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CEM60 Montierung
#2
Uff, hat geklappt. Na dann die Fortsetzung ..
 
Bench Testing - also sowas wie "First Move"
Nach langem, ehrfürchtigen bestaunen (na ja, eher aus Sicherheitsgründen), baute ich die Montierung dann im Innenraum auf. Was mir sofort auffiel war, wie "leicht" sie daherkam. Noch die EQ6 gewohnt, nahm ich - fast wie ein Gewichtheber beim Reißen -, das Teil aus dem Koffer und hätte sie fast mit einem Ruck über Schulterhöhe gehoben. Also gemach, gemach ...
Die RA Achse muss dabei vorher fixiert ("engaged") werden, was sich mir durch Logik nicht gleich erschloss. Im Koffer, beim Transport soll sie nämlich gelöst sein...
Würde man dann nicht durch das Herausheben (natürlich nur im dümmsten Fall, aber nach Murphy passiert der ja in schöner Regelmäßkeit) ganz ungünstige Hebelkräfte auf Schnecke und Zahnrad wirken lassen, die eben zu vermeiden wären?
Ja, sagt Radio Eriwan, aber ... im gelösten Zustand wäre die Montierung in sich frei drehbar und könnte (qua Konstruktion kann sie ja mit sich selbst kollidieren) mit ziemlicher Wucht gegen die innen liegenden (mechanischen) Anschläge knallen. Diese müssen ja sein, da innerhalb der Montierung zahlreiche Kabel laufen (4xUSB, 2x12V, 1x6P6C) und könnte man die Achsen komplett rotieren würde man die Kabel verzwirbeln und abreißen.
 
   
 
Also ist eben vorher Schluss, weil das interne Kabelmanagement dies fordert. Für die Bedienung ist dies egal, weil man ja irgendwann sowieso den Meridianschwenk hat, der dann auch die Kabelsituation entspannt.
Also ist das kleinere Übel die Klemmung beim Herausheben.
Prinzipiell kann der Meridianschwenk übrigens durch die Software unterdrückt werden (bis zu einem gewissen Zeit- und Drehpunkt, dann stoppt die Montierung grundsätzlich), was aber ja vor allem für Fotografen  ein interessantes Feature ist.
 
Die Montierung war dann ziemlich zügig auf dem Stativ aufgebaut. Gewöhnungsbedürftig ist, dass es keine zentrale Schraube zur Fixierung gibt und auch der Polzapfen entfällt. Stattdessen gibt es auf dem Adapter lediglich einen zentralen, glatten Zapfen für die Mitteposition und zwei Ost/West-Gewindezapfen, die seitlich durch die Basisplatte ragen und mit denen die Montierung dann von oben fixiert wird. Diese beiden Zapfen dienen auch dazu die Montierung über zwei Rändelschrauben in die Nordrichtung zu drehen (das geschieht ja sonst an dem einen Polzapfen).
 
   
 
Gleichzeitig wird über diese beiden Gewindezapfen die Montierung am Stativ befestigt. Zwei Hülsen mit passenden Innengewinde können von oben aufgeschraubt werden und werden zur endgültigen Fixierung einem an der Montierung befindlichen passendes Werkzeug (das macht daraus eine Art Knebelhülse) festgezogen.
 
   
 
   
 
Eine 28mm Gegengewichtsstange wird als nächstes an die Monierung geschraubt und die Gegengewichte gleiten beängstigend nah an der Stativbasis vorbei. Aber in unseren Breitengraden müssen keine Maßnahmen getroffen werden um eine Kollision des Gegengewichts mit dem Stativkopf zu vermeiden. Bei niedrigeren Breitengraden schon. Dann muss man die Stange ein Stück weit nach vorne (von der Montierung weg) gekippt werden, damit der Abstand wieder steigt.
Die Gegengewichtsstange aus gebürsteten Edelstahl ist bereits selbst recht schwer. Das hat seinen Grund darin, dass sie selbst schon als Gegengewicht dient und die unbeladene Montierung mit ihr perfekt ausbalanciert ist.
 
