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Eine seltsame Nacht (17.10.2012)
#1
Eine seltsame Nacht

Die Nacht vom 17. auf den 18. Oktober war eigenartig:
Ab 20 Uhr klar und nahezu wolkenlos, die Milchstraße spannte ihr Band über den gesamten Himmel, ein wunderschöner Anblick.

Also raus in die Sternwarte, das Dach aufgeschoben, Motoren auf Start. Einen Plan hatte ich mir zuvor schon gemacht, einiges stand auf dem Programm. Doch irgendwie war es trotz Sichtbarkeit der Milchstraße nicht dunkel genug. Ein Blick auf den Hantelnebel zeigte ihn nur verwaschen und ohne die sonst sichtbare Hantelstruktur. Was war da los?

Ich ging raus und hinter die Sternwarte auf das freie Feld und mir offenbarte sich ein etwas ungewöhnlicher Anblick: Der Osten war extrem aufgehellt, jedoch nicht nur in Richtung Würzburg, sondern von Norden bis Südosten. Das gleiche, für mich völlig ungewohnte Bild im Südwesten: ebenso stark aufgehellt wie der Osten! – Völlig anders als sonst.
Leider hatte ich die Kamera im Atelier, - man sollte wohl immer eine dabei haben! Ich denke, das, was ich gesehen habe, war Lightglow, leuchtende Wolken sehr weit oben, denn man sah sie nicht mit bloßem Auge.

Also wieder zurück in die Sternwarte, - da kann man halt nichts machen. Das ganze zog sich etwa bis 23 Uhr hin, danach erst wurde es richtig dunkel und lohnenswert. Lohnenswert war es aber für mich trotzdem schon früher, hatte ich doch einige Wochen Nachholbedarf.

Gezeichnet hatte ich nicht, dafür etwas detailliertere Aufzeichnungen gemacht. Hier nun die beobachteten Objekte des Abends. Alle Beobachtungen unter folgenden Bedingungen:

Fst: 5,5 um 21 Uhr, 6,0 um 24 Uhr
Wolkenlos, angenehme 14 Grad
Geräte: Explore Scientific ED 127/952mm
Okulare: Ethos komplett und Astronomic 0-III Filter bei Bedarf


M27, Hantelnebel, erst unstrukturiert verwaschen, ab 23 Uhr klar und deutlich mit „Ohren“
M15, KH Peg., im 6mm aufgelöst, heller Kern, schwache Ausläufer, lohnend
M 2, KH Aquarius, im 6mm aufgelöst, schwach, mehrere schwache Sterne daneben
Ngc7009, Saturnnebel, im 6mm aber strukturlos, oval, kein scharfes Bild (21 Uhr), um 24 Uhr dann besser und auch scharf abgegrenzt. Im 0-III besser als ohne Filter
M72, KH, oberhalb 2 hellere Sterne, der KH diffus, zur Mitte hin heller, aber nicht auflösbar. Er ist immerhin über 60.000 LJ von uns entfernt und einer der weitesten KH unserer Galaxis
M13 und M92, na ja, wie immer, kennt jeder
M34, o.H., locker, hell im Zentrum, enthält als Sternmuster ein “Y” (13mm Ethos), im 6mm auch 4 Doppelsterne erkannt und benannt (WDS-Katalog)
M33, Gal., rund und diffus um 22 Uhr, klar und deutlich ab 00 Uhr mit 2 Spiralarmen. Sehr heller Kern, stark auslaufend, sehr groß
M76, PN, kleiner Hantelnebel, schwach, im O-III länglich bei 8mm, zu früh beobachtet, später leider nicht mehr
M77, Gal. Cetus, leider sehr tief durch die Bäume. Trotzdem groß als starke Aufhellung gesehen.
M74, Gal. Leider nur schwache Aufhellung gesehen, an der Sichtbarkeitsgrenze, recht tief
Neptun: gesehen, aber nicht sonderlich interessant, Farbe sehr schwach
Uranus: schon erheblich besser, gut und deutlich die Farbe, größeres Scheibchen
M52, o.H. Cas., klein und schwach, aber aufgelöst im 8mm. 13mm Ethos zeigt sogar mehr Sterne
ngc457, o.H. Cas., recht hell, 2 sehr helle Sterne am Rand (Vordergrundsterne ?), rho cas. Befindet sich im Haufen, lohnend auch im kleinen Gerät
ngc281, o.H. Cas. Mit Nebel. Am Ende einer Kette dann der Nebel, groß und rundlich mit Ausläufern. Beobachtet im 31mm Nagler und 13mm Ethos. Beide male mit 0-III Filter. Ohne Filter trotzdem, wenn auch nur schwach ist der Nebel zu sehen.
Ngc663, o.H. Cas. Reich, oval, dicht. Bei hoher Vergrößerung löst sich der nebelige Fleck im unteren Bereich des Haufens in Ministernchen auf (zuerst 13mm, dann 6mm und sogar 3,7mm)

