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Stille Nacht...
#1
BB vom 23.12.2014

Frohe Weihnachten,

wünsche ich und bin selbst sehr froh, dass gestern Abend die Wolken eine große Sternlücke rissen. Eigentlich lag ich schon gemütlich auf der Couch und dachte gar nicht an astronomische Ausblicke, als Heike mit den Kindern gegen 19.30 Uhr nach Hause kam und meinte: "Willst du nicht raus? Es ist klar!" Natürlich wollte ich raus und entschied mich, da man im Moment bei dem starken Wind und der hohen Niederschlagswahrscheinlichkeit gar nicht weiß wie lange man beobachten kann, für die kleine Kombi. Passend zur Nacht auf Heiligabend wollte ich in aller Ruhe einfach nur die Beobachtung genießen. Doch wie es so ist, war kurz nach dem Aufbau schon wieder "Ende-Gelände". Auf der MON2 durfte der TMB 115/805 Platz nehmen. „Na ja, die Hoffnung stirbt zuletzt“ meinte ich. So ließ ich das Equipment erst mal auf der Terrasse stehen. Dodgy

Im Viertelstundentakt ging ich nach draußen und blickte nach Oben.
In die dicken Ski-Klamotten eingemummelt trotzte ich der steifen Brise und freute mich dann eine gute Stunde später, dass es wieder aufklarte und sich auch die letzten Wolkenfetzen verzogen. Die Grenzgröße schätzte ich auf maximal 5,5 – 6mag.

Innerlich strahlte ich wie ein Kind vor dem Geschenkeauspacken!!! „Endlich wieder beobachten!!!“ Rolleyes
Anfangs wunderte ich mich, dass die Sterne ab ca. 100x wie Spiegelsternchen im Okular flackerten und franzten. "Ja, natürlich muss das Triplett erst einmal auskühlen!", waren meine Gedanken, obwohl es nun schon eine ganze Zeit an der frischen Luft war. So bewunderte ich beinahe 1 Stunde den Orionnebel im 31mm / 22mm Nagler in seiner Pracht, erhöhte erwartungsvoll zwischendurch die Vergrößerung, was aber ästhetisch dann eher wieder daneben lag. Das Trapez wirkte einfach verschwommen, flau... es war sehr merkwürdig. Die fernen Sonnen wabbelten - fein zuckend. Ein sauberes Airydisk war Fehlanzeige. So als ob die Optik noch temperierte. Dies konnte aber nicht der Fall sein, da es draußen gar nicht so kalt war und der LZOS schon gute 2h Zeit hatte. Undecided

Beim Blick zum Himmel mit bloßem Auge dagegen flackerten die Sterne beinahe gar nicht, also musste die Luft doch gut sein. Ich wunderte mich sehr.
Also entschloss ich mich die Sternfelder mit ihren zarten Highlights anzusteuern und wanderte dann von Messier- zu Messierobjekt.

Zwischendurch kam dann auch immer wieder prüfend das Zoom Okular zum Einsatz, aber es blieb wie es war. "Das Bild wird einfach nicht knackig!", überlegte ich dann sorgenvoll. "Es wird doch nicht doch noch etwas mit den Linsen sein..."

Von West nach Ost arbeitete ich mich über h und chi Persei, M 31 und ihre Begleiter, die Formatfüllend bei knapp 30x majestätisch im Okular schwebten. Beeindruckend fand ich den Eskimo. Hier kann man sich nach so langer Abstinenz dann auch kaum satt sehen. Trotzdem suchte ich zwei drei Mal das kuschelige Wohnzimmer auf, um mich zu wärmen. Den prächtigen Plejaden M 45 entlockte ich zarte Nebelschleier. Diese waren im großen Gesichtsfeld gut auszumachen, da der sattschwarze Himmelshintergrund außen herum dunkler erscheint. Im 10“ ACF hat man hier durch das kleine Gesichtsfeld gar nicht so den Überblick. Man schaut quasi nur in den aufgehellten Sternhaufen und hat keinen Vergleich. Eine kleine Sternschnuppe zischte wischen den Plejaden und den Hyaden Richtung Westen der Ekliptik entlang.
Smile