   
 
Die Montierung liegt im Koffer in der 0-Grad-Position, da das die platzsparendste Position ist. Also muss (dass ist gewöhnungsbedürftig) jedesmal die Polhöhe neu eingestellt werden.
 
   
 
Im unbeladenen Zustand geht das aber per Hand sehr schnell: An der Montierungsbasis ist ein Sterngriff mit Schnecke, die in einen großen Zahnradbogen eingreift, mit dem man den Breitengrad der Montierung einstellt. Sollte allerdings bereits Gewicht auf der Montierung lasten, kann man die Schnecke per Hand aber nicht mehr drehen. Dann benötigt man wieder diesen Werkzeug-Stab, der dann seitlich in den Sterngriff gesteckt wird und daraus eine Art Knebelschraube macht.  So bekommt man auch eine voll beladene Montierung über große Strecken nach oben. Grundsätzlich sollte man aber wohl lieber die unbeladene Montierung grob Einnorden, beladen, die letzten kleinen Korrekturen vornehmen und danach die Polhöhe fixieren.
 
   
 
Polsucher
Der Polsucher dieser Montierung macht soviel Spaß, dass es eigentlich bedauerlich ist, das man das Einnorden nur einmal am Abend machen muss.
 
   
 
Das dahinter stehende Prinzip ist ganz einfach: Auf dem Display der Handbox wird (Uhrzeit, Position und Datum liefert ja das GPS-Signal) für diese Daten die Position von Polaris mit einer Linie (die wie der Stundenzeiger einer Uhr fungiert) und einer "Zeitangabe" auf einem 12-Std. Ziffernblatt dargestellt. Also bei 12:00 Uhr ist Polaris genau über dem Fadenkreuz, bei 4:30 steht er schräg unterhalb, ist er links, leicht oberhalb vom Fadenkreuz, dann würde die passende Zeitangabe wohl etwa 9:40 Uhr lauten.
Der korrekte Abstand von der Achse wird durch eine Zahl zwischen 36-44 (Bogenminuten) angegeben. Einnorden heißt einfach diese zwei Zahlen über die Handbox abrufen (bzw. den Richtungspfeil ansehen), Polaris auf diese Uhrzeit und in diesem Abstand zum Zentrum einstellen - Fertig.

   

Fazit: Wenn Polaris im Gesichtsfeld des Polsucher zu sehen ist, ist die Montierung in rund 20-30 Sekunden auf 2-3 Bogenminuten genau, manchmal noch genauer, eingenordet. So wie oben sieht auch der Einblick in den Polsucher aus.
 
Zusätzlich gibt es eine Software-Routine um die Polausrichtung auch ohne Sicht auf Polaris durchzuführen. Hierzu wird dann iterativ mit der Hilfe von anderen Alignment-Sternen eine Polausrichtung durchgeführt. An meinen bisherigen Beobachtungsplätzen ist dies aber nicht notwendig, Polaris ist immer zu sehen.
 
Gegengewichte
Mit meiner bisherigen EQ6 benötigte ich rund 15 Kilo Gegengewicht fast am Ende der EQ6 Gegengewichtsstange, um meinen etwa gleich schweren Klevtsov auszubalancieren. Die Hoffnung war groß, dass das bei der CEM60 mitgelieferte 9,5kg Gewicht (22 lbs.) ausreichen könnte. Leider war dem nicht so. In der äußersten Position fehlten noch rund 500-700 gr. Anfangs war ich enttäuscht, dass ich nun doch wieder mit mehreren Gegengewichten hantieren musste, aber diese Enttäuschung wandelte sich bald. Ich empfand nämlich das Beladen der Gegengewichtsstange mit dem 9,5 Kilo Brocken als ziemlich unangenehm. Das Teil ist wirklich schwer und wenn man die Klemmung anzieht muss man es irgendwann, zwar nur kurz aber dennoch, mit einer Hand sichern - das ist unangenehm.
 
