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Astronomietag in Gerchsheim
#12
So, nachdem ich grade etwas Zeit habe und noch nix im Netz steht, hier meinerseits ein kleiner individueller Rückblick auf den Astronomietag in Gerchsheim - wenn auch nicht chronologisch - da ich ja "erst" gegen 18:30 "eintrudelte" ...

Damit beginnt aber auch schon der Rückblick, denn ich habe die Tage vorher und auch noch am Samstag lange überlegt, ob ich mich - wegen der unsicheren Wolkenprognose - überhaupt auf den Weg mache. Nachdem sich aber am späten Nachmittag die niedrigen Wolken auflösten, fuhr ich dann doch los.

Zunächst wollte ich mit meinen 7" STF kommen, aber die Seeingprognosen waren sehr mäßig, so dass ich mich (bei der zu erwartenden "Kundschaft") eher an die Regel hielt: "Je mehr Licht, desto besser", weil eben einfacher was zu erkennen wäre. Also nahm ich meinen 10" Klevtsov mit.

In Gerchsheim angekommen, war die Straße schon mit dem ein oder anderen Telekop oder Stativ als Platzhalter bestückt und mit einem glutroten Sonnenuntergang über den halben Himmel ging es ans Aufbauen. Romantisch und wunderschön, aber nichts Gutes verheißend ... Polaris war dann (da Kompass zur Hand) sehr schnell im Polsucher meiner CEM60 gefunden und die Einstellung ging fix vonstatten. Mit GPS und One-Star Alignment muss man ja nun fast nichts mehr selber machen. Etwas Fingspitzengefühl braucht meine CEM60 aber immer, um die magnetischen Rutschkupplungen so einzustellen, dass der Backlash weg ist, aber die Montierung beim Schwenken auch nicht blockiert. Versuch No. 2 war dann akzeptabel.

Mittlerweile kamen auch die ersten Besucher aus dem Ort hoch und mit einbrechender Dunkelheit ging es dann erst mal zum Mond. Warum der Astronomietag "Das geheime Leben der Sterne" zum Thema hatte, aber an einem Termin mit Halbmond (erstes Viertel) lag, erschließt sich mir nicht so ganz. Außer, dass man das so hinbiegt, dass wegen des Mondes einige Sterne und Sternchen regelrecht "geheim" blieben (weil kaum sichtbar und im Lichtgeflimmer untergehend). Naja ...
Aber der Mond ist ja bei so etwas immer ein beeindruckender "Selbstläufer". Das Seeing war aber unterdurchschnittlich, die Vergrößerungen blieben bei 180-220x "hängen", darüber hinaus war wenig möglich. Das Ganze erinnerte bei größeren Vergrößerungen eher an einen hübschen, tanzenden Bildschirmschoner, als an ein Bild im Okular.

Um dem Thema etwas gerechter zu werden war meine nächste Etappe dann M42. Hier zeigte sich schnell das Grundproblem des Abends, die enorme Menge an diffuser, hoher Bewölkung, die dem Mond zu einem zusätzlichen Halo von fast 3 Grad verhalf. M42 ging im Teleskop fast im Streulicht des Mondes unter (visuell war der Orionnebel einigermaßen zu erahnen, aber auch nicht mehr). Die Schwingen, die feinen Filamente waren unsichtbar - für unerfahrene Beobachter schon erst recht. Nun, wie war was das Thema: "geheim ...". Aber ich konnte trotzdem an der Stelle (Trapez und Co.) eine Menge Infos über die "Kinderstube" der Sterne in solchen Gasnebeln aufhängen.

Nachdem die Nebel im Nebel blieben (schräges, aber treffendes Wortspiel) verlegte ich mich auf Doppelsterne und erlebte die nächste Überraschung: Rigel (Beta Orionis) war als Doppelstern ein Reinfall - superheller Hintergrund, der Begleiter kaum zu erahnen, trotz der großen Distanz von 9.5", weil Rigel so eine Lichtsuppe verbreitete. Dementsprechend suchte ich etwas mehr Distanz zum Mond (und etwas mehr Höhe, damit man nicht durch gar so viele Zirren blicken musste) und landete bei Castor. Der 1,5mag helle Stern ließ endlich schöner abbilden und ich konnte an der Stelle dann die Infos zu Doppelsternen, spektroskopischen Doppelsternen usw. weitergeben. Castor ist ja in Wirklichkeit ein 6fach System, mit dem Auge nur einfach und im Teleskop "nur" doppelt.