Gegen 23.00 Uhr konnte ich den Apo dann auf Jupiter richten. Die vier Galileischen Monde waren wie an der Perlenkette aufgereiht. Io, Europa, Ganymed und Kallisto standen Richtung Zenith in Reih und Glied. Jupiter selbst konnte ich aber nicht sehr viele Feinheiten entlocken… Vergrößerung war maximal 130x im 6mm Ortho möglich.
Und dann merkte ich, was los war. Extrafokal konnte ich erkennen, wie die Luftschichten förmlich über die Lichtscheibe huschten. Wahrscheinlich hohe, extrem schnelle Luft… Jet – Stream. Diese Luft musste also die Lichtpünktchen zerfranzen und das Planetenbild verwischen obwohl das Bild insgesamt im Okular eigentlich relativ ruhig wirkte. Nur dieses hochfrequente Lichtflirren der Sternchen war ungewohnt.

Die Hauptbänder Jupiters erschienen in den Farben deutlich unterschiedlich. Das NEB kommt beinahe Schokoladenbraun daher, während das SEB hellbraun erscheint. Weitere Einzelheiten waren nur schwer zu fassen. Der GRF-sollte schon um den Planeten herumspitzen, war aber nicht wirklich auszumachen. Das Bild blieb zu unruhig. Sad

Dann, plötzlich, gegen 0.30 Uhr wie auf Knopfdruck, wurde das Bild knackig!! „Jetzt aber!“, hörte ich mich murmeln und holte die anderen Okulare aus dem Koffer. Und siehe da, es war „Weihnachten!“ … „Geschenke – Auspacken“ quasi Wink
Viele Details wurden sichtbar (Grau-schwarze Wolkenausläufer zum Äquator, der lachsfarbene GRF, helle Wolkenwirbel im SEB und mehrere feine Bänder zu den Polen). Prima!!! Die Ausdauer wurde belohnt.
Nun pochte mit zunehmender Höhe des Planeten das Astronomenherz schneller und ich beobachtete mit Genuss die Wanderung des Riesensturmes über die Planetenscheibe. Die Blicke entschädigten für die lange Wetterpause. Bis 230x im 3,5 mm Nagler waren jetzt Vergrößerungen möglich. Am besten sah das Bild aber im 4mm UWAN Okular aus, was 200fach bedeutet.
An Regulus prüfte ich nun auch noch einmal das Sternabbild und war sehr zufrieden. So muss ein Beugungsbild aussehen, dachte ich mir und schwenkte noch einmal zum Orionnebel. Die E- Komponente konnte ich gleich erhaschen und das F-Sternlein blitzte zumindest ab und an durch. Halten konnte ich es aber nicht. Dann war nach etwa 4 Stunden Beobachtung Schluss.
Erschöpft durch die Kälte, die Aufregung um die merkwürdige Sternabbildung und die beeindruckenden letzten Blicke durch die Okulare trollte ich mich von meiner Terrasse. Meine Welt war wieder in Ordnung und wie es dann so ist, zog von Südwesten schon wieder Bewölkung herein, die uns heute diesen grauen Morgen beschert.

Alles richtig gemacht!!!

Daumen hoch
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
Folgenden 5 Usern gefällt Uwe's Beitrag:
Andreas-TAL (24.12.2014), Florian B. (24.12.2014), Gerhard (24.12.2014), Herbipollution (24.12.2014), Ulf (24.12.2014)
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#2
Hallo Uwe!
Herzlichen Glückwunsch zu Weihnachten! Smile
Ich war ja auch gestern draußen zum Testen meines OAZ, schaute auch viertel Stunde weise nach dem Himmel. Aber: bei mir ging nichts auf!!! wir sind doch gar nicht so weit auseinander! und um Mitternacht war noch immer dicht! Dodgy
Um so besser für Dich!

Mer braucht halt gute Nerve! Tongue
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#3
Ich halts kurz: Frohes Fest allen;-)

Gruss
Christian
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#4
Hallo Uwe,
hier war`s vergangene Nacht ebenfalls klar, ich schaute noch oben,
spürte den kräftigen und kalten Wind und machte die Tür wieder zu ... Cool
Danke für Deine Heldenhaftigkeit und Deinen Bericht! Daumen hoch
Viele Grüße,
Andreas
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#5
Hallo Uwe,

ein schöner Bericht, in den ich mich gut hinein versetzen konnte, denn zwischen 20:30 und 11:00 hatte ich auf mal wieder Auslauf am Sternenhimmel.
Dem ADA habe ich 1 Stunde Auskühlzeit gegönnt und war etwas enttäuscht, dass ich am Trapez nicht mehr als die E-Komponente festmachen konnte. Hohe Vergrößerung brachte keine Beugungsscheibchen, sondern nur flächige Scheibchen.

Ich hoffe Deine Erklärung mit den ungünstigen Jetstreams stimmt, dann freue ich mich schon auf die nächste Gelegenheit mit vielleicht weniger stürmischer Atmosphäre.
Gruß Martin
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#6
Frohe Weihnachten Uwe und allen Mitlesen!

Gerade noch rechtzeitig zum Fest hat der "genesene" TMB seinen Dienst wie gewohnt wieder aufgenommen und Dich damit beschenkt.

Dein Bereicht zeigt dass selbst 115mm Öffnung nicht selbstverständlich an der Auflösungsgrenze abgerufen werden können. Genau darin sehe ich die Stärke der kleineren Öffnungen dass Sie am Stern sehr schön abbilden bei unseren Luftverhältnissen.

Solche nur scheinbar ruhigen Luftverhältnisse kenne ich von der Mondbeobachtung die dann kein Feindetail zulassen. Auf der anderen Seite hatte ich schon Seeing mit groben Wellen die über den Mond schwabten und dabei trotzdem Feindetail zum Besten gab.

Der Weihnachtswetterbericht gibt für Freitag HoffnungRolleyes

Schönes Fest
Ralf
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#7
Music 
Frohe Weihnachten an alle!

VG,

Hans
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#8
Hallo Uwe,

Glückwunsch das dein LZOS wieder das tut was er soll und kann Smile
Jetzt kannst Du wieder beruhigt schlafen Big Grin

An dem Abend war ich auch am Jupiter und kann deine Erfahrungen bestätigen. Anfänglich war es sehr unruhig, später dann kamen ganz tolle Strukturen durch. Wie mag das wohl in einem 160er ausehen...Wink


Frohe Weihnacht an alle im Forum und viele Grüße, Michael
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#9
Hallo Uwe und Michael!
Was mir fast unerklärlich ist: Ihr beiden seid doch im Westen bzw. Osten und nur ein wenig südlicher... und das reichte schon für einen klaren Himmel! und bei mir ging es nicht auf! Undecided
Heute um Mitternacht war es auch mal klar bei uns. Aber nach einer durchwachten Weihnacht Angel hatte ich keine Lust ans Teleskop zu gehen... Sleepy
Schön, dass Ihr wenigstens einen freien Blick hattet! und das der LZOS wieder geht! Smile
Viele Grüße
Christoph

https://www.klostersternwarte.de
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#10
Guten Morgen,

ja, manchmal ist die Wetterwelt unerklärlich. Aber es war ja auch schon anders herum, da hattest du eine klare Nacht und wir saßen hinterm "Vorhang".

Freuen wir uns mal auf die nächsten Tage. Es soll etwas aufgelockerter sein. Bei uns war es heute um Mitternacht nur lückenhaft klar.

Glücklich bin ich natürlich, dass mein TMB wieder hervorragend abbildet.
the sky is the limit

Gruß Uwe

"Sehen ist schwieriger als Glauben" Zitat aus "Die Kometenjäger"

http://www.the-night-black-white.de
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