   
 
Deswegen habe ich ein paar andere Varianten durchgerechnet. Die Schwierigkeit bestand darin, eine Lösung zu finden, die sowohl meinem Klevtsov (16kg mit Equipment), meine leichteren Teleskope (Intes Micro M615 und ein umgebauter 6" Vixen Newton), wie vielleicht auch noch eine (zukünftig) schwerere Traglast (die CEM60 trägt ja über 20kg) ausgleicht. Es wurde schnell klar, dass alle Varianten am besten mit zwei oder eben drei deutlich leichteren Gegengewichten funktionieren.
 
Da ich ein Freund von grundsätzlichen Lösungen bin, beschaffte ich mir drei passend hergestellte Edelstahlgewichte mit jeweils 5.5kg. Zwei Stück müssten ganz außen für meinen Klevtsov reichen und wenn mal doch mehr Equipment drauf ist, dann tuen drei Stück ziemlich weit oben auch einen guten Job.
 
   
 
Support
An der Stelle muss ich auch auf einen weiteren Kaufgrund für die CEM60 eingehen, nämlich den hervorragenden und schnellen Support. Die Rückmeldung von iOptron auf jede Frage war tatsächlich innerhalb von 6 Stunden (meist viel schneller) da, die Antworten waren kompetent und im Bedarfsfall gab es ausführliche, bebilderte Erläuterungen dazu. Auch bei der Nachfrage nach den Gegengewichten war nach 3 Stunden klar welche Gegengewichte an welcher Position eine 10" Optik mit 14,16 oder 18kg Eigengewicht ausbalancieren. Kein Wunder, dass ich auch weitere Fragen sicherheitshalber mit der Support abklärte, z.B. Justage  des Polsuchers, Wirkung von "engaged" und "disengaged", Beladung, Übersetzungsfehler in der Schnellstart-Anleitung usw. Gerade den prompten Support empfinde als großen Pluspunkt. Auf die Antwort von zwei Supportanfragen direkt an Skywatcher (vor zwei Jahren) warte ich heute noch ...
 
Natürlich: Grundsätzlich nützt der Support nichts, wenn die Montierung selbst fehlerhaft ist, aber nach meiner Beobachtung in den letzten Jahren, entsteht ein Teil dieser Probleme eher durch einen voreiligen, unsachgemäßen Umgang oder Eingriff. Das verhindert der schnelle und gute Support definitiv.

Jetzt hoffe ich mal, dass ich relativ zügig von den Trockenübungen zur Praxis komme. Mein Klevtsov passt noch nicht drauf, weil ich dessen Adapterschiene ändere (siehe grundsätzliche Lösungen), aber mit dem kleinen Intes Maksutov geht ja auch bestimmt was.

Andreas-TAL
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Die Nacht, in der das Fürchten wohnt, hat auch die Sterne und den Mond“
                                                                                                                              (Mascha Kaléko)  
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Andreas Paul (25.12.2015), Florian B. (21.12.2015), Georg (21.12.2015), Karsten (27.12.2015), Ulf (21.12.2015)
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Andreas Paul (25.12.2015), Florian B. (21.12.2015), Georg (21.12.2015), Karsten (27.12.2015), Ulf (21.12.2015)


Nachrichten in diesem Thema
CEM60 Montierung - von Andreas-TAL - 20.12.2015, 20:29
RE: CEM60 Montierung - von Andreas-TAL - 20.12.2015, 20:58
RE: CEM60 Montierung - von marcmiller - 25.12.2015, 18:31
RE: CEM60 Montierung - von Herbipollution - 22.12.2015, 17:06
RE: CEM60 Montierung - von Andreas-TAL - 23.12.2015, 12:52
RE: CEM60 Montierung - von Andreas-TAL - 30.09.2018, 16:09
RE: CEM60 Montierung - von Ulf - 30.09.2018, 17:38
RE: CEM60 Montierung - von Lars - 05.11.2018, 19:33



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