Als nächstes - um endlich mal einen dunkleren Himmelshintergrund - zu haben, schwenkte ich auf die Nordseite des Himmels gen Mizar (und Alkor). Die eignen sich eben auch für - gerade nicht durchs Teleskop blickende Zuschauer - hübsch als "Sehtest" - wie bei den alten Griechen. Außerdem konnte man daran schön zeigen, wie klein der Himmelsabschnitt ist, den ein Teleskop im Okular zeigt. Mizar erscheint ja im Teleskop auch als engerer Doppelstern - aber das ist dann eben nicht Alkor, der sich (bei passender Vergrößerung am Rand des Gesichtsfeldes im Okular tummelt. Und das ließ einige durchaus staunen, dass diese winzige freiäugig sichtbare Distanz zwischen Mizar und Alkor im Teleskop dann das gesamte Gesichtsfeld des Okulars ausfüllt. Und dieser Mizar ist ja zusätzlich ein "geheimer" (aber kein echter, weil visueller) Doppelstern, der dann eben erst Teleskop sichtbar wird.

Nach diesen Sternenexpeditionen, ging es weiter zum Versuch etwas "Deep Sky" am realen "Brightened Sky" zu praktizieren - mit mäßigem Erfolg. M81 zeigt zumindest als verwaschener Fleck (aber sehr schwammig), was aber die Realität der Astronomie als Jagd nach "grauen Fuzzelchen" zeigte. M3 ließ sich als Kugelsternhaufen auch in seinen Randbereichen nicht auflösen. Aber beide dienten dann doch gut zur Veranschaulichung, dass immense Sternpopulationen im Universum existieren, die wir kaum erahnen, geschweige denn im Teleskop auflösen können.

NGC869 (H und Chi Persei) und die Pleijaden bildeten dann fast das Ende meiner Tour. An diesen (Doppel)Sternhaufen schloss sich der Kreis zu Geburt der Sterne und ihrer Kinderstube. Wenn eben alles Gas- und Staub einverleibt oder vom Sternenwind weggeblasen wurde bleiben die offenen Sternhaufen übrig, deren Mitglieder sich dann langsam auf ihren eigenen Weg durch die Galaxie machen. Beteigeuze in der Nähe der Plejaden war dann der endgültige Endpunkt und beantwortete die Frage nach dem Ende der Sterne und den Überbleibseln als weißer Zwerg, Neutronenstern oder schwarzes Loch - wobei Beteigeuze als Neutronenstern enden wird (da musste ich am Abend raten). Zu überraschten "Ohs" und "Ahs" führte dann die Info, dass alle Elemente jenseits von Wasserstoff und Helium in Sternen erzeugt wurden, wir also wirklich "Sternenstaub" sind. Irgendwie hat es dieses Universum geschafft sich selbst (in der Form von uns) betrachten zu können. Na, wenn das nun kein Geheimnis ist, dann weiß ich auch nicht mehr ...

Gegen 21:30 war dann so meine erste "Tour" vorbei - abwechselnd waren da immer irgendwas zwischen 2 und 10 Zuschauende, Zuhörende, Mitbeobachtende dabei. Keine Ahnung ob das immer dieselben waren, welche die Teleskophopping betrieben oder wirklich immer neue Leute nachkamen. Jedenfalls wurde es kalt ... und nachdem Winfried und seine Frau uns anboten die Wärme im Haus zu suchen, stand ich vor dem Gewissenskonflikt ob ich nach dem "Aufwärmen" nochmal beobachten würde oder erst dann Abbauen wollte. Neue Zuschauer erwartete ich nicht mehr. Ein testweiser Blick auf das Alpental (oder besser auf die heute unsichtbare 1km breite Rinne dort - und das bei 10"!) zeigte, dass die Bedingungen noch schlechter waren als zum Beginn des Abends. Und so machte ich Nägel mit Köpfen (oder eher: Okulare mit Kappen), baute ab, verstaute die Gerätschaften im Auto und genoss dann die Wärme und Gastfreundlichkeit von Winfried und seiner Frau, eine sehr, sehr leckere Gulaschsuppe und einen lustigen Plausch in astronomischer Runde.

Eine schöne Abrundung des Abends.

Andreas-TAL
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Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“
                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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RE: Astronomietag in Gerchsheim - von Gerhard - 28.02.2018, 09:58
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