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120mm Großfernglas
#1
Großfernglas Explore Scientific 120mm

   
Stellvertretend für die immer beliebteren Großbinos aktueller Herstellung möchte ich das Explore Scientific 120mm Großfernglas vorstellen. Ob nun ES, TS oder APM, mit unterschiedlichen Lackierungen und Aufdrucken ist die gleiche hochwertige Technik verbaut. Jedenfalls was die sogenannten „Semi-Apo´s“ oder „non-ED“ angeht, während die ED und SD Varianten der Ferngläser ausschließlich bei APM im Angebot sind.
Die Größen 70, 82, 100 und 120mm stehen zur Wahl und je nach Anbieter mit 90° oder 45° erhältlich. Die SD Variante des 120er ist die Königklasse ohne Zweifel. Wer sich dafür entscheidet, bitte gleich mit Berlebach Planet K70 und der Big Variante der Gabelmontierung sowie High Power Kollimation. Das neue 150er wäre dann sozusagen der „Kaiser“. Hier kommen schnell 8K€ zusammen für das „120er“ ohne Okulare und deswegen bleibt das für die meisten Binofreunde ein Traum, während die „Normalversion“ mit 2,5K€ inkl. Stativ und Gabelmontierung eher erschwinglich ist. Natürlich haben auch die Kleineren der Großgläser Ihre Vorteile und Einsatzgebiete, aber der Aufpreis zum „120er“ ist beim „Semi-Apo“ relativ gering und die Öffnung leistet im Deep Sky Bereich Erstaunliches. Darüber möchte ich berichten, was Ende Februar, Anfang März zu sehen war.
Die 45° eignen sich für Tagbeobachtung und Himmelsbeobachtung bis ca. 60° Höhe. Das würde ich bei den kleineren Großgläsern auf 45° in der Höhe einschränken. Jedoch ragt das 120er soweit nach hinten heraus, dass der Beobachter sich unter das Glas setzen oder sogar teils liegend platzieren kann. Ein höhenverstellbarer Stuhl, z.B. ein verstellbarer Bürostuhl, ist hier Voraussetzung.
   
Stativ: Das Edelstahlstativ gehört bei ES zum Lieferumfang der Montierung. Die Gabelmontierung ist aber bei TS auch Einzeln erhältlich und kann z.B. mit dem Berlebach UNI 19C kombiniert werden, was den Vorteil einer Höhenverstellung via Kurbel bietet. Die Gabelmontierung ist solide gefertigt mit zwei kleinen Nachteilen. Beim Herausnehmen des Zapfens aus dem Azimutlager fällt gerne die Kunststoffbuchse mit heraus. Wirklich untauglich ist dagegen die gut gemeinte, aber schlecht gemachte Klemmvorrichtung. Das Fernglas lässt sich hier nicht in die Klemme einklappen wie von Vixen oder Losandy gewohnt, sondern nur von Vorne einschieben. Das ist im Dunkeln äußerst unpraktisch! Meinen Kunden baue ich die Gabel immer auf Berlebachklemme/ V-Schiene um.
   
Die Gabel mit dem Edelstahlstativ trägt das Großglas ohne zu Klagen, wenn auch das Nachschwingen bei hoher Vergrößerung auffällig ist. Das 120er mit seinen 8,8kg ist per Griff gut zu packen und die Montage ist auch für nicht zu kräftige Personen gut machbar. Der vergleichsweise geringe Platzbedarf und der Einblick von hinten macht auch Balkonbeobachtungen möglich. Die Bewegungen gehen angenehm weich ausführen und lassen sich bei Bedarf per Handschrauben hemmen oder auch klemmen. Die Mechanik des Glases geht gewollt schwer beim Augenabstand einstellen und verstellt sich nicht von Alleine. Die Einzelfokussierungen des Glases gingen leichtgängiger als bei den bisherigen Gläsern. Vielleicht hat das Werk hier eine Änderung vorgenommen, jedenfalls ist angenehm zu fokussieren. Die Taukappen lassen sich ausziehen und die Staubdeckel müssen dazu vorher abgeschraubt werden.
   
Das Problem der zu losen Kunststoffgewinde hat das Werk mittlerweile auch im Griff. Das leichte Magnesiumgehäuse beherbergt große Prismen mit 28mm freien Durchlass für 1,25“ Okulare. Die Prismenaufnahmen würde ich militärisch solide bezeichnen. Die für mich wichtigste Frage bei einem Bino ist die Justage des Glases. ES/Bresser spricht tatsächlich von 75x, was eine sehr ordentliche Leistung ab Werk wäre. Mein Glas liefert auch bei 112x Vergrößerung eine angenehmes Bild. Nicht jeder Beobachter schaut geradeaus und auch ich habe einen gewissen „Höhenschlag“ in meinen Augen. Beim Glas macht leichtes Schielen nichts aus, weil wir Menschen das gewohnt sind vom Nahsehen. Dagegen wirkt sich Höhenversatz immer störend aus, was hier nicht der Fall ist. Die Justage ist für die Möglichkeiten des Glases voll in Ordnung. Die gute sphärische Korrektur wird beworben und hier möchte ich zustimmen. Beide Objektive liefern eine Sternabbildung wie ein guter Achromat, was bei einem f/5,5 Gerät keine Selbstverständlichkeit ist.
In der Reihenfolge komme ich als Letztes auf die Farbreinheit zu sprechen. Am Tag beobachtet und außerhalb der Achsen bzw. am Rand erscheint blau und gelb im Bildfeld, während genau auf der Achse der Farbfehler recht gering ist. Die mitgelieferten ES 20mm Okulare sind dabei farbneutraler als die Panoptic 24mm bei Tagbeobachtung. Am Mond zeigen die Baader Morpheus 6,5mm am Mond bei gut 100x farblich gewöhnungsbedürftige Ränder am Mond. Allerdings sind die 5mm ED TS Okulare trotz 112x hier deutlich farbreiner bei diesem 120er Glas. Damit lässt sich der Mond ordentlich bestaunen und nur wer die Möglichkeiten eines Apos kennt, wird hier Jammern. Bei mondloser Nacht mit guter Durchsicht offenbart das Gerät dann seine Hauptanwendung.
   
Das Team aus ES 120Großglas und TeleVue 24mm Panoptic, was für Binofreunde ohnehin die Wahl ist, brachte mich zum Staunen. Ein randscharfes Bild mit sauberen Sternen und enormer Tiefe lässt den Beobachter binokular auf seine eigene Weise tief in den Himmel tauchen oder hineinsaugen, wie es auch ein 0,5m Spiegel in der Weise nicht leisten kann. Das große Gesichtsfeld mit gleichzeitig hoher Auflösung hat etwas „Magisches“ an sich. Bleibt man am Orionnebel hängen, hilft Vergrößerung um den Nebel besser zu erfassen und Details sichtbar werden zu lassen. Hier machten dann die Morpheus 6,5mm einen guten Job und brachten auch die höchste Detailerkennbarkeit. Gut zu sehen am Trapez, wo 5 Sterne dauerhaft zu sehen waren und der 6te ab und an mal blinzelte. Auf Rigel gerichtet zeigte sich das ungleiche Doppelsternpaar ohne Probleme. Den Flammennebel angepeilt und sofort erkannt mit den wieder eingesetzten Pan24ern. Die Galaxiensuche im Löwen war ebenfalls von Erfolg gekrönt und die 9mm Morpheus konnten hier überzeugen. Da fährt man durch die Himmelslandschaft und die Galaxien fallen sozusagen ins Auge. Vermutlich leichter, als es selbst bei einem 8“Newton der Fall wäre. So würde ich das Potenzial bei DeepSky mit dem 120er einschätzen, kein Witz. Zum Schluss wurden dann die Astronomik UHC-E Filter eingeschraubt. Beim Schwenken durch die Wintermilchstraße waren dann praktisch ständig wechselnde Nebelobjekte zu sehen, die eben mehr oder weniger deutlich zu sehen waren. Der Rosettennebel erschien wie ein riesiges Nebelgebiet und weniger als isolierter Bereich.
Fazit aus den zwei kurzen Beobachtungen war, dass es meine Liebe schon nach dem zweiten Aufeinandertreffen gewonnen hat.
Beidäugige Grüße
Ralf
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Nachrichten in diesem Thema
120mm Großfernglas - von Ralf - 12.03.2021, 19:28
RE: 120mm Großfernglas - von Ulf - 12.03.2021, 22:28
RE: 120mm Großfernglas - von Christoph - 13.03.2021, 08:31
RE: 120mm Großfernglas - von Ralf - 13.03.2021, 16:46
RE: 120mm Großfernglas - von Philipp - 13.03.2021, 18:24
RE: 120mm Großfernglas - von Florian B. - 13.03.2021, 20:29
RE: 120mm Großfernglas - von Ralf - 13.03.2021, 21:38
RE: 120mm Großfernglas - von Philipp - 17.03.2021, 20:19
RE: 120mm Großfernglas - von Andreas Paul - 18.03.2021, 14:39
RE: 120mm Großfernglas - von Ralf - 19.03.2021, 19:02
RE: 120mm Großfernglas - von Philipp - 06.04.2021, 13:28
RE: 120mm Großfernglas - von el_Micha - 16.04.2021, 23:07
RE: 120mm Großfernglas - von Ralf - 18.04.2021, 10:12
RE: 120mm Großfernglas - von el_Micha - 18.04.2021, 11:57
RE: 120mm Großfernglas - von Ralf - 18.04.2021, 14:19
RE: 120mm Großfernglas - von el_Micha - 18.04.2021, 15:49
RE: 120mm Großfernglas - von Ralf - 18.04.2021, 17:37
RE: 120mm Großfernglas - von Philipp - 19.04.2021, 11:12



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