Themabewertung:
  • 1 Bewertung(en) - 4 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
BB vom 7.auf 8.März
#1
Hallo,
Spät, aber er kommt. Wir waren einige Zeit internetlos, da die Telecom es nicht schaffte, unsere Telefonanlage neu einzurichten. Daher die Verspätung.

Beobachtungsbericht 7. auf 8. März 2011

Die „Hammernacht“

Datum: 7. auf 8.3.2011
Zeit: 19:30 bis 02 Uhr
fst: 6,3
Transparenz: ideal
Gerät: Ulugh Beg 14“
Okulare: 31mm Nagler und 13mm Ethos

Der Abend begann vielversprechend. Es war zwar mehr stürmisch denn windig, aber schon am Nachmittag war der Himmel extrem transparent und dunkelblau. Also stand der Ulugh Beg zum Auskühlen schon um 16:30 im Schatten des Hauses auf der Terrasse. Da die Nacht einiges zu versprechen schien, nahm ich mir mit der Kollimation mehr Zeit als üblich, er sollte optimal justiert sein, was sich auch positiv bemerkbar machte.

Heute wollte ich mir endlich mal mehr Zeit nehmen, open end war angesagt, Virgo und Coma waren das heutige Ziel. Doch zuvor kamen, sozusagen zum Abschluß der Saison, Orion und dessen Umgebung an die Reihe.

M42 Trapez: endlich einmal im perfekten Newton waren alle sechs Komponenten des Trapezes voll aufgelöst. Klar und deutlich, klein und absolut punktförmig zeigte sich die E-Komponente, auch die F-Komponente war heute deutlicher als sonst auszumachen. Ein Anblick, wie ich ihn vorher nur im Takahashi kannte. – Ich war`s zufrieden. Orion selbst weit ausgebreitet mit seinen beiden Flügeln, die Kerze stach klar umrissen und getrennt vom eigentlichen Nebel hervor. Die Nebelfilamente zeigten unzählige Verknotungen und Strukturen.

– Dann nach oben zu Zeta Orionis. Auch der Flammennebel war ohne Filter deutlich zu sehen, zweigeteilt, nahezu wie ein schwach belichtetes Foto. Ein herrlicher Anblick. Dann noch die beiden Doppelsterne Zeta und Mintaka, leichte Objekte auch für kleine Geräte.
Nun suchte ich, wie schon so oft, nach dem Pferdchen. Doch dazu war es um 20 Uhr doch noch zu hell. Nichts war auszumachen, kein Schimmern, nichts. Aber das sollte sich in dieser Nacht noch ändern. Beobachtet habe ich hier mit den 13mm und 8mm Ethos-Okularen.

Ein Blick gen Osten, Leo stand schon halbwegs gut, Coma und Virgo noch zu tief, sie kamen gerade erst über den Horizont. Also erst einmal rüber und hoch zu UMA.

M81/82 waren schnell gefunden. Schön und deutlich, wie nicht anders zu erwarten. Trotzdem hatte ich das Gefühl, sie schon besser gesehen zu haben, Auch der Rundgang um den Kasten mit seinen vielen Objekten war nicht so ganz optimal. Es war um 20:30 Uhr immer noch zu hell.

Also einfach noch einmal das nachvollzogen, was ich Tage zuvor schon einmal gemacht habe: Doppelsterne! Angefangen mit Castor A+B über die noch sehr tief stehende Corona und noch rund 15 Doppelsterne verschiedenster Art zur Überbrückung bis zum Beginn noch besserer Bedingungen. Ich erspare mir die Aufzählung, es waren zu viele, alle aber heute sehr gut zu trennen und auch in ihren Spektralklassen zu differenzieren.

Zwischenzeitlich war es 22:30, die Zeit davor überspringe ich mal.
Nun waren die Sichtbedingungen um Klassen besser als zuvor, auch die Augenadaption war nun perfekt, kein Auto fuhr heute Nacht vorbei, im Ort war es absolut still. Nur ab und an hörte man einen Tusch der Kapelle in der Turnhalle auf der anderen Seite des Dorfes, dort war Karneval angesagt.

M81/82 zum zweiten, ich wollte mit dem einfachsten beginnen. Es hat sich gelohnt. Im 31mm Nagler aufgesucht und sofort auf das 8mm Ethos gewechselt. Der Wahnsinn! M82 als Zigarre mit deutlich sichtbarem Staubband, zweigeteilt nahe der Mitte, Strukturen am Rand der Galaxie deutlich zu erkennen. M81 oval, zum Kern hin sehr hell, leichte Andeutungen von einer Spiralstruktur waren zu erkennen. Im flachen Winkel zu den beiden dann im 13mm Ethos noch die beiden Begleiter ngc2976 und ngc3077 auszumachen, die sich klar abhoben.

Nun war der Wagenkasten an der Reihe. Oben rechts begann ich mit der Eule.
M97 als nahezu rundes, großes Scheibchen, das einem mit seinen beiden Glupschaugen förmlich ansah. Daneben die Galaxie M108, deutlich und länglich mit der Eule zusammen in einem Bildfeld (31mm Nagler).