Am Ende dann Jupiter.
Der war heute allerdings nicht so das wahre Galaobjekt. Etwas verwaschen und nicht ganz scharf zu bekommen. Der Himmel im Osten war immer noch waberig und aufgehellt. Trotzdem konnte ich den Jo-Durchgang mit Jo und dessen Schattenwurf verfolgen. Der Schatten lag genau auf dem oberen Band. Ein trotz unscharfem Bild lohnender Anblick. Beobachtet wurde hier mit dem 3,7mm Ethos sowie mit dem Bino und 2x 10mm Hyperions + 2,6x Glaswegkorrektor. – Endlich kann ich das Bino richtig einsetzen. Der APM 3“ R&P Auszug funktioniert hervorragend, die Rotationsmöglichkeit sorgt für stressfreies Beobachten.

Gegen 1 Uhr schloß ich die Sternwarte zu, beließ aber die Geräte und Anschlüsse, da ich um 3 Uhr noch einmal einen Blick zu Orion wagen wollte. – Doch ich schlief selig ein und wachte erst um 6 Uhr wieder auf. – Zu spät. Dafür genoß ich den Anblick einer gleißenden Venus, die majestätisch am Südosthimmel mit sich selbst um die Wette strahlte.

Beste Grüße
Winfried
Wenn filmen so einfach wäre, dann hieße es "RTL"
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#2
Hallo Winfried!
Klasse BB! Allein die ganze Palette an Himmelsobjekten, die Du sehen konntest und beschrieben hast!
Seltsam ist, das mir heute Nacht (3:30 MESZ) auch helle Wolken am Himmel auffielen. Ich dachte mir, wenn der Mond tief am Horizont stünde, es noch späte Dämmerung wäre oder irgend so etwas - aber es war ja tiefste Nacht und helle Wolken am Himmel unterwegs.
Gibt es dafür eine Erklärung?
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#3
Hallo Winfried,

ein schöner ausführlicher Bericht. Ich war wieder mal unterwegs und bin erst recht spät heim gekommen. Da war die Müdigkeit dann doch größer als die Lust, zumal die nächsten Nächte recht brauchbar werden sollen.

Ich bin gespannt.

Ich habe nur ab und an einen kurzen Blick nach draußen geworfen und war beim Anblick von Jupiter, Orion und Auriga im Osten fasziniert...

Wenn ich heute nicht zu spät nach Hause komme, könnte mein SweatHeart ja schon zumindest mal den ACF kalt gestellt haben Wink Big Grin
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
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#4
Hallo Christoph,

ich vermute mal Skyglow (so heißt es glaube ich richtig) oder Nachtleuchtende Wolken. Aber beide bekommt man leider nur mit der Kamera zu Gesicht.
Zuerst sah es in Ost-Südost aus, als würde der Mond knapp unter dem Horizont stehen. Mit der Zeit wurde die Aufhellung dann schwächer, blieb aber bestehen. In OSO waren kleine Cumuli am Himmel, die sahen aus wie angestrahlt und richtig weiß vor dem Nachthimmel.
Ich hoffe, irgendjemand hat gestern Nacht Aufnahmen gemacht, das dürfte nicht nur bei uns so gewesen sein. Habe aber noch keine Rückmeldung.
Sollte es heute Abend noch aufgehen, dann nehme ich mal die Kamera mit.

Sollte es Skyglow sein, dann müssten sich am Himmel (in der Fotografie) grüne Wolken zeigen. Manche sind auch rötlich bis purpurfarben. In Sterne & Weltraum, aktuelle Ausgabe, ist ein Artikel darüber, auch nit vielen Vergleichsbeispielen.

Besten Herbstgruß
Winfried
Wenn filmen so einfach wäre, dann hieße es "RTL"
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#5
Hm, Winfried!
Ich dachte mir, dass Nachleuchtende Wolken nur in den hellen Sommernächten gesehen werden können. Und die sind dann auch noch relativ hoch.
Das was ich gesehen hatte entsprach mehr strunz-einfachen Wolken, nur das ich das Problem hatte, dass sie viel zu hell waren für die finstere Nacht. Woher bekamen die ihr Licht??? Huh Und heute Nacht um 3:00 MESZ stand auch die Sonne viel zu tief, um sie zu bescheinen.Undecided
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#6
Hallo.

Die Beschreibung vom aufgehellten Himmel passt gut zur Karte vom DWD (dwd.de)
Es waren sichern nur von unten angestrahlte Wolken oder Dunstfelder, die in Horizontnähe waren.

Leuchtende Nachtwolken können hauptsächlich im Juni/Juli, und NUR in Nordrichtung gesehen werden.
Diese Wolken kann man mit viel Glück auch schon von Mittelfranken aus sehen, ich habe schon selbst welche beobachtet.
Sehen kann man sie freiäugig, man braucht keine Kamera dazu.

Zum beobachten/aufspüren einen Platz mit freier Sicht nach Norden suchen!

Den Airglow, die natürliche Aufhellung des Himmels kann man von uns aus mit großer Sicherheit nicht mehr sehen.
Selbst der helle Airglow im August (?) dieses Jahres ist von unserer Gegend hier nur fotografisch richtig aufgefallen.
Ab Bortle 2 könnte er gesehen werden, was für unsere Gegend kaum mehr gegeben ist.

Viele Grüße
Gerd
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#7
Hallo Gerd!
Danke für die Hinweise und vor allem den Link auf Deine Seite.
Sehr informativ! Cool
Eine Frage: da ich Bortle 3-4-5 bei meinem Himmel habe (je nach meteorologischen Bedingungen) würden mich die zugehörigen Helligkeiten des Himmels mit eine Sky-Quality-Meter interessieren. Gibt´s da was?
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#8
Hallo Christoph

Zitat:zugehörigen Helligkeiten des Himmels mit eine Sky-Quality-Meter

Meines Wissens nach existiert so etwas nicht.
Ich würde aber die "Faintest Star" (fst) Methode zur Bestimmung der Himmelsqualität einsetzen.

Über den Sky Quality Meter haben wir eine Diskussion beim Treffen an der Silvretta gehabt, man sollte diesen Messgerät nicht zu sehr vertrauen, die Unterschiede zwischen den angezeigten Wert und dem fst sind schon sehr erheblich.

Viele Grüße
Gerd
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#9
Hallo,

die unterscheide zischen fst und SQL sind auch weil jeder anders sieht und beobachtet und das SQL immer gleich (mit kleinen technisch bedingten Toleranzen) misst.
Astronomische Grüße
Ulf

[Bild: signatur.jpg]

Wer die Freiheit einschränkt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren!
Benjamin Franklin
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#10
Hallo!
Ja, die ganze Kiste ist trotz Messgerät sehr subjektiv und ist wohl auch nicht zu lösen.

Ich bin für meinen Himmel und Equipment den umgekehrten Weg gegangen und folgendes für mich ungefähr abgeleitet. Nach einer Stunde Belichtungszeit habe ich dann jeweils Grenzgrößen bei gutem Seeing (FWHM <= 2") am 10" Newton mit der G2-8300:

Bortle-Skala --------- Himmelshelligkeit ------- Grenzgröße nach 1 Std.
- 3 (sehr selten) ------> ~ 21,5 mag -------------> ~ 23 mag
- 4 (gute Nacht) ------> ~ 21,0 mag -------------> ~ 22,5 mag
- 5 (noch brauchbar) -> ~ 20,5 mag -------------> ~ 22 mag

Bei schlechterem Seeing geht dann die Grenzgröße weiter in die Knie... denn das kann einem ja auch noch mächtig in die Suppe spucken.
Das heißt also, das sind Annahmen für den besten Fall. Reel sind die Ergebnisse dann auch immer etwas oder um einiges schlechter.
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#11
Hallo.

Zitat:die unterscheide zischen fst und SQL sind auch weil jeder anders sieht und beobachtet und das SQL

Sicher kann man eine Einzelmessung der fst nicht verifizieren. Da bei dieser Situation vergleichbare Ergebnisse von mehreren Beobachtern vorlagen, konnten gute Vergleiche zwischen SQM-L und fst gezogen werden.

Der große Nachteil vom SQM ist: er misst die Helligkeit vom Himmel, aber nicht die Durchsicht!
Beste Werte mit dem SQM würde man in dunklen Gegenden bei mondlosen Nächten mit geschlossener Wolkendecke erhalten.
Hier hat man dann zwar einen sehr dunklen (gemessenen) Himmel, aber dafür hat man keine Durchsicht.

Die Nachteile des SQM - die auch von vielen erfahrenen Sternfreunden beschrieben werden, werde ich noch mit auf meiner Seite aufnehmen.

Auch in "normalen" Beobachtungsnächten kann man sich auf dem SQM alleine nicht verlassen, er misst zwar zuverlässig die Helligkeit des Nachthimmels, aber eben die Durchsicht bleibt auf der Strecke.
Hier sollte man eben ergänzen, entweder durch eine objektiven Bestimmung der fst, oder mit der Messung der Temperatur der Atmosphären mit Hilfe eines Infrarot- Strahlungsthermometers.

Hierzu liegen noch nicht zu viele vergleichbare Ergebnisse vor, die Erfahrung die bekannte Sternfreunde gemacht haben, zeigen das sich mit einem IR- Thermometer die Himmelsqualität mitbestimmen lässt.

Viele Grüße
Gerd
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#12
Hallo Gerd und Christoph,

als Fotograf gehe ich (schon aus Kostengründen) ganz anders vor:
Lunasix-III, das ist ein Gossen Belichtungsmesser, den ich immer in der Tasche hatte. Der mißt Belichtungszeiten bis 8 Stunden. Damit in Verbindung mit dem 3 Grad-Televorsatz messe ich in den Himmel, entweder in die dunkelsten Stellen oder direkt zu Polaris. Das sind zwar keine Werte, die die Astronomie kennt, aber ich habe immer den Vergleich zwischen fst, welches ich an den Sternen um Polaris herum ausmache und der entsprechenden "Belichtungszeit".
Zumindest habe ich damit, - rein für mich, - vergleichbare Werte.

Bei meinen nicht mehr ganz taufrischen Augen kann ich mich nur auf mich selbst verlassen, Uwe z.B. oder Frank sehen erheblich mehr als ich, gerade bei "Fitzelchengalaxien". - Somit sieht jeder den Himmel anders und somit werden sich von Person zu Person auch die "fst" Werte immer unterscheiden (müssen).

Bei solchen Vergleichen ist man das, was Astronomen in der Regel sind - Einzelkämpfer.

Beste Sonntagsgrüße
Winfried
Wenn filmen so einfach wäre, dann hieße es "RTL"
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