 555nm erreicht werden und mit Faktor 1 gleichgesetzt. 480nm und 644nm mit ungefähr 0,14 angesetzt, entsprechend der Taglichtempfindlichkeit.
Gegen den Polystrehlwert mit photopischer Wichtung spricht neben dem Verhalten des Auges im mesopitschen Sehen folgender Gedanke:

Einen grünen Stern habe ich noch nicht gesehen, aber helle blaue und rote Sterne schon. Wenn ich einen hellen blauen oder roten Stern betrachte dann interessiert mich die relative Empfindlichkeit von 14% nicht sondern ich beobachte schlicht was ich sehe.“
Bei Fotografie wird üblicherweise die Wichtung 1 genommen, da ein Chip möglicherweise in jeder Wellenlänge eine hohe Empfindlichkeit erreichen kann.

Für den visuell interessanten Bereich liegt die Kurve so hoch, das sich eine Diskussion ob nun Wichtung oder nicht erübrigt. Damit war jedenfalls für mich die „Apofrage“ eindeutig beantwortet, bzw. könnte hier sogar "Superapo" stehen. Ob sich der violette Bereich auf Aufnahmen bemerkbar macht muss abgewartet werden.
Real sinken die Strehlwerte durch endliche Genauigkeit der Fertigung und Justage, sowie Temperaturänderung und Abkühlverhalten. Die Kurve zeigt was max. Erreichbar ist und hat anderseits viel Reserve für genannte praktische Einflüsse hin zur 0.8 „Grenze“.
Sie zeigt auch die Flanken im blauen und roten Bereich sehr genau auf was für die Filterauswahl in Richtung Fotografie interessant ist.



Viel Spaß beim Nachvollziehen!
Ralf
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Apo 180/900 - von Ralf - 15.06.2017, 21:00
RE: Apo 180/900 - von Andreas Paul - 15.06.2017, 22:03
RE: Apo 180/900 - von Florian B. - 16.06.2017, 10:06
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RE: Apo 180/900 - von Andreas-TAL - 17.06.2017, 14:02
RE: Apo 180/900 - von Ralf - 17.06.2017, 16:32
RE: Apo 180/900 - von Gundbert - 18.06.2017, 20:33
RE: Apo 180/900 - von Ralf - 02.07.2017, 19:53
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RE: Apo 180/900 - von Ralf - 26.10.2019, 14:49
RE: Apo 180/900 - von Christoph - 27.10.2019, 15:07



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