Nun runter zu M106, sehr hell und langgezogen, so deutlich hatte ich sie selten gesehen.
Zwischendurch noch ngc 4088 (Kantenlage) und ngc3079, ebenso in Kantenlage.

Etwas mehr Zeit nehmen wollte ich mir für die beiden Highlights der großen Bärin, für die beiden Galaxien M51 und M101. M51 war heute Nacht eine Wucht. Selten habe ich sie so stark strukturiert gesehen. Spiralarme waren deutlich zu erkennen, Vordergrundsterne gaben ihr ein fast dreidimensionales Aussehen. Die Brücke war ansatzweise und nicht immer durchgehend zu erkennen.
Nun auf die andere Seite, rüber zu M101. Ehrlich gesagt, ich beobachte sie recht selten. Auch heute war sie zwar sichtbar, andere würden vielleicht sagen, deutlich sichtbar, aber hier scheinen meine Augen schon zu alt zu sein. Verschwommen nahm ich einen riesigen dunkelgrauen Fleck wahr, mit viel Augenverrenkungen kann man auch die Spiralstruktur und einzelne Knoten wahrnehmen, doch bin ich mir nicht sicher, vielleicht spielt hier das Wissen um das Aussehen die größere Rolle. Zumindest war ich mit dem Ergebnis mehr als zufrieden.

Die Zeit war nun gekommen, sich Leo und dem Coma/Virgohaufen zu widmen. Das leichte zur Einstimmung mal wieder zuerst.
M95/96/105 zeigten sich von ihrer schönsten Seite. Wie ausgestochen standen sie in der Weite des Himmels, klar und deutlich, extrem hell. Was hier 2 Stunden Warten ausmachen, man mag es kaum glauben. Ein Anblick wie ganz selten zuvor. Daneben noch ngc3384, die sich auch deutlich vom Hintergrund abhob.
M65/66 + ngc 3628 waren die nächsten Kandidaten, genauso schön und brillant vor einem nun wirklich samtschwarzen Himmelshintergrund. Letztere sehr langgezogen, zum Rand hin schwächer werdend. Es lohnt sich also, zu warten!

Nun war die Zeit reif für Coma und Virgo. Zwischenzeitlich war es 23:40, genau die richtige Zeit. Die beiden Gruppen stehen nun direkt vor mir im Südosten und hoch genug. Oberhalb von Spica lugte Saturn hervor, er sollte ganz spät den Abschluß bilden.

M64, die Black-eye Galaxie machte ihrem Namen alle Ehre. Klar, überaus deutlich, sehr hell stach sie hervor. Schön strukturiert, Spiralarmstrukturen deutlich auszumachen und das dunkle Auge im Zentrum, nicht rund, sondern leicht oval. Habe ich Staubbänder gesehen? – Ich weiß es nicht. M64 war als Einzelgalaxie auf jeden Fall heute die schönste unter den Schönen. – Danach ein Schwenk rüber zu M53, dem Kugelsternhaufen. Eindlich mal wieder ein KH, habe schon lange keinen mehr gesehen. Aufgelöst bis ins Zentrum, hier nahm ich einmal wieder das 8mm Ethos, es lohnt einfach, sich solche hellen Objekte in größerer Vergrößerung anzuschauen.

Der Vorgo-Galaxienhaufen.
Fast schweigt hier des Sängers Höflichkeit...
Einmalig, so noch nie gesehen. Man kommt sehr leicht durcheinander und muß extrem Sternchen und Galaxienkombinationen mit den Karten vergleichen, sonst weiß man wirklich nicht mehr, wo man ist. Aus diesem Grunde stand auch heute Nacht der Schlepptop mit dem Programm „THE SKY“ mit auf der Terrasse, auf Nachtadaption geschaltet, mit einem Spezialprogramm zur Lichtdämpfung sowie versehen mit einer dreifachen Rotfolie. So kann man den Laptop tatsächlich verwenden. Zudem stand er 2 Meter vom Teleskop entfernt und abschattiert. Immer wieder mit dem Gesehenen verglichen weiß man wenigstens in etwa, was man gesehen hat!
Ein ganzes Jahr lang habe ich mich auf einen einzigen Anblick gefreut:

Markarians Galaxienreihe!
Wer SIE noch nicht gesehen hat, der hat noch gar nichts gesehen, so zumindest drängt es sich in mir auf. Einfach nur einmalig und herrlich, diese Welteninseln, aufgereiht wie eine Perlenschnur, genüsslich abzufahren, erst 3 Galaxien nebeneinander im 13mm Ethos, dann eine vierte, begleitet von Nummer fünf (übereinander) und etwas weiter von den drei anderen entfernt, dann wieder ein klein wenig am Dobson geschubst und runter geht es mit der Reihe, erst eine, dann wieder zwei eng nebeneinander, diesmal waagerecht und so weiter. Alleine hier kann man Stunden verbringen. Auch der Schwenk von Nr. 5 nach oben lohnt, wenn man sich sattgesehen hat. Man ist hier mitten drin im Gewusel der Haufenwelt und kann nicht davon lassen. Langsam, ganz langsam schwenke ich meinen Ulugh Beg, der nun nur noch mit dem 13mm Ethos bestückt ist. Ein ideales Okular für Galaxiengruppen und hoch genug vergrößernd, um auch noch Details wahrnehmen zu können. Zur Not könnte man auch auf das 8mm wechseln, doch ich wollte ohne Streß einfach nur die Schönheit und Vielfalt der Galaxienwelt bewundern. „Genußspechteln“ eben...

Ach Block und Bleistift blieben mehr links liegen, ab und an habe ich ein paar Skizzen angefertigt, die ich bei Gelegenheit ausarbeiten werde.

Insgesamt dürfte ich so um die 100 Galaxien ausfindig gemacht haben, etwa 30 davon habe ich mir neben Markarian näher betrachtet. Im 13mm Ethos bei dieser heute Nacht so klaren Sicht hatte ich stellenweise mehr als 30 Galaxien in einem Gesichtsfeld gezählt. Aber ich bin nicht unbedingt der Freund von „Fitzelchen – Galaxien“, die man sich anschaut, um sie gesehen zu haben. – Beeindruckend ist es aber schon, wenn man sozusagen von einer Welteninsel über die andere förmlich stolpert! Bis 2:00 Uhr blieb ich in Virgo und Coma, dann dachte ich, für heute sei es genug.

Der letzte Blick ging zu Saturn, den ich mir in diesem Jahr zum ersten male betrachtete. Nach 2 Uhr aus dem Bett und dann erst beobachten, das ist mehr was für jüngere, ich warte lieber, bis er zu einer halbwegs akzeptablen Zeit hoch genug am Himmel steht, er läuft einem ja nicht davon.
Der Anblick war grandios, die Monde um ihn herum, der endlich wieder etwas weiter geöffnete Ring und der Sturm, der deutlich auszumachen ist, haben sich mal wieder gelohnt. Etwas zu hell war er allerdings auch noch im 6mm Ethos, zudem wurde der Wind nun immer stärker und wurde fast zum Sturm. Also beschloß ich die Nacht kurz nach 2:20 Uhr.

Beim Abbau hatte ich doch ziemliche Angst um meinen Ulugh Beg, der derzeit bis zur Beendigung der Reparaturarbeiten in der Sternwarte im Flur des Hauses steht. Um ihn reinzutragen, muß ich ihn von der Rockerbox nehmen. – Ich habe ihn nicht gestellt, sondern gelegt, der Sturm hätte mir diesen 40kg schweren Brocken umgeworfen.

So ging eine ereignisreiche Nacht zu Ende, an die ich mich noch lange erinnern werde.

Liebe Grüße
Winfried
Wenn filmen so einfach wäre, dann hieße es "RTL"
Zitieren
#2
Ach ja,

hatte ich vergessen: Das Pferdchen war natürlich zur idealen Beobachtungszeit bereits hinter unserem Haus verschwunden....
Hätte sich sicherlich in dieser Nacht gelohnt.

Winfried
Wenn filmen so einfach wäre, dann hieße es "RTL"
Zitieren
#3
Sehr informationsreicher Bericht Winfried.Wink
Man kann nur erahnen was du alles gesehen hast. Davon abgesehen hab ich die meisten objekte noch nicht beobachten können. Dodgy
Interessant wäre bestimmt mal die Markarians Galaxienreihe zu beobachten. Geht das überhaupt mit einem 6" ?
Auf jedenfall hast du die Tage ausgenutzt, dass sollte man auf jedenfall. Und das Jahr ist noch nicht vorbei. Big Grin
Gruß Karsten
________________________________________
GSO 12" f/5 Dobson 300/1500mm
ED80 80/560mm auf Meade LXD75 Montierung
Zitieren
#4
Hallo Karsten,

im 6" geht Markarian schon. Es handelt sich hierbei um recht helle und große Galaxien. Um die Wucht dieser Reihe richtig genießen zu können, sollte man nicht all zu sehr vergrößern. 80-120x wäre so die richtige Vergrößerung. Ich habe sie auch schon im 4" Tak FS-102 beobachtet, bei guten Bedingungen kein Problem.

Liebe Grüße
Winfried
Wenn filmen so einfach wäre, dann hieße es "RTL"
Zitieren
#5
Hallo Winfried,

danke für die Information.
Dann werde ich es demnächst mal Versuchen. Big Grin

Hallo Karsten,
deine Antwort war dreimal da, die doppelten hab ich mal weggemacht.
Ulf
Gruß Karsten
________________________________________
GSO 12" f/5 Dobson 300/1500mm
ED80 80/560mm auf Meade LXD75 Montierung
Zitieren




Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste